Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.02.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 34/02
Rechtsgebiete: FGG, ZPO


Vorschriften:

FGG § 6
FGG § 25
ZPO § 546
ZPO § 547 Abs. 1 Nr. 3
Das Beschwerdegericht darf nach Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses die Sache ausnahmsweise an die erste Instanz zurückverweisen, wenn nachträglich ein Richter erfolgreich wegen Befangenheit abgelehnt wurde.
Gründe:

I.

Für den Betroffenen wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 6.11.2001 für die Aufgabenkreise Vertretung des Betroffenen im Scheidungsverfahren einschließlich Folgesachen sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post in diesen Bereichen ein Berufsbetreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.

Auf die gegen diesen Beschluss vom Betroffenen eingelegte Beschwerde und sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 15.1.2002 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gegen die Zurückverweisung wendet sich der Betroffene mit seiner weiteren und sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

1. Die Rechtsmittel sind zulässig (§§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und Abs. 2 FGG). Soweit die Anordnung, der Betreuung selbst Gegenstand des Verfahrens ist, liegt eine weitere Beschwerde, soweit die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes Verfahrensgegenstand ist, eine sofortige weitere Beschwerde vor (§ 69g Abs. 4 Satz 1, 29 Abs. 2 FGG). Der Betroffene ist beschwerdeberechtigt (§§ 20 Abs. 1, 29 Abs. 4 FGG). Durch die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht ist er beschwert, da das Landgericht nicht selbst die von ihm beantragte Entscheidung getroffen hat (vgl. Jansen FGG 2. Aufl. § 27 Rn. 3; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 21 BayObLG FamRZ 1991, 724/725).

2. Die Rechtsmittel sind aber nicht begründet.

Das Landgericht durfte die Sache zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverweisen.

a) Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Das Verfahren erster Instanz leide an einem schweren Mangel, da die Entscheidung durch eine im Nachhinein mit Erfolg abgelehnte Richterin getroffen worden sei. Außerdem könne der unmittelbare Eindruck des Gerichts vom Betroffenen aufgrund einer persönlichen Anhörung nicht Entscheidungsgrundlage sein, weil eine persönliche Anhörung gerade nicht stattgefunden habe. Weiter sei eine durch den Betroffenen eingereichte und für ihn günstige ärztliche Stellungnahme nicht überprüft worden.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO) stand.

Das Beschwerdegericht tritt in den Grenzen der Beschwerde als Tatsachengericht an die Stelle der ersten Instanz. Es hat daher grundsätzlich selbst zu entscheiden, hierzu den Sachverhalt eigenständig festzustellen und noch erforderliche Ermittlungen selbst durchzuführen (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 1023; FamRZ 2001, 774). Eine Zurückverweisung kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn die Erstinstanz ihre Endentscheidung nur auf verfahrensrechtliche Überlegungen gestützt hat oder wenn das Verfahren erster Instanz so mangelhaft war, dass die abschließende Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren dem Verlust einer Instanz gleich käme (vgl. Bassenge FGG/RPflG 9.Aufl. § 25 Rn. 11; Jansen § 25 Rn. 13; Keidel/Kahl § 25 Rn. 7 m. w. N.; BayObLG FamRZ 2001, 774). Ein Grund im Sinne des § 547 Nr. 1-3 ZPO wird in der Regel als wesentlicher und zur Zurückverweisung berechtigender Verfahrensmangel anzusehen sein (vgl. Jansen aaO für die alte Fassung des ZPO).

c) Die Auffassung des Landgerichts, ein derartig schwerwiegender Mangel liege vor, ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung des Landgerichts ist von einer im Beschwerdeverfahren erfolgreich abgelehnten Richterin und ohne die gebotenen Ermittlungshandlungen, insbesondere ohne ausreichende Abklärung der gegensätzlichen ärztlichen Stellungnahmen getroffen worden. Selbst wenn das Landgericht diese Handlungen selbst durchführen würde, würde dem Betroffenen eine Tatsacheninstanz verloren gehen, weil in erster Instanz nicht der ihm zustehende gesetzliche Richter gehandelt hat. Es fehlt damit für diese Instanz an einer dem Gesetz entsprechenden Prüfung der angeregten Betreuung.

3. Dem Betroffenen war wegen fehlender Erfolgsaussicht keine Prozesskostenhilfe gemäß §§ 14 FGG, 114 ff. ZPO zu bewilligen.

4. Eine Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen auf die Staatskasse war weder für das Verfahren vor dem Landgericht noch vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht auszusprechen. Die Voraussetzungen des § 13a Abs. 2 FGG liegen schon deshalb nicht vor, weil das Verfahren bisher nicht abgeschlossen und damit der Ausgang des Betreuungsverfahrens noch offen ist.

Ende der Entscheidung

Zurück