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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.05.2000
Aktenzeichen: 3Z BR 38/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 265
Der Kläger muß seine Klage auf Leistung an seinen Rechtsnachfolger umstellen, wenn er während des Prozesses seine Aktivlegimation verliert.
BayObLG Beschluß

LG München I - 1 T 20742/99; AG München 483 UR II 516/94

3Z BR 38/00

Verkündet am 25.05.2000

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Dr. Tilch sowie der Richter Werdich und Dr. Delius am 25. Mai 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Abweichung der Bauausführung vom Aufteilungsplan,

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 20. März 2000 in Ziff. III dahingehend abgeändert, daß der Hilfsantrag insgesamt abgewiesen wird; außerdem wird die Kostenentscheidung des Landgerichts aufgehoben.

II. Der Antragsteller hat die im Verfahren vor den Prozeßgerichten 24 0 16427/89 Landgericht München I/ 13 U 4019/90 OLG München entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sowie die im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Instanzen entstandenen Gerichtskosten zu tragen. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten im übrigen wird abgesehen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller war bei Einleitung des Verfahrens beim Prozeßgericht (24 O 16427/89 LG München I) Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage; ihm gehörte die Wohnung Nr. 14. Im Verlauf des Verfahrens veräußerte er die Wohnung an seine jetzige Streithelferin; diese ist nunmehr im Wohnungsgrundbuch als Eigentümerin eingetragen. Dem Antragsgegner gehört die an die Wohnung Nr. 14 angrenzende Wohnung Nr. 13.

Nach der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung vom 7.8.1973 besteht das Wohnungseigentum Nr. 13 aus einem Miteigentumsanteil von 77/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an Räumen von ca. 55,23 m² Größe und an einem Kellerabteil. Das Wohnungseigentum Nr. 14 besteht aus einem Miteigentumsanteil von 114/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an Räumen von ca. 84,58 m²2 und an einem Kellerabteil.

Die tatsächliche Bauausführung in bezug auf die beiden Wohnungen weicht von dem im Grundbuch eingetragenen Aufteilungsplan ab. Eine Trennwand zwischen den Wohnungen wurde derart verschoben, daß eine Fläche von ca. 11 m², die nach dem Aufteilungsplan zur Wohnung Nr. 14 gehört, nunmehr in die Wohnung Nr. 13 einbezogen ist; die Fläche hat einen Verkehrswert von ca. 50000 DM.

Der Antragsteller hat mit seiner beim Landgericht (24 O 16427/89 LG München I) im Jahre 1989 erhobenen Klage vom Antragsgegner verlangt, ihm Besitz und ungehinderten Zugang zu der strittigen Fläche zu verschaffen; hilfsweise hat er beantragt, den Beklagten zur Zahlung einer Überbaurente zu verpflichten. Das Landgericht/Prozeßgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.4.1990 im Hauptantrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht als Berufungsgericht (13 U 4019/90 OLG München) hat die Entscheidung mit Urteil vom 12.4.1994 aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht/Wohnungseigentumsgericht zur Erledigung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit abgegeben; außerdem hat es dem Amtsgericht/Wohnungseigentumsgericht die Entscheidung über die bisherigen Verfahrenskosten übertragen. Das Amtsgericht/Wohnungseigentumsgericht hat mit Beschluß vom 14.7.1997 das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens UR II 27/97 ausgesetzt, in dem der Antragsgegner im vorliegenden Verfahren von der Streithelferin im vorliegenden Verfahren verlangt hat, der Änderung der Teilungserklärung nach den tatsächlichen Gegebenheiten in bezug auf die Wohnungen Nr. 13 und 14 laut Beschluß der Gemeinschaft vom 21.6.1995 in notarieller Form zuzustimmen. Nachdem dieser Antrag rechtskräftig abgewiesen worden war (Senatsbeschluß vom 30.7.1998 - 2Z BR 9/98 = WE 1999, 76), hat das Amtsgericht im vorliegenden Verfahren mit Beschluß vom 5.11.1999 dem Hauptantrag im wesentlichen stattgegeben. Gegen diesen Beschluß hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren den Hilfsantrag gestellt, den Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung zu verpflichten, die sich am Wert der streitigen Fläche zu orientieren hat. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 20.3.2000 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben, den Hauptantrag abgewiesen und unter Abweisung des Hilfsantrags im übrigen den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller 25000 DM zu zahlen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der geltend gemachte Anspruch des Antragstellers auf Herausgabe der strittigen Fläche sei unbegründet, weil diesem Anspruch der Anspruch des Antragsgegners auf Anpassung der Teilungserklärung an die tatsächlichen Verhältnisse entgegenstehe. Als Ausgleich dafür, daß der Antragsteller auf die Herausgabe der strittigen Fläche verzichten und dem Antragsgegner das Sondereigentum daran einräumen müsse, habe der Antragsgegner jedoch einen finanziellen Ausgleich zu leisten. Der Ausgleichsbetrag müsse an den Antragsteller gezahlt werden, da dieser den wirtschaftlichen Nachteil aus der Abweichung von Teilungserklärung und tatsächlichem Zustand erlitten hAbs. Der Antragsteller habe nämlich beim Verkauf der Wohnung an die Streithelferin auf das anhängige Verfahren hingewiesen und klargestellt, daß der Kaufgegenstand wirtschaftlich die Wohnung Nr. 14 ohne den strittigen Raum sei. Auch bei der Bemessung des Kaufpreises sei der Wert der strittigen Fläche nicht eingeflossen. Es erscheine angemessen, daß der Antragsteller und der Antragsgegner den wirtschaftlichen Nachteil, der sich aus der Abweichung von Teilungserklärung und tatsächlicher Bauausführung ergebe, zu gleichen Teilen tragen müßten. Ausgehend von einem Verkehrswert von 50000 DM sei der Antragsgegner somit verpflichtet, 25000 DM an den Antragsteller zu zahlen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Offenbleiben kann, ob die Vorinstanzen die übrigen Wohnungseigentümer zu Recht am Verfahren beteiligt haben. Jedenfalls ist eine Beteiligung im Rechtsbeschwerdeverfahren entbehrlich, da vom Verfahrensgegenstand (Verpflichtung zur Ausgleichszahlung) außer dem Antragsteller und dem Antragsgegner keine anderen Wohnungseigentümer betroffen werden (Staudinger/Wenzel WEG § 43 Rn. 50 m.w.N.).

b) Der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, an den Antragsteller den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 25000 DM zu zahlen. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 30.7.1998 (WE 1999, 76 f.) ausgesprochen hat, kann sich aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses und der diesem innewohnenden Treuepflichten die Verpflichtung der Eigentümer der Wohnungen Nr. 13 und Nr. 14 ergeben, die Teilungserklärung der veränderten Lage anzupassen und eine angemessene Lösung für die durch die Abweichung der tatsächlichen Bauausführung vom Aufteilungsplan entstandenen Schwierigkeiten zu suchen; eine solche Lösung kann die Verpflichtung des Eigentümers der Wohnung Nr. 13 einschließen, an den Eigentümer der Wohnung Nr. 14 einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Der Antragsteller ist aber nicht mehr Eigentümer der Wohnung Nr. 14. Aus dem Kaufvertrag vom 2.8.1990 ergibt sich nicht mit der erforderlichen Klarheit, daß ihm ein etwaiger Ausgleichsanspruch der Streithelferin gegen den Antragsgegner abgetreten ist. Er ist somit zur Geltendmachung des Anspruchs nicht aktivlegitimiert. Der Antragsteller konnte zwar, da er bei Einleitung des Verfahrens Eigentümer der Wohnung Nr. 14 war, das Verfahren im eigenen Namen entsprechend § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Prozeßstandschaft für die Streithelferin weiterführen (Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 265 Rn. 12). Den Klageantrag hätte er aber der veränderten materiellen Rechtslage anpassen, also Leistung an den Rechtsnachfolger verlangen müssen. Die Bestimmung des § 265 ZPO will den Gegner des Veräußerers vor prozessualen Nachteilen schützen, nicht aber zu einem sachlich unrichtigen Ausspruch führen (Thomas/Putzo Rn. 13; MüKo/ Lüke Rn. 83; Stein/Jonas/Schumann ZPO 21. Aufl. § 42, Jeweils zu § 265). Da hier der Antrag nicht umgestellt wurde, ist er wegen fehlender Aktivlegitimation als unbegründet abzuweisen.

b) Abgesehen davon kann die sich aus der Treuepflicht ergebende Verpflichtung, eine angemessene Lösung für die durch die Abweichung der tatsächlichen Bauausführung vom Aufteilungsplan entstandenen Schwierigkeiten zu suchen, nur so aussehen, daß eine Ausgleichszahlung durch den Eigentümer der Wohnung Nr. 13 geschuldet ist Zug um Zug gegen die Verpflichtung des Eigentümers der Wohnung Nr. 14, der Änderung der Teilungserklärung nach den tatsächlichen Gegebenheiten in notarieller Form zuzustimmen. Dies hat das Landgericht übersehen; auch deshalb kann der angefochtene Beschluß, durch den allein dem Antragsgegner eine Verpflichtung auferlegt wird, keinen Bestand haben. Abgesehen davon kann der Antragsteller nicht verpflichtet werden, der Änderung der Teilungserklärung zuzustimmen, da er nicht mehr Eigentümer der Wohnung Nr. 14 ist und eine solche Verpflichtung für ihn die Verpflichtung zu einer unmöglichen Leistung darstellen würde (vgl. BGH NJW 1999, 2034 f.). Nichts anderes ergibt sich aus § 265 ZPO. Zwar kann der Prozeßgegner dem Rechtsvorgänger bestimmte Einwendungen und Einreden entgegenhalten, die sich aus seinen Rechtsbeziehungen mit dem Rechtsnachfolger ergeben, z.B. Erfüllung, Aufrechnung, Stundung (MüKo/Lüke ZPO § 265 Rn. 72). Darum geht es hier aber nicht.

3. Die Kostenentscheidung, in die die bei den Prozeßgerichten angefallenen Kosten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 12.4.1994 einzubeziehen waren, beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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