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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 24.07.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 233/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 2
Zur Frage des Härteausgleiches bei der Betreuervergütung für das Jahr 1999 im Rahmen der Einlegung von Rechtsbehelfen für den Betroffenen.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche

am 24. Juli 2001

in der Betreuungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 6. Juni 2001 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Kempten (Allgäu) zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Für die vermögende Betroffene ist seit 1998 ein Rechtsanwalt als Betreuer bestellt. Aufgabenkreis ist die Vertretung in allen Angelegenheiten. Das Vormundschaftsgericht bewilligte dem Betreuer für seine Tätigkeit in der Zeit vom 1.1.1999 bis 31.12.2000 eine Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 60 DM zuzüglich Mehrwertsteuer.

Die sofortige Beschwerde, mit der der Betreuer wie in seinen ursprünglichen Anträgen Vergütung auf der Grundlage eines Nettostundensatzes von 170 DM begehrt hat, hat das Landgericht mit Beschluss vom 6.6.2001 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Betreuer mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene Rechtsmittel (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Das Landgericht konnte zwar ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass das Fehlen einer Feststellung, wonach der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führe (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht hindert, ihm gemäß § 1836 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Vergütung zu bewilligen. Für eine entsprechende Feststellung bestand kein Anlass, da der Betreuer bereits vor dem 1.1.1999 bestellt worden war (vgl. BGHZ 145, 104/112 f.). Die Kammer hat ferner rechtsfehlerfrei dargelegt, dass den in § 1 Abs. 1 BVormVG festgelegten Stundensätzen Richtlinienfunktion für die Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuer zukommt und sie deshalb nur überschritten werden dürfen, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies im Einzelfall ausnahmsweise gebietet (vgl. BGHZ 145, 104; BayObLGZ 2000, 316; 2001 Nr. 26). Die Würdigung des Landgerichts, dass die im Abrechnungszeitraum angefallenen Betreuergeschäfte an den Betreuer als Rechtsanwalt keine außergewöhnlichen Anforderungen gestellt hätten, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kammer wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen oder den zur Bewältigung der erledigten Aufgaben erforderlichen Einsatz unvertretbar unterbewertet hätte.

Es können zwar im Einzelfall besondere Schwierigkeiten vorliegen, die eine Erhöhung des Regelstundensatzes rechtfertigen, wenn wie hier in Steuersachen Rechtsbehelfe ergriffen werden müssen. Wenn der Betreuer gegen die Entscheidung einer Behörde vorgehen muss, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um einen nicht einfach gelagerten Sachverhalt handelt. Erforderlich ist allerdings, dass die insoweit entfaltete Betreuertätigkeit einen konkreten Bezug zum Abrechnungszeitraum aufweist (Senatsbeschluss vom 4.7.2001 - 3Z BR 143/01). Einen solchen die Tätigkeit des Betreuers im Abrechnungszeitraum 2000 prägenden Bezug konnte das Landgericht hier verneinen, da nach den vorliegenden Abrechnungen derartige Tätigkeiten nur in einem Quartal des Jahres 1999 notwendig waren. Ob die Schwierigkeiten, die im ersten Quartal 1999 in Steuersachen aufgetreten sind, eine Erhöhung des Stundensatzes rechtfertigen oder diese besondere Leistung jedenfalls gemäß § 1835 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Schwierigkeiten jedenfalls im Rahmen des Härteausgleichs (vgl. unten 3) berücksichtigt werden können.

Das Beschwerdegericht durfte dem Betreuer auch nicht deshalb einen höheren Stundensatz zubilligen, weil dieser ausschließlich gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte beschäftigt und deshalb auch verantwortliche Tätigkeiten delegiert. Diese Personalkosten dürfen hier nicht berücksichtigt werden. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 145, 104/114) ist für eine Bemessung des Stundensatzes unter Berücksichtigung der Personalkosten nach dem neuen Recht kein Raum mehr. Dieses lege fest, mit welchem Stundensatz ein Berufsbetreuer in der Regel auszukommen habe. Nach dieser Vorgabe müsse der Aufwand eingerichtet werden. ob solche Personalkosten neben der Vergütung als Aufwendung geltend gemacht werden können (vgl. den Vorlagebeschluss des Senats BayObLGZ 2001, 22), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Schließlich stellt auch die Größe des Vermögens nach dem neuen Recht kein die Vergütungshöhe unmittelbar bestimmendes Bemessungskriterium mehr dar (BayObLGZ 1999, 375/378).

2. Dagegen hält die Beschwerdeentscheidung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht die Gewährung eines Härteausgleichs nicht erwogen hat, obwohl dem Betreuer für seine Tätigkeit bis 31.12.1998 ein Nettostundensatz von 170 DM zugestanden worden war (vgl. hierzu BayObLGZ 2001 Nr. 26).

3. Der Senat verweist die Sache an das Landgericht zurück, da die Entscheidung, ob, für welchen Zeitraum und in welchem Ausmaß dem Betreuer ein Härteausgleich zugestanden werden kann, sowie die Feststellung der für diese Entscheidung relevanten Umstände dem Tatrichter obliegt. Dabei wird das Beschwerdegericht der Betroffenen einen Verfahrenspfleger zu bestellen und folgendes zu beachten haben (vgl. hierzu neben der zitierten Entscheidung BayObLGZ 2001 Nr. 26 auch die Senatsbeschlüsse vom 30.5.2001 3Z BR 76/01 und 4.7.2001 3Z BR 143/01):

Entsprechend § 1 Abs. 3 BVormVG ist Voraussetzung für einen Härteausgleich, dass der Betreuer bereits vor dem 1.1.1999 über einen erheblichen Zeitraum hinweg Betreuungen berufsmäßig geführt hat (vgl. BayObLGZ aaO).

Kriterien für die Gewährung eines Härteausgleichs können unter anderem sein, seit wann der Betreuer Betreuungen berufsmäßig führt, in welchem Ausmaß diese Tätigkeit, speziell die Betreuung vermögender Betreuter seine Einkommenssituation geprägt hat und welche Anstrengungen eine etwa notwendige Anpassung des Bürobetriebs an die durch die Änderung des Betreuervergütungsrechts bedingte Minderung der Einkünfte erfordert. Die maßgeblichen Umstände sind grundsätzlich von Amts wegen zu ermitteln (§ 12 FGG). Den Betreuer trifft insoweit jedoch eine Darlegungslast, das heißt es obliegt ihm, die notwendigen Angaben zu machen und zu belegen (vgl. OLG Dresden FamRZ 2000, 552/553). Hierzu ist ihm Gelegenheit zu geben.

Ein Härteausgleich ist regelmäßig nur für den Zeitraum bis 30.6.2000 gerechtfertigt (vgl. BayObLGZ 2001 Nr. 26).

Zum Ausmaß des Härteausgleichs soll der Tatrichter sich entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 2 BVormVG an der bisherigen Vergütung orientieren (vgl. BayObLGZ aaO). In diesem Zusammenhang kann insbesondere auch von Bedeutung sein, ob der Betreuer Geschäfte, für deren Wahrnehmung er an sich gemäß § 1835 Abs. 3 BGB Aufwendungsersatz verlangen könnte (vgl. auch BVerfG FamRZ 2000, 1280/1282), im Vertrauen auf den bisherigen Stundensatz nur im Rahmen der Vergütung geltend macht.

Ende der Entscheidung

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