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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.01.2005
Aktenzeichen: 3Z BR 251/04
Rechtsgebiete: BGB, BVormVG
Vorschriften:
BGB § 1836a | |
BGB § 1908i | |
BVormVG Art. 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 |
Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten Sprau sowie der Richterin am Obersten Landesgericht Vavra und der Richterin am Oberlandesgericht Budesheim am 12.Januar 2005 in der Betreuungssache
auf die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Schweinfurt vom 8.Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Nachdem für die Betroffene bereits seit 1986 Gebrechlichkeitspflegschaft bestand, die kraft Gesetz in eine Betreuung überführt wurde, bestellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 30.12.1999 den jetzigen Betreuer als Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen notwendige ärztliche Behandlung/Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschließlich der Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik oder einer beschützenden Abteilung eines Alten- oder Pflegeheims, Entscheidung über unterbringungsähnliche Maßnahmen, Vermögenssorge einschließlich Wohnungsauflösung und Kündigung des Mietverhältnisses sowie Regelung von Nachlass-, Renten-, Sozialhilfeverfahren, die mit Beschluss vom 18.1.2000 um den Aufgabenkreis Entgegennahme, Öffnen und Bearbeiten aller Postsachen erweitert wurden.
Für den Zeitraum vom 2.10.2003 bis 29.6.2004 beantragte der Betroffene mit Schreiben vom 30.6.2004 u.a. Vergütung gemäß einem beigefügtem Einzelnachweis für 13 Stunden 5 Minuten zu einem Stundensatz von 31 EUR. Das Amtsgericht hielt im Hinblick auf den vorgelegten Qualifikationsnachweis nur einen Stundensatz von 23 EUR für angemessen und anerkannte lediglich 12,03 Stunden als betreuungsrelevante Tätigkeit. Entsprechend kürzte es die Vergütung von geltend gemachten 405,58 EUR auf zuerkannte 276,69 EUR netto.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 8.10.2004, dem Betreuer zugestellt am 2.11.2004, zurückgewiesen. Hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes der Vergütung hat es die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Mit Anwaltsschreiben vom 16.11.2004, beim Rechtsbeschwerdegericht eingegangen am gleichen Tag, hat der Betreuer sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
In Vergütungsfestsetzungsverfahren ist die weitere Beschwerde nur statthaft, soweit sie durch das Landgericht zugelassen ist (§ 56g Abs.5 Satz 2 FGG). Der Beschwerdeführer wendet sich in der Begründung seines Rechtsmittels ausschließlich gegen die Höhe des Stundensatzes, nur insoweit war das Rechtsmittel zugelassen. Der Senat geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer das Rechtsmittel auf diese Frage beschränken wollte.
Das auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Der nach § 1836a, § 1908i BGB als Vergütung für den Berufsbetreuer zu gewährende Stundensatz von 31 EUR setze gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG voraus, dass der Betreuer über besondere, für die Führung der Vormundschaft nutzbare Kenntnisse verfüge, die er durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben habe. Der vom Beschwerdeführer absolvierte Studiengang Betriebswirt Sozialwesen an der Kolpingakademie in Würzburg sei mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung nicht gleichzusetzen. Der Betreuer habe an insgesamt 620 Unterrichtseinheiten teilgenommen, die einer reinen Arbeitszeit von ca. 15 - 20 Wochen entsprächen, und die Prüfung abgelegt. Eine Fachhochschulausbildung erfordere im Allgemeinen mindestens 6 Semester, sei also wesentlich zeitaufwändiger als die vom Betreuer absolvierte Zusatzausbildung. Diese stelle sich im Ergebnis lediglich als Maßnahme beruflicher Weiterbildung dar, die nur als Ausschnitt einer hochschulgleichen Qualifikation angesehen werden könne. Ein Fachhochschulstudium gliedere sich in Grund- und Hauptstudium, wobei das Grundstudium mit der Diplomvorprüfung abgeschlossen werde. Eine mehrere Tage dauernde Diplomprüfung und die Diplomarbeit schlössen das Hauptstudium ab. Mit einer derartigen Fachhochschulausbildung sei die Weiterbildung des Betreuers in ihrer Wertigkeit nicht vergleichbar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Betreuer vorgelegten Bescheinigung vom 23.9.2004, die lediglich bestätige, dass die inhaltlichen und fachlichen Kriterien sowie die Prüfungsanforderungen auf einem Niveau lägen, das dem Standard einer qualifizierten Weiterbildung entspräche, wie sie auch von Fachhochschulen für Berufstätige in vergleichbaren Berufsfeldern angeboten würden. Die Vergleichbarkeit des vom Betreuer absolvierten Studiengangs mit einer Fachhochschulausbildung werde damit nicht bestätigt.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Die nach § 1836a BGB aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung beträgt für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit 18 EUR. Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so erhöht sich diese Vergütung auf 31 EUR, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 BVormVG, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB). Besondere Kenntnisse im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG sind Kenntnisse, die - bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen (BayObLGZ 1999, 339 ff. = FamRZ 2000, 844). Für die Führung einer Betreuung nutzbar sind Fachkenntnisse, die ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohl des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und damit eine höhere Leistung zu erbringen (BayObLG aaO). Das Gesetz begnügt sich mit der potentiellen Nützlichkeit dieser Fachkenntnisse; eine konkrete Nutzung des vom Betreuer vorgehaltenen Wissens wird nicht verlangt (BGH FamRZ 2003, 1653).
Einer abgeschlossenen Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, wenn sie in ihrer Wertigkeit einer solchen Ausbildung gleichkommt. Davon ist auszugehen, wenn sie staatlich reglementiert oder anerkannt ist und wenn das durch sie vermittelte Wissen in Breite und Tiefe dem durch ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium erworbenen Wissen entspricht (vgl. BayObLGZ 1999, 275/276 f.; BayObLGZ 2000, S.248/250). Dabei fallen nach dem Willen des Gesetzgebers unter den Begriff der Hochschule im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG auch die Fachhochschulen (Bt-Drucks. 13/7158 S.28, vgl. OLG Braunschweig BtPrax 2000, 130). Abgeschlossen ist eine solche Ausbildung, wenn ihr Erfolg durch eine vor einer staatlichen oder staatlich anerkannten Stelle abgelegte Prüfung anerkannt ist (BayObLG aaO).
Als Wertungskriterien für die Vergleichbarkeit sind zunächst der mit der Ausbildung verbundene zeitliche Aufwand, der Umfang des Lehrstoffes und die Ausgestaltung der Abschlussprüfung heranzuziehen. Darüber hinaus ist auch die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation von wesentlicher Bedeutung. Eröffnet sie den Absolventen den Zugang zu beruflichen Tätigkeiten, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist, wie bei dem Zugang zu den entsprechenden Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppen des öffentlichen Dienstes, wird eine Vergleichbarkeit in aller Regel zu bejahen sein (vgl. BayObLGZ 2000, 248/251).
b) Das Beschwerdegericht hat zu Recht nicht in Zweifel gezogen, dass es sich bei den von dem Betreuer erworbenen Kenntnissen zumindest zum Teil um besondere, für die Führung der Vormundschaft nutzbare Kenntnisse im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVormVG handelt.
c) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Vergleichbarkeit des vom Betreuer absolvierten Studiengangs Betriebswirt/Sozialwesen der Kolpingakademie Würzburg mit einem Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss verneint.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Landgericht seiner Aufklärungspflicht gemäß § 12 FGG in ausreichendem Maß dadurch nachgekommen ist, dass es seiner Entscheidung lediglich das vom Betreuer vorgelegte Zeugnis der Kolpingakademie sowie die Bescheinigung des Vorsitzenden des zentralen Prüfungsausschusses vom 23.9.2004 zugrunde gelegt hat. Denn auch aus den vom Betreuer erst mit der Begründung der sofortigen weiteren Beschwerde vorgelegten Unterlagen der Kolpingakademie, aus denen sich Inhalt und Umfang der Ausbildung in allen wesentlichen Zügen ergeben, lässt sich keine abweichende, für den Betreuer günstigere Entscheidung herleiten.
aa) Es ist nicht ersichtlich, dass die formalen Voraussetzungen einer Gleichwertigkeit des Abschlusses der Kolpingakademie mit einer (Fach-) Hochschulausbildung in Form der staatlichen Reglementierung oder zumindest Anerkennung der Ausbildung vorliegen (vgl. BayObLGZ 1999, 275/276 = BayObLG BtPrax 2000, 32/33).
bb) Auch die materiellen Voraussetzungen einer Gleichwertigkeit sind nicht erfüllt. Die vorgelegten Unterlagen lassen nicht erkennen, dass der vom Betreuer absolvierte Ausbildungsgang ein in Breite und Tiefe dem durch ein erfolgreiches (Fach-) Hochschulstudium vergleichbares Wissen vermittelt.
Umfasst gemäß Art.79 Abs. 1 Bayer. Hochschulgesetz ein Fachhochschulstudiengang in der Regel einschließlich zweier praktischer Studiensemester vier Studienjahre oder acht Semester, so erfordert die Ausbildung zum "Betriebswirt/Sozialwesen (KA)" lediglich zwei Jahre mit 620 Unterrichtseinheiten, die überwiegend im Wochenend-Teilzeitstudium durchgeführt werden. Unter Berücksichtigung vorlesungsfreier Zeiten bei einem Vollstudium entspricht dies ca. 10 Semesterwochenstunden und liegt damit erheblich unter den Anforderungen eines Fachhochschulstudiums.
In der Breite deckt der Ausbildungsstoff zwar ein erhebliches Themenspektrum ab. Er ist aber ersichtlich nicht darauf angelegt, zur selbständigen Anwendung wissenschaftlicher Methoden in der Berufspraxis (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 6 Bayer. Hochschulgesetz) zu befähigen, sondern vermittelt Grundlagenwissen und seine praktische Umsetzung im Spezialbereich der sog. Einrichtungen der Sozialwirtschaft. Die Ausbildung entspricht daher dem Studiengang an einer Fachakademie, der einer (Fach-) Hochschulausbildung gerade nicht gleichwertig ist (vgl. BayObLG FamRZ 2000, 1307).
cc) Unter diesen Umständen kann dahin stehen, ob die Prüfung, die der Betreuer im Rahmen seiner Ausbildung an der Kolping Akademie abgelegt hat, den Anforderungen gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 BVormVG genügt (vgl. dazu BayObLGZ 1999, 275/276).
Ende der Entscheidung
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