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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 22.12.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 226/03
Rechtsgebiete: KostO
Vorschriften:
KostO § 17 | |
KostO § 143 Abs. 1 | |
KostO § 154 |
2. Nach § 154 Abs. 2 KostO sind nicht nur Vorschüsse nach § 8 KostO anzugeben, sondern alle vorgängigen Zahlungen, welche der Kostenpflichtige für das in Rechnung gestellte Geschäft geleistet hat. Solche Zahlungen sind gesondert auszuweisen.
Gründe:
I.
Am 3.11.1997 beurkundete der beteiligte Notar die Errichtung der Beschwerdeführerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die hierfür erstellte und bezahlte Kostenrechnung ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Am 28.4.1998 beurkundete der Vertreter des Notars eine Gesellschafterversammlung der Beschwerdeführerin sowie eine Stammkapitalerhöhung mit Sacheinbringung und Übernahmeerklärung. Die Urkunde enthielt die Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft um 50.000 DM auf 100.000 DM. Die neue Stammeinlage sollte nicht in bar, sondern durch Sacheinbringung geleistet werden. Hierzu findet sich in der notariellen Urkunde folgende Bestimmung:
"IV.
Sacheinbringung
Der Gesellschafter und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung vereinbaren in Erfüllung der eingegangenen Einbringungsverpflichtung was folgt:
Der Gesellschafter betreibt ein Einzelunternehmen, das die Bodenbelagssanierung und ähnliche Tätigkeiten zum Gegenstand hat. Der Gesellschafter bringt hiermit dieses Einzelunternehmen mit allen Aktiven und Passiven unter Buchwertfortführung gemäß § 20 UmwStG mit Wirkung zum 1.1.1998 an in die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein. Zum selben Zeitpunkt übernimmt die Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch die in der Einbringungsbilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten des Einzelunternehmens. Miteingebracht werden ausdrücklich auch alle immateriellen, in der Einbringungsbilanz nicht ausgewiesenen Wirtschaftsgüter, insbesondere der Kundenstamm, der Firmenwert, gewerbliche Lizenzen und Fertigungsverfahren, so dass das Einzelunternehmen als solches auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung übergeht. Mitübernommen werden auch alle in der Bilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten."
Das eingebrachte Einzelunternehmen wies zum 31.12.1997 bilanzielle Aktiva in Höhe von 791.461 DM auf. Für die Beurkundung stellte der Notar der Beteiligten am 16.6.1998 folgende Rechnung:
"... Die nach den Bestimmungen der Kostenordnung angefallenen Gebühren und Auslagen darf ich Ihnen wie folgt bekannt geben.
§ 36 Abs. 2 Vertragsgebühr DM 1.140,00
§ 47, Gesellschafterbeschluss DM 320,00
§ 38 Abs. 2, Registeranmeldung DM 80,00
§ 147 Abs. 2, Nebentätigkeit, Gesellschafterliste DM 25,00
§ 136, Schreibgebühren DM 38,00
§ 137, Auslagen DM 58,00
16 % MWST DM 257,36
Rechnungsbetrag DM 1.918,36 ..."
Die Beteiligte bezahlte die Rechnung zeitnah.
Mit Schreiben vom 13.12.2000 teilte der Notar der Beschwerdeführerin mit, dass die Notarkasse die Bewertung des Rechtsgeschäfts vom 28.4.1998 beanstandet habe. In dem Schreiben ist erläutert, dass seinerzeit nur jeweils zwei Gebühren aus einem Geschäftswert von 50.000 DM in Höhe von jeweils 320 DM berechnet worden seien, nach den Feststellungen des Prüfers der Notarkasse jedoch je zwei Gebühren aus einem Geschäftswert von 791.461 DM (= Aktiva zum 31.12.1997) in Höhe von je 2.620 DM hätten erhoben werden müssen. Deshalb sei er gehalten, einen Betrag von netto 4.600 DM nachzufordern.
Dem Schreiben des Notars war eine Kostenrechnung mit Datum 19.12.2000 folgenden Inhalts beigefügt:
"...
Kostenberechnung S 3822/3-2000 Wert in DM Gebühr
§ 36 Abs. 2 und § 47, Vertragliche Erklärung/Gesellschafterbeschluss 4.600,00 DM
Zwischensumme 4.600,00 DM
16% Mehrwertsteuer § 151 Abs. 1a 736,00 DM
Summe 5.336,00 DM
Ihr Anteil (Inkl. 16 % Mehrwertsteuer = 736,00 DM) 5.336,00 DM
Rechnungsendbetrag (Inkl. 736.00 DM Mehrwertsteuer) 5.336,00 DM
..."
Der beteiligte Notar fügte dem Schreiben und der Kostenrechnung einen Auszug aus dem Prüfungsbericht der Notarkasse bei.
Mit Schreiben vom 19.11.2002 legte die Beteiligte gegen die ergänzte Kostenrechnung Beschwerde ein. Das Landgericht änderte mit Beschluss vom 19.9.2003 die Kostenrechnung auf einen Betrag von 4.384,80 DM (= 2.241,91 Euro) ab und wies im Übrigen die Beschwerde zurück.
Am 28.10.2003 hat die beteiligte Gesellschaft weitere Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass zwischenzeitlich Verjährung eingetreten sei und im Übrigen der Notar den Geschäftswert in der ergänzenden Kostenrechnung unzutreffend angesetzt habe.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO). Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Frage der Verjährung ausgeführt:
Die Kostenrechnung vom 19.12.2000 habe die Verjährung unterbrochen. Verjährungsunterbrechend könne nur eine den formalen Kriterien des § 154 Abs. 2 KostO entsprechende Kostenrechnung wirken. Zwar fehle hier die Angabe des Geschäftswerts und die konkrete Berechnung der nachgeforderten Gebühr von 4.600 DM. Auch werde nicht ersichtlich, inwieweit die in der Rechnung vom 16.6.1998 angesetzten Gebühren bei der Nachforderung berücksichtigt wurden. Diese Mängel fielen aber hier nicht ins Gewicht, da das Begleitschreiben des Notars sowie der Auszug des Prüfungsberichts der Notarkasse die erforderlichen Angaben enthielten. Dabei könne es keine Rolle spielen, dass sowohl die Notarkasse als auch der beteiligte Notar den Kostenansatz der Erstrechnung vom 16.6.1998 nicht zutreffend verrechnet haben. Hierwegen sei allein die Herabsetzung des nachgeforderten Betrages geboten.
2. Die Ausführungen des Landgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO, § 546 ZPO).
a) Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass der Kostenanspruch aus der Beurkundung vom 28.4.1998 ohne verjährungsunterbrechende Maßnahmen mit Ablauf des 31.12.2000 verjährt wäre (§ 161 Satz 1, § 143 Abs. 1 a.F., § 17 Abs. 1 KostO, § 196 Nr. 15 a.F., § 201 a.F. BGB). Die im landgerichtlichen Beschluss genannte Jahreszahl "2002" ist in diesem Zusammenhang als offensichtliche Unrichtigkeit anzusehen.
b) Als verjährungsunterbrechende Maßnahme bezüglich des genannten Kostenanspruchs kommt hier die Übersendung der Kostenrechnung vom 19.12.2000 in Betracht. Die Zuleitung einer Kostenrechnung ist als Zahlungsaufforderung anzusehen, die auch nach der vor dem 1.1.2002 geltenden Rechtslage gemäß § 161 Satz 1, § 143 Abs. 1 a.F., § 17 Abs. 3 Satz 2 KostO a.F. die Verjährung unterbricht (vgl. BayObLGZ 1990, 275/278).
Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kommt eine Verjährungsunterbrechung allerdings nur dann in Frage, wenn die Kosten durch eine § 154 KostO entsprechende Rechnung bereits eingefordert sind oder die der Verjährungsunterbrechung dienende Kostenrechnung dieser Vorschrift entspricht (KG DNotZ 1962, 428/431; OLG Hamm DNotZ 1990, 318/319; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 216 = RNotZ 2001, 174; OLG Schleswig, Beschluss vom 12.9.1995, 9 W 108/95, Leitsatz 1 - Juris-Dokument; LG Osnabrück Nds.Rpfl. 2003, 43; Korintenberg/Bengel/ Tiedtke KostO 15.Aufl. § 143 Rn.7; Göttlich/ Mümmler KostO 14.Aufl. Stichwort: Verjährung der Notarkosten Anm. Nr. 2.3). Dem folgt der Senat. Diesen Grundsätzen entspricht weder die Rechnung vom 16.6.1998 noch die vom 19.12.2000.
aa) Die dem Senat vorliegende Kostenrechnung vom 16.6.1998 (Anlage K 5) entspricht nicht § 154 Abs. 2 KostO, da der Geschäftswert nicht angegeben ist. Ob sich dieser Mangel in der Berechnung der einzelnen Gebühren ausgewirkt hat, lässt sich mit Sicherheit nicht nachvollziehen. Jedenfalls ist festzuhalten, dass sich der angesetzte Gebührenbetrag von 1.140 DM in der Gebührentabelle nach DM-Sätzen weder als doppelte noch als einfache Gebühr findet.
bb) Des weiteren steht die Rechnung vom 19.12.2000 nicht mit § 154 Abs. 2 KostO in Einklang. Zwingender Bestandteil einer notariellen Kostenrechnung ist danach die Angabe empfangener Vorschüsse. Über den Gesetzeswortlaut hinaus sind dabei nicht nur Vorschüsse i.S.d. § 8 KostO anzusetzen, sondern alle Zahlungen, die ein Notar im Rahmen der in Rechnung gestellten Beurkundung erhalten hat (OLG Hamm JurBüro 1971, 354/355; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 216; Rohs/Wedewer KostO 3.Aufl. § 154 Rn.15). Der Umstand, dass die Kostenrechnung eines Notars Vollstreckungstitel werden kann (vgl. § 155 KostO), erfordert es, dass eine (ergänzte) Kostenrechnung alle Zahlungen anführt, die der Kostenschuldner vor Rechnungstellung geleistet hat (vgl. OLG Hamm aaO). Er muss aus der Kostenrechnung erkennen können, welche Gebührentatbestände aufgrund welchen Geschäftswerts angesetzt (vgl. BayObLG DNotZ 1984, 646/647) und inwieweit seine bereits geleisteten Zahlungen berücksichtigt worden sind.
Diesen Grundsätzen wird die Kostenrechnung vom 19.12.2000 nicht gerecht. Unstreitig ist, dass die beteiligte Kostenschuldnerin den Rechnungsbetrag von 1.918,36 DM der Rechnung vom 16.6.1998 bezahlt hat. In dieser Rechnung sind Gebühren von 1.140 DM für den Vertragsschluss und 320 DM für den Gesellschafterbeschluss, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, aufgeführt. Diese Beträge finden weder Eingang in die Kostenrechnung vom 19.12.2000 noch in die Prüfungsbemerkungen der Notarkasse, die der Rechnung beigefügt worden sind. Auch das Begleitschreiben des beteiligten Notars führt diese Beträge nicht auf. Somit ist, selbst wenn man eine Zusammenschau der dem Kostenschuldner übersandten Schriftstücke als ordnungsgemäße Rechnungsstellung ansehen wollte, den Anforderungen, die § 154 Abs. 2 KostO an eine notarielle Kostenrechnung stellt, nicht Genüge getan.
Nachdem die Kostenrechnung vom 19.12.2000 § 154 Abs. 2 KostO nicht entspricht, ist sie ohne weitere Prüfung aufzuheben (BayObLG DNotZ 1984, 646/649; JurBüro 1986, 430). Für eine verjährungsunterbrechende Wirkung dieser Kostenrechnung ist daher kein Raum mehr.
3. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 2241,91 Euro, da die Beteiligte insoweit nach der landgerichtlichen Entscheidung noch beschwert ist.
Ende der Entscheidung
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