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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 11.09.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 251/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836 d
Die Beurteilung, ob die Betreuervergütung aus der Staatskasse oder aus dem Nachlass des verstorbenen Betreuten zu leisten ist, hängt auch von der Verwertbarkeit von Vermögensgegenständen des Nachlasses voraus.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche

am 11. September 2001

in der Betreuungssache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betreuungsvereins

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Schweinfurt vom 2. Juli 2001 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Für den Betroffenen wurde mit Beschluss vom 14.2.2001 ein Vereinsbetreuer bestellt. Der Betroffene ist am 21.5.2001 verstorben.

Mit Beschluss vom 26.4.2001 setzte das Amtsgericht für die Zeit bis 31.3.2001 Vergütung und Aufwendungen auf insgesamt 1723,40 DM fest mit der Maßgabe, dass der Betrag dem Betreuungsverein antragsgemäß aus der Staatskasse zu bezahlen sei.

Auf die sofortige Beschwerde der Staatskasse, die geltend machte, dass der Betreute Eigentümer einer nicht von ihm bewohnten Eigentumswohnung und damit nicht mittellos sei, hat das Landgericht am 2.7.2001 den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Antrag auf Festsetzung der Betreuervergütung gegen die Staatskasse zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Betreuungsverein mit der zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.

1. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Vergütungspflicht der Staatskasse nicht in Betracht komme. Der Betreute sei nicht mittellos gewesen, sondern Eigentümer einer Wohnung mit einem Wert von mindestens 107000 DM. Entscheidend sei, dass der Grundbesitz als solcher verwertbar sei. Allgemeine Schwierigkeiten bei der Verwertung von Grundbesitz führten nicht zu einem Anspruch gegen die Staatskasse.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO).

a) Auch nach dem Tod des Betreuten fällt die Bewilligung und die förmliche Festsetzung einer noch ausstehenden Vergütung des Betreuungsvereins in die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts (BayObLGZ 2001, 65).

Stirbt der Betreute, wird der Vergütungsanspruch des Betreuungsvereins zur Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 1965 BGB (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1609/1610). Ob die Vergütung durch den Erben aus dem Nachlass zu entrichten ist (§ 1836 Abs. 2 BGB), oder ob die Staatskasse einzutreten hat (§ 1836a BGB), lässt sich nur einheitlich beantworten, und zwar nach dem Bestand des Nachlasses (vgl. § 1836e Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz BGB) unter Berücksichtigung der dem Erben zustehenden Schongrenzen (vgl. § 1836e Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BGB i.V.m. § 92c Abs. 3 BSHG).

Nicht anders als zu Lebzeiten des Betreuten (vgl. hierzu BayObLGZ 2001 Nr. 38) setzt die Berücksichtigung von Vermögensgegenständen des Nachlasses voraus, dass diese verwertbar sind. Hieran fehlt es insbesondere, wenn der Verwertung ein rechtliches oder tatsächliches Hindernis entgegensteht (vgl. Schellhorn BSHG 15. Aufl. § 88 Rn. 12) oder sie nicht in angemessener Zeit durchgeführt werden kann (vgl. BayobLG Fam.RZ 1999, 1234; LG Oldenburg FamRZ 2001, 309; vgl. auch Kunz in Oestreicher/Schelter/Kunz/Decker BSHG § 88 Rn. 3). Bei der Bestellung eines Betreuers für einen Volljährigen, der auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB), handelt es sich um eine staatliche Fürsorgemaßnahme. Soweit diese Aufgabe einer natürlichen Person (§ 1897 Abs. 1 BGB), die die Betreuung entsprechend Hilfsbedürftiger im Interesse der Gemeinschaft zu ihrem Beruf gemacht hat, oder einem Betreuungsverein (§ 1908e Abs. 1 BGB) übertragen wird, korrespondiert hiermit die Verpflichtung des Staates, die Erstattung der zum Zwecke der Führung der Betreuung gemachten Aufwendungen und die Entlohnung sicherzustellen (vgl. OLG Oldenburg Nds.Rpfl. 1996, 59/60). Dies ist nur gewährleistet, wenn die Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Vergütung von dem Verpflichteten, wenn auch nicht sofort, so doch in angemessener Zeit erfüllt werden können (vgl. LG Koblenz FamRZ 1995, 1444/1445; Staudinger/Engler BGB 13. Aufl. § 1835 Rn, 51) oder, soweit dies nicht der Fall ist, zunächst die Staatskasse hierfür aufkommt (vgl. BayObLGZ 1997, 301/303).

b) Das Landgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt, insbesondere das Vorhandensein einer Immobilie und deren Wert, verfahrensfehlerfrei festgestellt.

Die Würdigung der Kammer, dass die Eigentumswohnung unter den gegebenen Umständen auch verwertbar sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Besondere Schwierigkeiten bei der Verwertung dieses Grundbesitzes sind nicht ersichtlich und werden auch von dem Beschwerdeführer nicht vorgebracht; vielmehr weist dieser in seinem Schreiben vom 13.6.2001 nur darauf hin, dass es sich um einen Eigentumswert handle, der "kurzfristig nicht verwertbar" sei. Umstände, die gegen eine Verwertung im normalen Geschäftsgang sprechen könnten, lagen daher auch nach Auffassung des Beschwerdeführers - die Betreuung umfasste auch die Vermögenssorge - nicht vor. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es dem Erben, ggfs. auch dem Nachlasspfleger, freisteht, unter Belastung des Grundbesitzes ein Darlehen aufzunehmen und dieses für die Tilgung der Vergütungsforderung zu verwenden.

Ende der Entscheidung

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