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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.10.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 218/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 48 Abs. 3
Zur Festsetzung des Geschäftswerts in Wohnungseigentumssachen, wenn die Kosten des Verfahrens zu dem Interesse eines Beteiligten nicht in einem angemessenen Verhältnis stehen. Hier: Anfechtung eines Sanierungsbeschlusses und einer Verwalterbestellung.
BayObLG Beschluß

LG München I - 1 T 6143/00; AG München 482 UR II 11/99 WEG

3Z BR 218/00

12.10.00

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Fuchs und Dr. Denk

am 12. Oktober 2000

in der Kostensache

betreffend den Geschäftswert in der Wohnungseigentumssache

auf die Geschäftswertbeschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 19. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage mit 165 Wohnungseigentumseinheiten. Der Miteigentumsanteil des Antragstellers beträgt 10,6/1000.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 1.12. 1998 wurden Sanierungsmaßnahmen mit einem Volumen von 1,9 Mio. DM sowie die Wiederwahl der Verwalterin beschlossen. Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 4.1.1999 hat der Antragsteller die Ungültigerklärung der Beschlüsse beantragt. Nach Erholung eines Sachverständigengutachtens hat das Amtsgericht den Antrag abgewiesen und den Geschäftswert auf 2,0 Mio. DM (1,9 Mio. DM + 100 000 DM) festgesetzt.

Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Antragsteller zunächst, seinen Antrag aus erster Instanz weiterverfolgt, in der mündlichen Verhandlung aber die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein erledigendes Ereignis nicht vorliege. Den Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht hat das Landgericht in Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses auf 200000 DM (175 000 DM + 25 000 DM) und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren bis zur einseitigen Erledigungserklärung vom 29.5.2000 auf 200000 DM (175000 DM + 25000 DM) und für die Zeit danach auf 47045 DM festgesetzt. Als Begründung hat es angeführt, die Festsetzung auf 2,0 Mio. DM führe zu einer Kostenbelastung des Antragstellers, die zu seinen im Verfahren verfolgten Interessen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehe. Bei einem Miteigentumsanteil von 10,6/1000 betrage sein Anteil an den geschätzten Sanierungskosten rund 20000 DM, während sich die Gerichts- und Anwaltsgebühren auf 80000 DM beliefen. Deshalb sei eine Herabsetzung gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG auf 200000 DM vorzunehmen. Nach der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung bestimme sich der Geschäftswert nach den bis dahin entstandenen Kosten; diese beliefen sich auf 47045 DM.

Gegen die Festsetzung des Geschäftswerts wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, mit der er eine Festsetzung für beide Instanzen von 859339,60 DM, hilfsweise mindestens 754339,60 DM anstrebt.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Gegen die Geschäftswertfestsetzung im Beschwerdeverfahren findet gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO die unbefristete Erstbeschwerde statt (BayObLGZ 1993, 119/121). Dies gilt auch, wenn das Landgericht anläßlich der Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren von Amts wegen eine Änderung des Geschäftswerts des Amtsgerichts vornimmt. Der Beschwerdeführer ist beschwerdeberechtigt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO).

2. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Der Senat folgt den Festsetzungen des Landgerichts.

a) Maßgebend für den Wert des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 48 Abs. 3 WEG das Interesse der Beteiligten an der angefochtenen Entscheidung, wobei es bei der Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer wegen der Rechtskraftwirkung der angestrebten Entscheidung für und gegen alle Beteiligten (§ 45 Abs. 2 Satz 2 WEG) auf die Interessen aller Beteiligten ankommt (§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG; BayObLGZ 1981 202/203).

aa) Wird ein Eigentümerbeschluß über eine konkrete Sanierungsmaßnahme angefochten, so ist deren Wert grundsätzlich in voller Höhe anzusetzen (vgl. BayObLGZ 1993, 119/121 m.w.N.). Der Antragsteller erstrebt die Ungültigerklärung, des Sanierungebeschlusses. Das Gesamtvolumen der geplanten Sanierung in Höhe von 1,9 Mio. DM bildet somit den an sich zutreffenden Geschäftswert.

Nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG ist der Geschäftswert aber niedriger anzusetzen, wenn die Kosten des Verfahrens zu den Interessen eines Beteiligten nicht in einem angemessenen Verhältnis stehen. im Rahmen dieser Abwägung ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Geschäftswertbemessung den Zugang zu den Gerichten unzumutbar erschwert (Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 48 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Dem enormen Kostenrisiko aus dem an sich gebotenen Geschäftswert von 1,9 Mio. DM (eine Anwaltsgebühr beträgt bereits 8925 DM) steht ein anteilsmäßiges Interesse des Antragstellers von ca. 20000 DM gegenüber. Andererseits ist das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, deren Sanierungspläne der Antragsteller verhindern wollte, wenn auch nicht voll, so doch angemessen zu berücksichtigen. Mit dem Landgericht hält der Senat bei Abwägen der vorliegenden Interessen einen Geschäftswert von 175000 DM für angemessen.

bb) Für die Anfechtung eines Beschlusses, mit dem ein Verwalter bestellt oder dessen Amtszeit verlängert wird, ist als Geschäftswert der Betrag anzusetzen, den der Verwalter für die Zeit seiner Bestellung als Vergütung bezieht (BayObLG Wum 1991, 633/634). Dieser beläuft sich hier auf ca. 280000 DM. Auch bei Anfechtung von Verwalterbestellungsbeschlüssen ist aber eine Herabsetzung des Geschäftswerts gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG möglich (Bärmann/Pick/Merle § 48 Rn. 45; BayObLG, Beschluß vom 22.6.1995 - 2Z BR 48/95). Es handelt sich hier nicht um einen Zahlungsanspruch, für den eine Herabsetzung nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG grundsätzlich nicht geboten ist (Bärmann/Pick/Merle § 48 Rn. 34). Mit dem Landgericht hält der Senat bei Abwägung der Interessen des Antragstellers gegen die der übrigen Beteiligten einen Geschäftswert von 25000 DM für angemessen, so dass der Gesamtgeschäftswert 200000 DM beträgt.

b) Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren die Hauptsache einseitig für erledigt erklärt. Ab diesem Zeitpunkt bemißt sich der Geschäftswert nur noch nach den Kosten der Beteiligten (Bärmann/Pick/Merle § 48 Rn. 13; BayObLG WUM 1991, 715), also der Summe der bislang angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Diese hat das Landgericht zutreffend mit 47045 DM errechnet.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 31 Abs. 3 Satz 2 und 3 KostO).

Ende der Entscheidung

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