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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.01.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 390/00
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 335 (a.F.)
Gläubiger im Sinne vom § 335 HGB a.F. kann auch derjenige sein, der seinen Anspruch aus ungerechtfertigte Bereicherung herleitet.
Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Schreieder und Dr. Nitsche

am 18.Januar 2001

in der Handelsregistersache

auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 17.August 2000 wird zurückgewiesen.

II. Dem Beteiligten werden die dem Antragsteller im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten auferlegt.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beteiligte ist Geschäftsführer der GmbH. Er hat die Jahresabschlüsse der GmbH für 1995 und 1996 nicht zum Handelsregister eingereicht. Auf den Antrag des Antragstellers gab ihm das Amtsgericht am 15.5.1998 auf, diese Abschlüsse binnen vier Wochen einzureichen und drohte gleichzeitig die Festsetzung eines Zwangsgelds von 1000 DM an, falls die Vorlage nicht erfolge oder die Unterlassung der Vorlage nicht durch Einspruch gerechtfertigt werde. Den Einspruch des Beteiligten wies das Amtsgericht am 27.7.1998 zurück, setzte das Zwangsgeld auf 1000 DM fest und drohte gleichzeitig ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 1000 DM an. Den Einspruch des Beteiligten gegen die erneute Zwangsgeldandrohung wies das Amtsgericht am 31.8.1998 ab und setzte das weitere Zwangsgeld fest. Die sofortigen Beschwerden des Beteiligten gegen die Beschlüsse vom 27.7. und 31.8.1998 hat das Landgericht mit Beschluss vom 17.8.2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten, mit der er geltend macht, der Antragsteller sei nicht Gläubiger der GmbH, zudem habe er kein rechtliches Interesse an der Vorlage der Jahresabschlüsse.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat, wie das Landgericht ohne Rechtsfehler ausgeführt ha t, zutreffend gegen den Beteiligten als Geschäftsführer der GmbH ein Zwangsgeld festgesetzt und ein weiteres Zwangsgeld angedroht.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die GmbH sei zur Vorlage der Jahresabschlüsse bei dem Handelsregister des für den Sitz zuständigen Gerichts verpflichtet. Da die Vorlage der Jahresabschlüsse für die Jahre 1995 und 1996 begehrt werde, sei gemäß Art.48 Abs. 1 EGHGB die Bestimmung des § 335 HGB i.d.F. des Gesetzes zur Durchführung der 11.EG-Richtlinie vom 22.7.1993 anzuwenden. Danach hänge die Festsetzung von Zwangsgeld gegen ein vertretungsberechtigtes Organ einer Kapitalgesellschaft davon ab (§ 335 Satz 1 Nr.6, Satz 2 a.F. HGB), dass der Antrag durch einen Antragsberechtigten gestellt werde. Dies sei der Antragsteller als Gläubiger der GmbH. Er habe glaubhaft gemacht, dass ihm aufgrund eines konkreten Rechtsverhältnisses, nämlich aus dem Kaufvertrag vom 5.3.1994 eine Forderung gegen die Gesellschaft zustehen könne. Dabei sei unerheblich, ob der Antragsteller diesen Vertrag wirksam angefochten habe. Für den Fall des Erfolgs der Anfechtung stünden ihm Rückabwicklungsansprüche von erheblichem Gewicht zu. Sei der Vertrag wirksam, sehe hingegen dessen Ziffer IV einen Besserungsschein für den Fall des Weiterverkaufes der veräußerten Grundstücke vor. ob ein Weiterverkauf erfolgt sei, sei für die Frage der Gläubigerstellung des Antragstellers ohne Bedeutung. Es genüge, dass diesem eine Forderung gegen die Gesellschaft erwachsen könne. Darüber hinaus habe der Antragsteller zusammen mit einem Bruder der GmbH ein Grundstück gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung als Parkplatz überlassen. Auch insoweit sei er als Gläubiger zur gesamten Hand als antragsberechtigter Gläubiger anzusehen.

Schließlich sei nicht ersichtlich, dass die Vorlage der Jahresabschlüsse 1995 und 1996 nicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen beitragen könne. Auch die wiederholte Festsetzung von Zwangsgeldern sei nicht zu beanstanden. Weder der bloße Zeitablauf, noch sonstige Umstände rechtfertigten ein Absehen von wiederholter Festsetzung.

2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

a) Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass für die Vorlage der Jahresabschlüsse 1995 und 1996 gemäß Art.48 Abs. 1 EGHGB die Bestimmungen des Zweiten Abschnitts des Dritten Buchs des HGB in der vor dem 9.3.2000 geltenden Fassung anzuwenden sind. Danach sind gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 a.F. HGB die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften verpflichtet, den Jahresabschluß unverzüglich nach Vorlage an die Gesellschafter, jedoch spätestens vor Ablauf des neunten Monats des dem Abschlußstichtag nachfolgenden Geschäftsjahrs zum Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft einzureichen. Das Registergericht hat Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft, die diese Pflicht nicht befolgen, gemäß § 335 Satz 1 Nr. 6 a.F. HGB durch Festsetzung eines Zwangsgelds zur Erfüllung ihrer Pflicht anzuhalten. Dies setzt nach § 335 Satz 2 a.F. HGB einen Antrag hierzu Berechtigten voraus. Diesen Antrag kann u.a. ein Gläubiger der Kapitalgesellschaft stellen (§ 335 Satz 2 a.F. HGB). Die Antragsberechtigung ist glaubhaft zu machen (§ 335 Satz 4 a.F. HGB).

b) Das Landgericht hat diese Voraussetzungen für das Einschreiten des Registergerichts rechtsfehlerfrei bejaht.

aa) Die GmbH ist unstreitig als Kapitalgesellschaft gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 a.F. HGB zur Vorlage der Jahresabschlüsse verpflichtet.

bb) Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er Gläubiger der GmbH und damit gemäß § 335 Satz 2 a.F. HGB antragsberechtigt ist. Dies gilt unabhängig davon, ob das Landgericht zutreffend der Meinung ist, dass an die Antragsberechtigung im vorliegenden Fall nur geringe Anforderungen zu stellen sind (vgl. hierzu OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1319).

(1) Der Antragsteller ist unabhängig von der Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages vom 5.3.1994 Gläubiger der GmbH. Ist der Vertrag gültig, können dem Antragsteller die in Ziffer IV dieses Vertrages niedergelegten Ansprüche zustehen. Greift die vom Antragsteller erklärte Anfechtung durch, kommen Rückabwicklungsansprüche (§ 142 Abs. 1 i.V.m. § 812 Abs. 1 BGB) in Betracht. Für die Antragsberechtigung genügt es, dass durch den Vertrag vom 5.3.1994 oder seine Anfechtung ein Schuldverhältnis begründet wurde, aus dem für den Antragsteller Gläubigerrechte entstehen können (vgl. OLG Düsseldorf aaO). Die Gläubigerstellung kann auf jeder Art von zivil- oder öffentlichrechtlichem Anspruch beruhen (vgl. Ernsthaler/Marsch-Barner GK-HGB 6.Aufl. § 335 Rn. 3), also auch auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis wie der ungerechtfertigten Bereicherung.

(2) Der Antragsteller ist zudem Gläubiger auf Grund des Anspruchs auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Überlassung des Parkplatzes an die GmbH. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller zusammen mit einem Bruder Mitgläubiger gemäß § 432 BGB ist (vgl. Staudinger/Noack BGB 1999 § 432 Rn. 23). Das Antragsrecht nach § 335 Satz 2 a.F. HGB ist nicht auf eine bestimmte Art von Gläubigern beschränkt, es steht nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift jedem Gläubiger - also auch dem Mitgläubiger - zu. Außerdem kann auch ein Mitgläubiger den Anspruch ohne Mitwirkung der anderen Mitgläubiger durchsetzen (vgl. § 432 Abs. 1 BGB).

Für die Gläubigereigenschaft des Antragstellers i.S.v. § 335 Satz 2 a.F. HGB ist es schließlich ohne Bedeutung, ob die GmbH mit der Zahlung der Nutzungsentschädigung im Rückstand ist (vgl. OLG Köln NZG 1999, 224/225; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1319; Heymann/Otto HGB 2.Aufl. § 335 Rn. 4 ; Ernsthaler/ Marsch-Barner § 335 Rn. 3).

cc) Das Recht den Antrag auf Vorlage der Jahresabschlüsse zu stellen, steht dem Gläubiger zu, ohne dass er hierfür besondere Voraussetzungen, etwa Gründe, warum er die Vorlage wünsche, darlegen muss. § 335 Satz 2 a.F. HGB hindert das Gericht zwar, ohne einen solchen Antrag tätig zu werden. Der Gläubiger fordert mit seinem Antrag das Gericht aber lediglich dazu auf, von dem jeweiligen Vorlagepflichtigen das zu fordern, was das Gesetz (§ 325 HGB) ohnehin von ihm verlangt. Es kommt daher nicht darauf an, ob über die Gläubigerstellung hinaus ein Interesse des Gläubigers an der Vorlage besteht (vgl. OLG Köln NZG 1999, 224).

c) Zutreffend hat das Landgericht auch die Verhältnismäßigkeit der beiden Zwangsgeldbeschlüsse bejaht. Seine Erwägungen zur wiederholten Androhung und Festsetzung des Zwangsgelds (§ 335 Satz 6 a.F. HGB) weisen keinen Ermessensfehler auf.

3. Die Auferlegung der dem Antragsteller im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen Kosten auf den Beteiligten folgt aus § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Geschäftswert: § 131 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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