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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 01.02.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 34/01
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1836 Abs. 1 Satz 2
FGG § 19 Abs. 1
Ein Vergütungsanspruch als Berufsbetreuer besteht erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das Vormundschaftsgericht eine berufsmäßig geführte Betreuung feststellt.
BayObLG Beschluss

LG Weiden i.d.OPf. 2 T 1017/00; AG Weiden i.d.OPf. - Zweigstelle Vohenstrauß - XVII 93/92

3Z BR 34/01

01.02.01

BayObLGZ 2001 Nr.6

Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder

am 1.Februar 2001

in der Betreuungssache

auf die weitere Beschwerde der Betreuerin

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 11. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin wurde vom Amtsgericht am 19.7.1999 zur neuen Betreuerin der Betroffenen bestellt. Sie führte die Betreuung ehrenamtlich. Mit einem am 22.9.2000 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben beantragte sie "die nachträgliche Eintragung der berufsmäßigen Betreuungsführung" für das vorliegende Betreuungsverfahren. Mit Beschluss vom 18.10.2000 stellte das Amtsgericht fest, dass die Betreuung ab dem 22.9.2000 durch die Beschwerdeführerin berufsmäßig geführt werde. Die Beschwerde der Betreuerin, mit der diese begehrte, die Feststellung der Berufsmäßigkeit der Betreuungsführung auf 19.7.1999 zurückzudatieren, hat das Landgericht am 11.12.2000 zurückgewiesen und "in entsprechender Anwendung des § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG" die weitere Beschwerde zugelassen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die weitere Beschwerde der Betreuerin.

II.

Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Landgericht hat die Beschwerde für zulässig erachtet und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, bei der Beschwerdeführerin seien die Kriterien für die Berufsmäßigkeit ihrer Betreuertätigkeit auf jeden Fall zum 22.9.2000 erfüllt. Nach § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB sei regelmäßig mit der Betreuerbestellung festzustellen, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führe, wenn zu diesem Zeitpunkt die Kriterien für eine solche Feststellung bereits vorlägen. Eine nachträgliche Feststellung der Berufsmäßigkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt der Bestellung zum ehrenamtlichen Betreuer komme nur in Betracht, wenn zu diesem Zeitpunkt die Kriterien für die Qualifikation als Berufsbetreuer bereits erfüllt gewesen seien (§ 1836 Abs.1 Satz 3 Alternative 1 i.V.m. Satz 4 BGB) oder die Erfüllung in absehbarer Zeit zu erwarten gewesen sei (§ 1836 Abs. 1 Satz 3 Alternative 2 BGB). Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG; § 550 ZPO) im Ergebnis stand.

a) Das Landgericht hat die Beschwerde zu Recht für zulässig erachtet. Gegen eine Entscheidung, durch die das Vormundschaftsgericht über die berufsmäßige Führung der Betreuung befindet, ist gemäß § 19 Abs. 1 FGG die einfache Beschwerde gegeben (vgl. Soergel/Zimmermann BGB 13.Aufl. § 1836 Rn.8; Palandt/Diederichsen BGB 60.Aufl. § 1836 Rn.4; HK-BUR/Bauer/ Deinert § 1836 BGB Rn. 22). Dies folgt schon daraus, dass die gerichtliche Anerkennung der berufsmäßigen Führung der Betreuung für die Vergütung des Betreuers und damit für dessen Rechtsstellung von konstitutiver Wirkung ist (vgl. BayObLGZ 1999, 294/29'5). Sie legt fest, ob der Betreuer eine Vergütung nach den Grundsätzen des § 1836 Abs. 2 BGB, gegebenenfalls gemäß § 1836a BGB aus der Staatskasse erhält, oder ob er die Betreuung grundsätzlich unentgeltlich führt (§ 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB) und eine Vergütung lediglich nach den Grundsätzen des § 1836 Abs. 3 BGB beanspruchen kann. Deshalb ist jedenfalls der Betreuer gegen eine die Feststellung der Berufsmäßigkeit versagende Entscheidung beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG). Die besonderen Voraussetzungen, die § 56g Abs. 5 FGG für die Beschwerde im Rahmen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens vorsieht, gelten für eine solche Entscheidung nicht, da die Feststellung der Berufsmäßigkeit Teil des Verfahrens zur Bestellung des Betreuers ist (§ 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB), nicht Teil des Vergütungsverfahrens (Soergel/Zimmermann aaO).

b) Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Vormundschaftsgericht die Feststellung, die Betreuerin führe die Betreuung berufsmäßig, hier auch nach deren Bestellung treffen durfte. Das Vormundschaftsgericht kann, wenn der Betreuer die Voraussetzungen des § 1836 Abs. 1 Satz 3 und 4 BGB erst zu einem späteren Zeitpunkt erfüllt, nachträglich feststellen, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt (Knittel BtG § 1836 BGB Rn. 3; Wagenitz/Engers FamRZ 1998, 1273/1274). § 1897 Abs. 6 BGB und die Belange des Betroffenen stehen dem nicht entgegen. Dem (unter Umständen auch finanziellen) Interesse daran, dass vorrangig ein ehrenamtlicher Betreuer mit der Führung der Betreuung betraut wird, kann durch die Entlassung des berufsmäßigen Betreuers Rechnung getragen werden, wenn eine geeignete Person als ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht (vgl. § 1908b Abs. 1, Satz 2 BGB).

c) Rückwirkend kann eine solche nachträgliche Feststellung allenfalls zum Zeitpunkt des entsprechenden Antrags des Betreuers getroffen werden (vgl. auch Zimmermann FamRZ 1999, 630/632).

Die gerichtliche Feststellung der berufsmäßigen Führung der Betreuung (§ 1836 Abs.1 Satz 2 i.V.m. § 1908i Abs. 1 BGB) ist für die Vergütung des Betreuers nach § 1836 Abs. 2 i.V.m. § 1908i Abs. 1 BGB von konstitutiver Wirkung. Sie dient der Rechtsklarheit und Kalkulierbarkeit für die Vergütungsfrage (BayObLGZ 1999, 294/295 m.w.N.). Der Zahlungspflichtige (Betroffener, Staatskasse) soll sich darauf verlassen können, dass die Betreuung entsprechend dem Grundsatz des § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB und allenfalls mit der Ausnahme des § 1836 Abs. 3 BGB unentgeltlich geführt wird, solange nicht die Berufsmäßigkeit der Führung gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1908i Abs. 1 BGB festgestellt ist. Dieser Gesetzeszweck steht einer rückwirkenden Anerkennung der Berufsbetreuereigenschaft entgegen, wenn das Gericht den Betreuer bewusst als ehrenamtlichen Betreuer bestellt hat. Dies gilt auch deshalb, weil das Gericht unter Umständen an der Bestellung der ausgewählten Person zum Berufsbetreuer gehindert gewesen wäre (vgl. § 1897 Abs. 6 BGB).

Hier hatte sich die Beschwerdeführerin als ehrenamtliche Betreuerin zur Verfügung gestellt und wurde als solche vom Gericht ausgewählt. Dies hat zur Folge, dass sie für ihre Tätigkeit bis zu einer ihren Status ändernden gerichtlichen Entscheidung nur im Rahmen des § 1836 Abs. 3 BGB vergütet werden kann, und zwar unabhängig davon, ob sie bereits bei Übernahme der Betreuung die Absicht hatte, als Berufsbetreuerin tätig zu werden, sobald sie hierfür die Voraussetzungen erfüllen würde.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob das Vormundschaftsgericht die nachträgliche Feststellung der berufsmäßigen Führung der Betreuung, wie hier geschehen, auf den Tag des Eingangs des Antrags zurückdatieren durfte. An einer insoweit abändernden Entscheidung ist er durch das Verbot der reformatio in peius, das auch in Vergütungssachen gilt (BayObLGZ 1995, 35/37), gehindert.

Ende der Entscheidung

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