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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.05.2002
Aktenzeichen: 3Z BR 41/02
Rechtsgebiete: AktG, KO, InsO


Vorschriften:

AktG § 305
KO § 59
InsO § 55
Wurde über das Vermögen der Antragsgegnerinnen eines Spruchverfahrens während dessen Anhängigkeit das Konkursverfahren eröffnet,dann können die Antragsteller ihre Kosten nur als Konkursforderung und nicht als Masseschuld geltend machen.
3Z BR 41/02 3Z BR 43/02

Gründe:

I.

Die Aktionäre der A-AG, deren frühere Mehrheitsaktionärin die B-AG war, beantragten gegen beide Gesellschaften die Durchführung eines Spruchverfahrens. Nachdem das Landgericht am 11.5.1994 die Anträge auf einen höheren Ausgleich, eine höhere Barabfindung und/oder auf die Festsetzung einer anderen Abfindungsart zurückgewiesen hatte und hiergegen mehrere Antragsteller Beschwerden eingelegt hatten, wurde am 10.4.1996 über das Vermögen der B-AG und am 30.4.1996 über das der A-AG das Konkursverfahren eröffnet. Rechtsanwalt R wurde zum Konkursverwalter der A-AG, Rechtsanwalt S zu dem der B-AG bestellt.

Der Senat hat mit Beschluss vom 29.9.1998 (BayObLGZ 1998, 231) entschieden, dass die angemessene Barabfindung auf 2200 DM je Aktie mit einem Nennwert von 50 DM, nebst Zinsen ab 7.8.1990, festgesetzt werde und die Beschwerden im übrigen zurückgewiesen. Ferner hat er die Antragsgegnerinnen verpflichtet, den Beschwerdeführern die in beiden Instanzen entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten. Im Rubrum des Beschlusses sind als Antragsgegnerin zu 1 die A-AG, vertreten durch den Konkursverwalter Rechtsanwalt R, und als Antragsgegnerin zu 2 ,die B-AG, vertreten durch den Konkursverwalter Rechtsanwalt S, angegeben.

Am 6.3.2000 hat das Landgericht den Gegenstandswert "hinsichtlich der Antragsteller auf jeweils 1050000 DM festgesetzt". Diese Entscheidung änderte der Senat mit Beschluss vom 28.2.2001 dahin ab, dass der Geschäftswert für die Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers zu 4 auf 2085000 DM und für die Verfahrensbevollmächtigten der übrigen Antragsteller auf je 935000 DM festgesetzt wurde. Im Rubrum dieses Beschlusses sind als Antragsgegner zu 1 Rechtsanwalt R als Konkursverwalter über das Vermögen der A-AG und als Antragsgegner zu.2 Rechtsanwalt S als Konkursverwalter über das Vermögen der B-AG bezeichnet.

Mit Beschluss vom 26.10.2001 hat das Landgericht auf Antrag des Antragstellers zu 4 die von den Antragsgegnern zu 1 und 2 als Gesamtschuldner diesem zu erstattenden Kosten der ersten Instanz auf 22144,40 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 16.4.1999 festgesetzt. Auch in diesem Beschluss sind als Antragsgegner jeweils die Konkursverwalter aufgeführt. In den Gründen wird hierzu ausgeführt, es handele sich um Masseschulden. Gegen diesen Beschluss haben beide Antragsgegner sofortige Beschwerden eingelegt, weil sie der Auffassung sind, das Landgericht habe die Kostenerstattungsforderung des Antragstellers zu 4 zu Unrecht als Masseforderung angesehen.

II.

Die Rechtsmittel sind zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (vgl. § 306 Abs. 2 i.V.m. § 99 Abs. 1 AktG, § 13a Abs. 3 FGG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Zur Entscheidung ist das Bayerische Oberste Landesgericht berufen, weil es auch in der Hauptsache über Rechtsmittel der Antragsgegner zu entscheiden hat (vgl. BGH MDR 1978, 737). Die Rechtsmittel führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrags. Eine Kostenfestsetzung ist nicht zulässig, weil der Antragsteller zu 4 hinsichtlich der zu erstattenden Kosten Konkursgläubiger ist und es sich dabei nicht um eine Masseschuld handelt.

1. Gemäß § 12 KO können Konkursgläubiger ihre Förderungen auf Befriedigung aus der Konkursmasse nur nach Maßgabe der Vorschriften für das Konkursverfahren verfolgen. Das gilt auch für das Kostenfestsetzungsverfahren ohne Rücksicht auf die Rechtskraft des Kostengrundtitels (KG Rpfleger 1976, 187; Kilger/K. Schmidt Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 12 KO Rn. 1). Ein Kostenerstattungsanspruch kann daher nur nach Maßgabe der §§ 138 ff. KO durch Anmeldung zur Konkurstabelle weiterverfolgt werden, wenn er Konkursforderung ist; eine Kostenfestsetzung gemäß §§ 103 ff. ZPO ist unzulässig. Anderes gilt, wenn der Kostenerstattungsanspruch Masseforderung gemäß § 59 KO ist, da dann für ihn § 12 KO nicht gilt und er auch außerhalb des Konkursanmeldungsverfahrens durchgesetzt werden kann (Kuhn/Uhlenbruck KO 11. Aufl. § 12 Rn. 1b).

2. Der Antragsteller zu 4 ist hinsichtlich seines Kostenerstattungsanspruchs Konkursgläubiger gemäß § 3 Abs. 1 KO.

a) Nach dieser Vorschrift dient die Konkursmasse der gemeinschaftlichen Befriedigung aller persönlichen Gläubiger, welche einen zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens begründeten Vermögensanspruch an den Gemeinschuldner haben. Dem gemäß rechnen zu den Konkursforderungen alle vermögensrechtlichen Ansprüche, die zur Zeit der Konkurseröffnung begründet waren. Begründet in diesem Sinn ist ein Anspruch bereits dann, wenn sein Rechtsgrund im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gelegt war (BGHZ 72, 263; Kilger/K. Schmidt § 3 Anm. 4), also das Schuldverhältnis bestand, aus dem er fließt, mag sich die Forderung selbst auch erst nach Konkurseröffnung ergeben (Kuhn/Uhlenbruck § 3 Rn. 11). Daher zählen bei einem im Zeitpunkt der Konkurseröffnung anhängigen Verfahren, an dem der Gemeinschuldner beteiligt ist, Ansprüche auf Erstattung von Verfahrenskosten zu den Konkursforderungen, wenn auch der Hauptanspruch Konkursforderung ist und der für diese Forderung grundlegende Prozeßbeginn vor Konkurseröffnung liegt (Kilger/K. Schmidt § 3 Anm. 4 i; Kuhn/Uhlenbruck § 3 Rn. 32).

b) Nach diesen Grundsätzen zählt der hier geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zu den Konkursforderungen. Das Spruchverfahren gegen die Gemeinschuldner hat mehrere Jahre vor den Konkurseröffnungen begonnen. Sein Gegenstand ist die Höhe von Ansprüchen, die ihre Grundlage letztlich in dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aus dem Jahr 1990 finden und deshalb Konkursforderungen darstellen (vgl. BayObLGZ 1978, 209/213).

3. Der Kostenerstattungsanspruch ist keine Masseforderung gemäß § 59 KO. Er ist insbesondere nicht deshalb zu einer Masseforderung geworden, weil nach Konkurseröffnung die Konkursverwalter anstelle der Gemeinschuldnerinnen als Beteiligte in das Spruchverfahren einbezogen worden sind.

a) Welche Ansprüche Masseschulden sind, ist in § 59 KO (nun § 55 InsO) abschließend geregelt. Eine Erweiterung auf andere Ansprüche ist weder im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung noch im Wege der Auslegung zulässig (vgl. Kuhn/Uhlenbruck § 59 Rn. 1b). Gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO, der hier allein in Betracht kommt, sind Masseschulden Ansprüche, welche aus Geschäften oder Handlungen des Konkursverwalters herrühren. Unter diese Norm fallen auch Verfahrens- und Prozesshandlungen des Konkursverwalters (Insolvenzverwalters), die Kostenverbindlichkeiten auslösen (vgl. Jäger KO 8. Aufl. § 59 Rn. 2; Kilger/K. Schmidt § 59 KO Anm. 1b; Zickmann in HK-InsO 2. Aufl. § 55 Rn. 4). Anwalts- und Gerichtskosten sind Masseschulden, wenn sie dem Konkursverwalter in Bezug auf gerichtliche Verfahren auferlegt wurden, die nach der Konkurseröffnung begonnen oder fortgesetzt wurden (Hess KO 5. Aufl. § 59 Rn. 34; Kuhn/Uhlenbruck § 59 Rn. 5a, MünchKomm/Hefermehl InsO § 55 Rn. 44 u. 47; Jäger KO 9. Aufl. § 3 Rn. 90). Dabei wird ein bereits anhängiges Verfahren durch den Konkurs gemäß § 240 ZPO unterbrochen, bis es nach den für das Konkursverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wird. Die Fortsetzung kann allerdings nur bei den in den in § 11 KO aufgeführten Rechtsstreitigkeiten auch durch den Gegner erfolgen, wobei der Konkursverwalter durch ein alsbaldiges Anerkenntnis den Anfall von Kosten für die Massevermeiden kann. Die übrigen Rechtsstreitigkeiten, also Aktivprozesse (vgl. § 10 KO) und nicht unter § 11 KO fallende Passivprozesse) kann nur der Konkursverwalter fortsetzen. Der Anfall von Kosten für die Masse setzt also eine Handlung des Konkursverwalters im Sinne von § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO voraus, nämlich die Aufnahme dies Verfahrens oder die,Fortführung des gegen ihn gemäß § 11 KO aufgenommenen Verfahrens (vgl. Kilger/K. Schmidt § 59 Anm. 1b; Jäger § 59 Rn. 2).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Verpflichtung zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten, die den Konkursverwaltern im vorliegenden Spruchverfahren auferlegt wurde, keine Masseschuld.

aa) Das Spruchverfahren wurde zwar nach Konkurseröffnung unter Beteiligung der Konkursverwalter fortgesetzt. Es wurde aber durch den Konkurs der ursprünglichen Antragsgegnerinnen nicht unterbrochen, weil § 240 ZPO im Spruchverfahren auch nicht analog anzuwenden ist (BayObLG Z 1978, 209). Die Konkursverwalter mußten vielmehr zwingend am Verfahren beteiligt werden, weil das Verfahren die Konkursmasse betraf. Das ergab sich für die B-AG jedenfalls daraus, dass sie als herrschendes Unternehmen nach § 305 Abs. 1 AktG die Abfindung schuldet, um deren Höhe in dem Spruchverfahren gestritten wurde. Für die A-AG folgte dies, sofern man sie als Schuldnerin des Ausgleichsanspruchs ansieht (vgl. zum Streitstand MünchKomm AktG/Bilda 2. Aufl. § 304 Rn. 31 ff.), daraus, dass das Spruchverfahren auch die Höhe dieses Ausgleichs betraf, im übrigen jedenfalls aus, ihrer Verpflichtung, die (erheblichen) Kosten des Verfahrens zu tragen (vgl. hinsichtlich der Gerichtskosten § 306 Abs. 7 Satz 7 AktG, hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten § 306 Abs. 2 AktG i.. V. m. § 99 Abs. 1 AktG, § 13 a Abs. 1 FGG sowie MünchKomm-AktG/Bilda § 306 Rn. 169 f.).

bb) Danach war für eine Handlung der Konkursverwalter (Antragsgegner), wie sie § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO für die Begründung einer Masseschuld verlangt, kein Raum. Die Antragsgegner konnten, anders als in dem vom Antragsteller angesprochenen Schiedsgerichtsverfahren, nicht darüber bestimmen, ob sie das Verfahren fortführen wollten. Sie mussten anstelle der Gemeinschuldnerinnen von Amts wegen als Antragsgegner an dem Verfahren beteiligt werden und sich beteiligen, um die rechtlichen Interessen der jeweiligen Konkursmasse zu wahren (vgl. a. BayObLGZ 1978, 209/212).

cc) Das dargestellte Ergebnis entspricht im Übrigen dem Umstand, dass es allein in der Hand der Antragsteller lag, ob das Verfahren nach Konkurseröffnung fortgesetzt werden sollte oder nicht. Nur ihnen war die Möglichkeit einer Rücknahme ihrer Anträge oder der von ihnen eingelegten Rechtsmittel eröffnet. Dem würde es nicht gerecht, wenn die Antragsteller das Verfahren zu Lasten der Masse und damit auf Kosten der übrigen Konkursgläubiger hätten fortsetzen können.

dd) Der Beschluss vom 20.8.1997 (3Z BR 159/94), in dem der Senat die Auffassung vertreten hat, der Vorschuss für die Vergütung der gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre werde aus der Konkursmasse geschuldet, ist hier nicht einschlägig. Zum einen betrifft die Entscheidung eine vom Senat bestimmte Vorschusszahlung, zum anderen steht diese dem durch das Gericht berufenen Vertreter der außenstehenden Aktionäre zu, der ebenfalls keinen Einfluss in Richtung einer Beendigung des Verfahrens nach Konkurseröffnung nehmen konnte.

4. Der Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten gemäß dem Beschluss des Senats vom 29.9.1998 ist daher als Konkursforderung geltend zu machen. Eine Kostenfestsetzung und damit die Schaffung eines Titels für den Anspruch außerhalb des Konkursverfahrens scheidet aus.

5. Der Senat hält es für angemessen, von der Anordnung einer Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren (vgl. Jansen FGG 2. Aufl. § 13a Rn. 43, Keidel/Zimmermann FGG 14. Aufl, § 13a Rn. 73) abzusehen.

Ende der Entscheidung

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