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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.11.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 203/00
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 14 Abs. 3 Satz 2
Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung reicht nicht aus, um ein Rechtsmittel zuzulassen
BayObLG Beschluss

LG Landshut 60 T 1.62/00; AG Landshut

3Z BR 203/00

08.11.00

BayObLGZ 2000 Nr. 67

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Fuchs und Dr. Denk am 8. November 2000 in der Kostensache betreffend eine Eintragung im Grundbuch auf die weitere Beschwerde der Beteiligten

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 20. Juni 2000 wird verworfen.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 waren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und als solche im Grundbuch als Eigentümer verschiedener Grundstücke eingetragen. In die Gesellschaft trat die Beteiligte zu 3 ein, wobei die Gesellschafter die Fortführung der Gesellschaft als Kommanditgesellschaft vereinbarten. Diese Kommanditgesellschaft, die Beteiligte zu 4, beantragte die Berichtigung des Grundbuchs durch ihre Eintragung als Eigentümerin. Das Amtsgericht hat für diese Eintragung mit Kostenrechnung vom 5.8.1999 gemäß §§ 60, 61 Abs. 3 KostO 26131,90 DM Gebühren angesetzt.

Die Erinnerung der Beteiligten zu 4 gegen diesen Kostenansatz wies das Amtsgericht zurück. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die Entscheidungsgründe des Landgerichts enthalten als letzten Absatz eine Rechtsmittelbelehrung, nach der gegen den Beschluss das Rechtsmittel der "sofortigen weiteren Beschwerde" zulässig "ist".

Die Beteiligten haben weitere Beschwerde eingelegt. Sie sind der Auffassung, dieses Rechtsmittel sei vom Landgericht zugelassen worden. Das Landgericht hat auf Hinweis des Senats mitgeteilt, dass die Rechtsmittelbelehrung versehentlich in den Beschluss aufgenommen worden und hierdurch eine Entscheidung über die Zulassung der weiteren Beschwerde nicht beabsichtigt gewesen sei.

II.

Das Rechtsmittel der Beteiligten ist unzulässig.

1. Die weitere Beschwerde ist in Verfahren, die den Kostenansatz betreffen, nach § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO nur statthaft, wenn sie das Landgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage ausdrücklich zugelassen hat. Das ist hier nicht der Fall. Aus der in den landgerichtlichen Beschluss als letzten Absatz aufgenommenen Rechtsmittelbelehrung kann eine Zulassungsentscheidung nicht entnommen werden.

a) Zu der Frage, ob aus einer Rechtsmittelbelehrung auf eine Zulassung des Rechtsmittels durch das erkennende Gericht geschlossen werden kann, wird in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit soweit ersichtlich einhellig die Auffassung vertreten, die Rechtsmittelbelehrung reiche grundsätzlich nicht aus, um die Zulassung eines Rechtsmittels anzunehmen (BVerwGE 71, 73/76; BSG NJW 1957, 728; OVG Hamburg NJW 1961, 1084; VGH Kassel NJW 1961, 92, OVG Münster DÖV 1984, 945/946; ebenso Redeker/v.Oertzen VwG0 13. Aufl. § 132 Rn. 24; Kopp/ Schenke VwG0 12. Aufl. § 132 Rn. 32). Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings in früheren Entscheidungen ohne nähere Begründung die Ansicht geäußert, eine Rechtsmittelbelehrung könne ausreichend die Absicht des Gerichts erkennen lassen, ein Rechtsmittel zuzulassen (Entscheidungen vom 22.4.1970 Buchholz Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des, Bundesverwaltungsgerichts 310 § 134 VwGO Nr. 13 und 25.8.1977 NJW 1978, 772). In späteren Entscheidungen hat es einschränkend ausgeführt, dies gelte nur, wenn besondere Anhaltspunkte vorlägen, die ausnahmsweise die Annahme gestatteten, das Gericht habe mit der Rechtsmittelbelehrung die Zulassung des Rechtsmittels aussprechen wollen (BVerwG BayVB1 1988, 216/217; Buchholz 451.53 Fischwirtschaft Nr. 1 = DÖV 1984, 553 insoweit nur LS).

b) Das Bundesarbeitsgericht stellt, ausgehend vom Wortlaut des § 72 Abs. 1 ArbGG, in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob die Zulassung, die auch der Rechtsmittelbelehrung entnommen werden könne, mitverkündet worden sei. Eine nicht verkündete, auch ausdrückliche Zulassung in den Gründen sei unbeachtlich (BAG NJW 1991, 1197). In neueren Entscheidungen lässt es ausnahmsweise auch eine versehentlich nicht verkündete Zulassung wirksam sein (NZA 1995, 596 ff.).

c) Im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden, eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung könne die Zulassung der weiteren Beschwerde durch das Beschwerdegericht nicht ersetzen. Die Zulassung könne auch nicht in entsprechender Anwendung des § 321 ZPO nachgeholt werden, sie müsse sich aus der angefochtenen Entscheidung selbst eindeutig ergeben (FGPrax 1999, 183; vgl. auch Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. vor 19 bis 30 Rn. 30). Allerdings wird in dieser Entscheidung auch darauf abgestellt, dass die Rechtsmittelbelehrung dort weder Bestandteil des Beschlusses bzw. durch Unterschriften der erkennenden Richter gedeckt war noch aus den Akten ersichtlich war, dass die Beifügung der Rechtsmittelbelehrung auf richterlicher Anordnung beruhte.

d) Der Senat schließt sich der Auffassung an, wonach eine falsche Rechtsmittelbelehrung die Zulassung der weiteren Beschwerde durch das Beschwerdegericht nicht ersetzen kann.

Soweit das Gesetz die Zulassung eines Rechtsmittels wegen grundsätzlicher Bedeutung verfahrensgegenständlicher Fragen vorsieht, stellt diese einen gerichtlichen Willensakt dar, der darauf gerichtet ist, ausnahmsweise im Hinblick auf besondere Umstände durch gerichtliche Anordnung die Überprüfung der an sich nicht anfechtbaren Entscheidung durch übergeordnete Gerichtsinstanzen zu ermöglichen. Die Rechtsmittelbelehrung beinhaltet demgegenüber nur eine Auskunft über Erfordernisse, die kraft Gesetzes gegeben sind, auf die der Betroffene aber ausdrücklich hingewiesen werden soll. Sie dient nicht der Eröffnung einer weiteren Instanz, stellt keine Entscheidung dar und kann für sich genommen über die Absicht des Gerichts, ein ansonsten nicht statthaftes Rechtsmittel ausdrücklich zuzulassen, keine Auskunft geben. Insofern spielt es auch keine Rolle, ob die Rechtsmittelbelehrung als Bestandteil des Beschlusses durch die Unterschriften der erkennenden Richter gedeckt ist (OLG Karlsruhe aaO) oder ob die Rechtsmittelbelehrung dem Beschluss lediglich beigefügt ist.

Ob im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände aus einer Rechtsmittelbelehrung ausnahmsweise auf einen Zulassungswillen des erkennenden Gerichts geschlossen werden kann, kann hier dahinstehen. Das Landgericht hat auf den Hinweis des Senats mitgeteilt, dass die Rechtsmittelbelehrung versehentlich in den Beschluss aufgenommen worden und eine Entscheidung über die Zulassung der weiteren Beschwerde nicht beabsichtigt gewesen sei. Damit steht fest, dass das Beschwerdegericht keinen Willensentschluß gefaßt hat des Inhalts, die weitere Beschwerde zuzulassen. Dies ist aber gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines solchen Rechtsmittels.

e) Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung ist bedauerlich. Sie rechtfertigt es aber nicht, das eingelegte Rechtsmittel entgegen den gesetzlichen Bestimmungen als zulässig zu behandeln. Darin liegt weder ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) noch ein solcher gegen die Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) oder den Anspruch auf ein faires Verfahren.

2. Da von einer Zulassung der weiteren Beschwerde nicht ausgegangen werden kann, ist das Rechtsbeschwerdegericht an diese Entscheidung des Landgerichts gebunden (BayObLGZ 1980, 286/288 und 1999, 121/122). Bei einer nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat jegliche Nachprüfung der Vorentscheidung zu unterbleiben. Das Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (§ 14 Abs. 5 KostO).

Ende der Entscheidung

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