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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.01.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 319/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 33
Einem eingetragenen Verein muß es möglich sein, sich durch Satzungsänderungen gewandelten Verhältnissen anzupassen.
Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche

am 25.Januar 2001

in der Vereinssache

auf die weitere Beschwerde der Beteiligten

beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 10.Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 20000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte ist seit 1.1.1989 Mitglied des im Vereinsregister eingetragenen Vereins.

Am 12.6.1997 wurde im Vereinsregister u.a. eingetragen:

"Die Mitgliederversammlung vom 08. und 09. Februar 1997 hat die Änderung der Satzung in §§ 3 Abs. 1 c (Zweck) und 25 Abs. 4 (Auflösung) nach näherer Maßgabe des eingereichten Protokolls beschlossen."

§ 3 Abs. 1 lautete bis zu diesem Zeitpunkt:

"Die... Landsmannschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 Abgabenordnung. Diese Zwecke sind:

a)...

b)...

c) den Anspruch der Volksgruppe und der einzelnen Landsleute auf Rückerstattung des geraubten Vermögens und die sich daraus ergebenden Entschädigungsansprüche zu vertreten;"

Die am 8./9.2.1997 beschlossene Änderung hat folgenden Wortlaut.

"c) die Rückgabe des konfiszierten Vermögens auf der Basis einer gerechten Entschädigung zu vertreten".

Die Beteiligte ist der Auffassung, dass durch die Satzungsänderung eine grundlegende Änderung des Vereinsziels angestrebt werde, die des einstimmigen Beschlusses der Mitgliederversammlung bedurft hätte. Es liege aber nur ein Mehrheitsbeschluß der Bundesversammlung vor. Ferner sei die Ladung der Mitglieder nicht ordnungsgemäß erfolgt, da ihr die beabsichtigte Änderung des Vereinszwecks nicht zu entnehmen gewesen sei. Deshalb sei die Ungültigkeit des Beschlusses festzustellen und die entsprechende Eintragung im Vereinsregister zu löschen. mit Verfügung vom 23.11.1999 leistete das Amtsgericht dieser Anregung keine Folge. Die Beschwerde der Beteiligten hiergegen hat das Landgericht am 10.5.2000 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere ist die Beteiligte beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG), da ihre Erstbeschwerde erfolglos war (vgl. BayObLGZ 1998, 195; KG ZIP 2000, 2253). Es hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beteiligte sei beschwerdebefugt, da sie rüge, die Satzungsänderung verstoße gegen zwingende gesetzliche Vorschriften. Bei dieser Fallgestaltung stelle die Anregung eines Löschungsverfahrens nur eine andere Form dar, das Anfechtungsrecht geltend zu machen, das auch mit einer zivilgerichtlichen Klage auf Unwirksamkeit verfolgt werden könnte. Das Rechtsmittel sei jedoch nicht begründet. Das Registergericht habe zu Recht die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens abgelehnt; die Eintragung der Satzungsänderung sei nicht unzulässig gewesen. Die nach § 14 Abs. 3 d der Satzung zur Beschlußfassung zuständige Bundesversammlung habe am 8./ 9.2.1997 die Satzungsänderung mit der nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Mehrheit von 3/4 der Erschienenen rechtswirksam beschlossen; die Zustimmung aller Stimmberechtigten nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB sei nicht erforderlich, da keine Änderung des Vereinszwecks verabschiedet worden sei. Das in § 3 Abs. 1 c der Satzung formulierte Ziel sei im Kern nicht geändert, sondern lediglich umformuliert worden.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1, § 550 ZPO) stand.

a) Zu Recht hat das Landgericht die auch vom Gericht der weiteren Beschwerde zu überprüfende Zulässigkeit der Erstbeschwerde (vgl. BayObLG FGPrax 1996, 232; NZG 2000, 140/141) bejaht. Dies gilt auch für die Beschwerdebefugnis der Beteiligten (vgl. BayObLGZ 1986, 528/533; 1988, 170/173 f.; Sauter/Schweyer Der eingetragene Verein 16.Aufl. Rn. 10).

b) Die Löschung der Eintragung der Satzungsänderung im Vereinsregister gemäß § 159 Abs. 1 i.v.m. § 142 Abs. 1 Satz 1 FGG kommt nicht in Betracht, da diese Eintragung nicht wegen mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist. Das Registergericht durfte die Satzungsänderung eintragen, da sie die Bundesversammlung nach ordnungsgemäßer Ladung rechtswirksam beschlossen hat.

aa) Der Beschlußgegenstand ist in der Ladung "mit Satzungsänderung wegen Gemeinnützigkeit" noch hinreichend deutlich bezeichnet. Damit wird auf eine Änderung des § 3 der Satzung hingewiesen, in dem die Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken statuiert ist. Aus den Akten ist zudem ersichtlich, dass der Ladung der Antrag beigefügt war, der die vorgeschlagene Satzungsänderung enthielt und dass gemäß dem Protokoll über die Sitzung vom 8./9.2.1997 keiner der Stimmberechtigten Klage darüber geführt hat, er sei über den Gegenstand der Satzungsänderung nicht hinreichend informiert gewesen. Auf die Akten durfte der Senat zurückgreifen, weil sich die Kammer zu der Frage der Ordnungsmäßigkeit der Ladung nicht geäußert hat (vgl. BayObLG NJWE-FER 1999, 151/152; Keidel/Kahl § 27 Rn.59, 64).

bb) Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, dass die Bundesversammlung zur Beschlußfassung zuständig war. Rechtsfehlerfrei hat es ferner angenommen, dass durch die Satzungsänderung der Vereinszweck nicht geändert wurde und deshalb nicht die nach der Bestimmung des § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeschriebene Zustimmung aller Mitglieder erforderlich war.

Als Vereinszweck im Sinn dieser Bestimmung ist der satzungsmäßig (§ 57 Abs. 1 BGB) festgelegte Zweck anzusehen, der für das Wesen der Rechtspersönlichkeit des Vereins maßgebend ist (vgl. RGZ 119, 184/186), also das Lebensgesetz des Vereins, seine große Linie bildet, um derentwillen sich die Mitglieder zusammengeschlossen haben (BGH 96, 245/252; Stöber Handbuch zum Vereinsrecht 7.Aufl. Rn. 4 7; K.Schmidt BB 1987, 556/558). Eine Zweckänderung liegt demnach nur vor, wenn der "Charakter eines Vereins sich ändert" (Soergel/Hadding BGB 12.Aufl. § 33 Rn.8; Reichert Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts 7.Aufl. Rn. 400). Sie ist noch nicht gegeben, wenn sich der ursprüngliche Aufgabenkreis des Vereins durch tatsächliche Entwicklungen verengt (Staudinger/Weick BGB 1995 § 33 Rn. 3), der Hauptzweck infolge einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse unmöglich wird (Soergel/Hadding aaO Rn. 9) oder die alten Ziele dem Wandel der Zeit angepaßt mit anderen Mitteln verfolgt werden (K.Schmidt aaO). Zur Beurteilung der Frage der Zweckänderung hat der Senat die Satzung des Vereins selbständig auszulegen, er ist hierbei nicht an die Würdigung durch das Landgericht gebunden (BGHZ 96, 245/250).

Bei dieser Würdigung ist zu berücksichtigen, dass eine weite Ausdehnung der indisponiblen Zweckbestimmung in aller Regel nicht dem Interesse des Vereins und seiner Mitglieder entspricht. Es bleibt in einem längeren Vereinsleben nicht aus, dass geänderte Forderungen an den Verein herantreten und sich unvorhergesehene Schwierigkeiten auftun, auf die er sich in praktikabler Weise einstellen muß. Hierbei muss er, ohne die prinzipielle Zielrichtung des Vereins aufzugeben, einzelne Teile der Satzung ohne Rücksicht auf Außenseitermeinungen sachgerecht den veränderten Verhältnissen anpassen können (vgl. BGH aaO S.251).

Das ist im vorliegenden Fall durch die Änderung des § 3 Abs. 1 Buchstabe c der Satzung geschehen. Die grundlegende Zielrichtung des Vereins, auf eine Kompensation für die im Zuge der Vertreibung verlorenen Vermögenswerte hinzuwirken, ist nicht aufgegeben worden. Auch nach der neuen Formulierung ist auf "eine Rückgabe des konfiszierten Vermögens auf der Basis einer gerechten Entschädigung" hinzuwirken. Die Änderung betrifft nur die Modalität, wie dieses Ziel unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen angestrebt werden soll. Dies ist schon daraus ersichtlich, dass der in § 3 Abs. 1 Buchstabe b bestimmte Zweck, der Rechtsanspruch auf die Heimat, deren Wiedergewinnung und das damit verbundene Selbstbestimmungsrecht der Volksgruppe durchzusetzen, nicht geändert wurde.

2. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 20000 DM festgesetzt (§ 131 Abs. 2, § 30 Abs. 2, 3 KostO i.V.m. § 31 Abs. 1 KostO).

Ende der Entscheidung

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