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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.08.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 276/01
Rechtsgebiete: AuslG, FGG


Vorschriften:

AuslG § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
FGG § 12
Ist der Betroffene noch nicht rechtskräftig verurteilt, können die Tatgerichte des Abschiebungshaftverfahrens sich die erforderliche Überzeugung von der rechtsfeindlichen Einstellung auf der Grundlage ausreichender Ergebnisses der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden bilden.
Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter Dr. Schreieder, Dr.Plößl und Dr. Denk

am 17. August 2001

in der Abschiebungshaftsache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 24. Juli 2001 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen, eines tunesischen Staatsangehörigen.

Mit Beschluss vom 19.6.2001 ordnete das Amtsgericht gegen ihn zur Sicherung seiner Abschiebung mit sofortiger Wirksamkeit Abschiebungshaft auf die Dauer von längstens zwei Monaten im Anschluss an die bestehende Untersuchungshaft an.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 24.7.2001 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Dieses hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt (§ 12 FGG).

Es hat den Verdacht, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen will (§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG), daraus abgeleitet, dass dieser über keinen festen Wohnsitz verfüge, dass, nachdem seine Ehefrau sich von ihm getrennt habe, soziale Bindungen nicht ersichtlich seien, und dass der Betroffene durch die zum Nachteil seiner Ehefrau begangene vorsätzliche Körperverletzung ein erhebliches kriminelles Verhalten an den Tag gelegt habe.

Während sich aus dem Nichtvorhandensein eines festen Wohnsitzes und dem Fehlen sozialer Bindungen nicht ohne weiteres auf eine entsprechende Entziehungsabsicht schließen lässt (vgl. BayObLG NVwZ-Beilage 1998, 124/125), kann der durch die Begehung von Straftaten gezeigten rechtsfeindlichen Gesinnung hierfür grundsätzlich eine erhebliche Indizwirkung zukommen (vgl. BayObLGZ 1991, 266/271; 1993, 154/156; KG FGPrax 1995, 128/129).

Die Beschwerdeentscheidung ermangelt insoweit jedoch einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage. Wird der Verdacht, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen will, auf die in einer Straftat zum Ausdruck gekommene rechtsfeindliche Einstellung gestützt, setzt dies voraus, dass das Gericht von der Täterschaft des Betroffenen und von der Art und Schwere der Straftat überzeugt ist. Ist der Betroffene - wie offenbar hier - noch nicht rechtskräftig verurteilt, steht nichts entgegen, dass die Tatgerichte des Abschiebungshaftverfahrens sich die erforderliche Überzeugung auf der Grundlage des Ergebnisses der Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden bilden, falls dieses hierfür ausreicht. Die Kammer hat zu dem gegen den Betroffenen erhobenen Vorwurf jedoch weder den Betroffenen selbst noch dessen Ehefrau angehört noch die Strafakten beigezogen.

Ende der Entscheidung

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