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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 31.10.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 272/00
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1846
FGG § 70h Abs. 3
Die Rechtsfrage, ob der Vormundschaftsrichter gemäß § 1846 BGB Unterbringungsmaßnahmen im Sinne von § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b FGG anordnen darf, ohne gleichzeitig einen vorläufigen Betreuer zu bestellen, wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
BayObLG Beschluss

LG München I - 13 T 9720/99; AG München 708 XVII 3359/99

3Z BR 272/00

31.10.00

BayObLGZ 2000 Nr.64

Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder am 31.Oktober 2000 in der Unterbringungssache auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München 1 vom 24.August 2000 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe

I.

Der Betroffene hatte sich am 20.5.1999 aus Protest gegen eine gerichtliche Entscheidung vor dem Justizpalast in München mit dem Hals an einen Laternenpfahl gekettet, mit Selbstmord gedroht und sich mit einer Rasierklinge eine Wunde beigebracht. Daraufhin verfügte die zuständige Behörde am selben Tag wegen Gefährdung der Öffentlichen Ordnung auf der Grundlage des bayerischen Unterbringungsgesetzes die Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines Bezirkskrankenhauses und beantragte die gerichtliche Anordnung der Unterbringung. Da das Bezirkskrankenhaus davon ausging, dass für den Betroffenen nach wie vor eine Betreuung bestehe, regte es seinerseits die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung an.

Das Amtsgericht ordnete am 21.5.1999 auf betreuungsrechtlicher Grundlage durch einstweilige Anordnung mit sofortiger Wirksamkeit die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 2.7.1999 an. Hiergegen legte der Betroffene am 1.6.1999 sofortige Beschwerde ein.

Am 11.6.1999 wurde der Betroffene aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen. Daraufhin erklärte das Landgericht die Hauptsache für erledigt und hob die einstweilige Anordnung zur Beseitigung des von ihr noch ausgehenden Rechtsscheins auf. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, mit der dieser geltend machte, dass die Unterbringungsmaßnahme "ungerechtfertigt" gewesen sei, hob der Senat am 10.8.1999 (FamRZ 2000, 248) diesen Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der am 21.5.1999 vom Amtsgericht angeordneten Freiheitsentziehung an das Landgericht zurück.

Mit Beschluss vom 24.8.2000 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen.

II.

Der Senat hält die sofortige weitere Beschwerde für unbegründet. Er sieht sich an der Zurückweisung jedoch durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 13.11.1992 - 20 W 429/92 - (FamRZ 1993, 357 = BtPrax 1993, 32) gehindert. Die weitere Beschwerde wird daher gemäss § 28 Abs. 2 dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass gemäß §§ 1846, 1906 BGB, § 70h FGG die Voraussetzungen für die durch das Amtsgericht getroffene Anordnung der vorläufigen Unterbringung vorgelegen hätten. Nach der gutachterlichen Stellungnahme des Oberarztes des Bezirkskrankenhauses habe bei dem Betroffenen eine anhaltende wahnhafte Störung vorgelegen, wobei differenzialdiagnostisch auch eine paranoid halluzinatorische Schizophrenie in Betracht zu ziehen sei. Diese habe zu einer erheblichen selbstgefährdenden Handlung geführt, nämlich das Anketten am Laternenpfahl vor dem Justizpalast und die Zufügung einer 5cm großen klaffenden Schnittwunde in der linken Ellenbeuge, zu deren Versorgung der Betroffene auch nach Aufklärung über die dringende Notwendigkeit nicht bereit gewesen sei. Aufgrund des dynamischen Beeinträchtigungswahns, der mit einem erheblichen Selbstgefährdungspotential einhergegangen sei, sei eine sofortige Behandlung zwingend geboten gewesen, um bei völliger Krankheitsuneinsichtigkeit des Betroffenen daraus resultierendes erhebliches selbstschädigendes Verhalten zu verhindern. Es hätten schwerwiegende Gründe dafür gesprochen, dass der Betroffene krankheitsbedingt seinen Willen hinsichtlich der Notwendigkeit einer antipsychotischen Medikation nicht frei habe bestimmen können. Die Unterbringungsmaßnahme sei verhältnismäßig und auch geeignet gewesen, dem Hunger- und Durststreik des Betroffenen zu begegnen.

2. Nach Meinung des Senats erweist sich die Entscheidung im Ergebnis als richtig.

a) Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts war, wie der Senat in seinem Beschluss vom 10.8.1999 dargelegt hat, auch nach der Entlassung des Betroffenen die Beschwerde gegeben mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der angeordneten Unterbringungsmaßnahme festzustellen. Die Beschwerde des Betroffenen war auch im übrigen zulässig.

b) Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Unterbringung durch das Amtsgericht am 21.5.1999 waren gegeben. Insbesondere hatte der Richter den Betroffenen persönlich angehört, ein ärztliches Zeugnis lag vor.

c) Gemäß § 1906 Abs. 1 und 2 BGB ist mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung unter anderem zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt und er insoweit seinen Willen nicht frei bestimmen kann (vgl. § 1906 Abs. 1 Nr. l BGB und BayObLGZ 1993, 18; BayObLG FamRZ 2000, 566), oder weil eine Heilbehandlung notwendig ist, jedoch ohne Unterbringung nicht durchgeführt werden kann, und der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage ist, die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (vgl. § 1906 Abs. 1 Nr.2 BGB und BayObLG BtPrax 1996, 28/29; FamRZ 2000, 566 f.). Die Erforderlichkeit der Unterbringung ist einer strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen (BVerfG NJW 1998, 1774/1795). Insbesondere muß auch dem psychisch Kranken in gewissen Grenzen die "Freiheit zur Krankheit" belassen bleiben, weshalb die Unterbringung zur Durchführung einer Heilbehandlung nur zulässig ist, wenn sie sich als unumgänglich erweist, um eine drohende gewichtige gesundheitliche Schädigung von dem Kranken abzuwenden (BVerfG aaO; BayObLGZ 1999, 269/272).

Bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1906 Abs.1 BGB gegeben sind, kann das Vormundschaftsgericht unter den in § 69f Abs. 1 FGG weiter aufgeführten Voraussetzungen für begrenzte Zeit (§ 70h Abs. 2 FGG) die vorläufige Unterbringung des Betroffenen auch durch einstweilige Anordnung genehmigen (§ 70h Abs. 1 Satz 1 FGG). Ist ein Betreuer noch nicht bestellt, kann das Vormundschaftsgericht auch selbst die Unterbringungsmaßnahme anordnen (§ 70h Abs. 3 FGG i.V.m. § 1846 BGB; BayObLGZ,1999, 269/272; OLG Schleswig NIJW 1992, 2974). Eine solche Anordnung kommt im Hinblick auf § 69f Abs. 1 Nr.1 Satz 1 i.V.m. § 70h Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FGG nur in Betracht, wenn konkrete Umstände mit erheblicher, Wahrscheinlichkeit (vgl. BayObLGZ 1997, 142/145 m.w.N.; BayObLG FamRZ 2000, 566; Bassenge/ Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 69f FGG Rn. 4) darauf hindeuten, dass die sachlichen Voraussetzungen für eine Unterbringung gemäß § 1906 Abs. 1 BGB vorliegen, sowie, da das Vormundschaftsgericht im Rahmen des § 1846 BGB anstelle des Betreuers handelt, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers gegeben sind. Ferner müssen konkrete Tatsachen nahelegen, dass mit dem Aufschub der Unterbringung bis zur Bestellung eines Betreuers und dessen Entscheidung über die Genehmigung Gefahr im Sinne des Eintritts erheblicher Nachteile für den Betroffenen bestünde (vgl. BayObLGZ 1997, 142/145 m.w.N.; OLG Karlsruhe FGPrax 2000, 165/166; Keidel/Kayser FGG 14. Aufl. § 70h Rn. 5).

d) Diese Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung hat das Landgericht im vorliegenden Fall im Ergebnis zutreffend bejaht.

aa) Nach den durch das Landgericht verfahrensfehlerfrei und damit für den Senat bindend (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 561 ZPO; Bassenge/Herbst § 27 FGG Rn. 23) getroffenen tatsächlichen Feststellungen litt der Betroffene am 21.5.1999 an einer paranoiden halluzinatorischen Schizophrenie. Er zeigte aber keinerlei Krankheitseinsicht und keine Behandlungsbereitschaft. Seine Behandlung war zwingend notwendig und duldete keinen Aufschub, um die Gefahr erheblichen selbstschädigenden Verhaltens zu unterbinden. Diese Feststellungen beruhen auf dem Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie. Die Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Die von der Kammer gezogene Schlußfolgerung ist zumindest möglich; zwingend braucht sie nicht zu sein (vgl. BGH FGPrax 2000, 1130; BayObLGZ 1996, 253/255; Keidel/Kahl § 27 Rn. 42). Soweit sich der Rechtsbeschwerdeführer auf eine andere mögliche Auslegung des Tatsachenstoffes beruft, will er seine eigene Tatsachenwürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts setzen. Damit kann er im Verfahren der Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO; BayObLGZ 1997, 213/216).

bb) Obwohl der Betroffene von der Verwaltungsbehörde mit dem Ziel einer gerichtlichen Anordnung der Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz ins Bezirkskrankenhaus eingeliefert worden war, durfte die einstweilige Anordnung auf die § 70h Abs. 3 FGG, § 1846 BGB gestützt werden. Dies hängt auch nicht davon ab, ob der Richter das Vorliegen der Voraussetzungen einer öffentlich-rechtlichen Unterbringung geprüft hat.(a.A. Saage/Göppinger Freiheitsentziehung und Unterbringung 3. Aufl. § 1846 BGB Rn. 8). Die Anordnung der Unterbringungsmaßnahme ist dann rechtmäßig, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, die Voraussetzungen der gesetzlichen Bestimmungen erfüllt, auf Grund deren sie ergeht. Die Vorschrift des Art.10 Abs. 6 Satz 1 UnterbrG besagt lediglich, dass der Betroffene auf öffentlich-rechtlicher Grundlage nicht weiter festgehalten werden darf, wenn bis zum Ablauf des auf den Beginn seines Festhaltens folgenden Tages keine gerichtliche Entscheidung ergangen ist. Dies hindert das Gericht aber nicht, auf anderer (betreuungs)rechtlicher Grundlage eine Unterbringungsanordnung zu treffen.

cc) Allerdings hat das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob dringende Gründe für die Annahme sprachen, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers gegeben waren. Dies zwingt aber nicht zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Das Gericht der weiteren Beschwerde kann in der Sache selbst entscheiden, weil weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind (vgl. BGH NJW 1996, 2581; BayObLG NJW-RR 1998, 294/295; OLG, Zweibrücken NJWE- FER 1999, 240). Die erforderlichen Feststellungen können aus den Akten getroffen werden (vgl. BayObLG NJWE-FER 1999, 151/152). Nach dem von einem Facharzt für Psychiatrie unterzeichneten Gutachten vom 28.6.1999 konnte der Betroffene damals seine Angelegenheiten unter anderem in den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Zuführung zur ärztlichen Behandlung nicht besorgen. Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers waren aus der Sicht des Gutachters gegeben. Die mangelnde Fähigkeit des Betroffenen, bezüglich dieser Aufgabenkreise seinen Willen frei zu bestimmen (vgl. BayObLGZ 1994, 209; OLG Köln FamRZ 2000, 908), folgt aus der Feststellung im Gutachten vom 15.5.2000, dass der Betroffene im Zeitraum seines damaligen Aufenthalts keine Einsicht in das Krankhafte seines Erlebens und in die Notwendigkeit einer Behandlung hatte.

3. In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, ob der Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 1846 BGB, § 70h Abs. 3 FGG und deren Rechtmäßigkeit von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen sind.

a) Nach ganz überwiegender Auffassung ist es für die Zulässigkeit der Anordnung einer solchen Unterbringungsmaßnahme nicht erforderlich, dass gleichzeitig ein Betreuer bestellt wird (vgl. OLG Schleswig NJW 1992, 2974; MünchKomm/Schwab BGB 3. Aufl. § 1906 Rn. 76; Damrau/Zimmermann Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. § 70h FGG Rn. 36c; Erman/Holzhauer BGB 10. Aufl. § 1846 Rn. 4; Erman/A.Roth § 1906 Rn. 50; Palandt/Diederichsen BGB 59.Aufl. § 1906 Rn. 15; Bassenge/Herbst § 70h FGG Rn. 14; Keidel/Kayser § 70h Rn. 16; Knittel BtG § 70h Rn. 24; Jürgens Betreuungsrecht § 70h FGG Rn. 16 ff.; Venzlaff/ Foerster Psychiatrische Begutachtung 3.Aufl. S.405; Jürgens/ Kröger/Marschner/Winterstein Das neue Betreuungsrecht 4.Aufl. Rn. 563 f.). Zum Teil wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme allerdings davon abhängig gemacht, dass der Richter unverzüglich oder doch alsbald einen Betreuer bestellt (LG Hamburg-Bt Prax 1992, 111; Knittel § 70h Rn. 25; Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein Rn. 564). Noch weitergehend darf nach manchen Stimmen eine einstweilige Unterbringung nach § 70h Abs. 3 FGG, § 1846 BGB nur angeordnet werden, wenn gleichzeitig und sofort wirksam ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung bestellt wird (OLG Frankfurt FamRZ 1993, 357; BG Chemnitz BtPrax 1992, 111; Wiegand FamRZ 1991, 1022/1024).

b) Der Senat folgt der herrschenden Auffassung. Für sie spricht insbesondere der Wortlaut des Gesetzes. § 70h Abs. 3 FGG geht davon aus, dass eine Maßnahme gemäß § 1846 BGB getroffen werden soll, setzt also hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen für die Maßnahme bei dieser Vorschrift an. Lediglich bei der Anordnung selbst sind gemäß § 70h Abs. 3 FGG die Regelungen des § 70h Abs. 1 und 2 FGG anzuwenden (vgl.. Münchener Kommentar/Schwab aaO). Zu den Tatbestandsmerkmalen der Bestimmung des § 1846 BGB gehört es aber gerade, dass "ein Vormund (hier: Betreuer) noch nicht bestellt" ist. Hieran ändert auch nichts, dass in § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich die sinngemäße Anwendung des § 1846 angeordnet ist. Weder § 1908i BGB noch § 70h FGG lassen erkennen, dass die in § 70h Abs. 3 FGG enthaltene Verweisung auf § 1846 BGB Maßnahmen nur gestattet, wenn gleichzeitig ein Betreuer bestellt wird. Auch aus dem Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens ergibt sich dies nicht (vgl. dazu OLG Schleswig NJW 1992, 2974 und ET-Drucks. 11/6949 S. 77).

Der Vormundschaftsrichter ist allerdings verpflichtet, unverzüglich einen (vorläufigen) Betreuer zu bestellen (vgl. BayObLGZ 1986, 174; BayOLG NJW-RR 1991, 774/775; Keidel/Kayser § 70h Rn. 18). Welche Folgen eintreten, wenn der Richter dieser Verpflichtung nicht nachkommt, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Denn auch wenn hier nicht unverzüglich ein Betreuer bestellt worden ist, wäre jedenfalls die Anordnung der vorläufigen Unterbringung als solche zunächst rechtmäßig, die Rechtswidrigkeit der Unterbringung träte erst mit Ablauf der angemessenen Frist für die Betreuerbestellung und Entscheidung über die Genehmigung ein. Der Beschwerde könnte daher keinesfalls in vollem Umfang stattgegeben werden, auch in diesem Fall müßte von der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt abgewichen werden. Nach Auffassung des Senats spricht allerdings manches dafür, dass durch das Unterbleiben einer Betreuerbestellung allein die angeordnete Unterbringungsmaßnahme nicht unzulässig wird. Der Richter muß bei der einstweiligen Anordnung die voraussichtlich notwendige Dauer der Unterbringungsmaßnahme feststellen, hierbei dürfen sechs Wochen nicht überschritten werden (vgl. § 70h Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 FGG). Er bleibt, solange kein Betreuer mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung bestellt ist, für den Untergebrachten verantwortlich, insbesondere auch dafür, dass die Unterbringung rechtzeitig beendigt wird (vgl. § 1906, Abs. 3 BGB), und wird schon aus diesem Grund regelmäßig bestrebt sein, alsbald einen Betreuer zu bestellen. Die Bestimmungen der §§ 70h FGG, 1846 und 1908i BGB und die Regierungsbegründung (vgl. BT-Drucks. 11/6949 S.77) geben keinen Anhalt dafür, dass die Rechtmäßigkeit einer einmal rechtmäßig angeordneten Unterbringungsmaßnahme von der unverzüglichen Bestellung eines Betreuers abhängig sein soll.

c) Der Senat möchte die sofortige weitere Beschwerde zurückweisen. Dem steht die im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf sofortige weitere Beschwerde ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (aaO) entgegen. Dort wird die für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage, ob der Vormundschaftsrichter gemäß § 1846 BGB Unterbringungsmaßnahmen im Sinne von § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b FGG anordnen darf, ohne gleichzeitig einen (vorläufigen) Betreuer zu bestellen, abweichend beantwortet. Das Rechtsmittel wird daher dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Ende der Entscheidung

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