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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 274/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1836
BGB § 1897 Abs. 1
Besucht der Betreuer den Betroffenen aus rein tatsächlicher Fürsorge, steht ihm kein Vergütungsanspruch zu. Dasselbe gilt für den Zeitaufwand, um seine Tätigkeit zu Vergütungszwecken zu dokumentieren.
BayObLG Beschluss

LG Traunstein 4 T 4825/98 u. 4 T 1288/99; AG Laufen XVII 120/94

3Z BR 274/00

14.11.00

Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder am 14.November 2000 in der Betreuungssache auf die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 24.Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht bestellte am 28.8.1995 für den Betroffenen den Beschwerdeführer als Berufsbetreuer und übertrug ihm die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung sowie Empfangnahme und Öffnen der Post. Mit Anträgen vom 5.10.1998 beantragte dieser, ihm aus dem Vermögen des Betroffenen unter anderem Vergütungen in Höhe von insgesamt 9467,01 DM (6318 Minuten zu einem Stundensatz von 75 DM zzügl. Mehrwertsteuer) für die Zeit vom 1.11.1997 bis 30.9.1998 zu bewilligen. Das Amtsgericht setzte am 16.12.1998 die Vergütung auf 7767,91 DM fest. Es billigte dem Betreuer zwar den geltend gemachten Stundensatz zu, erkannte aber den Zeitaufwand für "Dokumentation" nicht an und hielt monatlich zwei Besuche des Betreuers beim Betroffenen für ausreichend. Die Beschwerde des Betreuers gegen die teilweise Ablehnung seines Vergütungsantrages wies das Landgericht mit Beschluss vom 24.7.2000 zurück. Hiergegen wendet sich der Betreuer mit der vom Landgericht zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in den Tätigkeitsnachweisen jeweils am Ende eines jeden Monats unter dem Stichwort "Dokumentation" zwischen 20 und 65 Minuten angesetzt. Dieser Zeitaufwand sei als Teil des Vergütungsantrags des Beschwerdeführers nicht erstattungsfähig. Das Amtsgericht habe auch zutreffend nur jeweils zwei Besuche pro Monat als erforderlich angesehen. Eine Erforderlichkeit über diesen Rahmen hinaus habe der Betreuer nicht dargelegt. Vielmehr handle es sicht insbesondere bei der Planung und der Durchführung der Geburtstagsfeier für den Betroffenen, eindeutig um einetatsächliche Zuwendung. Zwar habe das Amtsgericht für die nicht anerkannten Besuche 90 Minuten zuviel abgesetzt, dies sei aber dadurch kompensiert, dass es für den Besuch vom 29.7.1998 mit 200 Minuten mindestens 90 Minuten zuviel anerkannt habe.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Über die Angemessenheit der Vergütung entscheidet das Vormundschaftsgericht und das im Beschwerdeverfahren an dessen Stelle tretende Landgericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BayObLGZ 1999, 123/126).

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich die Vergütung für den Zeitaufwand eines Betreuers vor dem 1.1.1999 nach § 1836 BGB a.F. bestimmt (BayObLGZ 1999, 21). Dem Berufsbetreuer sind danach die Tätigkeiten zu vergüten, die er zur Erfüllung der Aufgaben im übertragenen Aufgabenkreis für erforderlich halten durfte (BayObLGZ 1996, 47). Für Tätigkeiten außerhalb der Befugnisse des Betreuers besteht dagegen keine Vergütungspflicht gemäß §§ 1908i, 1836 BGB (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1223/1234), woran auch ein etwaiger Wunsch des Betreuten nichts ändert. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Aufgabenkreis des Betreuers nicht allein nach seinem rechtlichen Inhalt bewertet werden darf. Vielmehr hat der Betreuer den Betroffenen in dem für die rechtliche Besorgung der Angelegenheit erforderlichen Umfang auch persönlich zu betreuen (vgl. § 1897 Abs. 1 BGB; BT-Drucks. 11/4528,S. 114) und ist gehalten (§ 1901 Abs. 4 BGB), innerhalb seines Aufgabenkreises dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, eine Verschlimmerung zu verhindern oder ihre Folgen zu mildern (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 740). Es ist grundsätzlich Sache des Betreuers, wie er seine Pflichten wahrnimmt. Für die Frage, ob der Zeitaufwand für eine bestimmte Tätigkeit des Betreuers zu vergüten ist, kommt es auf dessen Sicht an, also darauf, ob der Betreuer die Tätigkeit zur pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte (BayObLGZ 1996, 47/50; BayObLG BtPrax 2000, 214/215).

b) Diese Grundsätze hat das Landgericht beachtet.

aa) Zu Recht hat das Landgericht den für "Dokumentation" in Rechnung gestellten Zeitaufwand nicht anerkannt.

Die Zeit für das Erstellen des Vergütungsantrags einschließlich der Dokumentation der Tätigkeiten eines Betreuers im Hinblick auf seinen Vergütungsantrag ist nicht zu vergüten (vgl. SchlHOLG BtPrax 1998, 238 m.w.N.; Erman/Holzhauer BGB 10.Aufl. § 1836 Rn. 7; Palandt/Diederichsen BGB 59.Aufl. § 1836 Rn. 16; Dodegge NJW 1997, 2425; a.A. Soergel/Zimmermann BGB 13.Aufl. § 1836a Rn. 21; Knittel BtG § 1836 BGB Rn. 34.). Ebenso wie der Zeitaufwand des Betreuers zur Durchsetzung seines Vergütungsanspruchs (vgl. BayObLG FamRZ 1999, 1233 und 1606) dient die Erstellung der Dokumentation der Tätigkeitszeiten nicht der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Betreuer, sondern allein seinem eigenen Interesse. Der Betreuer wird hierbei nicht im Rahmen der ihm vom Gericht übertragenen Aufgabenkreise für den Betreuten tätig.

Nach den eingehend begründeten Feststellungen des Landgerichts handelt es sich bei der vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumentation ausschließlich um einen Teil der Erstellung der Vergütungsabrechnung. Der Senat ist an diese Feststellungen gebunden, da das Landgericht den Sachverhalt ohne Rechtsfehler festgestellt hat (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 561 ZPO; vgl. BayObLG BtPrax 2000, 123/124; Bassenge/Herbst FGG/ RPflG 8.Aufl. § 27 FGG Rn. 23). Insbesondere hat er die Beweiswürdigung des Tatrichters nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (vgl. BayObLGZ 1999, 17/20 m.w.N.; Jansen FGG 2.Aufl. § 27 Rn. 19).

Derartige Verstöße läßt die Beschwerdeentscheidung nicht erkennen. Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, seine Dokumentation sei nicht nur zum Nachweis für seine vergütungsfähigen Tätigkeiten, sondern als allgemeine Arbeitshilfe zusammengestellt worden, kann er damit keinen Erfolg haben. Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, die Folgerungen des Tatrichters seien nicht zwingend oder eine andere Schlussfolgerung liege ebenso nahe. Die Feststellung des Tatrichters ist vielmehr rechtsfehlerfrei, wenn sie vom richtigen rechtlichen Ausgangspunkt aus auf der Grundlage bestimmter Tatsachen als möglich erscheint (BGH FGPrax 2000, 130).

bb) Die Beschränkung des berücksichtigungsfähigen Zeitaufwands des Betreuers auf zwei Besuche je Monat ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(1) Die Feststellung, welche Zeit der Betreuer aufgewendet hat, steht dem Tatrichter zu, dem insoweit erforderlichenfalls entsprechend § 287 ZPO ein Schätzungsermessen eingeräumt ist (BayObLG BtPrax 2000, 214/215; Palandt/Diederichsen § 1836 Rn. 15). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Tätigkeiten zur pflichtgemäßen Wahrnehmung der Betreueraufgaben erforderlich waren. Insoweit ist dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, das nur einer beschränkten Nachprüfbarkeit durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt (BayObLGZ 1996, 47/50; BayObLG BtPrax 2000, 214/215; Jansen § 27 Rn. 27).

(2) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Landgericht dargelegt, das Gebot des § 1897 Abs. 1 BGB, der Betreuer habe den Betreuten in dem ihm gerichtlich übertragenen Aufgabenkreis im erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen, bedeute nicht, dass auch tatsächliche Fürsorge, die über das für die Rechtfürsorge erforderliche Maß hinausgehe, zum Aufgabenkreis des Betreuers gehöre. Die Kammer ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch des Vortrags des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis gekommen, dass ein größerer Zeitaufwand als ihn das Amtsgericht für Besuche zugebilligt hat, auch aus Sicht des Betreuers nicht erforderlich gewesen sei. Sie hat sich hierbei im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsermessens gehalten. Dies gilt auch, soweit sie für den Geburtstagsbesuch am 29.7.1998 110 Minuten für ausreichend angesehen hat. Soweit der Betreuer in seiner Rechtsmittelbegründung neue Tatsachen vorträgt, können diese im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht berücksichtigt werden.

Ende der Entscheidung

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