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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.05.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 303/01
Rechtsgebiete: FamRÄndG, ZPO


Vorschriften:

FamRÄndG Art. 7 § 1
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 4
Es stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, im Verfahren auf Anerkennung einer ausländischen Ehescheidung zunächst die Scheidung für gültig zu halten, aber sich später auf mögliche Verfahrensfehler zu berufen.
Gründe:

I.

Die beiden Beteiligten sind ukrainische Staatsangehörige, die seit 1987 in Deutschland wohnen, daneben aber in Ismail/ Ukraine jedenfalls bis Ende 1991noch eine weitere, leerstehende Wohnung hatten. Sie schlossen am 21.8.1981 in der Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik die Ehe. Auf Antrag des Antragstellers vom 24.4.1997 sprach das Volksgericht der Stadt Ismail/Ukraine durch Urteil vom 15.7.1997 in Abwesenheit und ohne anwaltschaftliche Vertretung der Antragsgegnerin die Scheidung der Ehe aus. Das Gericht stützte sich dabei auf eine vom Antragsteller vorgelegte handschriftliche Erklärung der Antragsgegnerin vom 13.9.1993, in der sie bittet, über die Frage der Scheidung zu befinden, und sich mit einer Entscheidung in ihrer Abwesenheit einverstanden erklärt. Das Scheidungsurteil wurde, da innerhalb einer Frist von zehn Tagen ab seinem Erlass kein Rechtsmittel dagegen eingelegt wurde, für rechtskräftig erklärt und am 1.10.1997 in das Standesamtsregister eingetragen.

In zwei anschließenden Verfahren vor demselben ukrainischen Gericht betreffend den Aufenthalt der beiden gemeinsamen Kinder sowie die Vermögensteilung unter den beiden Beteiligten war die Antragsgegnerin anwaltschaftlich vertreten. Sie ließ in dem einen Verfahren Anträge stellen und eine Gegenklage wegen des Unterhalts der Kinder erheben. Im anderen Verfahren ließ sie unter anderem ein Teilanerkenntnis abgeben. In den die Verfahren abschließenden Urteilen vom 4. und 5.6.1998 heißt es, die Beteiligten seien "in der Zeit vom 21.8.1981 bis 1.10.1997 miteinander verheiratet" gewesen. Im Urteil vom 4.6.1998 ist außerdem die vorangegangene Scheidung mehrmals ausdrücklich erwähnt.

In zwei Verfahren vor dem Amtsgericht Regensburg betreffend das Sorgerecht für beide Kinder und die Zuweisung der Ehewohnung trug die Antragsgegnerin am 24.4.1998 selbst vor und ließ durch ihre Rechtsanwälte am 29.9.1998 vortragen, ihre Ehe sei am 1.10.1997 durch das Gericht in Ismail/Ukraine rechtskräftig geschieden worden. In einer mündlichen Verhandlung, die in einem dieser Verfahren am 17.11.1998 stattfand, wurde dies in Anwesenheit der Antragsgegnerin wiederholt.

Die Antragsgegnerin trägt vor, sie habe von dem Scheidungsverfahren erstmals am 24.10.1997 erfahren, als ihr der Antragsteller die diesbezüglichen Schriftstücke aushändigte. Sämtliche Ladungen und sonstigen Zustellungen seien nämlich, unter der Anschrift in Ismail, wo sie schon seit Jahren nicht mehr wohne, bewirkt worden, weil der Antragsteller in seinem Scheidungsantrag diese Anschrift angegeben habe. Dort habe sie sich jedoch schon seit 1987 nicht mehr aufgehalten, da sie "auf Dienstreise nach Deutschland" abgeordnet worden sei, seitdem in Deutschland wohne und sich mit Ausnahme einiger Besuche nicht mehr in der Ukraine aufgehalten habe. Sie habe mit Schreiben vom 5.11.1997 einen Antrag auf Aufhebung des Scheidungsurteils bei dem ukrainischen Gericht eingereicht, über den nie entschieden worden sei. Die Antragsgegnerin meint, ihre Erklärung vom 13.9.1993 hätte im Jahre 1997 nicht mehr verwendet werden dürfen, da sie sich mit dem Antragsteller kurz nach Abgabe dieser Erklärung versöhnt habe und daher der Meinung gewesen sei, der Antragsteller habe das Schriftstück vernichtet. Sie beruft sich darauf, dass ihr der Scheidungsantrag nicht zugestellt worden sei, sie daher keine Möglichkeit gehabt habe, sich am Scheidungsverfahren zu beteiligen, und dass ihr Rechtsmittel von den ukrainischen Gerichten ignoriert worden sei.

Der Antragsteller trägt vor, dass sein Scheidungsantrag sowohl die Adresse in der Ukraine, unter der die Antragsgegnerin mit erstem Wohnsitz polizeilich gemeldet sei, als auch die Anschrift in Deutschland enthalten habe. Dass das Gericht die Zustellung an die ukrainische Adresse bewirkt hat, sei außerhalb seiner Einflussmöglichkeit gewesen. Der Antragsteller meint, die Antragsgegnerin habe durch ihr nachträgliches Verhalten sowohl in den Verfahren in der Ukraine als auch in den vor dem Amtsgericht Regensburg gezeigt, dass sie von einer wirksamen Scheidung ausgehe. Hierzu erwidert die Antragsgegnerin, dass diese nachträglichen Verfahren wegen des Getrenntlebens der Beteiligten durchzuführen gewesen seien, so dass ihre Beteiligung und ihr Verhalten in ihnen keine Rückschlusse auf eine Anerkennung einer vorherigen wirksamen Scheidung zuließen.

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts hat auf Antrag des Antragstellers durch Entscheidung vom 15.2.2001 festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung des Scheidungsurteils gegeben seien. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Antragsgegnerin beantragt zugleich, ihr für das gerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

II.

Der Antrag auf Entscheidung durch das zuständige Bayerische Oberste Landesgericht (Art. 7 § 1 Abs. 6 Satz 2 FamRÄndG, § 199 Abs. 1 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG) ist statthaft (Art. 7 § 1 Abs. 5 Satz 1 FamRÄndG) und auch im übrigen zulässig. Er ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils des Volksgerichts der Stadt Ismail (Ukraine) vom 15.7.1997, das die Ehe der Beteiligten geschieden hat, sind gegeben.

1. Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die von dem Antragsteller beantragte (Art. 7 § 1 Abs. 3 Satz 1 FamRÄndG) Anerkennung liegen vor.

a) Zwar hängt die Anerkennung des ukrainischen Scheidungsurteils nicht von einer Feststellung der Landesjustizverwaltung ab, weil beide Beteiligte zum Zeitpunkt der Scheidung ukrainische Staatsangehörige waren (Art. 7 § 1 Abs. 1 Satz 3 FamRÄndG). Ein freiwilliges Anerkennungsverfahren (vgl. Staudinger/Spellenberg BGB 13. Aufl. Art. 7 § 2 FamRÄndG Rn. 704) kann jedoch durchgeführt werden, wenn dafür Gründe bestehen (vgl. BGHZ 112, 127/131). Ein solcher Grund liegt hier vor. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in seinem Beschluss vom 18.12.1998 in dem Verfahren 3 F 668/98 - Amtsgericht Regensburg, das den Unterhalt der Antragsgegnerin und der Kinder der Beteiligten zum Gegenstand hat, ausgeführt, das Scheidungsurteil sei noch nicht anerkannt und seine Anerkennungsfähigkeit noch nicht geklärt. Die Beteiligten wie auch das Amtsgericht gehen seitdem davon aus, die Anerkennung, bedürfe einer Feststellung der Landesjustizverwaltung (vgl. Protokoll vom 27.1.1999 im o.g. Verfahren), was wiederum einen Stillstand des amtsgerichtlichen Verfahrens seither verursacht hat. Dies gibt den Beteiligten berechtigten Anlass, das Anerkennungsverfahren durchzuführen. Sie jetzt noch auf die Inzident-Anerkennung durch das Amtsgericht (vgl. Staudinger/ Spellenberg Rn. 690) zu verweisen, wäre nicht sachgerecht.

b) Der Antragsteller hat ein rechtliches Interesse an der Anerkennung des ukrainischen Scheidungsurteils (Art. 7 § 1 Abs. 3 Satz 2 FamRÄndG). Ohne Anerkennung steht in Deutschland der rechtliche Status des Antragstellers als geschieden nicht fest (vgl. Art. 7 § 1 Abs. 1 Satz 1 FamRÄndG). Sein Interesse an der verbindlichen Feststellung dieses Status (vgl. dazu BGHZ 112, 127/135) folgt aus dem Umstand, dass beide Beteiligte in Deutschland wohnen, ein Scheidungsfolgeverfahren hier anhängig ist und weitere Verfahren insoweit erneut geführt werden können, in denen die Wirksamkeit der Scheidung der Ehe der Beteiligten als Vorfrage eine Rolle spielt.

2. Die sachlichen Voraussetzungen der Anerkennung ergeben sich, da es um ein ausländisches Urteil geht, aus der allgemeinen Regelung in § 328 Abs. 1 ZPO (vgl. BayObLGZ 1987, 439/440; BayObLG FamRZ 1990, 650). Das Urteil ist anzuerkennen, da keiner der in dieser Vorschrift genannten Versagungsgründe eingreift.

a) Die Anerkennung des Urteils ist nicht gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung ist zu prüfen, ob deutsches Zuständigkeitsrecht bei spiegelbildlicher Anwendung eine Zuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaates begründet hätte (vgl. BayObLGZ 1981, 439/441). Gemäß § 606a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO sind für Ehesachen die deutschen Gerichte zuständig, wenn wenigstens ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Eheschließung war. Bei spiegelbildlicher Anwendung bedeutet dies, dass hier die ukrainischen Gerichte für die Ehescheidung schon deshalb zuständig waren, weil beide Beteiligte ukrainische Staatsangehörige sind, ohne dass es daneben auf deren Aufenthalt oder Wohnsitz in der Ukraine ankäme (vgl. Staudinger/Spellenberg § 328 ZPO Rn. 348; Zöller/ Geimer ZPO 23. Aufl. § 606a Rn. 7).

b) Auch § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO schließt die Anerkennung nicht aus.

Die Antragsgegnerin beruft sich darauf, in dem Scheidungsverfahren vor dem Volksgericht der Stadt Ismail sei ihr das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Auch habe sie sich auf dieses Verfahren nicht eingelassen. Sie war, was unstreitig ist, bei keinem der Gerichtstermine anwesend oder vertreten und hat weder selbst noch durch einen Prozessbevollmächtigten zu dem Scheidungsantrag ihres Mannes schriftlich Stellung genommen. Gleichwohl kann dahingestellt bleiben, ob die Erklärung der Antragsgegnerin vom 13.9.1993 als Einlassung auf das Verfahren im Sinne von § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO angesehen werden kann und ob die Zustellung des Scheidungsantrags vom 24.4.1997 ordnungsgemäß und rechtzeitig im Sinne dieser Vorschrift erfolgt ist. Die Antragsgegnerin kann jedenfalls wegen ihres späteren Verhaltens mögliche Verfahrensfehler insoweit jetzt nicht mehr geltend machen.

aa) Widersprüchliches Verhalten ist grundsätzlich, ohne dass Verschulden erforderlich wäre, dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist (MünchKomm/Roth BGB 4. Aufl. § 242 Rn. 423; Palandt/ Heinrichs BGB 61. Aufl. § 242 Rn. 55 und 56). In Ausnahmefällen kann die Rechtsausübung auch dann unzulässig sein, wenn ein derartiger Vertrauenstatbestand fehlt. Es genügt zum Beispiel der Wechsel in der Einnahme von Rechtspositionen, um eine vorhandene Rechtsunsicherheit zu seinem jeweiligen Vorteil und nach seinem jeweiligen Belieben auszunützen (Münch-Komm/Roth aaO Rn. 454 und 456 f.). Diese Grundsätze der unzulässigen Rechtsausübung sind zunächst für Rechtsgeschäfte entwickelt worden. Ihre Anwendung geht mittlerweile jedoch weit über den rechtsgeschäftlichen Bereich hinaus und begrenzt alle Rechte, Rechtslagen und Rechtsnormen inhaltlich (vgl. Palandt/Heinrichs aaO Rn. 38), im Familienrecht ebenso wie im Prozessrecht (vgl. BGH FamRZ 1961, 427/428; BayObLGZ 1980, 52/57; MünchKomm/Roth aaO Rn. 81 und 89). Daher kann sich ein Beteiligter, der sich nachhaltig auf den Standpunkt gestellt hat, seine Ehescheidung sei gültig, im Anerkennungsverfahren nachträglich nicht mehr auf mögliche Verfahrensfehler berufen, die zur Unwirksamkeit der Scheidung führen können (vgl. BGH FamRZ 1990, 1100/1101; Staudinger/Spellenberg Rn. 455, 456 und 785). Dies gilt im besonderen Maße, wenn dieser Beteiligte, wie hier die Antragsgegnerin, nach wie vor geschieden sein möchte und lediglich auf einer Wiederholung des Scheidungsverfahrens besteht.

bb) Die Antragsgegnerin hat in mehreren Scheidungsfolgeverfahren zum Ausdruck gebracht, dass sie von der Wirksamkeit der Scheidung ihrer Ehe durch das ukrainische Urteil ausgeht. In dem das Sorgerecht für beide Kinder betreffenden Verfahren vor dem Amtsgericht Regensburg - 3 F 465/98 hat sie am 24.4.1998 zu Protokoll der Rechtspflegerin unter Vorlage einer öffentlich beglaubigten deutschen Übersetzung der Scheidungsurkunde erklärt, ihre Ehe sei am 1.10.1997 durch das Gericht in Ismail rechtskräftig geschieden worden. In ihrem Schreiben vom 28.5.1998 im dortigen Verfahren hat sie die Wendungen "meinem Ex-Gatten" und "nach unserer Scheidung" gebraucht. In zwei Folgeverfahren vor dem Volksgericht der Stadt Ismail, in denen sie anwaltschaftlich vertreten war, widersprach die Antragsgegnerin nicht der Feststellung der Ehescheidung, die in den dortigen Urteilen vom 4. und 5.6.1998 durch den Wortlaut zum Ausdruck kommt, beide Beteiligte seien bis zum 1.10.1997 miteinander verheiratet gewesen. In dem den Aufenthalt der Kinder betreffenden ukrainischen Verfahren hat die Antragsgegnerin Anträge stellen und Gegenklage wegen des Kindesunterhalts erheben, in dem die Vermögensteilung betreffenden dortigen Verfahren ein Teilanerkenntnis abgeben lassen, ohne die Wirksamkeit des Scheidungsurteils zu beanstanden. In dem die Ehewohnung betreffenden Hausratsverfahren vor dem Amtsgericht Regensburg - 3 F 1252/98, in dem die Scheidung der Ehe Voraussetzung der beantragten Wohnungszuweisung war, hat die Antragsgegnerin durch Schriftsatz ihrer anwaltschaftlichen Vertreter vom 29.9.1998 vortragen lassen, dass die Ehe geschieden worden sei. Einem Hinweis der Gegenseite, dass die Wirksamkeit der Ehescheidung nicht mehr strittig sei, hat sie nicht widersprechen lassen. Auch ist sie der in ihrer Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung vom 17.11.1998 in diesem Verfahren abgegebenen Erklärung beider Parteivertreter, die Scheidung sei am 1.10.1997 ausgesprochen worden, nicht entgegengetreten.

Lediglich in dem Unterhaltsverfahren vor dem Amtsgericht Regensburg - 3 F 668/98 hat die Antragsgegnerin die Wirksamkeit der Scheidung offengelassen (dort Klageschrift vom 8.6.1998) bzw. die Anerkennungsfähigkeit des ukrainischen Urteils bestritten (Schriftsätze vom 30.7.1998 und 25.2.1999). Der Senat misst dem jedoch bei der vorzunehmenden Abwägung der Gesamtheit aller Einzelumstände keine Bedeutung zu. Er geht vielmehr davon aus, dass die Antragsgegnerin je nach Verfahren durch die Einnahme der einen oder anderen Rechtsposition zur Wirksamkeit ihrer Scheidung einen taktischen Vorteil im jeweiligen Verfahren erlangen wollte. Die Antragsgegnerin war jedenfalls seit Oktober 1997 in ihrer Scheidungssache anwaltschaftlich beraten. Dies ergibt sich aus dem Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 29.10.1997, das sich als Anlage bei den Akten des eben genannten Unterhaltsverfahrens befindet. In ihm wird mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin von der Scheidung in der Ukraine Kenntnis erlangt habe. Damit scheidet die Möglichkeit aus, dass sich die Antragsgegnerin in laienhafter Verkennung rechtlicher Einordnungen und Auswirkungen nur unbewusst in Widersprüche verstrickt haben könnte. Dass die Antragsgegnerin im Unterhaltsverfahren einen anderen Standpunkt als in allen übrigen Verfahren einnahm, lässt sich mit ihrer Meinung erklären, es finde das deutsche Unterhaltsrecht Anwendung, wenn ihre Ehe in Deutschland geschieden werde.

c) Die Anerkennung des ukrainischen Scheidungsurteils führt auch nicht zu einem Ergebnis, das gegen den deutschen ordre public, soweit dieser nicht bereits in § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in spezieller Form erfasst ist (vgl. Staudinger/Spellenberg Rn. 508), verstößt (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

aa) Die genannte Vorschrift schließt die Anerkennung eines Urteils aus, wenn sie zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere, wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Eine solche Unvereinbarkeit ist nach der Rechtsprechung des Senats (BayObLGZ 1992, 195~197 ff. m.w.N.) dann gegeben, wenn die Anerkennung im konkreten Fall die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angriffe, oder wenn das Ergebnis der Anwendung in einer besonders schwerwiegenden Weise dem Sinn und Zweck der deutschen Regelung widerspräche. Das Ergebnis der Anwendung müsste zu den Grundgedanken des deutschen Rechts und den ihm zugrunde liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stehen, dass es aus deutscher Sicht untragbar erschiene. Das gilt für die Anwendung des materiellen, aber auch des Verfahrensrechts. Zu fragen ist also, ob die Anerkennung dieser ausländischen Entscheidung angesichts ihres Inhalts oder der Umstände ihres Zustandekommens dem ordre public widerspräche (Staudinger/Spellenberg Rn. 496). Maßgeblich für die Beurteilung ist der Zeitpunkt der Anerkennungsentscheidung (BayObLGZ 1992, 195/198).

bb) In Betracht kommt hier lediglich ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public. Ein solcher Verstoß wäre dann gegeben, wenn die Entscheidung auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maße abweicht, dass es nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einer geordneten, rechtsstaatlichen Weise ergangen angesehen werden kann (BGHZ 118, 312/320 f.; BayObtGZ 1999, 211/214). Ein Verstoß der genannten Art kann, ungeachtet der bereits im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aufzuwerfenden Frage der ordnungsmäßigen Verfahrenseinleitung, je nach den Umständen des Einzelfalles darin liegen, dass einem Beteiligten die Möglichkeit genommen wird, gegen das Scheidungsurteil Rechtsmittel einzulegen bzw. dass ein von ihm eingelegtes Rechtsmittel unbeachtet bleibt. Auch kann ein solcher Verstoß in einem arglistigen Erschleichen einer Heimatstaatentscheidung ohne Beteiligung des anderen Ehegatten und unter Umgehung der inländischen Gerichtsbarkeit zu sehen sein (vgl. BayObLGZ 1977, 180/184; OLG Hamm FamRZ 1996, 178/179).

cc) Ein möglicher Verstoß der genannten Art bleibt jedoch unbeachtlich, wenn der Beteiligte, der den Verstoß geltend macht, im Urteilsstaat nicht alles ihm Zumutbare unternommen hat, um angebliche Mängel bereits dort zu beseitigen (vgl. BVerfG NJW 1988, 1462/1463; BGHZ 118,312/323; BGH NJW 1997, 2051/2052; Staudinger/Spellenberg Rn. 517; Geimer IZPR 4. Aufl. Rn. 2955 und 2991a; Geimer Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland 1995, S. 62 und 137).

Die Antragsgegnerin hat es im vorliegenden Fall in zurechenbarer Weise unterlassen, gegen das ukrainische Scheidungsurteil rechtzeitig Rechtsmittel einzulegen. Aus der bei den Akten in deutscher Übersetzung befindlichen Auskunft des Gerichts in Ismail vom 7.2.2000 ergibt sich, dass das Scheidungsurteil nach ukrainischem Recht innerhalb von zehn Tagen nach seiner Verkündung und, falls die beschwerte Partei bei der Urteilsverkündung nicht anwesend war, innerhalb gleicher Frist ab Kenntniserlangung von der Entscheidung durch sie angefochten werden kann. Die Antragsgegnerin trägt selbst vor, am 24.10.1997 von dem Scheidungsurteil Kenntnis erlangt zu haben. Sie war, wie sich aus dem bereits genannten Anwaltsschreiben vom 29.10.1997 ergibt, zu dieser Zeit in Deutschland anwaltschaftlich vertreten und ihre Rechtsanwälte hatten von dem Scheidungsurteil ebenfalls Kenntnis. Zudem stand sie, wie sich aus deren Schreiben an den Vorsitzenden des Senats vom 25.2.2002 ergibt, mindestens seit 1.12.1997 mit einer ukrainischen Rechtsanwältin in Verbindung. Gleichwohl legte die Antragsgegnerin nicht alsbald Rechtsmittel ein. Dass das von der Antragsgegnerin mit Datum 5.11.1997 selbst gefertigte Rechtsmittelschreiben bei dem Gericht in Ismail eingegangen ist, kann nicht als nachgewiesen angesehen werden. Die von der Antragsgegnerin hierzu vorgelegten Schriftstücke sind insoweit unzulänglich. Auch stehen die diesbezüglichen Angaben der Antragsgegnerin zueinander im Widerspruch. So hat die Antragsgegnerin zunächst den Delivery-Report eines privaten Postunternehmens vom 4.5.1998 und eine 'Eingangsbestätigung des Gerichts in Ismail vom 5.6.1998 vorgelegt. Diese Urkunden nennen die oben genannte Rechtsmittelschrift nicht. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sie sich auf andere Schriftstücke beziehen. Im übrigen wäre ein Eingang bei dem ukrainischen Gericht im Mai oder Juni 1998 nicht mehr rechtzeitig im eingangs dargestellten Sinne. Nunmehr trägt die Antragsgegnerin vor, sie habe die Rechtsmittelschrift mit einfacher Post an das ukrainische Gericht adressiert und darüber hinaus in einem verschlossenen Kuvert ihrer ukrainischen Rechtsanwältin übermittelt, die das Kuvert am 2.12.1997 bei der Posteingangsstelle des dortigen Gerichts abgegeben habe. Bei einer Übersendung durch einfachen Brief ist der Zugang des Schriftstücks im Bestreitensfalle nicht nachweisbar (vgl. OLG Celle VersR 1999, 352/353; OLG Nürnberg AnwBl 1992, 86 und NJW-RR 1991, 414/415). Bei der vorgetragenen Übermittlung eines verschlossenen Kuverts ist nicht ausgeschlossen, dass sich darin ein anderes Schriftstück befand. Die Unaufklärbarkeit der Rechtsmitteleinlegung geht zu Lasten der Antragsgegnerin, die als ukrainische Staatsangehörige mit ihren Kenntnissen der Sprache und der Gegebenheiten in der Ukraine ohne weiteres fernmündlich der erwähnten Rechtsanwältin den Auftrag zur raschen Einlegung eines Rechtsmittels vor Ort hätte erteilen können.

Der Befangenheitsantrag der Antragsgegnerin vom 21.4.1998 und die Aufsichtsbeschwerde vom 24.4.2000 können jedenfalls angesichts der anwaltschaftlichen Beratung der Antragsgegnerin weder als Einlegung eines ordentlichen Rechtsmittels gegen das Scheidungsurteil noch als rechtzeitig im obigen Sinne angesehen werden. Im übrigen sind diese Rechtsbehelfe durch das Landgericht Odessa jeweils geprüft und, wenn auch abschlägig, verbeschieden worden. Ein weiteres Rechtsmittel im Verfahren der Aufsichtsbeschwerde wurde vom Obersten Gericht der Ukraine in Kiew nicht zugelassen.

III.

Die Kostenentscheidung der Präsidentin des Oberlandesgerichts stützt sich auf Art. 7 § 2 Abs. 1 FamRÄndG. Sie ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung für das gerichtliche Verfahren beruht auf Art. 7 § 2 Abs. 2 Satz 2 und 4 FamRÄndG. Von der Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten wurde abgesehen. Es entspricht billigem Ermessen, es bei dem Grundsatz zu belassen, dass jeder, unbeschadet der Wirkung der bewilligten Prozesskostenhilfe (vgl. dazu Art. 7 § 1 Abs. 6 Satz 1 FamRÄndG, § 14 FGG, §§ 114, 121 ZPO) seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG; vgl. BayObLG FamRZ 1999, 604/605).

Ende der Entscheidung

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