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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.10.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 294/01
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 20
BGB § 1908b
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 2
Beschließt das Amtsgericht, dass eine bisher als Vereinsbetreuer tätige Person die Betreuung künftig als selbständiger Berufsbetreuer führt, so kann der Betreute gegen den statusändernden Beschluss keine Beschwerde einlegen.

Allerdings kann er gegen den Ausspruch der berufsmäßigen Führung der Betreuung Beschwerde einlegen.


Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 18.2.1997 bestellte das Amtsgericht für den Betroffenen den Mitarbeiter eines Vereins zum Betreuer für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge sowie Vertretung in Behördenangelegenheiten und eine weitere Mitarbeiterin dieses Vereins zur Ersatzbetreuerin. Für die Aufgabenkreise Vermögensverwaltung und Vertretung gegenüber Ämtern und Behörden wurde ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Die Betreuung wurde durch das Amtsgericht am 9.2.1999 verlängert.

Am 16.7.2001 stellte das Amtsgericht fest, dass der Betreuer ab dem 15.7.2001 die Betreuung als Berufsbetreuer führe, und bestellte außerdem einen anderen Ersatzbetreuer. Die gegen den Beschluss vom Betroffenen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht insoweit als unzulässig verworfen, als sie sich gegen die Feststellung richtet, dass der Betreuer die Betreuung nun als Berufsbetreuer führe; im übrigen hat es sie als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner weiteren Beschwerde.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, hat aber im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, durch die Feststellung, dass der bisherige Betreuer die Betreuung nun als Berufsbetreuer wahrnehme, werde die Rechtsstellung des Betroffenen nicht tangiert, da er mittellos sei und die Kosten für die Betreuung von der Staatskasse getragen würden. Selbst wenn in seinen Vermögensverhältnissen eine Besserung eintreten sollte, ergebe sich keine Änderung, weil der Betreuungsverein für seine Tätigkeit dieselbe Vergütung erhalte wie ein Berufsbetreuer. Die Beschwerde des Betroffenen sei insoweit unzulässig. Soweit sich die Beschwerde gegen die Entlassung der bisherigen Ersatzbetreuerin und die Neubestellung eines Ersatzbetreuers richte, sei sie unbegründet, weil der neue Ersatzbetreuer schneller tätig werden könne als die bisherige Ersatzbetreuerin.

2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in allen Punkten stand.

a) Das Landgericht hat zutreffend die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts insoweit als unzulässig verworfen, als sie sich gegen den Statuswechsel des Betreuers richtet. In der Feststellung des Amtsgerichts, dass der Betreuer ab 15.7.2001 die Betreuung als Berufsbetreuer wahrnimmt, liegen zwei Regelungen. Durch einen sogenannten "Umwandlungsbeschluss", (vgl. § 1908b Abs. 4 Satz 2 BGB für den Fall eines vom Verein gestellten Antrags; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 3. Aufl. § 19o8b Rn. 36) wird ausgesprochen, dass der Betreuer die Betreuung künftig als Privatperson weiterführt. Zudem wird festgestellt, dass der Betreuer die Betreuung nicht unentgeltlich, sondern als Berufsbetreuer führt und damit selbst einen Anspruch auf Vergütung hat (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB).

b) Da bei einem solchen "Umwandlungsbeschluss", die Person des Betreuers dieselbe bleibt, also kein Personenwechsel, sondern nur ein Statuswechsel vorgenommen wird, liegt für den Betroffenen, anders als gegebenenfalls für den Betreuer oder den Verein (vgl. Damrau/Zimmermann § 1908b Rn. 57), eine Rechtsbeeinträchtigung nicht vor. Insoweit hat das Landgericht die Beschwerde zu Recht mangels Beschwerdeberechtigung des Betroffenen (§ 20 Abs. 1 FGG) als unzulässig verworfen.

c) Zu Unrecht hat das Landgericht aber die Beschwerde verworfen, soweit sie sich gegen die Feststellung richtet, dass der Betreuer künftig als Berufsbetreuer tätig ist. Diese Feststellung beeinträchtigt den Betroffenen in seiner Rechtsstellung (§ 20 Abs. 1 FGG).

Durch die Feststellung erwirbt der Betreuer einen Anspruch auf Betreuervergütung gegen den Betreuten (§ 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB). Das gilt, wie sich aus § 1836e Abs. 1 BGB ergibt, auch dann, wenn der Betreute zunächst mittellos ist. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Betreute im verlauf der Betreuung Vermögen erwirbt und Vergütung bzw. Aufwendungsersatz entweder in vollem Umfang (dann an den Betreuer) oder wenigstens teilweise (dann im Wege des Rückgriffs an die Staatskasse) leisten kann. Dass ein solcher Anspruch gegen den Betreuten bestehen muss, folgt auch daraus, dass sich auf den Anspruchsübergang die Rückgriffsmöglichkeit der Staatskasse gegen den Erben gründet, der in geringerem Maße geschützt ist als der Betreute selbst (§ 1836e Abs. 1 Satz 3 BGB). Daher wird die Rechtsstellung des Betreuten durch den Ausspruch der berufsmäßigen Führung der Betreuung beeinträchtigt, auch wenn der daraus entstehende Anspruch möglicherweise gegen ihn in naher Zukunft nicht geltend gemacht werden kann. Diese rechtliche Beeinträchtigung reicht für die Beschwerdeberechtigung gemäß § 20 Abs. 1 FGG aus.

Ob und wie sich die Vergütung von Betreuungsvereinen von denen der Berufsbetreuer unterscheidet, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn allein die Entstehung eines neuen Anspruchs gegen den Betreuten in der Person des Betreuers führt zu einer Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betreuten unabhängig davon, ob gleichzeitig ein anderer Anspruch entfällt.

d) Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf dem dargelegten Rechtsfehler. Da es jedoch weiterer tatsächlicher Feststellung nicht bedarf, kann der Senat in der Sache entscheiden. Die Voraussetzungen für die berufsmäßige Führung der Betreuung durch den Betreuer liegen vor. Aus dem Akteninhalt, auf den der Senat zurückgreifen kann (Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 59), ergibt sich, dass der Betreuer aus dem Betreuungsverein ausgeschieden ist und sich unter Weiterführung ihm bisher übertragener Betreuungen als berufsmäßiger Betreuer selbständig gemacht hat. Selbst wenn er im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung erst wenige Betreuungen selbständig geführt haben sollte, besteht jedenfalls die begründete Aussicht, dass ihm in Zukunft weitere Betreuungen in hinreichender Zahl übertragen werden (vgl. § 1836 Abs. 1 Satz 3 und 4 BGB).

3. Das Landgericht hat zutreffend die Beschwerde insoweit als unbegründet zurückgewiesen, als sich der Betroffene gegen die Entlassung der bisherigen Ersatzbetreuerin und die Bestellung eines neuen Ersatzbetreuers wendet.

a) Das Landgericht hat die erforderlichen Feststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen. Eine persönliche Anhörung des Betroffenen war nicht geboten. Der Entlassung der Ersatzbetreuerin hat der Betroffene nicht widersprochen, so dass gemäß § 69i Abs. 7 FGG eine Anhörung unterbleiben konnte. Da mit der Bestellung des neuen Ersatzbetreuers eine Erweiterung des Aufgabenkreises nicht verbunden war, konnte auch insoweit gemäß § 69i Abs. 5 FGG von der persönlichen Anhörung abgesehen werden. Der Betroffene hatte Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme.

b) Zutreffend hat das Landgericht den Ersatzbetreuerwechsel gebilligt.

aa) Nach § 1908b Abs. 2 BGB kann ein Betreuer seine Entlassung verlangen, wenn nach seiner Bestellung Umstände eintreten, aufgrund derer ihm die Betreuung nicht mehr zugemutet werden kann. Ziel dieser Vorschrift ist es, unzumutbare Belastungen, die die Betreuung mit sich bringen kann, zu vermeiden. Dies dient nicht nur dem Interesse des Betreuers, sondern letztlich auch dem Betreuten. Die weite Fassung ermöglicht es, alle in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen, gleichgültig, ob sie in der Person des Betreuers oder des Betreuten liegen oder von außen einwirken. Voraussetzung ist nur, dass sie dem Betreuer die Fortführung seiner Aufgabe unzumutbar machen. Der Betreuer kann sich auf seine eigenen familiären, beruflichen oder sonstigen Verhältnisse berufen. Auch objektive Umstände wie die Verschlechterung der Verkehrsverbindungen können die Betreuung für den Betreuer unzumutbar machen (BT-Drucks. 11/4528 S. 152 ff.).

Unter Beachtung dieses Gesetzeszweckes ist die Auffassung des Landgerichts nicht zu beanstanden, bei Ausscheiden des Hauptbetreuers aus dem Betreuungsverein sei für die im Verein verbleibende Ersatzbetreuerin die Fortführung der Ersatzbetreuung nicht mehr zumutbar. Sinn einer Ersatzbetreuerbestellung gemäß § 1899 Abs. 4 BGB ist es, für die Fälle der rechtlichen oder tatsächlichen Verhinderung des Hauptbetreuers die Betreuung sicherzustellen (vgl. Jürgens Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1899 BGB Rn. 5 a.E.). Im Verhinderungsfalle des Hauptbetreuers soll der Ersatzbetreuer möglichst schnell und kompetent handeln können. Diese Voraussetzung kann aber nicht mehr im ausreichenden Umfang gegeben sein, wenn die gemeinsame Vereinszugehörigkeit und Organisation entfällt. Zeitliche und fachliche Absprachen sowie die Arbeit der Ersatzbetreuerin werden durch die Notwendigkeit, mit einem externen Betreuer zusammenarbeiten zu müssen, in erheblichem Umfang erschwert. Das Ausscheiden des Hauptbetreuers aus dem Betreuungsverein, welchem die Ersatzbetreuerin nach wie vor angehört, kann deshalb als Grund für die Unzumutbarkeit der weiteren Tätigkeit als Ersatzbetreuerin angesehen werden.

bb) Das Landgericht hat zutreffend die Bestellung eines neuen, mit dem Hauptbetreuer ständig zusammen arbeitenden Ersatzbetreuers gebilligt. Ein Vorschlag des Betroffenen für die Ersatzbetreuung liegt nicht vor. Hauptbetreuer und Ersatzbetreuer sind hier als selbständige Berufsbetreuer in einer gemeinsamen Betreuergemeinschaft tätig. Es ist damit grundsätzlich gewährleistet, dass eine zügige organisatorische und fachliche Absprache möglich ist. Die fachliche Eignung des neuen Ersatzbetreuers hat das Landgericht geprüft und rechtsfehlerfrei bejaht.

Ende der Entscheidung

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