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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.12.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 397/00
Rechtsgebiete: HGB, FGG


Vorschriften:

HGB § 318 Abs. 3
FGG § 13a Abs. 1
Hat der von der Hauptversammlung gewählte Abschlussprüfer die Jahresabschlussprüfung und den Bestätigungsvermerk vorgenommen, gilt das Verfahren auf gerichtliche Bestellung eines anderen Abschlussprüfers in der Hauptsache als erledigt (Abweichung von BayObLGZ 1987, 297).
Gründe:

I.

Mit einem am 28.4.2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz beantragten die Antragsteller, einen anderen als den von der Hauptversammlung der Antragsgegnerin, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, am 14.4.2000 gewählten Abschlussprüfer zu bestellen. Gewählt worden war eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die weitere Beteiligte. Die Antragsteller zu 1 und 2 sind persönlich haftende Gesellschafter der Antragsgegnerin, die Antragstellerin zu 3 ist persönlich haftende Gesellschafterin der Antragsgegnerin mit einer Vermögenseinlage. Das Amtsgericht wies am 8.9.2000 diese Anträge zurück. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller sind gemäß dem Beschluss des Landgerichts vom 30.11.2000 ohne Erfolg geblieben. Hiergegen haben die Antragsteller sofortige weitere Beschwerden eingelegt.

Am 9.3.2001 hat die weitere Beteiligte die Jahresabschlussprüfung beendet und einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt. Die Antragsteller haben daraufhin ihre Rechtsmittel auf die Kosten beschränkt, diese habe die weitere Beteiligte zu tragen. Die weitere Beteiligte hat der Beschränkung zugestimmt und beantragt, die Kosten des Verfahrens den Antragstellern aufzuerlegen.

II.

1. Die sofortigen weiteren Beschwerden sind zulässig, insbesondere wurden sie binnen der Frist von zwei Wochen gemäß § 318 Abs. 3 Satz 6 HGB, §§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 2 FGG eingelegt.

Zwar hat sich die Hauptsache erledigt, weil die angefochtene Entscheidung über die Ablehnung der Anträge auf Bestellung eines anderen Abschlussprüfers dadurch gegenstandslos geworden ist, dass die weitere Beteiligte die Jahresabschlussprüfung vorgenommen und den Bestätigungsvermerk erteilt hat. Die Rechtsmittel sind aber zulässig geblieben, weil die Erledigung der Hauptsache nach zulässiger Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerden eingetreten ist und die Antragsteller ihre Rechtsmittel auf die Kosten beschränkt haben (vgl. BGHZ 86, 393/395 m. w. N.; BayObLGZ 1989, 131/133; Bassenge/ Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. Einleitung FGG Rn. 129).

a) Die Erledigung der Hauptsache tritt ein, wenn sich die Sach- und Rechtslage durch ein Ereignis derart verändert hat, dass der Verfahrensgegenstand fortgefallen ist und die Fortführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hat (BayObLGZ 1993, 348/349; BayObLG WE 1990, 29; WE 1995, 347). ob dies der Fall ist, hat der Senat im vorliegenden Fall von Amts wegen zu ermitteln. Er ist nicht an die Erklärungen der Parteien gebunden, da zwar ein Antragsverfahren, aber keine echte Streitsache vorliegt (BayObLGZ 1987, 297/300; vgl. auch Jansen FGG 2. Aufl. § 19 Rn. 36; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 19 Rn. 90 f.; Bassenge/Herbst aaO).

b) Durch die Vornahme der Jahresprüfung und die Erteilung des Bestätigungsvermerks (§ 322 HGB) haben sich Sach- und Rechtslage in einer Weise geändert, die eine Fortführung des Verfahrens mit dem ursprünglichen Ziel der Ersetzung des Prüfers sinnlos macht. Der Senat folgt insoweit der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (vgl. ZIP 1996, 1040). An seiner bisher vertretenen gegenteiligen Ansicht (vgl. BayObLGZ 1987, 297/300) hält er nicht mehr fest. Es entspricht der Bedeutung des Bestätigungsvermerks (§ 322 HGB) und seiner Funktion als für die Öffentlichkeit bestimmtes Gesamturteil über die in § 316 HGB vorgeschriebene Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht (Baumbach/Hopt HGB 30. Aufl. § 322 Rn. 1) besser, das Verfahren über die Bestellung eines anderen Abschlussprüfers mit Beendigung der Aufgaben des gewählten Abschlussprüfers als erledigt anzusehen.

Die Abschlussprüfung ist ein hohes Gut, sie ist nicht nur für Vorstand und Aufsichtsrat der geprüften Gesellschaft bestimmt, sondern dient auch den Informationsinteressen der Anteilseigner und sonstiger Dritter (vgl. MünchKomm/Ebke HGB § 318 Rn. 55). Ein nicht geprüfter Jahresabschluss kann nicht gemäß §§ 172, 278 Abs. 3 AktG festgestellt werden (§ 316 Abs. 1 Satz 2 HGB). Deshalb soll das Verfahren zur Abberufung eines gewählten und nicht nach § 319 Abs. 2 und 3 HGB ausgeschlossenen Abschlussprüfers nur aus gewichtigen Gründen eingeleitet werden können, damit von der Sache her nicht gebotene Verzögerungen unterbleiben (vgl. MünchKomm/Ebke aaO; zur strittigen Frage einer restriktiven Handhabung der Vorschrift vgl. Rittner in Festschrift für Rowedder S. 411/420 f.). Eine längere Ungewissheit darüber, ob ein von der Hauptversammlung gewählter Prüfer gemäß § 318 Abs. 3 HGB durch einen anderen Prüfer ersetzt werden soll, soll im Hinblick auf die Bedeutung von Jahresabschluss und Bestätigungsvermerk, der von großen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 3 HGB) binnen einer bestimmten Frist zum Handelsregister einzureichen und in vielen Fällen sogar im Bundesanzeiger zu veröffentlichen ist (§ 325 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 HGB), vermieden werden. Die nachträgliche Aufhebung oder Abänderung des Bestellungsbeschlusses bleibt ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Abschlussprüfung und des Bestätigungsvermerks. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (ZIP 1996, 1040) hat dies zwar nur für den Fall entschieden, dass der Beschluss, durch den das Amtsgericht die Ersetzung des Abschlussprüfers angeordnet hatte, angefochten war und dieses Ergebnis auf die analoge Anwendung von § 32 FGG gestützt. Die Interessenlage ist aber im vorliegenden Fall (Ablehnung des Antrags auf Bestellung eines anderen Abschlussprüfers) nicht anders, beide Fallgestaltungen können nur einheitlich beurteilt werden. Unter diesen Umständen hätte eine Fortführung des Verfahrens nach § 318 Abs. 3 HGB nach Erstellung des Jahresabschlusses und Erteilung des Bestätigungsvermerks keine rechtlichen Auswirkungen. Auch die tatsächlichen Auswirkungen wären nicht erheblich. Das Vertrauen des Rechtsverkehrs beruht auf dem veröffentlichten Bestätigungsvermerk (vgl. Art. 48 Vierte Richtlinie des Rates vom 25.7.1978, ABlEG Nr. L 222/11; § 325 HGB). Eine nachträgliche Feststellung, der Prüfer hätte wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden können, würde hierauf kaum Einfluss nehmen. Allein die Möglichkeit, dass die Feststellung der Befangenheit des Prüfers für die Gesellschaft Anlass sein könnte, die Prüfung wiederholen zu lassen (BayObLGZ 1987, 297/300), fällt demgegenüber nicht so ins Gewicht, dass sie eine Fortführung des Verfahrens rechtfertigen könnte. Gerade in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Frage der Befangenheit bereits Gegenstand der Diskussion im Vorfeld des Hauptversammlungsbeschlusses über die Bestellung des Prüfers war, ist ein solches Vorgehen der zuständigen Gesellschaftsorgane unwahrscheinlich.

2. Da die Antragsteller die weiteren Beschwerden auf die Kostenfrage beschränkt haben, hat der Senat nunmehr über die Kosten des gesamten Verfahrens zu befinden; die Entscheidung hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu erfassen (Bassenge/Herbst Einleitung FGG Rn. 129 m. w. N.; Keidel/ Zimmermann § 13a Rn. 48). Weitere Ermittlungen sind hierzu nicht mehr anzustellen (BayObLGZ 1982, 1/9; Jansen § 13a Rn. 20).

a) Die gemäß §§ 121, 131 Abs. 1 Satz 1 KostO anfallenden Gerichtskosten tragen die Antragsteller (vgl. § 2 Nr. 1 KostO).

aa) Zwar bedarf es im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelmäßig keiner Entscheidung über die Gerichtskosten, da sich in der Regel unmittelbar aus der Kostenordnung ergibt, ob solche angefallen sind und wer sie zu tragen hat.

Dieser Grundsatz gilt aber nur, wenn die Kostenfolge eindeutig aus der Art der Angelegenheit oder aus dem Ergebnis der Entscheidung zu erkennen ist. Dies ist hier deshalb nicht der Fall, weil sich die Hauptsache erledigt hat. Daher muss eine Entscheidung über die Gerichtskosten aller Rechtszüge ergehen, selbst wenn und soweit diese nur klarstellende Bedeutung hat (BayObLGZ 1992, 54/57 f.).

bb) Gerichtskosten im Verfahren der weiteren Beschwerde fallen nicht an, da keiner der Gebührentatbestände nach § 131 Abs. 1 Satz 1 KostO gegeben ist (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO).

cc) ob der Rechtsmittelführer die angefallenen Gerichtskosten erster und zweiter Instanz endgültig zu tragen hat, hängt davon ab, ob die Gebühren auslösenden Entscheidungen der Vorinstanzen hätten aufrechterhalten oder aufgehoben werden müssen (BayObLGZ 1992, 54/58). Das gilt jedoch nicht, wenn der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens ungewiß ist (BayObLG aaO). Hier kann nach Aktenlage nicht festgestellt werden, dass die Antragsteller mit ihren Rechtsmitteln erfolgreich gewesen wären. Es ist daher angemessen, wenn sie als Verursacher des Verfahrens die Gerichtskosten tragen (vgl. § 2 Nr. 1 KostO).

Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob das Landgericht als Antragsgegnerin nicht die mit der Prüfung beauftragte weitere Beteiligte, sondern die zu prüfende Gesellschaft, vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter, hätte beteiligen müssen (vgl. BayObLGZ 1987, 297/300; Beck'scher Bilanzkommentar/Budde/Steuber 4. Aufl. § 318 HGB Rn. 21; aber auch MünchKomm/Ebke § 318 HGB Rn. 49), und ob der Aufsichtsrat der Gesellschaft hätte gesondert beteiligt werden müssen, da ihm die Bestellung des Abschlussprüfers obliegt (§ 278 Abs. 3, § 111 Abs. 2 AktG).

Denn jedenfalls kann nach Aktenlage nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ersetzung des Abschlussprüfers nach § 318 Abs. 3 HGB gegeben waren und damit der Antrag in der Sache Erfolg gehabt hätte. Gemäß § 318 Abs. 1 Satz 1 HGB hat das Gericht einen anderen Abschlussprüfer zu bestellen, wenn dies aus einem in der Person des gewählten Prüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere wenn Besorgnis der Befangenheit besteht. Allein der Umstand, dass die Abschlussprüfungsgesellschaft die zu prüfende Gesellschaft fortlaufend steuerlich und wirtschaftsrechtlich beraten hat, begründet die Besorgnis der Befangenheit nicht (BayObLGZ 1987, 297; Ensthaler/Marsch-Barner Gemeinschaftskommentar zum HGB 6. Aufl. § 318 Rn. 8).

Nach Aktenlage kann insbesondere nicht die Richtigkeit der Behauptung der Antragsteller als erwiesen angesehen werden, die weitere Beteiligte habe im Rahmen der Erstellung der Wertrelation Gefälligkeitsbewertungen vorgenommen, die sich zu Lasten der Antragsgegnerin ausgewirkt hätten.

b) Der Senat sieht von einer Anordnung der Kostenerstattung ab.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung über eine Kostenerstattung nach Erledigung der Hauptsache ist § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG. Danach haben die Beteiligten im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ihre Kosten grundsätzlich selbst zu tragen (BayObLGZ 1990, 37/41). Der mutmaßliche Erfolg oder Misserfolg eines Beteiligten allein ist deshalb nicht entscheidend (BayObLGZ 1992, 54/59). Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die im Einzelfall eine Kostenerstattung als billig erscheinen lassen (BayObLGZ 1961, 183/184; Jansen § 13a Rn. 20; Keidel/Zimmermann § 13a Rn. 44).

Entgegen der Auffassung der Antragsteller können die Kosten nicht der Abschlussprüfungsgesellschaft auferlegt werden. Sie hat ihre Bestellung, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens überprüft werden sollte, nicht zu verantworten und ist am Verfahren lediglich zur Gewährung rechtlichen Gehörs zu beteiligen (vgl. Budde/Steuber § 318 Rn. 21).

Die Auslagen sind auch nicht der zu prüfenden Gesellschaft aufzuerlegen (Adler/Düring/Schmaltz Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen Teilband 7 § 318 HGB Rn. 384; Großkommentar/Brönner AktG § 163 Anm. 22). Der Gegenmeinung (vgl. KK/Claussen/Korth AktG 2. Aufl. § 318 HGB Rn. 47; Godin/ Wilhelmi AktG § 163 Anm. 5; MünchKomm/Ebke § 318 Rn. 49) vermag der Senat nicht zu folgen. Die Bestimmung des § 146 AktG betrifft die Prüfungskosten. Sie kann als Spezialbestimmung nicht entsprechend auf die Verfahrenskosten, über die das Gericht zu entscheiden hat, angewendet werden. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass ein erfolgloser Antrag im Interesse der zu prüfenden Gesellschaft gelegen hat.

Nach Aktenlage kann, wie dargelegt, auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsteller mit ihren Rechtsmitteln Erfolg gehabt hätten. Andere Gesichtspunkte, die eine Anordnung der Kostenerstattung als billig erscheinen ließen, sind nicht ersichtlich.

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde bedarf es nicht, weil Gerichtskosten für dieses Verfahren nicht anfallen und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

Ende der Entscheidung

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