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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.03.2004
Aktenzeichen: 3Z BR 46/04
Rechtsgebiete: GmbHG, InsO


Vorschriften:

GmbHG § 54 Abs. 3
GmbHG § 57 Abs. 1
GmbHG § 78
InsO § 80
Die Anmeldung einer beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals obliegt auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens allen Geschäftsführern. Der Insolvenzverwalter kann deshalb für die GmbH in einem solchen Anmeldeverfahren keine zulässigen Rechtsmittel einlegen.
Gründe:

I.

Die Gesellschaft, eine GmbH, ist seit dem 31.10.2001 im Handelsregister des Amtsgerichts eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung Energie und Rohstoff sparender und umweltverträglicher Produkte, die Prototypenherstellung der entwickelten Produkte sowie deren serienmäßige Produktion und Vermarktung. Am 12.9.2002 beschloss die Gesellschafterversammlung die Erhöhung des Stammkapitals um 110.000 EUR. Die Stammeinlage war sofort in voller Höhe zu erbringen. Sie wurde durch den Gesellschafter und Geschäftsführer in Gestalt von vier bewerteten Patentrechten erbracht. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 15.5.2003 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Eintragung des Insolvenzvermerks im Handelsregister erfolgte am 20.5.2003. Die notarielle Anmeldung der Stammkapitalerhöhung, die vom 12.9.2002 datiert, ging beim Registergericht am 22.8.2003 ein. Mit Schreiben vom 22.9.2003 gegenüber dem Registergericht kündigte der Geschäftsführer die Übernahme der neuen Stammeinlage fristlos.

Das Registergericht wies mit Beschluss vom 14.10.2003 die Anmeldung der Stammkapitalerhöhung zurück. Es vertrat die Auffassung, dass nicht mehr der Geschäftsführer, sondern allein der Insolvenzverwalter anmeldeberechtigt sei. Hiergegen legte der Beteiligte als Insolvenzverwalter der Gesellschaft mit Schreiben vom 20.10.2003 Beschwerde ein. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Gegen den landgerichtlichen Beschluss vom 4.2.2004 hat der Beteiligte weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.

1. Entscheidungen des Beschwerdegerichts unterliegen ohne Rücksicht auf die Statthaftigkeit oder Zulässigkeit der Erstbeschwerde der weiteren Beschwerde; der erfolglose Erstbeschwerdeführer ist beschwerdeberechtigt (Bassenge/Herbst/ Roth FGG/RPflG 9. Aufl. § 27 FGG Rn. 1 und 7 m.w.N.).

2. Die weitere Beschwerde ist unbegründet. Insoweit hätte das Beschwerdegericht die Erstbeschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts vom 14.10.2003 als unzulässig verwerfen müssen.

a) Das Rechtsbeschwerdegericht ist verpflichtet, die Beschwerdeberechtigung des Rechtsmittelführers im Erstbeschwerdeverfahren einer eigenen Nachprüfung zu unterziehen (vgl. BayObLGZ 1971, 284/285 m.w.N.; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 15).

b) Zu Unrecht hat das Landgericht die Zulässigkeit der Erstbeschwerde bejaht.

Die Gesellschaft hat, vertreten durch den Geschäftsführer (§ 78, § 57 Abs. 1 GmbHG; vgl. BGHZ 105, 324/327; BayObLGZ 1991, 52/56), die Eintragung der Kapitalerhöhung beantragt. Beschwerdeberechtigt gegen die Ablehnung dieses Antrags ist nur die Gesellschaft.

Der Beteiligte als Insolvenzverwalter ist nicht beschwerdebefugt und hat gegenständlich keine Rechtsmacht, die Gesellschaft im Rahmen des Verfahrens auf Eintragung einer beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals gesetzlich zu vertreten. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Involvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Die Rechtsmacht des Insolvenzverwalters reicht aber nur so weit, wie die Insolvenzmasse berührt ist. Somit hat der Insolvenzverwalter alle Anmeldungen zur Eintragung von Rechtsänderungen in das Handelsregister vorzunehmen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (OLG Köln ZInsO 2001, 717/718; Keidel/Krafka/Willer Registerrecht 6. Aufl. Rn. 1143; Rowedder/Zimmermann GmbHG 4. Aufl. § 78 Rn. 12; Scholz/Winter GmbHG 9. Aufl. § 78 Rn. 13).

Das mit Gesellschafterbeschluss vom 12.9.2002 vereinbarte und erbrachte erhöhte Kapital hat den gesellschaftsrechtlichen Bereich der Gesellschaft bisher nicht verlassen und kann deshalb nicht als unter der Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters stehend angesehen werden. Die beschlossene Erhöhung des Stammkapitals ist von allen Geschäftsführern zum Handelsregister anzumelden (§ 57 Abs. 1, § 78 GmbHG). Wirksamkeit erlangt die Erhöhung des Stammkapitals jedoch nicht durch die Anmeldung, sondern als Änderung des Gesellschaftsvertrags erst durch die Eintragung im Handelsregister (§ 54 Abs. 3 GmbHG).

Es ist anerkannt, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens den gesellschaftsrechtlichen Bereich außerhalb der Insolvenzmasse nicht berührt (Rowedder/Zimmermann § 78 Rn. 12). Somit sind Anmeldungen von Rechtsänderungen, die die Insolvenzmasse nicht betreffen, nach wie vor von den Organen der Gesellschaft vorzunehmen (OLG Köln aaO; Keidel/Krafka/Willer aaO; Rowedder/Zimmermann aaO). Sonach ist der Insolvenzverwalter zur Anmeldung einer beschlossenen Erhöhung des Stammkapitals auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berufen, da sie bis zur Erlangung der Rechtswirksamkeit nach § 54 Abs. 3 GmbHG der Dispositionsbefugnis der Gesellschafter unterliegt (vgl. BGH NJW 1995, 460). Nachdem Rechte des Insolvenzverwalters hier nicht berührt sind, steht ihm die Vertretungsbefugnis für die Gesellschaft im gegenständlichen Verfahren nicht zu.

3. Nach § 131 Abs. 2 KostO bestimmt sich der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in allen Fällen nach § 30 KostO. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten - wie hier - ist daher der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Regel gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es vor allem auf das mit der Beschwerde verfolgte wirtschaftliche Interesse sowie auf die sonstigen Umstände des Einzelfalls an. Die für den ersten Rechtszug maßgeblichen Vorschriften der Kostenordnung können als Anhaltspunkt für die vorzunehmende Schätzung herangezogen werden, sind jedoch nicht unmittelbar anzuwenden (BayObLG JurBüro 1996, 267/268). Gegenständlich ist hier die Eintragung einer Erhöhung des Stammkapitals in Höhe von 110.000 EUR. Nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 KostO ist bei Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Unterschiedsbetrag als Geschäftswert anzusetzen. Anhaltspunkte, hiervon abzuweichen, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.



Ende der Entscheidung

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