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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.01.2005
Aktenzeichen: 3Z BR 256/04
Rechtsgebiete: BGB, FGG
Vorschriften:
BGB § 1897 Abs. 4 | |
BGB § 1897 Abs. 5 | |
FGG § 69f Abs. 1 |
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vizepräsidenten Sprau sowie des Richters Dr. Knittel und der Richterin Vavra am 14. Januar 2005 in der Betreuungssache
auf die weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten
beschlossen:
Tenor:
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 7. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Für die Betroffene ist im Wege der einstweiligen Anordnung am 9.8.2004 vorläufig ein Berufsbetreuer für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge bis längstens 8.2.2005 bestellt. Zum Zeitpunkt der Betreuerbestellung war die Betroffene im Bezirkskrankenhaus L. untergebracht. Am 17.9.2004 ist die Betroffene aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen worden; sie lebt seither bei der weiteren Beteiligten, ihrer Tochter. Dieser hatte sie am 17.12.1998 eine notariell beurkundete umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.
In Vertretung und im Namen der Betroffenen legte die Tochter am 25.8.2004 Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts mit dem Ziel ein, dass die Tochter zur Betreuerin bestellt werden sollte. Am gleichen Tag beantragte die Tochter im eigenen Namen, dass ihr die Betreuung für die Betroffene übertragen werden solle. Das Landgericht hat die Beschwerde am 7.10.2004 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Tochter mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie das Ziel verfolgt, selbst zur vorläufigen Betreuerin bestellt zu werden. Gleichzeitig stellt sie den Antrag, das Verfahren an das zuständige Landgericht Chemnitz bzw. Oberlandesgericht Dresden abzugeben.
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig, § 21 Abs. 2, § 27 Abs. 1, § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG. Es handelt sich um eine einfache weitere und nicht um eine sofortige weitere Beschwerde, weil die Tochter sich nicht gegen eine Entlassung eines Betreuers wendet, sondern gegen seine Erstbestellung.
a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zur Entscheidung über die weitere Beschwerde zuständig, weil das Betreuungsverfahren beim Amtgericht Landshut geführt wird. Eine Abgabe an das für den jetzigen Wohnsitz zuständige Amtsgericht Marienberg ist bisher nicht erfolgt.
b) Das Landgericht hat den Antrag der Tochter, sie solle zur vorläufigen Betreuerin bestellt werden, als Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 9.8.2004 ausgelegt und über diese Beschwerde entschieden. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Nicht entschieden ist bisher über die Beschwerde der Betroffenen selbst, die am gleichen Tage von der Tochter im Namen und in Vertretung der Betroffenen eingelegt worden ist.
c) Die weitere Beschwerde ist zulässigerweise auf die Frage beschränkt, ob die Auswahl des vorläufigen Betreuers rechtlich einwandfrei vonstatten gegangen ist.
2. Die weitere Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand, § 27 Abs. 2 FGG, § 546 ZPO.
a) Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Die Tochter sei nach § 69g Abs. 1 FGG auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung berechtigt, mittels Beschwerde gegen die Betreuerauswahl vorzugehen. Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht stehe einem Betreuungsbedürfnis nicht entgegen. Nach Aktenlage bestünden Zweifel daran, ob die Tochter überhaupt gesundheitlich in der Lage sei, die Belange der Betroffenen wie in der Vollmachtsurkunde vorgesehen, wahrzunehmen. Die Betreuerauswahl sei gleichfalls nicht zu beanstanden. Bereits der Sachverständige habe auf die gesundheitlichen Probleme der Tochter aufmerksam gemacht und einen Verdacht auf eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis oder Folie á deux hingewiesen. Dies decke sich mit der Einschätzung der behandelnden Ärztin im Bezirkskrankenhaus, die die Tochter für womöglich kränker als die Mutter angesehen habe. Die Entscheidung, ob unter diesen Umständen die Tochter als Betreuerin geeignet sei, müsse der Entscheidung über die endgültige Betreuerbestellung vorbehalten bleiben.
b) Zum Betreuer bestellt das Vormundschaftsgericht eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen (§ 1897 Abs. 1 BGB). Schlägt der volljährige Betroffene niemanden vor, der zum Betreuer bestellt werden kann, so ist bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Betreuten, insbesondere auf die Bindungen zu Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten und zum Lebenspartner, sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen (§ 1897 Abs. 5 BGB). Ein Berufsbetreuer soll nur bestellt werden, wenn kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht (§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Bei Gefahr im Verzug kann das Vormundschaftsgericht den vorläufigen Betreuer jedoch auch abweichend von § 1897 Abs. 4 und Abs. 5 BGB bestellen (§ 69f Abs. 1 Satz 5 FGG; vgl. BayObLG BtPrax 2004, 111/112).
c) Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Auswahlentscheidung des Tatrichters, die dessen pflichtgemäßem Ermessen obliegt, nur auf Rechtsfehler überprüfen, nämlich dahin, ob der Tatrichter von seinem Ermessen keinen oder einen rechtlich fehlerhaften, insbesondere Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 1589 m.w.N.; Jansen FGG 2. Aufl. § 27 Rn. 23). Danach ist insbesondere zu prüfen, ob der Tatrichter die im Einzelfall wesentlichen Auswahlkriterien herangezogen und bei der Abwägung die im Gesetz vorgesehenen Regeln für deren Gewichtung und Verhältnis zueinander beachtet hat.
d) Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht im Eilverfahren nach § 69f FGG einen Berufsbetreuer zum vorläufigen Betreuer bestellt hat.
Nachdem die weitere Beschwerde auf die Frage der Betreuerauswahl beschränkt ist, kommt es auf die Frage, ob und inwieweit die von der Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht die Errichtung einer Betreuung bzw. einer vorläufigen Betreuung überflüssig macht, nicht mehr an. Ein Betreuervorschlag ist in der Vorsorgevollmacht nicht enthalten.
Im Eilverfahren geht es, gerade nach der Unterbringung eines Betroffenen, vor allem darum, ihm möglichst schnell eine rechtliche Vertretung zu ermöglichen. Die Prüfung, ob eine Person zum vorläufigen Betreuer geeignet ist, hat wegen der gebotenen Eile summarisch stattzufinden; erst im Verfahren der endgültigen Betreuerbestellung ist eine umfangreiche Prüfung durchzuführen, die ohne Zeitdruck stattfinden kann.
Unter den gegebenen Umständen einer Eilentscheidung ist es deshalb nicht zu beanstanden, dass das Landgericht wegen der nicht abschließend geklärten Frage, ob die Tochter als Betreuerin geeignet ist, die Bestellung eines Berufsbetreuers vorgezogen hat. Es verkennt nicht, dass die genannte verwandtschaftliche Bindung in seine Erwägungen einzubeziehen ist. Es durfte im Rahmen der Abwägung aber berücksichtigen, dass verschiedene Punkte gegen deren Eignung als Betreuerin sprachen. So haben nicht nur der Sachverständige, sondern auch die behandelnden Klinikärzte Zweifel an der Eignung der Tochter geäußert, weil der Verdacht auf eine eigene psychische Krankheit der Tochter vorliege. Bei dieser Sachlage durfte es ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass die Bestellung eines Berufsbetreuers im Eilverfahren den Vorzug verdient.
Das Gericht war auch nicht dazu verpflichtet, nach Wegfall der Voraussetzungen der Gefahr im Verzug den Prüfungsmaßstab für die Auswahl des Betreuers zu ändern (vgl. BayObLG BtPrax 2004, 111/112). Anders als § 69f Abs. 1 Satz 4 FGG, der die Nachholung der unterbliebenen Anhörungen von Betroffenem und Verfahrenspfleger vorschreibt, verlangt Satz 5 der Vorschrift bei der Bestellung des vorläufigen Betreuers keine weiteren gerichtlichen Handlungen nach Wegfall der Gefahr.
4. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 KostO. Hiernach ist der Geschäftswert regelmäßig auf 3.000 EUR, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000 EUR festzusetzen. "Nach Lage des Falles" bedeutet, dass das wirtschaftliche Gewicht des Geschäfts für die Beteiligten, die Vermögenslage der Beteiligten sowie die Mühewaltung des Gerichts daraufhin abzuwägen sind, ob und inwieweit eine Abweichung vom Regelwert angebracht erscheint (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 1128). Der Senat hält in Anbetracht des durchschnittlichen Falles den Regelgeschäftswert von 3.000 EUR für angemessen, aber auch ausreichend.
Ende der Entscheidung
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