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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.09.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 284/01
Rechtsgebiete: AuslG, FreihEntzG


Vorschriften:

AuslG § 57
FreihEntzG § 14
FreihEntzG § 15
FreihEntzG § 16
Dem Betroffene fallen die Gerichtskosten für eine zu Recht angeordnete Verlängerung der Abschiebungshaft anheim, mag auch später eine Voraussetzung entfallen und deswegen die Hauptsache für erledigt erklärt werden.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Denk

am 14. September 2001

in der Abschiebungshaftsache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Juli 2001 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Betroffene ist georgischer Staatsangehöriger. Auf Antrag der Ausländerbehörde vom 11.4.2001 verlängerte das Amtsgericht am 17.4.2001 mit sofortiger Wirksamkeit die gegen den Betroffenen zur Sicherung seiner Abschiebung seit 19.10.2000 vollzogene Abschiebungshaft bis längstens 17.7.2001.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht am 23.5.2001 zurück.

Auf die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen hob der Senat am 26.6.2001 den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.

Nach Ablauf der angeordneten Haftdauer erklärte der Betroffene die Hauptsache unter Verwahrung gegen die Kosten für erledigt.

Das Landgericht hat die Erledigung der Hauptsache am 31.7.2001 festgestellt und dem Betroffenen die Gerichtskosten erster Instanz und seine eigenen notwendigen Auslagen auferlegt.

Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hat im Ergebnis Bestand.

1. Der Betroffene hat die Gerichtskosten der ersten Instanz zu tragen.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 FreihEntzG wird für eine Entscheidung, die wie hier die Fortdauer der Freiheitsentziehung anordnet (§ 12 FreihEntzG), eine Gebühr erhoben. Für den Beschluss des Amtsgerichts vom 17.4.2001 ist somit eine Gebühr entstanden, die der Betroffene zu tragen hat (§ 15 Abs. 1 FreihEntzG).

b) Diese Gebühr ist auch nicht deshalb weggefallen, weil sich die Hauptsache durch den Ablauf der angeordneten Haft erledigt hat. Allerdings entfällt eine bereits entstandene Gebühr, wenn die gerichtliche Entscheidung, die sie ausgelöst hat, im Rechtsmittelverfahren aufgehoben wird. Diese Wirkung tritt aber nicht ein, wenn sich die Hauptsache erledigt. Vielmehr bleibt ein vor Erledigung eingelegtes Rechtsmittel mit dem Ziel zulässig, die Kostentragungspflicht zu beseitigen (BayObLGZ 1985, 432/434). Verfolgt der Betroffene sein Rechtsmittel wie hier mit diesem Ziel weiter, kommt es für die Kostentragungspflicht grundsätzlich darauf an, ob das Rechtsmittel begründet gewesen wäre, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte (BayObLG aaO).

c) Hier waren die Voraussetzungen für die Verlängerung der Abschiebungshaft am 11.4.2001 zunächst gegeben. Insbesondere waren die Möglichkeiten zur Identitätsfeststellung des Betroffenen noch nicht erschöpft. Zwar ist Abschiebungshaft nicht mehr zulässig, wenn die Ausländerbehörde keine sinnvollen konkreten Maßnahmen zur Vorbereitung der Abschiebung mehr treffen kann, da die Haft dann ihren Zweck, die Abschiebung zu sichern, nicht mehr erfüllen kann (vgl. BayObLGZ 1997, 350/352; OLG Hamm InfAus1R 1998, 351). Die Ausländerbehörde hat unter Bezug auf den Beschluss des Senats vom 26.6.2001 je ein Fax der deutschen Botschaft in Tiflis vom 22.6.2001 und der Regierung von Oberbayern, Zentralstelle Rückführung vom 29.6.2001 vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Behörde im Zeitpunkt der Anordnung der Abschiebungshaft durchaus noch Anstrengungen unternommen hat, die zur Klärung der Identität des Betroffenen führen konnten. Mit Eingang des erwähnten Fax stand aber fest, dass jedenfalls von den georgischen Behörden Heimreisepapiere für den Betroffenen nicht mehr zu erhalten waren. Daher waren ab diesem Zeitpunkt, also bereits vor Eintritt des erledigenden Ereignisses, die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Haft nicht mehr gegeben. Nach Aktenlage standen der Ausländerbehörde weitere Möglichkeiten zur Vorbereitung der Abschiebung nicht mehr zur Verfügung.

Gleichwohl kann in einem Fall,' in dem die Haft zwar ursprünglich zu Recht angeordnet war, ihre Voraussetzungen aber im weiteren Verlauf des Verfahrens entfallen, die Pflicht des Betroffenen zur Tragung bereits angefallener Kosten nicht verneint werden. § 14 Abs. 2 Satz 1 FreihEntzG stellt für den Anfall der Gebühr, und damit auch für deren Berechtigung, auf den Zeitpunkt der Anordnung ab. Dem entspricht es, eine einmal entstandene Gebühr auch dann fortbestehen zu lassen, wenn aufgrund nachträglich eintretender Umstände die getroffene Entscheidung nicht für den vollen Zeitraum der angeordneten Haft zur Wirkung kommt. Der Senat hat dies bereits für den Fall entschieden, dass das Amtsgericht während des Rechtsmittelverfahrens aufgrund veränderter Umstände die Haftanordnung wieder aufgehoben hat (BayObLGZ 1995, 118/119). Nichts anderes kann gelten, wenn es zu einer solchen Aufhebung nicht mehr kommt, weil das Beschwerdegericht unter Berücksichtigung der geänderten Umstände selbst in der Sache entscheidet und die Haftanordnung für die Zukunft aufhebt, oder wenn sich die Hauptsache durch Zeitablauf erledigt. Auch in einem solchen Fall ist die Haftanordnung zunächst zu Recht ergangen und damit die Gebühr angefallen. Diese Handhabung entspricht im übrigen der in § 16 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG zum Ausdruck kommenden Tendenz, den Betroffenen nur dann von Kosten zu entlasten, wenn die Anordnung der Haft von Anfang an nicht gerechtfertigt war.

d) Für die zweite und dritte Instanz fallen dem Betroffenen Gerichtskosten nicht zur Last, da insoweit keiner der in § 14 Abs. 3 FreihEntzG vorgesehenen Gebührentatbestände erfüllt ist.

2. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler davon abgesehen, die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen der Gebietskörperschaft aufzuerlegen, der die Ausländerbehörde angehört (§ 16 Satz 1 FreihEntzG analog; vgl. BayObLGZ 1997, 379/380 m.w.N.). Das Verfahren hat, wie dargelegt, nicht ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftverlängerungsantrages am 11.4.2001 nicht vorlag. Die Voraussetzungen für die Verlängerung der Abschiebungshaft waren zu diesem Zeitpunkt (vgl. BayObLG NVwZ-Beilage 1998, 55; BayVBl 1999, 27/28; Marschner/Volckart Freiheitsentziehung und Unterbringung 4. Aufl. § 16 FreihEntzG Rn. 3) noch gegeben.

Ende der Entscheidung

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