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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 232/03
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG
Vorschriften:
BGB § 1908e | |
BVormVG § 1 Abs. 3 |
Gründe:
I.
Für die vermögende Betroffene ist eine Vereinsbetreuerin bestellt, die bei dem weiteren Beteiligten beschäftigt ist. Für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2002 beantragte er die Festsetzung der Vergütung für 7,88 Stunden zu einem Stundensatz von 43,80 Euro. Gegen den beanspruchten Stundensatz machte der Verfahrenspfleger Einwände geltend. Er hielt lediglich den Ansatz von 31 Euro je Stunde für gerechtfertigt. Das Vormundschaftsgericht bewilligte mit Beschluss vom 10.2.2003 dem Betreuungsverein einen Stundensatz von 31 Euro. Für einen Härteausgleich sei jedenfalls nach dem 30.6.2002 kein Raum mehr. Umfang und Schwierigkeit der Betreuungsaufgaben rechtfertigten einen erhöhten Stundensatz nicht. Das Amtsgericht ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die sofortige Beschwerde zu.
Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten vom 20.2.2003 änderte das Landgericht mit Beschluss vom 8.7.2003 die Vergütungsberechnung des Vormundschaftsgerichts ab und bewilligte eine Vergütung von 366,59 Euro unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 43,46 Euro. Gegen den landgerichtlichen Beschluss hat die Betroffene durch ihren Verfahrenspfleger mit Schriftsatz vom 14.7.2003 sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Das Rechtsmittel ist statthaft, da vom Landgericht zugelassen (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG); es ist auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat die sofortige weitere Beschwerde keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Auch bei vermögenden Betreuten seien als Richtlinie die Stundensätze des § 1 BVormVG anzuwenden. Eine Erhöhung des Stundensatzes von 31 Euro gebiete Art und Umfang der gegenständlichen Betreuungstätigkeit nicht. Hier sei jedoch eine Erhöhung des Stundensatzes unter dem Gesichtspunkt des Härteausgleichs zuzuerkennen. Die Voraussetzungen für die Gewährung des Härteausgleichs lägen vor. Der Zeitraum, für den der Härteausgleich gewährt werden könne, sei auch noch nicht abgelaufen. Der Betreuungsverein habe glaubhafte Gründe vorgebracht, die einen Härteausgleich bis zum Ablauf des Jahres 2002 rechtfertigten. Der weitere Beteiligte habe für die Tätigkeit in der gegenständlichen Betreuungsangelegenheit vor Inkrafttreten des Berufsvormündervergütungsgesetzes einen Stundensatz von 85 DM erhalten. Dieser sei im Rahmen des Härteausgleichs fortzugewähren.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Ist der Stundensatz, der sich aufgrund der bei vermögenden Betreuten zu beachtenden Richtlinienfunktion des § 1 Abs. 1 BVormVG (vgl. BGHZ 145, 104; BayObLGZ 2000, 316; 2001, 122/124) gemäß der Qualifikation des Vereinsbetreuers ergibt, niedriger als der Stundensatz der dem Betreuungsverein nach dem bis zum 31.12.1998 geltenden Recht zuerkannt wurde, hat der Tatrichter in seine Erwägungen mit einzubeziehen, ob und gegebenenfalls inwieweit im Wege des Härteausgleichs eine Erhöhung des Stundensatzes in Betracht kommt. Rechtsgrundlage hierfür ist die Übergangsbestimmung des § 1 Abs. 3 BVormVG, die bei der Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter und bei der Vergütung der Betreuungsvereine entsprechende Anwendung findet (vgl. BayObLGZ 2000, 331/334; 2001, 122/125; 2002, 121/123 = BtPrax 2002, 212; OLG Dresden FamRZ 2001, 1323; OLG Schleswig BtPrax 2001, 259).
Maßgebliche Kriterien für die dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters obliegende Bestimmung des Zeitraums, für den einem Betreuungsverein ein Härteausgleich zugestanden werden kann, können insbesondere der Sinn und Zweck der genannten Übergangsregelung, die Aufgaben des Betreuungsvereins und die ihm hierfür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sowie die konkrete wirtschaftliche Situation des jeweils verfahrensgegenständlichen Betreuungsvereins sein.
Die Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG gewährt Vertrauensschutz, um den Betreuern und auch den Betreuungsvereinen die Anpassung an die veränderte Vergütungssituation zu ermöglichen (BayObLGZ 2001, 37/40; 2002, 121/124).
Nach der landesrechtlichen Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Nachqualifizierung von Berufsbetreuern vom 19.6.2001 (GVBl. S.290) ist die Übergangsfrist für die Zahlung einer an der bisherigen Stundensatzhöhe orientierten Vergütung bis zum Ablauf des 31.12.2002 verlängert worden.
b) Die Ermessensentscheidung des Tatrichters, für welchen Zeitraum er einen Härteausgleich gewährt, kann vom Gericht der weiteren Beschwerde nur auf Rechtsfehler überprüft werden (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO; vgl. BayObLGZ 2000, 136/138). Ein solcher liegt vor, wenn das Tatsachengericht sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewusst war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, bei deren Bewertung unrichtige Maßstäbe angelegt, gegen Denkgesetze verstoßen oder Erfahrungssätze nicht beachtet, von seinem Ermessen einen dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Gebrauch gemacht oder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (vgl. BayObLGZ 1998, 65/69).
c) Gemessen an diesen Grundsätzen ergibt die Überprüfung, dass das Landgericht von der Ausübung seines Ermessens in sachgerechter und nicht angreifbarer Weise Gebrauch gemacht hat. Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass den Entscheidungen des Senats nicht zu entnehmen ist, die Gewährung des Härteausgleichs sei ohne weitere Prüfung bis zum 30.6.2002 beschränkt. Dieser Zeitpunkt findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr ist zutreffend berücksichtigt, dass der Zeitraum, in dem der Härteausgleich gesetzlich möglich ist, erst zum 31.12.2002 abgelaufen ist.
In nicht zu beanstandender Weise bejaht die landgerichtliche Entscheidung die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Härteausgleichs und bemisst entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 2 BVormVG den zuerkannten Stundensatz nach dem Satz, der dem Betreuungsverein vor Inkrafttreten des BVormVG gewährt worden ist und den er auch im Rahmen weiterer Vergütungsanträge unter Anwendung des Härteausgleichs erhalten hat. Das Landgericht hat des weiteren zu Recht die von der Betroffenen nicht angegriffenen Darlegungen zur wirtschaftlichen Situation des weiteren Beteiligten in Rechnung gestellt. Die Ausführungen des Betreuungsvereins lassen die Bewertung zu, dass er bereits Maßnahmen getroffen hat, um sich an die veränderte Vergütungssituation anzupassen, diese aber offensichtlich nicht ausreichen, um die wirtschaftliche Lage nachhaltig zu verbessern. Die Gewährung eines Härteausgleichs bis zum Ablauf des gesetzlich vorgesehenen Übergangszeitraums ist letztlich auch unter dem Gesichtspunkt nachvollziehbar, dass hier durch die Kürzung kommunaler Zuschüsse der Anpassungsprozess an die neue Vergütungsstruktur erschwert und zeitlich verzögert worden sein dürfte.
Über diesen Zeitraum hinaus wird allerdings, worauf das Landgericht zutreffend hinweist, ein Härteausgleich nicht mehr in Betracht kommen.
Rechte der Betroffenen werden durch den landgerichtlichen Beschluss nicht verletzt. Da für die Betroffene wirksam eine Vereinsbetreuerin bestellt worden ist, hat sie lediglich Anspruch darauf, dass die Vergütungsentscheidungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für Betreuungsvereine getroffen werden. Nachdem hier die Ermessensausübung des Landgerichts nicht zu beanstanden ist und der zuerkannte Stundensatz dem entspricht, was der Betreuungsverein vor Inkrafttreten des BVormVG erhalten hat, ist eine Verletzung der Rechte der Betroffenen nicht zu erkennen.
3. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren bemisst sich nach der Differenz zwischen der vom Landgericht zuerkannten Vergütung und der von der Betroffenen für angemessen gehaltenen.
Ende der Entscheidung
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