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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.11.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 271/00
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 181
GmbHG § 47
Bestellt sich der gesetzliche Vertreter des Gesellschafters einer GmbH mit dessen Stimme zum Geschäftsführer, so greift § 181 BGB ein.
BayObLG Beschluss

LG Amberg 41 HKT 635/00; AG Amberg HRB 1707

3Z BR 271/00

17.11.00

BayObLGZ 2000 Nr. 69

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche am 17. November 2000 in der Handelsregistersache wegen Eintragung der Bestellung eines weiteren Geschäftsführers,

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde der Gesellschaft gegen den Beschluss des Landgerichts Amberg vom 24. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Alleinige Gesellschafterin der GmbH ist eine eingetragene Genossenschaft, die von ihren beiden Vorstandsmitgliedern A. und B. vertreten wird. Die beiden Vorstände der Alleingesellschafterin, die nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit sind, faßten am 13.4.2000 den Beschluss, wonach A. zum weiteren Geschäftsführer der GmbH bestellt werde. Die Anmeldung der Bestellung des neuen Geschäftsführers beanstandete das Registergericht mit Zwischenverfügung vom 19.5.2000. Die Beschwerde der Gesellschaft gegen die Zwischenverfügung hat das Landgericht mit Beschluss vom 24.7.2000 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die weitere Beschwerde der Gesellschaft.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat unter teilweiser Bezugnahme auf die Zwischenverfügung des Registergerichts ausgeführt, A. habe als organschaftlicher Vertreter der Alleingesellschafterin nicht für seine eigene Bestellung zum Geschäftsführer der GmbH stimmen können. Der Wirksamkeit des Bestellungsbeschlusses stehe § 181 BGB entgegen.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Dem Registergericht steht bei einer Anmeldung, die eine Änderung der Person des Geschäftsführers betrifft, ein Prüfungsrecht zu, da zum Schutze des Rechtsverkehrs (vgl. § 15 HGB) unrichtige Eintragungen in das Handelsregister vermieden werden sollen. Deshalb obliegt es dem Registergericht, die formellen Voraussetzungen der Eintragung festzustellen und bei begründeten Bedenken auch die Richtigkeit der mitgeteilten Tatsachen nachzuprüfen (§ 12 FGG). Darüber hinaus ist das Gericht auch zur Prüfung verpflichtet, ob das zur Eintragung Angemeldete überhaupt eintragungsfähig ist und ob die mitgeteilten Tatsachen die begehrte Eintragung rechtfertigen. In diesem Rahmen hat das Registergericht auch die Rechtsgültigkeit eines Gesellschafterbeschlusses zu prüfen. Es muß die Eintragung verweigern, wenn ein zur Eintragung angemeldeter Beschluss nicht wirksam ist (vgl. BayObLG GmbHR 1992, 304/305 f. m.w.N.).

b) Der hier zur Eintragung angemeldete Beschluss vom 13.4.2000 leidet an einem Mangel, da die Alleingesellschafterin nicht wirksam vertreten war. Für sie handelten ihre zwei gesamtvertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder, die nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) entbunden waren. Durch den Beschluss sollte eines dieser beiden Vorstandsmitglieder der Alleingesellschafterin zum weiteren Geschäftsführer der GmbH bestellt werden. Die Berufung zum Vertretungsorgan der GmbH hätte die rechtliche Stellung dieses Vorstandsmitglieds unmittelbar verstärkt. Damit lag in seiner Person ein Interessenkonflikt vor, wie ihn § 181 BGB im Auge hat. Diese Vorschrift soll verhindern, dass verschiedene und damit möglicherweise einander entgegenstehende Interessen durch ein und dieselbe Person vertreten werden, solange dies nicht durch Gesetz oder Vollmacht gestattet ist, weil ansonsten stets die Gefahr der Schädigung eines Teils besteht (vgl. BGHZ 51, 209/215 betreffend einen Testamentsvollstrecker).

Aus diesem Grunde wird überwiegend § 181 BGB herangezogen, wenn der Vertreter eines Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung der GmbH mit den Stimmen der von ihm vertretenen Person sich selbst zum Geschäftsführer bestellt (LG Berlin NJW-RR 1997, 1534; Erman/Palm BGB 10. Aufl. § 181 Rn. 12; Palandt/Heinrichs BGB 59. Aufl. § 181 Rn. 11; Soergel/Leptin BGB 13. Aufl. § 181 Rn. 21; Staudinger/Schilken BGB [1995] § 181 Rn. 25; Roth/Altmeppen GmbHG 3. Aufl. § 47 Rn. 30; Rowedder/Koppensteiner GmbHG 3. Aufl. § 47 Rn. 67; Scholz/K. Schmidt GmbHG 8. Aufl. § 47 Rn. 181; a.A. - Anwendung des § 47 Abs. 4 GmbHG - Hachenburg/Hüffer GmbHG 8. Aufl. § 47 Rn. 111; Kirsten GmbHR 1989, 406/410). Dieser Auffassung, die auch der Bundesgerichtshof für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts vertritt (BGHZ 112, 339), schließt sich der Senat an. Die Frage, inwieweit § 181 BGB bei Beschlüssen einer Gesellschafterversammlung allgemein anwendbar ist ("Sozialakt", vgl. BGHZ 52, 316/318), stellt sich hier nicht, da es nur um die Einordnung eines Interessenkonflikts zwischen gesetzlichem Vertreter und Vertretenen geht.

c) Der Beschluss vom 13.4.2000 ist auf Grund dieses Mangels unwirksam und nicht nur anfechtbar.

Ist in der Gesellschafterversammmlung einer GmbH das Zustandekommen eines bestimmten Beschlusses notariell beurkundet oder vom Versammlungsleiter förmlich festgestellt worden, so ist der Beschluss mit dem beurkundeten bzw. festgestellten Inhalt vorläufig verbindlich; formelle und materielle Mängel, welche die Anfechtbarkeit begründen, können nur durch Erhebung der Anfechtungsklage geltend gemacht werden (BayObLGZ 1991, 371/374). Hier wurde der Beschluss zwar weder von einem Versammlungsleiter förmlich festgestellt noch notariell beurkundet. Sein Inhalt wurde jedoch von den beiden für die Alleingesellschafterin handelnden Personen schriftlich niedergelegt (vgl. § 48 Abs. 3 GmbHG) und gemeinsam unterzeichnet. Dies steht, da damit alle an der Beschlussfassung beteiligten Personen übereinstimmend die Auffassung bekundet haben, dass ein Beschluss mit dem dokumentierten Inhalt zustande gekommen ist, einer förmlichen Feststellung durch einen Versammlungsleiter gleich. Eine wegen § 181 BGB unwirksame Stimmabgabe wird im Grundsatz, nicht anders als das Mitzählen der stimmen von in Wahrheit nicht stimmberechtigten Personen (vgl. BGHZ 104, 66/69), als bloßer Anfechtungsgrund angesehen (Soergel/ Leptin § 181 Rn. 21; Rowedder/Koppensteiner § 47 Rn. 69). Nach diesen Grundsätzen wäre der Beschluss, da keine Nichtigkeitsgründe gemäß § 241 AktG ersichtlich sind, vorbehaltlich einer erfolgreichen Anfechtungsklage durch das Registergericht als wirksam zu behandeln.

Diese Grundsätze gelten jedoch im vorliegenden Fall nicht, da es sich bei der GmbH um eine Einmann-Gesellschaft handelt. In diesem Sonderfall bewirkt eine Unwirksamkeit der Stimmabgabe auch die Unwirksamkeit des Einmann-Beschlusses (vgl. Lindemann Die Beschlussfassung in der Einmann-GmbH S. 201 ff.; a.A. Winkler DNotZ 1970, 476/486). Zum einen paßt für den fehlerhaften Einmann-Beschluss das Anfechtungserfordernis nicht, da es sich hierbei um ein Instrument zum Austragen von Konflikten zwischen Gesellschaftermehrheit und -minderheit handelt (Lindemann S. 163 ff.). Im übrigen kommt hier der Beschluss unmittelbar mit der Willensbildung des Alleingesellschafters und ohne jeden weiteren Zwischenschritt zustande, was es rechtfertigt, von einer Trennung zwischen Stimmabgabe und Beschluss abzusehen. Schließlich kann nur auf diese weise im vorliegenden Fall dem Schutzzweck des § 181 BGB ausreichend Rechnung getragen werden.

d) Das Registergericht hat zu Recht eine Zwischenverfügung gewählt, da der beanstandete Mangel behebbar war. Durch den Abschluß eines Insichgeschäfts überschreitet der Vertreter seine Vertretungsmacht. Das betreffende Rechtsgeschäft ist aber nicht nichtig, sondern nur entsprechend §§ 177, 180 BGB schwebend unwirksam (vgl. Palandt/Heinrichs § 181 Rn. 15).

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf § 131 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Satz 1, § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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