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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 3Z BR 274/04
Rechtsgebiete: BGB, KostO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 925
KostO § 2 Nr. 1
ZPO § 894
Ist der Käufer eines Grundstücks zur Abgabe einer Auflassungserklärung verurteilt worden, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt hat (§ 894 ZPO). Dem Formerfordernis des § 925 BGB kann dann dadurch Rechnung getragen werden, dass der Verkäufer und Vollstreckungsgläubiger unter Vorlage des Urteils die Auflassung vor dem Notar erklärt (vgl. BayObLGZ 1983, 181/185 = Rpfleger 1983, 390 f.). In einem solchen Fall findet aber nicht eine - erneute - Abgabe der bereits durch Urteil ersetzten und damit existenten Auflassungserklärung statt. Fingiert wird nur die Anwesenheit des verurteilten Käufers. Der Käufer kann daher nicht wegen Abgabe einer Willenserklärung als Veranlassungsschuldner für die Kosten der Urkunde herangezogen werden.
Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2 sowie P. schlossen 1988 vor dem beteiligten Notar einen Kaufvertrag, mit dem sie zwei Grundstücke und eine Grundstücksteilfläche erwarben. Sie verpflichteten sich, die Kosten des Vollzugs des Kaufvertrages zu tragen. Der Beteiligte zu 1 ist der Alleinerbe von P. Die Grundstücke sowie die vermessene Grundstücksteilfläche wurden später zu einem Grundstück vereinigt. Mit Versäumnisurteil vom 16.9.2003 wurden die beiden Beteiligten und Beschwerdeführer auf Klage der Verkäuferin dazu verurteilt, das amtliche Messungsergebnis der durch den Kaufvertrag erworbenen Teilfläche anzuerkennen, die Auflassung des neu gebildeten Grundstücks als Miteigentümer je zur Hälfte entgegenzunehmen und die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch zu bewilligen. Das Versäumnisurteil ist seit 29.10.2003 rechtskräftig.

Die Verkäuferin erkannte am 6.11.2003 unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils zur Urkunde des beteiligten Notars die Messung an, erklärte die Auflassung des Grundstücks auf die Beteiligten, nahm die Auflassung entgegen und bewilligte die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Sie beantragte, die Kosten der Urkunde den Beteiligten in Rechnung zu stellen. Mit Kostenrechnungen vom 10.11.2003 setzte der Notar die hierfür entstandenen Gebühren in Höhe von 1.516,72 EUR gegen die Beschwerdeführer (je zu 1/2) fest.

Hiergegen erhoben die Beteiligten Beschwerde und trugen vor, sie hätten die Tätigkeit des Notars weder veranlasst noch seien ihre Erklärungen beurkundet worden. Die vertragliche Kostenübernahme betreffe nur das Innenverhältnis zur Verkäuferin. Sie seien daher nicht Kostenschuldner. Bei der Beurkundung durch den Notar seien nur einseitige Erklärungen der Gegenseite beurkundet worden.

Nach Anhörung der Beteiligten sowie der Notarkasse und der Präsidentin des Landgerichts hat das Landgericht die Beschwerde mit Beschluss vom 18.11.2004 zurückgewiesen.

Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde erstreben die Beteiligten die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und der Kostenrechnung des beteiligten Notars.

II.

Die gemäß § 156 Abs. 2 KostO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Die Beschwerdeführer seien Kostenschuldner gemäß § 2 Nr. 1 KostO. In der notariellen Urkunde sei neben der Erklärung der Verkäuferin auch eine Erklärung der Beschwerdeführer beurkundet. Dies lasse sich im Umkehrschluss aus § 925 BGB, § 894 ZPO entnehmen. § 894 ZPO fingiere, dass die Willenserklärung mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gelte. Mit der Abgabe der Willenserklärung allein sei aber den Formerfordernissen des § 925 BGB nicht Genüge getan. Danach müsse die Auflassung "bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor dem Notar" erklärt werden. Die Kammer folge insoweit der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Rpfleger 1983, 390), wonach § 894 ZPO gerade keine Ausnahme zu § 925 BGB darstelle, also die Formerfordernisse dieser Vorschrift unberührt lasse.

Wenn allerdings die Beurkundung der Auflassung gleichzeitig die Anwesenheit beider Teile vor dem Notar voraussetze, bedeute dies im Umkehrschluss, dass damit zwangsläufig beide Willenserklärungen, nämlich die Erklärung des Vollstreckungsgläubigers sowie die im Urteil enthaltene Willenserklärung des Vollstreckungsschuldners vor dem Notar erklärt und von diesem beurkundet werden müssten. Dies werde überdies auch dadurch verdeutlicht, dass nach § 925 Abs. 1 Satz 3, § 127a BGB die notarielle Form durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich, nicht jedoch durch ein rechtskräftiges Urteil ersetzt werden könne.

Im vorliegenden Fall sei dementsprechend auch die im rechtskräftigen Urteil enthaltene Willenserklärung der Beschwerdeführer vom Notar beurkundet worden. Die notarielle Urkunde gebe - anstelle einer eigenen Erklärung der Beschwerdeführer - den Tenor des rechtskräftigen Versäumnisurteils wieder.

2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Die Verkäuferin, die die Auflassung in der streitgegenständlichen Notarurkunde erklärt hat, musste am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt werden, obwohl im Verfahren nach § 156 KostO grundsätzlich die Beteiligung sämtlicher in Betracht kommender Kostenschuldner geboten ist (BayObLGZ 1988, 145/147; vgl. Korintenberg/Bengel/ Tiedtke KostO 15. Auflage § 156 Rn. 52) und nicht fraglich sein kann, dass die Verkäuferin gemäß § 141, § 2 Nr. 1 KostO Kostenschuldnerin ist. Ihre Beteiligung war hier ausnahmsweise nicht erforderlich, weil sie durch die Entscheidung nicht nachteilig betroffen werden konnte. Die Beschwerdeführer haben mit ihrer Erstbeschwerde lediglich geltend gemacht, sie könnten nicht als Kostenschuldner in Anspruch genommen werden. Sie haben die Kostenrechnung im Übrigen nicht beanstandet. Da in dem Verfahren nach § 156 KostO der Gegenstand des Verfahrens durch die Beanstandung des Beschwerdeführers bestimmt wird (BayObLGZ 1987, 186/190; 1997, 321/322), ist nur darüber zu befinden, ob - neben der Verkäuferin - auch die Beteiligten in Anspruch genommen werden können. Die Entscheidung dieser Frage kann die Rechtsstellung der Verkäuferin nicht beeinträchtigen.

b) Das Landgericht geht davon aus, dass in der notariellen Urkunde neben den Erklärungen der Verkäuferin auch eine Auflassungserklärung der Beschwerdeführer beurkundet sei und die Beschwerdeführer daher schon aus diesem Grund Kostenschuldner gemäß § 141, § 2 Nr. 1 KostO seien. Das trifft nicht zu.

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt hat (§ 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies gilt unstreitig auch für eine Auflassungserklärung (vgl. Thomas/Putzo ZPO 26. Aufl. § 894 Rn. 5). Eine als abgegeben geltende Erklärung des Auflassungsempfängers ist mit der Rechtskraft des Urteils bereits existent und muss daher nicht erneut erklärt und beurkundet werden, wenn der Veräußerer seine Auflassungserklärung abgibt.

Dem steht auch § 925 BGB nicht entgegen. § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass die Auflassung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden muss. In der Fallkonstellation des § 894 ZPO kann diesem Formerfordernis nur dadurch Rechnung getragen werden, dass der Vollstreckungsgläubiger unter Vorlage des Urteils die Auflassung vor dem Notar erklärt und damit der zur Abgabe der Willenserklärung verurteilte Vollstreckungsschuldner nunmehr in der Form des verurteilenden Erkenntnisses als gleichfalls "anwesend" anzusehen ist (vgl. BayObLGZ 1983, 181/185 = Rpfleger 1983, 390 f.). Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dies aber nicht dahingehend zu verstehen, dass eine - erneute - Abgabe der bereits durch Urteil ersetzten und damit existenten Auflassungserklärung stattfindet. Fingiert wird vielmehr nur die Anwesenheit des verurteilten Vollstreckungsschuldners.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 925 Abs. 1 Satz 3, § 127a BGB. Die Regelung, dass nur durch einen gerichtlich protokollierten Vergleich, nicht jedoch durch ein rechtskräftiges Urteil die Auflassung insgesamt (also die Abgabe der Willenserklärungen sowohl des Veräußerers als auch des Erwerbers) ersetzt werden kann, sagt nichts darüber aus, ob und in welcher Form nur eine der beiden Willenserklärungen ersetzt werden kann.

Eine andere Auffassung wird zu der Problematik auch in der Literatur nicht vertreten. Unstrittig muss das rechtskräftige Urteil bereits vor Abgabe der Willenserklärung des Vollstreckungsgläubigers vorliegen. Streit besteht nur darüber, ob das rechtskräftige Urteil dem Notar vorzulegen ist oder nur vorhanden sein muss (vgl. BayObLGZ 1983, 181/185 = Rpfleger 1983, 390/391 einerseits und Bamberger/Grün BGB § 925 Rn. 22 andererseits, jeweils m.w.N.). Auf diesen Streit um die Frage des Formerfordernisses kommt es hier jedoch nicht an. Jedenfalls erfolgt keine Beurkundung der bereits durch das rechtskräftige Urteil ersetzten Willenserklärung.

So liegt der Fall auch hier. In der streitgegenständlichen Notarurkunde wurde eine Willenserklärung der Beschwerdeführer nicht beurkundet. Die Wiedergabe des Tenors aus dem rechtskräftigen Versäumnisurteil diente nur zur Dokumentation der Einhaltung von § 925 BGB und nicht zur Beurkundung einer Willenserklärung.

Sonstige Erklärungen der Beschwerdeführer, etwa zur Messungsanerkennung oder Bewilligung der Eintragung im Grundbuch, enthält die Urkunde auch nach Auffassung des weiteren Beteiligten nicht. Damit liegt die Beurkundung einer Erklärung der Beschwerdeführer im Sinne von § 2 Nr. 1 KostO nicht vor.

c) Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Insbesondere sind die Beschwerdeführer nach den bisher getroffenen Feststellungen und dem unstreitigen Akteninhalt nicht auch ohne Abgabe einer Erklärung im Rahmen der Beurkundung als Veranlasser der Beurkundungstätigkeit im Sinn von § 2 Nr. 1 KostO anzusehen.

Zur Zahlung der Kosten des Notars ist jeder verpflichtet, der die Tätigkeit des Notars veranlasst (§ 141, § 2 Nr. 1 KostO). Das können auch Personen sein, deren Erklärungen nicht beurkundet werden und für die in der Urkunde auch keine Erklärungen abgegeben worden sind (vgl. BayObLGZ 1993, 198/199, BayObLG MittBayNot 1988, 140; SchlHOLG DNotZ 1994, 721). Veranlasser und damit Kostenschuldner ist derjenige, der die Tätigkeit des Notars in Anspruch genommen hat (vgl. BayObLGZ 1973, 298/299; SchlHOLG DNotZ 1994, 721/722). Die Frage, ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei wesentlich darauf abzustellen ist, ob der Betreffende zu erkennen gegeben hat, dass der Notar in seinem Interesse eine bestimmte Beurkundung vornehmen solle (vgl. SchlHOLG aaO).

Die Tatsache, dass die Beschwerdeführer im notariellen Kaufvertrag sich zur Abgabe der Auflassungserklärung verpflichtet hatten, reicht dafür - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - nicht aus, denn ihre Willenserklärung wurde bereits durch das rechtskräftige Versäumnisurteil fingiert. Dass die Erklärung im notariellen Kaufvertrag mittelbar auch die streitgegenständliche Notarurkunde in einem naturwissenschaftlichen Sinne verursacht hat, genügt nicht (vgl. SchlHOLG aaO).

d) Die tatsächlichen Feststellungen, auf die sich das Landgericht, aus seiner Sicht zu Recht, beschränkt hat, reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Kostenhaftung der Beschwerdeführer sich aus anderen Regelungen der Kostenordnung, insbesondere aus § 3 KostO ergibt. Die Sache war daher an das Landgericht zurückzuverweisen.

3. Für die weitere Sachbehandlung wird auf Folgendes hingewiesen:

a) Eine Kostenhaftung aus § 141, § 3 Nr. 2 KostO kann aufgrund der bisherigen Feststellungen und nach dem Akteninhalt nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Insoweit hat zwar die Notarkasse bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass eine in der Kaufvertragsvereinbarung geregelte Übernahme der Kosten der Beurkundung und des Vollzugs des Kaufvertrags grundsätzlich nicht als Übernahmeerklärung im Sinn des § 3 Nr. 2 KostO gegenüber dem Notar angesehen werden kann. Eine solche Übernahmeerklärung wird im Zweifel nur in einer gesonderten, außerhalb der Urkunde abgegebenen Erklärung gegenüber dem Notar liegen (vgl. Korintenberg/Lappe § 3 Rn. 52, 13 m.w.N.). Ob die in der (nicht bei den Akten befindlichen) Kaufvertragsurkunde enthaltene Erklärung (für eine andere Erklärung ergeben sich bisher keine Anhaltspunkte) im vorliegenden Fall ausnahmsweise anders gewertet werden kann, wird das Landgericht zu prüfen haben.

b) Das Argument, die Beschwerdeführer dürften nicht besser gestellt werden als bei rechtskonformem Verhalten, erscheint dem Senat hingegen wenig überzeugend. Die KostO regelt abschließend, wer Kostenschuldner ist. Im Übrigen kann die Frage der "Besserstellung" nicht isoliert auf das Verhältnis zwischen Notar und Kostenschuldner bezogen gesehen werden. Vielmehr ist sie im Gesamtzusammenhang auch unter Einbeziehung der Grundstücksverkäuferin und ihres Verhältnisses zu den Beschwerdeführern zu betrachten. So wird der zur Abgabe der Auflassungserklärung Verurteilte in der Regel schon aufgrund der gerichtlichen Kostenentscheidung die Kosten des Gerichtsverfahrens zu tragen haben, die meist deutlich höher sein dürften als die für seine Erklärung anfallenden Notarkosten. Die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Auflassungsurkunde gegenüber der Verkäuferin ergibt sich aus der Kostenübernahme im Kaufvertrag.

III.

Die Festsetzung des Geschäftswerts der weiteren Beschwerde beruht auf § 31 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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