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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.08.1999
Aktenzeichen: 3Z BR 236/99
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 69g Abs. 4 Satz 1 Nr. 3
FGG § 29 Abs. 2
FGG § 22 Abs. 1 Satz 1
FGG § 29 Abs. 4
FGG § 16 Abs. 2
FGG § 69 Abs. 1 Nr. 6
FGG § 69 Abs. 2
FGG § 69i Abs. 1
FGG § 69i Abs. 2
FGG § 69i Abs. 5
FGG § 69i Abs. 6
FGG § 69i Abs. 7
FGG § 69g Abs. 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerisches Oberstes Landesgericht

Beschluß

3Z BR 236/99

LG Landshut 60 T 1331/99 AG Eggenfelden XVII 201/93

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Karmasin sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder

am 10. August 1999

in dem Betreuungsverfahren

auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 9. Juni 1999 wird verworfen.

I.

Das Amtsgericht führt für den Betroffenen ein Betreuungsverfahren. Mit Beschluß vom 11.5.1999 entließ das Amtsgericht den Beteiligten als Betreuer und ernannte an seiner Stelle eine Berufsbetreuerin. Die sofortige Beschwerde des abberufenen Betreuers hat das Landgericht mit Beschluß vom 9.6.1999 zurückgewiesen. Gegen diese ihm am 24.6.1999 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 12.7.1999 bei Gericht eingegangene sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht zulässig, da es nicht rechtzeitig eingelegt wurde.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts, durch die die Anordnung der Entlassung eines Betreuers gegen seinen Willen bestätigt wird, ist gemäß §§ 69g Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, 29 Abs. 2 FGG die sofortige weitere Beschwerde gegeben. Diese muß binnen zwei Wochen bei Gericht eingegangen sein (§§ 22 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 4 FGG). Dies ist hier nicht geschehen. Dem seinerzeit noch nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer wurde der Beschluß des Landgerichts am 24.6.1999 zugestellt. Damit wurde die Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt (§ 16 Abs. 2 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde wurde erst am 12.7.1999 eingelegt.

Der Fristversäumung steht nicht entgegen, daß der Beschluß des Landgerichts keine Rechtsmittelbelehrung enthält.

Eine solche ist im Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nicht erforderlich (BayObLG Rpfleger 1977, 133; OLG Köln OLGZ 1991, 403/406; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. Vorb §§ 8-18 Rn. 20; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. Einleitung FGG Rn. 106). Daraus folgt, daß der Beginn des Laufes der Rechtsmittelfrist keine Rechtsmittelbelehrung voraussetzt (BayObLGZ 1986, 259/261; Keidel/Kahl § 22 Rn. 10a). Etwas anderes gilt nur, wenn das Gesetz ausdrücklich eine Rechtsmittelbelehrung vorschreibt. Ohne eine solche beginnt dann der Lauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels nicht (BayObLGZ 1986, 259; Keidel/Kahl § 22 Rn. 12; Bassenge/Herbst aaO).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Für die Entscheidung, durch die die Entlassung eines Betreuers angeordnet wurde, ist eine Rechtsmittelbelehrung nicht vorgeschrieben. Insbesondere ist die Vorschrift des § 69 Abs. 1 Nr. 6 FGG hier nicht einschlägig (vgl. OLG Stuttgart FGPrax 1996, 148). Soweit der Senat in seinem Beschluß vom 7.10.1993 (BayObLG FamRZ 1994, 323) eine andere Auffassung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.

§ 69 Abs. 1 Nr. 6 FGG schreibt unmittelbar eine Rechtsmittelbelehrung nur vor, wenn ein Betreuer bestellt oder ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wird. Eine allgemeine Pflicht zur Belehrung in Betreuungsverfahren begründet diese Bestimmung nicht. Dies folgt schon aus § 69 Abs. 2 FGG, da dort für die Ablehnung der genannten Maßnahmen zwar eine Begründung aber keine Rechtsmittelbelehrung vorgeschrieben ist (vgl. OLG Stuttgart aaO; Keidel/Kayser § 69 Rn. 9).

Eine entsprechende Anwendung des § 69 Abs. 1 Nr. 6 FGG kommt nicht in Betracht.

Das Gesetz sieht sie für den vorliegenden Fall nicht vor. Eine solche bestimmt es nur für Entscheidungen, die mit der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts vergleichbar sind, nämlich die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers (§ 69i Abs. 1 FGG) oder des Einwilligungsvorbehalts (§ 69i Abs. 2 FGG), die Bestellung eines weiteren Betreuers, soweit damit die Erweiterung des Aufgabenkreises verbunden ist (§ 69i Abs. 5 FGG), und die Verlängerung der Betreuung und/oder des Einwilligungvorbehalts (§ 69i Abs. 6 FGG). Für die Entscheidung über die Entlassung des Betreuers fehlt eine entsprechende Verweisung. § 69i Abs. 7 FGG, der das Verfahren bei der Entlassung des Betreuers gegen den Widerspruch des Betroffenen behandelt, regelt lediglich die Anhörung der Beteiligten, verweist aber nicht auf die Vorschriften über die erstmalige Entscheidung.

Eine erweiterte Auslegung der Bestimmungen über die Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung auf Sachverhalte, die wie der vorliegende, keine Kriterien auf weisen, die mit den der Belehrungspflicht unterliegenden vergleichbar wären, kommt aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in Betracht (OLG Stuttgart aaO). Eine entsprechende Anwendung von gesetzlichen Normen ist den Gerichten nur gestattet, wenn der zur Beurteilung stehende Sachverhalt mit dem vom Gesetzgeber geregelten vergleichbar ist (BGHZ 105, 140/143; Baumbach/Hartmann ZPO 57. Aufl. Einl. III Rn. 44).

Aus § 69g Abs. 5 Satz 1 FGG folgt eine Verpflichtung zur Rechtsmittelbelehrung für das Beschwerdegericht ebenfalls nicht. Diese Bestimmung enthält keine Regelungen zur Rechtsmittelbelehrung, sondern erklärt nur die Vorschriften über den ersten Rechtszug für das Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar. Für das Erstgericht besteht aber, wie dargelegt, keine Belehrungspflicht.

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