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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.01.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 21/02
Rechtsgebiete: GG, FGG


Vorschriften:

GG Art. 103 Abs. 1
FGG § 19 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
Die außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit setzt einen tatsächlich bestehenden krassen Gesetzesverstoß voraus.
Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts ha unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie des Richters Dr. Plößl und der Richterin Vavra am 30. Januar 2002

in der Betreuungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 10.Dezember 2001 wird verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht bestellte am 25.9.2000 für die Betroffene den Beteiligten zum Berufsbetreuer mit umfassenden Aufgabenkreisen. Nach seiner Entlassung am 24.11.2000 beantragte der Beteiligte seine Vergütung aufgrund einer von ihm für den Zeitraum 2.10.2000 bis 9.12.2000 gefertigten Kostenaufstellung auf 7136,67 DM festzusetzen.

Die Vergütung wurde am 1.6.2001 durch das Amtsgericht auf 4955,47 DM festgesetzt. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten gegen diesen Beschluss hat das Landgericht am 10.12.2001 zurückgewiesen. Eine weitere Beschwerde wurde nicht zugelassen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde ist nicht statthaft.

1. Gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts, welche die Festsetzung von Betreuervergütung betreffen, ist die weitere Beschwerde (§ 27 FGG) nur statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG). Dies ist hier nicht der Fall, vielmehr hat das Beschwerdegericht in den Gründen seiner Entscheidung die Zulassung ausdrücklich abgelehnt. An diese Nichtzulassung ist das Rechtsbeschwerdegericht gebunden. Ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung ist nicht gegeben, auch eine nachträgliche Zulassung durch das Rechtsbeschwerdegericht ist nicht möglich (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 9. Aufl. § 19 FGG Rn.18 - 20; Keidel/Kahl FGG 14.Aufl. Vorb. zu § 19 Rn. 30; BayObLG FamRZ 1999, 1590).

2. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Beschwerde (vgl. zur Bedeutung Bassenge/Herbst § 19 FGG Rn. 20) liegen nicht vor.

a) Ein nach gesetzlichen Vorschriften unanfechtbarer Beschluss ist nur dann ausnahmsweise anfechtbar, wenn die Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist. Diese Möglichkeit ist jedoch auf die Fälle des greifbaren Gesetzesverstoßes beschränkt, in denen es darum geht, eine Entscheidung zu beseitigen, die mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist (BGHZ 109, 41/43/44; BGH NJW-RR 1998, 63; BayObLG NJW-RR 1998, 1047/1048; Bassenge/ Herbst Rn.16; Keidel/Kahl § 19 Rn. 39). Die außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit ist demnach auf Ausnahmefälle krassen Unrechts (BGH NJW-RR 1994, 62) und unzumutbarer Härte beschränkt. Sie ist nicht schon dann gegeben, wenn gegen eindeutiges materielles Recht (OLG Frankfurt FGPrax 1997, 200) oder wenn gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen wird (BGHZ 109, 41/44; BGH NJW 1994, 2363). Ein Verstoß gegen die Gewährung des rechtlichen Gehörs eröffnet grundsätzlich keine weitere Instanz (BGHZ 130, 97; BayObLG NJW-RR 1998, 1047; Bassenge/Herbst Rn. 16).

b) Im übrigen liegt ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör nicht vor. Art. 103 Abs. 1 GG untersagt dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen oder Beweisergebnisse zu Grunde zu legen, zu denen Stellung zu nehmen den Beteiligten keine Gelegenheit gegeben war, und gibt den Beteiligten das Recht, dass ihr Vorbringen vom Gericht auch zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG NJW 1994, 1053/1054). Daraus folgt, dass ein Beschwerdeführer die Gelegenheit erhalten muss, sein Rechtsmittel zu begründen. Hat er bei Einlegung der Beschwerde eine Begründung angekündigt, so muss das Beschwerdegericht diese abwarten, dem Beschwerdeführer eine Frist setzen oder zumindest eine angemessene Zeit auf die Begründung warten (Bassenge/Herbst Einleitung FGG Rn.63; Keidel/Kayser § 12 Rn. 136; BayObLG NJW-RR 1986, 1446/1447). Als angemessene Zeit wird üblicherweise ein Zeitraum von 2 - 3 Wochen angesehen (Bassenge/Herbst aaO). Hier hat das Amtsgericht einen wesentlich längeren Zeitraum, fast 1/2 Jahr, auf die Begründung gewartet. Der Beteiligte hatte in diesem Zeitraum ausreichend Gelegenheit, eine Beschwerdebegründung zu fertigen. Eine noch weitergehende Pflicht traf das Amtsgericht nicht, es musste dem Beteiligten weder nach Ablauf dieses Zeitraumes eine Frist setzen noch ihm die Weiterleitung der Akten an das Landgericht mitteilen.

c) Es liegt auch kein Fall der greifbaren Gesetzwidrigkeit in der Form vor, dass das Landgericht die Entscheidung ohne jegliche Sachprüfung erlassen hat (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1987, 187/188; OLG Brandenburg BtPrax 2000, 128). Vielmehr hat sich das Beschwerdegericht in den Gründen des Beschlusses ausdrücklich mit den Argumenten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und nur für die tatsächlichen Einzelheiten auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen. Allein die Behauptung des Beteiligten, der Beschluss sei ohne jede Sachprüfung ergangen, führt nicht zur Statthaftigkeit der außerordentlichen weiteren Beschwerde. Voraussetzung für diesen Ausnahmebehelf ist e in tatsächlich vorliegender krasser Gesetzesverstoß (vgl. BGHZ 109, 41/43 f.; BayObLG NJW-RR 1998, 1047), allein die Behauptung eines Gesetzesverstoßes reicht nicht aus. Soweit das Oberlandesgericht Brandenburg (BtPrax 2000, 128) in diesem Punkt eine andere Auffassung vertreten sollte, stünde diese nicht nur im Widerspruch zu der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, sondern würde auch dazu führen, dass aus der außerordentlichen Beschwerde eine regelmäßige würde.

Ende der Entscheidung

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