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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.07.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 202/01
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1906
FGG § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b
FGG § 70 m
FGG § 27 Abs. 1
Erledigt sich die Hauptsache, weil die von dem Vormundschaftsgericht genehmigte geschlossene Unterbringung vorzeitig beendet wird, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellung, daß die Unterbringungsmaßnahme rechtswidrig gewesen sei.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder

am 12. Juli 2001

in der Unterbringungsgenehmigungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 14. Mai 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 6. März 2001 als unzulässig verworfen wird.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 6.12.2000 ordnete das Amtsgericht mit sofortiger Wirksamkeit einstweilen die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 17.1.2001 an. Durch die weitere für sofort wirksam erklärte einstweilige Anordnung vom 18.1.2001 verlängerte es diese Maßnahme bis längstens 27.2.2001.

Dem für den Betroffenen inzwischen bestellten Betreuer genehmigte das Amtsgericht sodann mit für sofort wirksam erklärtem Beschluss vom 6.3.2001 die Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses, in der beschützenden Abteilung eines Alten-/Pflegeheims oder in einer sonstigen geeigneten Einrichtung bis längstens 5.3.2002.

Hiergegen legte der Betroffene am 16.3.2001 sofortige Beschwerde ein, die er auch nach der vom Amtsgericht am 23.4.2001 beschlossenen Verkürzung der Genehmigung bis längstens 31.5.2001 aufrecht erhielt.

Am 10.5.2001 wurde der Betroffene vom Bezirkskrankenhaus in Absprache mit dem Betreuer nach Hause entlassen.

Am 14.5.2001 hat das Landgericht festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts vom 6.3.2001 in der Form des Beschlusses vom 23.4.2001 rechtmäßig gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Vielmehr erweist sich die Erstbeschwerde des Betroffenen schon als unzulässig.

1. Mit der nicht nur vorübergehenden Entlassung des Betroffenen aus der geschlossenen Unterbringung hat der die Unterbringung genehmigende Beschluss vom 6.3.2001 seine Wirkung verloren und das Unterbringungsverfahren sich in der Hauptsache erledigt (vgl. BayObLGZ 1995, 146/147).

2. Erledigt sich in einem Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nach zulässiger Einlegung eines Rechtsmittels die Hauptsache, ist für eine Fortsetzung des Verfahrens zum Zwecke der Feststellung der Rechtswidrigkeit der geltend gemachten Rechtsbeeinträchtigung grundsätzlich kein Raum. Vielmehr kann der Betroffene mit dem Rechtsmittel nur noch das Ziel verfolgen, nicht mit Kosten belastet zu werden (vgl. BayObLGZ 1993, 82/84 ff.; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 19 Rn. 85, 86).

Handelt es sich jedoch um ein Unterbringungs(genehmigungs)- verfahren, ist das Interesse des Betroffenen an einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Unterbringungsmaßnahme in den nach der Rechtsordnung gegebenen Instanzen ungeachtet des zwischenzeitlichen Wegfalls der direkten Belastung schutzwürdig, wenn der durch die geschlossene Unterbringung bewirkte tiefgreifende Eingriff in das Grundrecht der Freiheit nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt war, in welcher der Betroffene kaum den ganzen Instanzenzug durchlaufen konnte (Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. BVerfG NJW 1998, 2432; NJW 1998, 2813/14; BayObLGZ 1999, 24; BayObLG FamRZ 2001, 657/658; KG FGPrax 2000, 213; OLG Karlsruhe FGPrax 2000, 165/166; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 303).

3. Vorliegend handelt es sich nicht um einen solchen Ausnahmefall.

Mit dem Beschluss vom 6.3.2001 hatte das Amtsgericht im Anschluss an zwei auf sechs Wochen befristete vorläufige Unterbringungen die Genehmigung für eine geschlossene Unterbringung des Betroffenen durch den Betreuer erteilt, und zwar für längstens ein Jahr. Diese Zeitspanne ermöglichte es dem Betroffenen ohne weiteres, den Beschluss vom 6.3.2001 nicht nur in der zweiten Instanz, sondern auch noch in der dritten Instanz überprüfen zu lassen.

Der Wegfall der direkten Belastung nicht erst durch den Ablauf der genehmigten Unterbringungsdauer von einem Jahr, sondern bereits vorzeitig durch die Entlassung des Betroffenen aus der Unterbringung nach neun Wochen und zwei Tagen führt zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen kann bei Freiheitsentziehungen der im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgesehene Rechtszug typischerweise durchlaufen werden, wenn die Dauer der Freiheitsentziehung mehr als 6 Wochen beträgt (BayObLGZ 1999, 24). Zum anderen entspricht eine Entlassung bereits nach kurzer Zeit nicht dem typischen Verfahrensablauf bei der Anordnung bzw. Genehmigung längerfristiger Unterbringungen. In diesen Fällen ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten gewöhnlich nicht mit einem alsbaldigen Wegfall der Unterbringungsvoraussetzungen zu rechnen. So haben auch hier nicht vorhergesehene Umstände, nämlich dass es möglich geworden ist, für den Betroffenen eine die Kontrolle der Medikamenteneinnahme einschließende engmaschige ambulante Betreuung zu organisieren, zu der (nicht für sofort wirksam erklärten) Verkürzung der Unterbringungsgenehmigung bis längstens 31.5.2001 sowie dazu geführt, dass die geschlossene Unterbringung schließlich schon am 10.5.2001 beendet werden konnte (§ 1906 Abs. 3 BGB). Solche Entwicklungen sind zwar immer wieder möglich, erfahrungsgemäß aber nicht typisch. Die Änderungsanordnung vom 23.4.2001 belastete den Betroffenen nicht zusätzlich und kann daher ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der früheren Maßnahme nicht begründen.

Ende der Entscheidung

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