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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.11.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 364/99
Rechtsgebiete: RPflG, FGG, BGB, BVormVG
Vorschriften:
RPflG § 11 Abs. 1 | |
FGG § 56g Abs. 5 Satz 1 | |
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 2 | |
BVormVG § 1 Abs. 1 |
BayObLG Beschluss
LG Schweinfurt 11 T 256/99; AG Schweinfurt XVII 186/98
17.11.00
Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder am 17.November 2000 in der Betreuungssache auf die sofortige weitere Beschwerde des Ergänzungsbetreuers
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Schweinfurt vom 19.Oktober 1999 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Mit Beschluss vom 23.12.1998 bestellte das Amtsgericht für die Betroffene einen Rechtsanwalt zum Ergänzungsbetreuer mit dem Aufgabenkreis Vertretung bei der Geltendmachung von Ansprüchen zur Abgeltung eines auf einem Leibgeding beruhenden Wohnrechts (Art.18 AGBGB). Entgegen dem Antrag dieses Betreuers, seine ab 1.1.1999 geleistete Tätigkeit mit einem Stundensatz von 100 DM einschließlich Mehrwertsteuer zu vergüten, legte das Amtsgericht im Beschluss vom 1.9.1999 der Festsetzung der aus dem Vermögen der Betroffenen zu erbringenden Vergütung einen Stundensatz von lediglich 60 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zugrunde. Der gegen diese Entscheidung des Rechtspflegers eingelegten Erinnerung des Ergänzungsbetreuers vom 15.9.1999 gab der Richter nicht statt, ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Beschwerde zu und legte die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vor. Dieses hat die Erinnerung als sofortige Beschwerde behandelt und mit Beschluss vom 19.10.1999 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Ergänzungsbetreuer mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II.
Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene (§ 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) Rechtsmittel ist zurückzuweisen.
1. Die Begründung der Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bemißt sich die Vergütung des Berufsbetreuers eines vermögenden Betreuten nicht zwingend nach den Stundensätzen des § 1 Abs. 1 BVormVG (BGH Beschluss vom 31.8.2000 Az. XII ZB.217/99).
2. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig.
a) Das Landgericht hat zu Recht das Rechtsmittel des Ergänzungsbetreuers als statthafte sofortige Beschwerde behandelt und hierüber in der Sache entschieden.
Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers war zunächst nur die befristete Erinnerung gegeben (§ 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 300 DM nicht überstieg und der Rechtspfleger die sofortige Beschwerde nicht zugelassen hatte (§ 56g Abs. 5 Satz 1 FGG). Der Rechtspfleger hatte der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Richter vorgelegt. Damit war die Entscheidung des Rechtspflegers durch den Richter in vollem Umfang nachzuprüfen. Prüfungsgegenstand war auch die Frage, ob die Sache grundsätzliche Bedeutung hatte und daher die Beschwerde zum Landgericht zuzulassen war (vgl. OLG Hamm FGPrax 2000, 66), zumal der Ergänzungsbetreuer ausdrücklich die Zulassung beantragt hatte. Das Gesetz weist die Zulassungsentscheidung dem Gericht, das heißt dem Erstgericht (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8.Aufl. § 56g FGG Rn. 16) zu und unterscheidet hierbei nicht zwischen Rechtspfleger und Richter. Der Richter durfte die Beschwerde daher selbst zulassen (vgl. OLG Hamm aaO; Keidel/Engelhardt FGG 14.Aufl. § 56g Rn. 28, 32).
Diese Entscheidung kann der Richter auch in der Weise treffen, dass er nachträglich die Zulassung ausspricht, dadurch die Beschwerdeinstanz eröffnet und dem bereits eingelegten Rechtsmittel den Charakter einer sofortigen Beschwerde verleiht. Solange der Richter die Sachentscheidung des Rechtspflegers nicht abändern will, wäre es eine reine Formalie zu verlangen, dass der Richter zunächst eine erneute ausdrückliche eigene Sachentscheidung trifft, darin die sofortige Beschwerde zuläßt und der Betroffene sodann gegen diese Entscheidung erneut ein Rechtsmittel einlegt.
b) In dem Beschluss vom 31.8.2000 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 BVormVG getroffenen Regelung für die Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter Richtlinienfunktion zukomme. Die in der genannten Bestimmung für den Fall der Inanspruchnahme der Staatskasse verbindlich festgelegten Stundensätze stellten im Regelfall auch für die von Betreuern vermögender Betreuter erbrachten Leistungen ein angemessenes Entgelt dar. Überschritten werden dürften diese Stundensätze deshalb nur, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies im Einzelfall ausnahmsweise gebiete.
Die Zuerkennung eines höheren Stundensatzes setzt voraus, dass die Anforderungen der konkreten Betreuung, etwa wegen des vom Betreuer geforderten außergewöhnlichen, durch den Zeitaufwand nicht abgegoltenen Engagements oder wegen anderer - gemessen an der Qualifikation des Betreuers - besonderer Schwierigkeiten im Abrechnungszeitraum über den Regelfall einer Betreuung mit entsprechendem Aufgabenkreis deutlich hinausgegangen sind und die Vergütung des Betreuers mit dem seiner Qualifikation nach § 1 Abs. 1 BVormVG entsprechenden Stundensatz zu der von ihm erbrachten gesteigerten Leistung in einem klaren Mißverhältnis stünde (BayObLGZ 2000 Nr.66).
c) Das Landgericht hat insoweit - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen, weshalb der Senat befugt ist, auf den Inhalt der Akten zurückzugreifen und selbst zu entscheiden (vgl. BayObLGZ 1985, 63/66; Keidel/Kahl § 27 Rn. 59).
Nach dem Vorbringen des Ergänzungsbetreuers zu seiner Tätigkeit ist die vorstehend angeführte Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Erhöhung des für die Qualifikationsstufe eines Rechtsanwalts gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr.2 BVormVG vorgesehenen Stundensatzes ist daher nicht gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer wurde in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt zum Betreuer bestellt, weil der ihm übertragene Aufgabenkreis Rechtskenntnisse erforderte. Er mußte den notariellen Vertrag vom 8.6.1984 und den sich daraus für die Betroffene ergebenden Anspruch nach Art.18 AGBGB überprüfen. Hierzu hatte er Auskünfte bei Behörden einzuholen und mit der Eigentümerin des mit dem Leibgeding belasteten Grundstücks zu verhandeln. Weiter entwarf er einen durch das Vormundschaftsgericht am 8.4.1999 genehmigten Vertrag, in dem er sich als gesetzlicher Vertreter der Betroffenen mit der Eigentümerin über die Höhe des Anspruchs einigte. Diese Tätigkeiten stellten an einen Betreuer, der als Rechtsanwalt für einen vergleichbaren Aufgabenkreis bestellt wurde, keine außergewöhnlichen Anforderungen und ließen sich von ihm ohne besondere, durch den Zeitaufwand nicht abgegoltene Schwierigkeiten bewältigen. Insbesondere waren der zu prüfende und der zu entwerfende Vertrag nicht umfangreich und rechtlich nicht besonders schwierig. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Ergänzungsbetreuer in die Anspruchsgrundlage Art.18 AGBGB erst einarbeiten mußte. Bei dieser handelt es sich nicht um eine schwierige, nur durch umfangreiches Studium von Rechtssprechung und Literatur verständliche Vorschrift. Zudem war der Sachverhalt, auf den die Bestimmung anzuwenden war, unstreitig und einfach gelagert. Die Frage, ob der Betreuer die Zeit, die er für die Gewinnung der erforderlichen besonderen juristischen Informationen aufwenden mußte, in Rechnung stellen könnte, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Er hat in den Tatsacheninstanzen einen solchen Aufwand nicht geltend gemacht und ihn auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht näher beziffert.
Ende der Entscheidung
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