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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.10.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 327/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1908i Abs. 1
BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 1829 Abs. 1 Satz 2
Der Betreuer kann nur im Namen des Betroffenen gegen die Versagung einer vormundschaftsrichterlichen Genehmigung vorgehen.
Gründe:

I.

Die Betroffene leidet an fortschreitendem cerebralem Abbau. Für sie ist ein Berufsbetreuer bestellt, dessen Aufgabenkreis u.a. auch die Vermögenssorge umfasst. Die Betroffene ist vermögend. Nach einem Vermögensverzeichnis vom 18.5.2000 verfügte sie am 31.12.1999 über Grundstücke im Wert von 960000 DM sowie über erhebliche Sparguthaben. Daneben bezieht sie eine Rente und Zuschüsse der Pflegekasse. Mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verkaufte der Betreuer namens der Betroffenen am 13.6.2000 einen Teil des Grundbesitzes und erlöste hierfür mehr als 300000 DM, die nunmehr als Kapitalvermögen zur Verfügung stehen.

Mit notariellen Verträgen vom 12.7.2000 und vom 30.10.2000 veräußerte der Betreuer namens der Betroffenen vorbehaltlich vormundschaftsrichterlicher Genehmigung weiteres Grundvermögen der Betroffenen, und zwar Ackerland in einer Größe von 3,8100 ha bzw. 3,4551 ha.

Die für die Betroffene bestellte Verfahrenspflegerin sprach sich gegen den Verkauf des Ackerlandes aus. Es bestehe keine wirtschaftliche Notwendigkeit, auch diesen Grundbesitz der Betroffenen zu veräußern.

Mit Beschluss vom 23.2.2001 lehnte das Amtsgericht die Genehmigung der Erklärungen des Betreuers betreffend den Verkauf des Ackerlandes ab. Der hiergegen gerichteten Beschwerde, die der Betreuer eingelegt hat, half es nicht ab. Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 11.9.2001 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die weitere Beschwerde des Betreuers.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Die weitere Beschwerde ist zulässig.

a) Das Rechtsmittel ist für die beschwerdeberechtigte Betroffene eingelegt. Durch die Versagung einer vormundschaftsrichterlichen Genehmigung ist der Betroffene, nicht auch der Betreuer in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt (vgl. § 20 Abs. 1 FGG). Der Betreuer kann daher nur im Namen des Betroffenen gegen die Versagung vorgehen (§ 69g Abs. 2 Satz 1 FGG; Soergel/Zimmermann BGB 13. Aufl. § 1828 Rn. 22; Palandt/Diederichsen BGB 60. Aufl. § 1828 Rn. 17). Legt er ohne nähere Angaben Rechtsmittel ein, ist von einer Einlegung im Namen des Betroffenen auszugehen, wenn sich nicht aus den Umständen anderes ergibt (Soergel/Zimmermann aaO). Hier hat der Betreuer das genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäft namens der Betroffenen und als deren gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) abgeschlossen, so dass mangels anderer Anhaltspunkte die von ihm gegen die Versagung der Genehmigung erhobene weitere Beschwerde als im Namen der Betroffenen eingelegt anzusehen ist.

b) Dem Rechtsmittel fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Nach Lage der Akten hat der Betreuer die Versagung der nach § 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1821 Abs. 1 Nrn. 1, 4 BGB erforderlichen Genehmigung bisher nicht dem anderen Vertragsteil mitgeteilt. Die Versagungsentscheidung ist daher noch nicht wirksam geworden (§ 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine Bindung gemäß § 69e Satz 1, §§ 55, 62 FGG, die eine Abänderung ausschließen würde, ist noch nicht eingetreten. Auf die Frage, ob in einem solchen Fall entsprechend der bisherigen Rechtsprechung das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen wäre (vgl. BayObLG Rpfleger 1991, 457/458; Keidel/Engelhardt FGG 14. Aufl. § 62 Rn. 2; nunmehr aber BVerfGE 101, 397), kommt es deshalb nicht an.

2. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Ob ein Rechtsgeschäft den Interessen des Betreuten diene und deshalb zu genehmigen sei, stelle eine Ermessensentscheidung dar. Das Amtsgericht habe dieses Ermessen richtig ausgeübt. Die Kammer folge der Beurteilung, dass ein Verkauf der fraglichen Grundstücke derzeit nicht im Interesse der Betreuten liege. Dem Wegfall von Aufwendungen für die Erhaltung und Sicherung der brachliegenden Flächen und einem gegenüber dem Pachtertrag wesentlich höheren Zinsertrag stehe der Erhalt eines verhältnismäßig wertbeständigen Grundvermögens gegenüber. Wesentlich sei in dieser Situation darauf abzustellen, dass der Erlös aus dem beabsichtigten Grundstücksverkauf auf absehbare Zeit nicht benötigt werde.

3. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Das Landgericht hat die Versagung der für die namens der Betreuten geschlossenen Grundstücksveräußerungsverträge gemäß § 1908i Abs. 1, § 1821 Abs. 1 Nrn. 1, 4 BGB erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ohne Rechtsfehler bestätigt.

a) Zutreffend hat das Landgericht die Zulässigkeit der Beschwerde bejaht. Der Betreuer hatte die Beschwerde im Namen der Betroffenen als deren gesetzlicher Vertreter eingelegt, mangels Wirksamkeit der Genehmigungsentscheidung fehlte dem Rechtsmittel auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis (s.o.).

b) Die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung einer vormundschaftsrichterlichen Genehmigung für Grundstücksgeschäfte der fraglichen Art stellt eine Ermessensentscheidung dar (BGH NJW 1986, 2829/2830; BayObLG FamRZ 1998, 455/456). Maßgebendes Kriterium ist das Interesse des Betreuten, wie es sich zur Zeit der Entscheidung darstellt, wobei alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind (vgl. BayObLG FamRZ 1989, 540/541). Das Gericht der weiteren Beschwerde kann diese Ermessensentscheidung des Tatrichters nur beschränkt überprüfen. Es kann sie nur dann als rechtsfehlerhaft beanstanden, wenn der Tatrichter sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewusst war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht oder die Grenzen des Ermessens überschritten hat (vgl. BGH NJW-RR iggo, 1157; BayObLGZ 1993, 325/328 und 1997, 113/119; BayObLG FamRZ 1998, 455/456).

Derartige Fehler liegen hier nicht vor. Das Landgericht hat den Maßstab für die Ausübung seines Ermessens zutreffend aus dem Sinn und Zweck der in § 1908i Abs. 1, § 1821 BGB normierten Genehmigungspflicht hergeleitet und auf die Interessen der Betreuten abgestellt. Das Landgericht hat ferner berücksichtigt, dass durch einen Verkauf der fraglichen Grundstücke Unterhaltskosten entfallen und Kapitalerträge erwirtschaftet werden könnten, die den derzeitigen Pachtertrag wesentlich übersteigen würden. Das Landgericht hat auf der anderen Seite aber auch das Interesse der Betreuten an der Wertbeständigkeit ihres Vermögens gewürdigt und dabei insbesondere auch berücksichtigt, dass die Betreute derzeit den Erlös aus den fraglichen Veräußerungsgeschäften nicht benötigt. Die Interessenabwägung des Landgerichts ist nachvollziehbar und lässt keine wesentlichen Umstände außer Betracht.

Ende der Entscheidung

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