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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.02.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 40/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1896 Abs. 4
Die Postkontrolle darf dem Betreuer nur unter der Voraussetzung eingeräumt werden, daß er andernfalls seine Aufgaben nicht in der gebotenen Weise erfüllen könnte.
BayObLG Beschluss

LG Regensburg 7 T 291/00; AG Regensburg XVII 1412/99

3Z BR 40/01

14.02.01

Der 3.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Sprau sowie der Richter Dr. Plößl und Dr. Schreieder

am 14.Februar 2001

in der Betreuungssache

auf die weitere Beschwerde der Betroffenen

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 19. Dezember 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die mit Beschluss des Amtsgerichts Regensburg vom 14. März 2000 angeordnete Übertragung der "Entscheidung über Fernmeldeverkehr" auf die Betreuerin entfällt.

Gründe

I.

Für die Betroffene ist mit - jetzt noch - dem Aufgabenkreis Vermögenssorge eine Betreuerin bestellt.

Auf deren Anregung, ihr zur Abwendung weiteren finanziellen Schadens für die Betroffene die Befugnis zum Öffnen und Anhalten ihrer Post zu übertragen, ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 14.3.2000 an, dass der Aufgabenkreis der Betreuerin nunmehr auch enthalte "Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Entscheidung über Fernmeldeverkehr".

Die von der Betroffenen hiergegen eingelegte Beschwerde ha das Landgericht am 19.12.2000 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Betroffene mit der weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Anordnung der Kontrolle des Fernmeldeverkehrs der Betroffenen, bleibt bezüglich der Postkontrolle jedoch ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die Betroffene habe nachweislich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bei Firmen, die ihr unrealistische Gewinnchancen versprochen hätten, Bestellungen getätigt und zur Deckung dieser Verbindlichkeiten, da ihre Rente hierzu nicht ausgereicht habe, insgesamt 5000 DM von ihrem Sparbuch auf das Girokonto übertragen. Aufgrund ihrer psychischen Krankheit sei die Betroffene nicht in der Lage zu erkennen, dass sie betrügerischen Machenschaften ausgesetzt sei, und könne den Angeboten solcher Firmen in der Erwartung entsprechender Geldgewinne nicht widerstehen. Inzwischen seien der Betreuerin Kontakte der Betroffenen zu 49 Firmen dieser Art bekannt geworden, die sie angeschrieben und darüber informiert habe, dass Zahlungen nicht mehr geleistet würden. Dadurch habe die Flut entsprechender Angebote an die Betroffene stark eingedämmt werden können. Eine in diesem Sinne weiterhin erfolgreiche Sorge für das Vermögen der Betroffenen sei nur gewährleistet, wenn die Betreuerin auch in Zukunft kontrollieren könne, welche Post der Betroffenen von welchen Firmen zugeleitet werde. Nur so könne sie die Betroffene vor Schaden bewahren. Das Versprechen der Betroffenen, nichts mehr zu bestellen, lasse die Erforderlichkeit der Postkontrolle nicht entfallen, da zu befürchten sei, dass die Betroffene es krankheitsbedingt und wegen der Suchtartigkeit ihres Verhaltens nicht einhalten werde. Entgegen der Ansicht des Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen komme als milderes Mittel nicht in Betracht, dem Zusteller zu überlassen, diverse Briefe nicht einzuwerfen. Da die Betreuerin der Betroffenen die ihr zugesandte Post, einschließlich der Firmenbriefe, nicht vorenthalte, werde die Betroffene durch die von ihr angegriffene vormundschaftsgerichtliche Maßnahme letztlich nicht eingeschränkt.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand (§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).

a) Der Betreuer darf die postalischen und telefonischen Kontakte des Betreuten nur überwachen und in sie nur eingreifen, wenn ihm das Gericht die Entscheidung über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post bzw. die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten ausdrücklich zugewiesen hat (§ 1896 Abs. 4 BGB). Eine dahingehende vormundschaftsgerichtliche Maßnahme ist einer strengen Prüfung am Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu unterziehen, da sie einen schweren Eingriff in das Grundrecht des Brief-Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art.10 GG) sowie in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des Betreuten darstellt (vgl. BayObLGZ 1996, 253/254 f. in.w.N.). Sie setzt voraus, dass der Betreuer ansonsten ihm übertragene Aufgaben nicht in der gebotenen Weise erfüllen könnte und hierdurch wesentliche Rechtsgüter des Betreuten erheblich gefährdet oder beeinträchtigt würden (vgl. BayObLGZ 1996, 253/256; Bauer in HK-BUR § 1896 BGB Rn 267; Knittel BtG § 1896 BGB Rn. 42). Zusätzlich hat der Betreuer seinerseits in jedem Einzelfall in eigener Verantwortung zu prüfen und nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob bzw. inwieweit es erforderlich ist, von der ihm übertragenen Kontrollbefugnis Gebrauch zu machen (vgl. BGB-RGRK/Dickescheid 12. Aufl. § 1896 Rn. 32; Jürgens in Jürgens/Kröger/Marschner/Winterstein Das neue Betreuungsrecht 4. Aufl. Rn. 242).

b) Das Landgericht hat diese Grundsätze bezüglich der Kontrolle des Postverkehrs der Betroffenen beachtet. Soweit diese den Sachverhalt anders darstellt, insbesondere andere Schlussfolgerungen als das Landgericht zieht, kann dies ihrem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen. Vielmehr sind die Feststellungen des Landgerichts für den Senat bindend, da die Kammer sie ohne Verfahrensfehler, insbesondere auf der Grundlage rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung, getroffen hat (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Z PO). Der festgestellte Sachverhalt trägt die Anordnung der Postkontrolle. Das Landgericht hat deren Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit unter Würdigung aller wesentlichen Umstände des Falles und unter Berücksichtigung der Einwendungen der Betroffenen ohne Rechtsfehler bejaht.

c) Dagegen lässt sich weder den Feststellungen des Landgerichts noch dem Inhalt der Akten die Erforderlichkeit einer Kontrolle des Fernmeldeverkehrs der Betroffenen entnehmen. So hatte die Betreuerin mit ihrem Schreiben vom 23.2.2000 auch lediglich um die Zuweisung der Befugnis zum "Öffnen und Anhalten der Post" gebeten.

Ende der Entscheidung

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