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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.11.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 360/00
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
Reist ein Ausländer mittels eines Schleusers in die Bundesrepublik Deutschland ein, so kann er sich dem Verdacht ausgesetzt sehen, sich der Abschiebung zu entziehen.
BayObLG Beschluss

LG Nürnberg-Fürth 4 T 7599/00; AG Nürnberg 59 XIV 236/00

3Z BR 360/00

23.11.00

Der 3. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Denk am 23. November 2000 in der Abschiebungshaftsache auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss den Landgerichte Nürnberg-Fürth vom 29. September 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die durch den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 25. August 2000 verlängerte Abschiebungshaft bereits am 26. November 2000 endet.

Gründe

I.

Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen, eines indischen Staatsangehörigen.

Mit Beschluss vom 25.8.2000 verlängerte das Amtsgericht mitsofortiger Wirksamkeit die gegen ihn zur Sicherung seiner Abschiebung seit 27.5.2000 vollzogene Abschiebungshaft bis längstens 27.11.2000.

Die vom Betroffenen hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 29.9.2000 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat, abgesehen von der Kürzung der Haftdauer um einen Tag, keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO). Das Landgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt verfahrensfehlerfrei festgestellt. Diese den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO) tragen die vom Betroffenen beanstandete Haftverlängerung bis einschließlich 26.11.2000.

1. Danach liegt der Haftgrund des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG vor. Das Landgericht hat insoweit auf die vom Betroffenen eingeräumten Umstände seiner Einreise abgestellt. Danach reiste der Betroffene nach seinen eigenen Angaben bei seiner ersten Vernehmung durch die Polizei mit Hilfe eines Schleusers auf dem Luftweg von Delhi nach Rom, wo er dem Schleuser seinen Paß überließ. Von Rom aus wurde er von einem Schleuser zusammen mit drei weiteren Indern über Österreich nach Deutschland gebracht und hier in Gera abgesetzt. Die Würdigung des Landgerichts, unter diesen Umständen bestehe konkret Grund zur Befürchtung, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BGH FGPrax 2000, 130).

2. Hinderungsgründe stehen der Haftverlängerung als solcher nicht entgegen.

Der erste Asylantrag, den der Betroffene am 27.5.2000 aus der Haft heraus stellte, wurde innerhalb von vier Wochen durch Bescheid des Bundesamte für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 16.6.2000 als offensichtlich unbegründet abgelehnt (§ 14 Abs. 4 Satz 1 und 3 AsylVfG). Der Asylfolgeantrag hindert die Haftanordnung bzw. Haftverlängerung nicht (§ 71 Abs. 8 AsylVfG).

Das Landgericht hat daneben ohne Rechtsfehler dargelegt, das die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Abschiebungshaft über drei Monate hinaus auf nunmehr insgesamt sechs Monate gegeben sind, da der Betroffene die Verzögerung seiner Abschiebung zu vertreten habe (§ 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG). Er ist ohne Ausweispapiere in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hat dadurch die Ausländerbehörde vor die Notwendigkeit gestellt, für ihn bei den Behörden seines Heimatlandes Ersatzpapiere zu beschaffen (vgl. BGHZ 133, 235/237 ff.; BayObLGZ 1996, 16118). Schließlich ist auch die Prognose des Landgerichte, dass die Abschiebung des Betroffenen innerhalb der drei Monate, um welche die Haftdauer verlängert wurde, nicht unmöglich sei, rechtlich nicht zu beanstanden. Unter diesen Umständen ginge auch eine eventuelle Undurchführbarkeit der Abschiebung innerhalb des in § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG normierten Zeitraums zu Lasten des Betroffenen.

3. Soweit der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe den Haftbefehl bereits vor dem Anhörungstermin fertiggestellt gehabt, was eine Vorverurteilung des Betroffenen darstelle, kommt dem für die Entscheidung des Senats keine Bedeutung zu. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist allein die Entscheidung des Landgerichte. Dieses hatte als Beschwerdegericht über den Haftantrag der Ausländerbehörde selbständig zu befinden (vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 25 Rn. 2) und auch bezüglich der formellen Voraussetzungen die Verhältnisse zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. BayObLGZ 1995, 395/396; BayObLG InfAus1R 1991, 345).

4. Allerdings war die durch das Amtsgericht verlängerte Haftdauer um einen Tag zu kürzen. Das Amtsgericht hat, wenn auch ohne ersichtliche Rechtsgrundlage, durch Beschluss vom 27.5.2000 die Anrechnung der Dauer der einstweiligen Freiheitsentziehung auf die Dauer der Abschiebungshaft (dort als Zurückschiebehaft bezeichnet) angeordnet. Dieser Beschluss ist rechtskräftig. Der Betroffene ist am 26.5.2000 festgenommen worden. Somit endet die Frist des § 57 Abs. 3 Satz 1 AuslG hier mit Ablauf des 26.11.2000 (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB; vgl. Palandt/Heinriche BGB 59. Aufl. § 186 Rn. 2). Die Voraussetzungen einer Verlängerung gemäß § 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG sind weder festgestellt noch den Akten zu entnehmen.

Ende der Entscheidung

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