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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.01.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 242/01
Rechtsgebiete: BGB, BVG


Vorschriften:

BGB § 1836c Nr. 2
BVG § 25f
Das Vermögen, das der Betreute für die Vergütung seines Betreuers einzusetzen hat, bestimmt sich allein nach § 88 BSHG und nach der zu § 88 Abs. 2 Nr.8 BSHG erlassenen Durchführungsverordnung.
Gründe:

I.

Für den Betroffenen ist eine Berufsbetreuerin bestellt.

Am 22.2.2001 setzte das Amtsgericht deren Vergütung für die vom l9.7. bis 16.12.2000 geleistete Tätigkeit auf 2061,75 DM fest und bestimmte den Betroffenen als Zahlungspflichtigen.

Gegen die Bestimmung seiner Zahlungspflicht legte der Betroffene sofortige Beschwerde ein, die gemäß Beschluss des Landgerichts vom 3.7.2001 ohne Erfolg geblieben ist.

Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG), hat jedoch keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die der Betreuerin für den Abrechnungszeitraum 9.7. bis 31.12.2000 bewilligte Vergütung sei nicht aus der Staatskasse, sondern vom Betroffenen zu bezahlen, weil dieser nicht mittellos sei. Die Vergütung in Höhe von 2061,75 DM und die erstattungsfähigen Auslagen der Betreuerin in Höhe von 502,38 DM könnten aus dem Geldvermögen des Betroffenen beglichen werden, das mit 10576,67 DM über der Schongrenze von 4500 DM liege. Der Umstand, dass der Betroffene Leistungen der Kriegsopferfürsorge erhalte und insoweit ein Einsatz seines Vermögens erst bei Überschreitung der bei 9564,00 DM liegenden Freigrenze gefordert werde, sei für die Frage, welches Vermögen der Betroffene für die Vergütung seiner Betreuerin einzusetzen habe, ohne Belang.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG).

a) Der Berufsbetreuer hat Anspruch auf Ersatz der zum Zwecke der Führung der Betreuung gemachten Aufwendungen (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie auf Vergütung seiner Amtsführung (§ 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB). Der Anspruch richtet sich gegen den Betreuten, ist jedoch aus der Staatskasse zu befriedigen, wenn der Betreute mittellos ist (§ 1835 Abs. 4 Satz 1, § 1836a BGB).

b) Ein Betreuter gilt als mittellos, wenn er den Aufwendungsersatz bzw. die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 1836d Nr.1 BGB). Welches Einkommen oder Vermögen der Betreute aufzuwenden hat, bestimmt sich nach § 1836c BGB. Danach hat er Vermögen nach Maßgabe des § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) einzusetzen (§ 1836c Nr. 2 BGB), mithin grundsätzlich sein gesamtes verwertbares Vermögen, soweit keiner der Verschonungstatbestände des § 88 Abs. 2 BSHG vorliegt (vgl.- BT-Drucks.13/7158 S.31) und der Einsatz bzw. die Verwertung für ihn und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen keine Härte bedeuten würde (§ 88 Abs. 3 BSHG).

"Schonvermögen" in diesem Sinne sind unter anderem kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte bis zu 4500 DM (§ 88 Abs. 2 Nr.8, Abs. 4 BSHG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes; vgl. BayObLGZ 2001, 158; BGH B.v. 24.10.2001 XII ZB 142/01), bzw. ab 1.1.2002 bis zu 2301 Euro (Art.17 Nr.1 a bb, Art.68 Abs. 10 des 4.Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 - BGBl. I S.1983/2008). In anderen gesetzlichen Vorschriften anderweitig festgesetzte Schongrenzen sind im Bereich der Betreuervergütung ohne Belang. Dies gilt insbesondere auch, soweit nach dem Bescheid des Bezirks Unterfranken vom 15.11.2000 die Vermögensfreigrenze für die dem Betroffenen gewährte Kriegsopferfürsorge gemäß § 25f BVG bei 9564 DM liegt. Nach der mit dem Betreuungsrechtsänderungsgesetz am 1.1.1999 in Kraft getretenen klaren und eindeutigen Bestimmung des § 1836c Nr. 2 BGB ist für das im Betreuervergütungsrecht einzusetzende Vermögen ausschließlich § 88 BSHG und damit auch die zu § 88 Abs. 2 Nr.8 BSHG erlassene Durchführungsverordnung maßgebend (vgl. OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 264).

Die Schongrenze von 4500 DM bzw. 2301 Euro ist angemessen zu erhöhen, wenn im Einzelfall eine "besondere Notlage" des Betreuten besteht (§ 88 Abs. 2 Nr.8 2.Halbsatz BSHG; § 2 Abs. 1 Satz 1 der genannten Verordnung) oder soweit ein Freibetrag von lediglich 4500 DM bzw. 2301 Euro für den Betroffenen eine "Härte" bedeuten würde (§ 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG). Die Schongrenze erhöht sich auf 8000 DM bzw. 4091 Euro bei blinden und bei schwerstbehinderten Betreuten (§ 67 bzw. § 69a Abs. 3 BSHG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 b der genannten Verordnung).

Eine "besondere Notlage" ist in der Regel insbesondere dann gegeben, wenn der Betreute besonderen Belastungen ausgesetzt ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 der genannten Verordnung), die es als unzumutbar erscheinen lassen, das Schonvermögen auf 4500 DM bzw. 2301 Euro zu beschränken. Von Bedeutung ist insoweit unter anderem die Art der Entstehung der Notlage, ihre (voraussichtliche) Dauer und das Ausmaß der zu ihrer Behebung oder Milderung notwendigen Aufwendungen (vgl. BayObLGZ 2001, 158/160).

Die Begrenzung des Schonvermögens auf 4500 DM bzw. 2301 Euro bedeutet für den Betreuten in der Regel eine "Härte", soweit dies zu einem den Leitvorstellungen des § 88 Abs. 2 BSHG nicht entsprechenden Ergebnis führen, hierdurch insbesondere eine angemessene Lebensführung des Betreuten oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde (§ 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG; vgl. BayObLGZ 2001, 158/160 f.).

c) Die Beurteilung, ob eine besondere Notlage des Betreuten besteht oder ein Freibetrag von lediglich 4500 DM bzw. 2301 Euro für ihn eine Härte bedeuten würde, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung der den Einzelfall prägenden Umstände. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Beurteilung des Tatrichters nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG; vgl. BayObLGZ 2001, 158/161).

d) Das Landgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt verfahrensfehlerfrei festgestellt und ohne Rechtsfehler gewürdigt. Das Schonvermögen hat es zutreffend auf 4500 DM bemessen. Das von der Beschwerdekammer auf 10576,67 DM bezifferte Vermögen des Betroffenen übersteigt diesen Freibetrag deutlich und ermöglicht es ohne weiteres, die der Betreuerin geschuldete Vergütung hieraus in vollem Umfang zu begleichen (§ 1836d BGB). Die Voraussetzungen des § 67 BSHG oder des § 69a Abs. 3 BSHG sind ebenso wenig gegeben wie eine "besondere Notlage" des Betroffenen. Die Inanspruchnahme des die Schongrenze von 4500 DM übersteigenden Vermögens für die Vergütung der Betreuerin bedeutet für den Betroffenen schließlich auch keine unzumutbare Härte. Hierzu reicht insbesondere nicht aus, dass der Betroffene Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz erhält (vgl. OLG Zweibrücken BtPrax 20001 264/265; a.A. HK-BUR/Winhold-Schött/Deinert § 1836c BGB Rn. 28).

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