Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.09.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 194/01
Rechtsgebiete: FGG, PublG


Vorschriften:

FGG § 132
FGG § 135
FGG § 139
PublG § 21 Nr. 1
Zur Frage, nach welchen Grundsätzen Zwangsgeld gemäß § 21 Nr. 1 PublG festzusetzen ist.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche

am 14. September 2001

in der Handelsregistersache

auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Gesellschaft und des Beteiligten K beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortigen weiteren Beschwerden gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15. Mai 2001 werden zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert wird auf 8000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die GmbH & Co. KG ist seit 18.5.1978 im Handelsregister eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die GmbH, deren Geschäftsführer der Beteiligte ist. Am 3.2.1998 beauftragte das Registergericht aufgrund einer Anregung der Rechtsanwältin R. einen Sachverständigen zur Klärung der Frage, ob die Gesellschaft nach den Vorschriften des Gesetzes über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (BGBl. 1969 1 S. 1189 mit mehreren Änderungen - Publizitätsgesetz, im weiteren PublG) Rechnung zu legen habe. Der Sachverständige forderte die Gesellschaft wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 25.10.1998 auf, ihm die letzten drei verfügbaren Bilanzen zur Verfügung zu stellen. Die Gesellschaft war nicht bereit, dem Sachverständigen die von ihm gewünschten Unterlagen herauszugeben. Am 15.2.2000 erließ das Registergericht folgende an den Beteiligten gerichtete Verfügung:

"In der oben bezeichneten Handelsregistersache wird... (Beteiligter) aufgegeben, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung dem Sachverständigen... die Jahresabschlüsse der letzten 3 Jahre (Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnung einschließlich Erläuterung) zur Verfügung zu stellen, oder die Unterlassung durch Einspruch gegen diese Verfügung zu rechtfertigen.

Sollte er dieser Verfügung nicht nachkommen, so wird ein Zwangsgeld von 8000,00 DM gegen ihn festgesetzt, § 14 HGB, §§ 132 ff. FGG."

Mit Verfügung vom 18.7.2000 verwarf das Amtsgericht u. a. die Einsprüche der Gesellschaft und des Beteiligten vom 3.3.2000 und setzte gegen den Beteiligten das mit Verfügung vom 15./17.2.2000 angedrohte Zwangsgeld fest.

Auf die sofortigen Beschwerden der Gesellschaft und des Beteiligten hob das Landgericht mit Beschluss vom 18.8.2000 den Beschluss des Amtsgerichts vom 18.7.2000 auf und wies das Amtsgericht an, Termin zur Erörterung der Einsprüche der Beteiligten vom 3.3.2000 zu bestimmen und durchzuführen.

Aufgrund des Termins vom 27.9.2000 fasste das Amtsgericht am 8.12.2000 folgenden Beschluss:

Der Einspruch vom 3.3.2000 gegen die Verfügung vom 15./17.2.2000 wird verworfen. Es wird das mit Verfügung vom 15./17.2.2000 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 8000,00 DM gegen den Beteiligten festgesetzt.

Die sofortigen Beschwerden der Gesellschaft und des Beteiligten hiergegen wies das Landgericht mit Beschluss vom 15.5.2001 zurück und setzte den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 1000 DM fest (Nr. I, IV Satz 1 des Beschlusses).

Hiergegen wenden sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Gesellschaft und des Beteiligten.

II.

Die sofortigen weiteren Beschwerden sind zulässig. Die Befugnis der Beschwerdeführer zur weiteren Beschwerde folgt aus der Zurückweisung der Erstbeschwerden (vgl. BayObLGZ 1998, 195).

Die Rechtsmittel sind aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe gemäß § 2 Abs. 3 PublG zu Recht den Sachverständigen mit Beschluss vom 3.2.1998 zur Gutachtenserstattung über die Frage beauftragt, ob die tatsächlichen Voraussetzungen der Rechnungslegungspflicht der Beschwerdeführerin im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 PublG vorlägen. Spätestens durch die von Rechtsanwältin R. vorgetragenen Tatsachen (Unternehmen mit ca. 1000 Filialen, Gesamtumsatz von über 3 Milliarden DM) habe für das Gericht hinreichend Anlass für die Annahme bestanden, die Beschwerdeführerin sei zur Rechnungslegung nach dem PublG verpflichtet. Welches Mandatsverhältnis Rechtsanwältin R. bei Abfassung ihres Schriftsatzes vom 31.7.1999 gehabt habe oder jetzt habe, sei ohne Bedeutung. Die Frage, ob ein Unternehmen rechnungspflichtig sei, habe das Gericht von Amts wegen zu ermitteln. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 4 PublG i.V.m. § 145 Abs. 2 AktG sei der Sachverständige befugt, Nachweise (hier: Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre) zu verlangen, welche die Gutachtenserstattung erst ermöglichen. Die Beschwerdeführer seien Aufforderungen des Sachverständigen und des Registergerichts zur Vorlage der letzten drei Jahresabschlüsse nicht nachgekommen. Zu Recht habe das Erstgericht ein Zwangsgeld gegen den Beteiligten festgesetzt und die gegen die entsprechende Verfügung vom 15./17.2.2000 gerichteten Einsprüche verworfen. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (BB 1998, 156) sage lediglich, dass Beschränkungen des deutschen Rechts zur Durchsetzung der Offenlegung des Jahresabschlusses nicht mit europäischem Recht vereinbar gewesen seien. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass die §§ 21 PublG, 145 AktG keine Anwendung fänden. Aus welchen Gründen die Gerichte instrumentalisiert würden, wie die Beschwerdeführer meinen, und die Anregung der Rechtsanwältin R. eine unzulässige Rechtsausübung darstellen würde, sei nicht nachvollziehbar. Danach habe das Erstgericht in der Entscheidung vom 8.12.2000 zu Recht gegen den Beteiligten ein Zwangsgeld gemäß § 21 PublG festgesetzt. Die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes sei nicht zu beanstanden.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Die Erstbeschwerden waren, was das Gericht der weiteren. Beschwerde selbständig zu prüfen hat (vgl. BayObLG NZG 2000, 140/141; FGPrax 2001, 164), zulässig. Für den Beteiligten folgt die Beschwerdebefugnis aus der Tatsache, dass die Verfügung gegen ihn gerichtet ist (Jansen FGG 2. Aufl. § 133 Rn. 9). Die Gesellschaft ist beschwerdeberechtigt, weil sie eine Rechtsbeeinträchtigung erleidet, wenn das Landgericht zu Unrecht die Verwerfung des Einspruchs bestätigt hat. Sie bestreitet nämlich die Verpflichtung zur Vorlage ihrer Geschäftsabschlüsse (vgl. BayObLGZ 1955, 197/198; 1962, 107/110 f.; BayObLG Rpfleger 1984, 105; Jansen aaO; Keidel/ Winkler FGG 14. Aufl. § 139 Rn. 6a).

b) Gemäß § 2 Abs. 3 PublG hat das Gericht zur Prüfung der Frage, ob ein Unternehmen gemäß dem Ersten Abschnitt dieses Gesetzes Rechnung zu legen habe, einen Prüfer zu bestellen, wenn Anlass für die Annahme bestehe, dass das Unternehmen hierzu verpflichtet sei. Dies ist gemäß § 1 Abs. 1 PublG der Fall, wenn das Unternehmen für den Ablauf eines Geschäftsjahres (Abschlussstichtag) und für die zwei darauf folgenden Abschlussstichtage mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt: die Bilanzsumme einer auf Abschlussstichtag aufgestellten Jahresbilanz übersteigt 125 Mio. DM; die Umsatzerlöse des Unternehmens in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag übersteigen 250 Mio. DM; das Unternehmen hat in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag mehr als 5000 Arbeitnehmer beschäftigt. Diese Bestimmung gilt auch für Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG (BayObLGZ 2000, 11/13 m.w.N.) soweit nicht Jahres- und Konzernabschlüsse für nach dem 31.12.1999 beginnende Geschäftsjahre betroffen sind (§ 23 Abs. 4 PublG; vgl. a. Baumbach/Hopt HGB 30. Aufl. § 264a Rn. 1). Die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft haben dem Prüfer zu gestatten, die Bücher und Schriften der Gesellschaft sowie die Vermögensgegenstände zu prüfen und alle Aufklärungen und Nachweise zu erteilen, welche die sorgfältige Prüfung der Vorgänge notwendig macht (§ 2 Abs. 3 Satz 4 PublG i.V.m. § 145 Abs. 1 und 2 AktG). Befolgen die gesetzlichen Vertreter eines Unternehmens diese Pflichten gegenüber dem Prüfer nicht, sind sie vom Registergericht durch Festsetzung eines Zwangsgelds zur Befolgung anzuhalten (§ 21 Nr. 1 PublG).

c) Danach ist die Kammer zutreffend davon ausgegangen, dass das Amtsgericht im Hinblick auf den Geschäftsumfang der Gesellschaft zu Recht einen Sachverständigen mit der Prüfung beauftragt hat, ob diese zur Rechnungslegung nach § 1 Abs. 1 PublG verpflichtet ist. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass das Landgericht den Sachverständigen für berechtigt ansah, die Jahresabschlüsse der letzen drei Jahre zu verlangen (vgl. Adler/Düring/Schmaltz Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen 6. Aufl. § 2 PublG Rn. 36). Die Mitwirkungspflicht des gesetzlichen Vertreters beschränkt sich nicht auf ein reines Dulden (vgl. § 145 Abs. 1 AktG: gestatten), sondern er ist auch zu einem Handeln, nämlich der Vorlage der entsprechenden Nachweise (vgl. § 145 Abs. 2 AktG: verlangen) verpflichtet (Hüffer AktG 4. Aufl. § 145 Rn. 2; Kronstein/ Zöllner Kölner Kommentar zum AktG 2. Aufl. § 145 Rn. 5 f.). Richtig ist schließlich auch, dass es nicht darauf ankommt, ob die Mitteilung von Rechtsanwältin R. auf Grund eines Mandatsverhältnisses erfolgt ist. Im Gegensatz zu der Bestimmung des § 335 Satz 2 HGB setzt § 21 PublG für die Festsetzung von Zwangsgeld keinen Antrag voraus.

Zutreffend hat das Amtsgericht ferner das Zwangsgeld gegen den Beteiligten als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ausgesprochen, da ihm gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 PublG i.V.m. § 161 Abs. 2, § 125 Abs. 1 HGB, § 35 Abs. 1 GmbHG die zu erzwingende Verpflichtung auferlegt ist (vgl. BayObLGZ 2000, 11/14 m.w.N.).

Schließlich ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es auf die Umstände, unter denen die Anregung zur Einleitung des Verfahrens erfolgt ist, nicht ankommt, da das Registergericht von Amts wegen tätig werden muss. Der Senat hat dies bereits in seinem dem Beteiligten bekannten Beschluss vom 26.1.2000 (BayObLGZ 2000, 11) in aller Deutlichkeit ausgesprochen. Er sieht deshalb keinen Anlass, dem Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht weitere Hinweise zu geben.

Die Verpflichtung des Beteiligten zur Vorlage der Abschlüsse ist nicht deshalb erloschen, weil die Verpflichtung zur Rechnungslegung für Personenhandelsgesellschaften deren einzig persönlich haftende Gesellschafterin wie hier eine Kapitalgesellschaft ist, durch das Kapitalgesellschaften-und-Co-Richtlinie-Gesetz vom 24.2.2000 (BGB1.-I S. 154) neu geregelt worden ist. Zwar unterliegt die Gesellschaft nunmehr gemäß § 264a HGB der Verpflichtung zur Erstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses nach den Vorschriften des HGB. Diese Regelung gilt aber erstmals für Jahresabschlüsse für das nach dem 31.12.1999 beginnende Geschäftsjahr. Im vorliegenden Fall geht es hingegen um die Verpflichtung der Gesellschaft zur Vorlegung von Jahresabschlüssen für vorangehende Geschäftsjahre. Insoweit ist die angestrebte Prüfung weiterhin geboten.

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO.

Für eine Entscheidung über die Kosten besteht kein Anlass, da ein Verfahrensgegner fehlt (vgl. Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 13a FGG Rn. 4).

Ende der Entscheidung

Zurück