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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.03.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 210/03
Rechtsgebiete: KostO, FGG


Vorschriften:

KostO § 2 Nr. 2
KostO § 131 Abs. 1 Satz 2
FGG § 13 Abs. 1 Satz 1
Zur Entscheidung über Gerichtskosten und Erstattung außergerichtlicher Kosten bei Erledigung der Hauptsache im Verfahren über die weitere Beschwerde gegen die Bestellung eines vorläufigen Betreuers.
Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 2.6.2003 bestellte das zuständige Vormundschaftsgericht dem Betroffenen einen Rechtsanwalt zum vorläufigen Betreuer mit dem Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Entscheidung über eine Unterbringung, Vermögenssorge, Vertretung bei Ämtern und Behörden, Vertretung gegenüber Sozialleistungs- und Versicherungsträgern sowie Vertretung in Nachlassangelegenheiten."

Hiergegen legte der Betroffene zunächst persönlich und anschließend mit anwaltlichem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde ein mit dem Ziel, den mit ihm befreundeten Herrn G. zum Betreuer bestellen zu lassen.

Dieses Rechtsmittel hat das Landgericht mit Beschluss vom 8.8.2003 zurückgewiesen.

Hiergegen richtete sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, mit der er weiterhin das Ziel eines Betreuerwechsels verfolgte.

Mit Beschluss vom 28.11.2003 hat das Vormundschaftsgericht die vorläufige Betreuung bis 28.5.2004 verlängert. In dem Beschluss hat es zugleich angekündigt, dass eine endgültige Betreuung eingerichtet werde, sobald alle Verfahrensvoraussetzungen vorliegen.

Der Betroffene beantragte daraufhin, die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen "dem Antragsgegner" aufzuerlegen.

II.

Durch den Beschluss des Vormundschaftsgerichts, mit welchem die vorläufige Betreuung verlängert wurde, hat sich die Hauptsache des vorliegenden Verfahrens erledigt. Der Senat hat daher entsprechend dem Antrag des Betroffenen nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

1. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Hauptsache erledigt, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, sodass die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht ergehen kann (BayObLGZ 1987, 348/349; 1989, 131/133), etwa wenn die erstrebte gerichtliche Entscheidung aufgrund veränderter Umstände keine Wirkung mehr entfalten kann. Ein bereits eingelegtes Rechtsmittel wird dann im Grundsatz unzulässig, eine Sachentscheidung darf nicht getroffen werden. Denn mit der Erledigung entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für das Rechtsmittel (BayObLGZ 1971, 182/184). Beschränkt der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel jedoch auf die Kosten, so bleibt es insoweit zulässig. In diesem Fall hat das Gericht über die in allen Rechtszügen angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu entscheiden (BayObLGZ 1992, 54/57).

So liegt es hier. Ein Verfahren betreffend die Bestellung eines vorläufigen Betreuers ist nicht nur dann in der Hauptsache erledigt, wenn ein endgültiger Betreuer bestellt wird (BayObLG BtPrax 1994, 61). Auch bei Verlängerung einer vorläufigen Betreuung durch einen weiteren vormundschaftsgerichtlichen Beschluss, der an die Stelle des angefochtenen Beschlusses tritt, während des Beschwerdeverfahrens ist die Hauptsache des Verfahrens erledigt (BayObLG BtPrax 1994, 98).

2. Zwar bedarf es im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelmäßig keiner Entscheidung über die Gerichtskosten, da sich unmittelbar aus der Kostenordnung ergibt, ob solche Kosten angefallen sind und wer sie zu tragen hat. Dieser Grundsatz gilt aber nur dann, wenn die Kostenfolge eindeutig aus der Art des Geschäfts oder aus dem Ergebnis der Entscheidung zu erkennen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn sich die Hauptsache erledigt hat. Dann hat eine Entscheidung über die Gerichtskosten aller Rechtszüge zu ergehen, selbst wenn und soweit diese nur klarstellende Bedeutung hat (BayObLGZ 1992, 54/57 f.). Es ist deshalb für jeden Rechtszug gesondert über die angefallenen Gerichtskosten zu entscheiden.

a) Für die Bestellung des vorläufigen Betreuers sind neben der allgemeinen Gebühr des § 92 Abs.1 KostO gesonderte Gebühren nicht angefallen. Kostenschuldner für die allgemeine Gebühr ist grundsätzlich nur der Fürsorgebedürftige (vgl. BayObLG JurBüro 1987, 1526; Korintenberg/Lappe 15.Aufl. § 93 Rn.53).

b) Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist bei Erledigung der Hauptsache während dieses Verfahrens gebührenfrei (§ 131 Abs.1 Satz 2 KostO), weil ein Gebührentatbestand gem. § 131 Abs.1 Satz 1 KostO nicht gegeben ist (BayObLGZ 1992, 54/58). Einer besonderen Kostenentscheidung bedarf es daher insoweit nicht.

c) Ob der Betroffene und Beschwerdeführer die im Verfahren der Beschwerde vor dem Landgericht angefallenen Kosten endgültig zu tragen hat, hängt davon ab, ob die die Gebühren auslösende Entscheidung der Vorinstanz hätte aufrechterhalten oder aufgehoben werden müssen (BayObLGZ 1992, 54/58). Erscheint allerdings der Ausgang des Verfahrens ungewiss, so ist das voraussichtliche Unterliegen nicht entscheidend (BayObLG aaO). Das gilt insbesondere dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass weitere Ermittlungen in Betracht kommen; auch schwierige Rechtsfragen müssen nicht abschließend entschieden werden (BayObLG aaO).

Im vorliegenden Fall sind Gebühren für das Beschwerdeverfahren nicht angefallen, da das Rechtsmittel von dem Betroffenen selbst eingelegt worden ist (§ 131 Abs.3 KostO). Darüber hinaus ergibt eine überschlägige Prüfung der Beschwerdeentscheidung, dass diese auf der Grundlage des ermittelten Sachverhalts ohne weiteres vertretbar erscheint und eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die weitere Beschwerde ohne Erfolg geblieben wäre.

aa) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Es sei höchst zweifelhaft, ob es wirklich dem Wunsch des - nach den Feststellungen des Sachverständigen leicht zu beeinflussenden - Betroffenen entspreche, Herrn G. als Betreuer zu erhalten. Die in diesem Sinne an das Gericht gerichteten Schreiben vom 15.5.2003 und vom 11.6.2003 seien offensichtlich nicht vom Betroffenen selbst geschrieben worden.

Jedenfalls liefe aber die Bestellung des Herrn G. dem Wohl des Betroffenen zuwider. Dieser sei durch Erbfall Miteigentümer mehrerer, zum Teil wertvoller, Grundstücke, von denen eines infolge zahlreicher unklarer Garagen-Mietverhältnisse erhebliche rechtliche Probleme aufwerfe. Außerdem seien die Vermögensverhältnisse des Betroffenen teilweise ungeordnet. Die hierbei anstehenden rechtlichen Probleme könne nur ein erfahrener Berufsbetreuer mit der Qualifikation eines Rechtsanwalts lösen.

Der vom Betroffenen vorgeschlagene Herr G., der als Berufsbezeichnung "Privatdetektiv" angegeben habe, könne zwar eine kaufmännische Ausbildung nachweisen. Dies reiche aber für die besonderen Anforderungen dieser Betreuung nicht aus. Es sei auch auffällig, dass Herr G. erklärt habe, die Betreuung als "Berufsbetreuer" führen zu wollen, obwohl er insoweit keinerlei Erfahrungen vorweisen könne. Überdies dränge sich auf Grund in der Vergangenheit zeitweise identischer Anschriften der Verdacht eines Näheverhältnisses zu der Betreuerin der Schwester des Betroffenen auf. Diese habe als erste die Betreuung für den Betroffenen angeregt und sich als Betreuerin auch für ihn vorgeschlagen. Wegen der gemeinsamen Nachlassbeteiligung des Betroffenen und seiner Schwester habe aber die Betreuungsstelle Bedenken gegen eine derartige Doppelbestellung vorgebracht.

bb) Diese Begründung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Dem Vorschlag des Betroffenen zur Auswahl eines Betreuers ist nur dann zu entsprechen, wenn es nicht dessen Wohl zuwiderläuft (§ 1897 Abs.4 Satz 1 BGB). Hier kann dahinstehen, ob es wirklich dem Wunsch des Betroffenen entspricht, Herrn G. als Betreuer zu erhalten. Ein solcher Wunsch wäre schon von vornherein ohne Gewicht, wenn er unter dem Einfluss Dritter gebildet und geäußert wurde, weil der Betroffene auf Grund seiner psychischen Lage leicht beeinflussbar ist und der Einfluss ausübende Dritte ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Ablösung des gesetzlichen Betreuers hat (vgl. BayOblG FamRZ 1994, 1353).

Die Erwägungen, mit denen das Landgericht begründet hat, dass die Bestellung des Herrn G. dem Wohl des Betroffenen zuwiderliefe, erscheinen schlüssig und tragen jedenfalls bei der hier gebotenen überschlägigen Prüfung die Beschwerdeentscheidung. Ganz abgesehen davon hatte das Vormundschaftsgericht bei Bestellung des vorläufigen Betreuers Gefahr im Verzug bejaht und war deshalb nicht an den Betreuerwunsch des Betroffenen gebunden (§ 69f Abs.1 Satz 5 FGG).

3. Über die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten ist nach Erledigung der Hauptsache gem. § 13 a Abs.1 Satz 1 FGG zu befinden. Hierbei bildet die Anordnung der Kostenerstattung nicht die Regel. Vielmehr ist zunächst von dem allgemeinen Grundsatz auszugehen, dass im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen hat. Die Auferlegung außergerichtlicher Kosten stellt die Ausnahme dar und bedarf einer besonderen Rechtfertigung (BayObLGZ 1992, 54/59).

Gründe dafür, im vorliegenden Fall abweichend von den vorstehend dargelegten Grundsätzen die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen, sind nicht erkennbar. Es besteht keine Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Betroffene mit seinem Rechtsmittel obsiegt hätte, so dass eine Anordnung zu seinen Gunsten nicht gerechtfertigt wäre. Deshalb kann hier auch dahinstehen, ob überhaupt - wie vom Betroffenen beantragt - bei einer Entscheidung über seine Beschwerde mit dem Ziel der Auswahl eines anderen als des vom Vormundschaftsgericht bestellten Betreuers diesem als "Antragsgegner" die Erstattung von Kosten des Beschwerdeführers auferlegt werden könnte (zur Ablehnung einer Auslagenentscheidung zu Lasten des Betreuers bei Verfolgung von Interessen des Betreuten vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 1547), oder ob nicht vielmehr das Erfordernis einer Beteiligung im gegensätzlichen Sinn (vgl. Keidel/Zimmermann FGG 15.Aufl. § 13a Rn.6a) von vornherein fehlt. Für eine Auferlegung der Auslagen des Betroffenen auf die Staatskasse (vgl. § 13a Abs.2 Satz 1 FGG) fehlen die Voraussetzungen.

Ende der Entscheidung

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