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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.05.2003
Aktenzeichen: 3Z BR 49/03
Rechtsgebiete: BGB, BRAGO, BerHG, FGG


Vorschriften:

BGB § 1835 Abs. 1
BGB § 1835 Abs. 3
BRAGO § 123
BerHG § 1
FGG § 28 Abs. 2
Vorlage an den Bundesgerichtshof zur Frage, ob ein zum Betreuer für einen mittellosen Betroffenen bestellter Rechtsanwalt für anwaltsspezifische Tätigkeiten, für welche ihrer Art nach Prozesskostenhilfe nicht gewährt wird, grundsätzlich aus der Staatskasse Aufwendungsersatz in Höhe der vollen BRAGO-Gebühren beanspruchen kann.
Gründe:

I.

Für die mittellose Betroffene sind seit November 2001 zwei Betreuer für die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, Vertretung in allen Vollstreckungsverfahren und in Steuerangelegenheiten bestellt. Einer der beiden vertritt die Betroffene in einem Zwangsversteigerungsverfahren. Ein von ihm gestellter Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung gemäß § 30a ZVG vom 28.2.2002 wurde einschließlich eines für diesen Antrag gestellten Prozesskostenhilfeantrags am 21.1.2003 zurückgewiesen. Von ihm geführte Verhandlungen mit den Gläubigern führten aber zunächst zu einer einstweiligen Einstellung der Zwangsversteigerung auf Antrag der Gläubiger gemäß § 30 ZVG.

Der Betreuer beantragte am 18.6.2002 die Festsetzung seiner Vergütung und des Ersatzes seiner Aufwendungen aus der Staatskasse. Dabei rechnete er als Aufwendungsersatz seine Vertretung im Zwangsversteigerungsverfahren nach der BRAGO ab. Er beantragte eine 3/10-Gebühr von 498,50 EUR gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, eine Postgebührenpauschale von 20 EUR gemäß § 26 BRAGO sowie Umsatzsteuer von 82,98 EUR, insgesamt 601,58 EUR. Das Amtsgericht setzte unter Anwendung der Sätze für die Vergütung eines Anwalts bei Prozesskostenhilfe gemäß § 123 BRAGO einen Betrag von 156,48 EUR fest und wies den weitergehenden Antrag zurück.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde des Betreuers gegen diesen Beschluss stattgegeben. Mit ihrer hiergegen eingelegten, zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Staatskasse ihr Ziel weiter, eine Abrechnung nach den Sätzen entsprechend § 123 BRAGO zu erreichen.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG) Rechtsmittel ist dem Bundesgerichtshof vorzulegen, da der Senat darüber nicht befinden kann, ohne von der auf sofortige weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 26.6.2002 (16 Wx 109/02 - NJW-RR 2003, 712) abzuweichen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 FGG).

1. Der Senat möchte die sofortige weitere Beschwerde zurückweisen.

a) Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Der Betreuer habe Anspruch auf eine 3/10 Gebühr nach § 68 Nr. 1 Ziff. 1 BRAGO für seine allgemeine Tätigkeit im Zwangsversteigerungsverfahren. Für diese könne Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Diese sei auch nur für den von dem Betreuer gestellten Antrag auf Einstellung der Zwangsversteigerung abgelehnt worden. Das berühre aber die übrige Tätigkeit des Betreuers im Zwangsversteigerungsverfahren nicht.

Für eine analoge Anwendung von § 123 BRAGO sei kein Raum. Diese Vorschrift gelte nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Diese ausdrückliche Voraussetzung stehe einer entsprechenden Anwendung auf Fälle anwaltlicher Vertretung entgegen, für welche Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden könne. Der Gesetzgeber habe bewusst eine generelle Reduzierung der Rechtsanwaltsgebühren für den Fall der Eintrittspflicht der Staatskasse auf anderer Rechtsgrundlage als § 114 ZPO nicht vorgesehen, obwohl er das neue Betreuungsrecht bei der Anpassung der BRAGO an dieses berücksichtigt habe. Auch aus § 1835 Abs. 3 und Abs. 4 BGB ergebe sich keine entsprechende Einschränkung.

b) Nach Auffassung des Senats halten diese Ausführungen der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

aa) Kern der sofortigen weiteren Beschwerde ist die Frage, ob ein Rechtsanwalt, der für einen mittellosen Betroffenen zum Betreuer bestellt worden ist, für die allgemeine Vertretung des Betroffenen in einem Zwangsversteigerungsverfahren Aufwendungsersatz nach den vollen BRAGO-Sätzen verlangen kann oder ob er sich mit den geringeren Sätzen entsprechend § 123 BRAGO oder § 132 BRAGO begnügen muss. Grundlage seines Anspruches ist § 1835 Abs. 1 i. V. m. § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB. Hiernach kann ein Betreuer nach Maßgabe der für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 669, 670 BGB Ersatz für Aufwendungen verlangen, die er zum Zwecke der Führung der Betreuung getätigt hat. Als Aufwendungen gelten nach § 1835 Abs. 3 BGB auch solche Dienste des Betreuers, die zu seinem Beruf gehören. Darunter fällt bei einem Rechtsanwalt nach der Rechtsprechung des Senats (BayObLGZ 2001, 368/372) regelmäßig auch die Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren, das, wie hier, von Dritten gegen den Betreuten betrieben wird.

Bei mittellosen Betreuten richtet sich dieser Anspruch gegen die Staatskasse, § 1835 Abs. 4 BGB. Über die Art und Weise der Berechnung eines solchen Anspruches auf Ersatz von berufsspezifischen Aufwendungen sagt § 1835 BGB nichts aus. Es ist aber herrschende Ansicht und entspricht der Rechtsprechung des Senats, dass in solchen Fällen das übliche oder festgelegte Entgelt zu leisten ist, also die Gebührenordnungen, z.B. für Ärzte, Steuerberater und auch für Rechtsanwälte heranzuziehen sind (vgl. BayObLGZ 2001, 368/370; Palandt/Diederichsen 62. Aufl. § 1835 Rn. 13).

bb) Es entspricht der wohl überwiegenden Meinung, dass der zum Betreuer für einen mittellosen Betroffenen bestellte Rechtsanwalt für die gerichtliche Vertretung des Betroffenen Prozesskostenhilfe zu beantragen hat, so dass er die entsprechenden Gebühren gemäß § 123 BRAGO erhält (vgl. Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1835 BGB Rn. 51; OLG Frankfurt Rpfleger 2001, 491; LG Göttingen Rpfleger 1990, 460; LG Zweibrücken Rpfleger 2002, 444; Zimmermann FamRZ 2002, 1373/1374). Wird dem Rechtsanwalt keine Prozesskostenhilfe bewilligt und führt er den Prozess dennoch, soll er nach dieser Auffassung nur nach § 123 BRAGO, also nach Prozesskostenhilfesätzen abrechnen können, da sonst eine nicht gerechtfertigte Besserstellung desjenigen eintrete, dem Prozesskostenhilfe versagt worden sei gegenüber demjenigen, dem sie bewilligt werde (so LG Zweibrücken Rpfleger 2002, 444/445; offengelassen OLG Frankfurt Rpfleger 2001, 491/492; Damrau Anm. zu OVG Bremen Rpfleger 1986, 13: stets Abrechnung nach § 123 BRAGO). Das Oberlandesgericht Köln (NJW-RR 2003, 712) ist der Auffassung, dass in gleicher Weise auch im Verhältnis der Beratungshilfe zur Vergütung des Betreuers zu verfahren ist. Eine Mindermeinung (OVG Bremen Rpfleger 1986, 12; Erman/Holzhauer BGB 10. Aufl. § 1835 Rn. 9) lehnt eine Verpflichtung zur Stellung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe und erst recht zur Stellung eines Antrags auf Beratungshilfe ab. Zum Teil wird aber auch von den Vertretern dieser Auffassung die Abrechnung nach den Sätzen gemäß § 123 BRAGO gefordert (so Erman/Holzhauer aaO). Andere gestatten in jedem Fall die Abrechnung nach vollen BRAGO-Sätzen (so OVG Bremen Rpfleger 1986, 12/13); bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe dann die Staatskasse den Unterschiedsbetrag zwischen den Gebühren nach § 123 BRAGO zu den vollen Gebühren nach BRAGO an den betreuenden Rechtsanwalt zu zahlen (so Riedel/Sußbauer/Chemnitz BRAGO 8. Aufl. vor §§ 121 ff. Rn. 46).

cc) Der Senat ist der Auffassung, dass ein zum Betreuer für einen mittellosen Betroffenen bestellter Rechtsanwalt für anwaltsspezifische Tätigkeiten jedenfalls dann nach den vollen BRAGO-Sätzen abrechnen darf, wenn für die entsprechende Tätigkeit ihrer Art nach Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden kann.

(1) Ausgangspunkt ist die Norm des § 1835 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB. Danach kann der Betreuer Ersatz von Aufwendungen verlangen, die er zum Zweck der Durchführung seiner Betreuung getätigt hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Der Maßstab für die von dem Betreuer zu treffende Entscheidung, ob seine Tätigkeit in dem ihm übertragenen Aufgabenkreis erforderlich ist, deckt sich nicht mit demjenigen, nach dem zu beurteilen ist, ob für dieselbe Tätigkeit Prozesskostenhilfe bzw. Beratungshilfe zu gewähren ist. Dies zeigt nicht nur der vom Oberlandesgericht Frankfurt (Rpfleger 2001, 4491) entschiedene Fall, in dem Aufwendungsersatz trotz Ablehnung von Prozesskostenhilfe zugesprochen wurde, weil die anwaltliche Vertretung und Klageerhebung in einem verwaltungsgerichtlichen Asylverfahren dem Wohl des betreuten Kindes diente, sondern auch der vorliegende Fall. Sowohl der Antrag nach § 30a ZVG als auch die anschließenden außergerichtlichen Verhandlungen des Betreuers mit den Gläubigern dienten ersichtlich dem Wohl der Betreuten - und haben letztlich auch zu einem zumindest zeitweisen Erfolg geführt -, weil ihr die Zwangsversteigerung einer Eigentumswohnung erspart und ein wirtschaftlich vorteilhafterer freihändiger Verkauf ermöglicht werden sollte. Der Betreuer hat die Betreuung zum Wohle der Betroffenen zu führen, § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB, er hat dem Betreuten die Möglichkeit einzuräumen, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 2 Satz 2 BGB). Diese Zielsetzung steht für den Betreuten und damit auch für den Betreuer an erster Stelle. Daher kann, auch wenn dies die Ausnahme. sein wird, eine anwaltliche Vertretung, insbesondere die Vertretung oder ein gerichtlicher Antrag in einem gegen den Betreuten angestrengten Verfahren, im Interesse des Betroffenen liegen und zu seinem Wohl sogar erforderlich sein, selbst wenn das Gericht bei einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussicht zu dem Ergebnis gelangt, die Vertretung in dem Verfahren oder dessen Durchführung werde voraussichtlich erfolglos bleiben. Dies bedeutet keinen Freibrief für den Betreuer; Richtschnur seines Handeln hat immer die Erforderlichkeit der fraglichen Tätigkeit für die Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben zu sein.

(2) Damit ist die Frage, ob ein Betreuer Aufwendungsersatz für eine von ihm wahrgenommene Tätigkeit in einer Rechtssache, insbesondere einem gerichtlichen Verfahren beanspruchen kann, im Grundsatz unabhängig davon zu beantworten, ob für die durch den Rechtsanwalt vorgenommene Tätigkeit hätte Prozesskostenhilfe oder Beratungshilfe gewährt werden können. Darf der Anwalt diese Tätigkeit - und damit die mit ihr verbundenen Aufwendungen - für erforderlich halten, hat er sie daher ohne Rücksicht auf zu bewilligende Prozesskostenhilfe bzw. Beratungshilfe durchzuführen. Vertritt er einen vermögenden Betreuten, erfolgt die Abrechnung nach BRAGO-Sätzen. Vertritt er einen mittellosen Betreuten, erhält der Betreuer Vergütung oder Aufwendungsersatz aus der Staatskasse; die herrschende Meinung nimmt an, dass dem Anwalt in einem solchen Fall ein Wahlrecht zusteht, ob er seine Tätigkeit nach § 1835 Abs. 3 BGB abrechnen oder eine Vergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB verlangen will (vgl. BayObLG BtPrax 1999, 29; OLG Frankfurt FGPrax 2001, 195; HK-BUR/Bauer/Deinert § 1835 BGB Rn. 52; Knittel BtG 1835 BGB Rn. 26). § 1 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, der für die allgemeine Betreuertätigkeit des Rechtsanwalts eine Abrechnung nach der BRAGO versagt, steht dem nicht entgegen. Denn in § 1 Abs. 2 Satz 2 BRAGO ist gerade für den Fall des § 1835 Abs. 3 BGB eine Ausnahme von Satz 1 normiert. Eine weitere Regelung für die Vertretung von mittellosen Betreuten enthält die BRAGO nicht.

(3) Allerdings hat der Betreuer im Interesse des Betroffenen die Aufwendungen für seine Tätigkeit möglichst gering zu halten. Besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen und bewilligt zu erhalten, ist er deshalb zu einem entsprechenden Antrag verpflichtet. Inwieweit sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf seinen Aufwendungsersatzanspruch auswirkt (vgl. hierzu die Darstellung des Meinungsstandes oben unter 2b), kann im konkreten Fall offen bleiben. Denn für die hier durch den Betreuer ausgeübte Tätigkeit der außergerichtlichen Verhandlungen mit Gläubigern in einem Zwangsversteigerungsverfahren ist nach herrschender Meinung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht möglich; diese soll jeweils nur für Rechtsbehelfe - wie den eigenen Einstellungsantrag - des Schuldners gewährt werden können, nicht aber für die allgemeine Vertretung des Schuldners im Zwangsversteigerungsverfahren (vgl. Madert in Gerold/Schmidt BRAGO 15. Aufl. § 68 Rn. 36; LG Bielefeld Rpfleger 1987, 210; LG Krefeld Rpfleger 1988, 156). Es war dem Betreuer auch nicht zuzumuten, im Hinblick auf eine abweichende Meinung (vgl. Stöber ZVG 17. Aufl. Einl. Rn. 45.2) einen erneuten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen. Denn bei Zugrundelegung dieser Ansicht hätte der ursprüngliche Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Begehren gemäß § 30a ZVG als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die gesamte Vertretung im Zwangsversteigerungsverfahren ausgelegt werden müssen. Dieser Antrag war aber bereits abgelehnt worden. Eine Möglichkeit zur Erlangung von Prozesskostenhilfe war damit für den Betreuer auch nach dieser Meinung nicht - mehr - gegeben.

(4) Führt der Betreuer anwaltsspezifische Tätigkeiten aus, für die keine Möglichkeit zur Erlangung von Prozesskostenhilfe besteht, ist er auch nicht dazu verpflichtet, bezüglich dieser nicht der Prozesskostenhilfe unterfallenden Aufwendung für den mittellosen Betroffenen Beratungshilfe zu beantragen und seinen Aufwendungsersatzanspruch nach § 132 BRAGO zu berechnen. Dies ergibt sich aus der Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG, nach welcher Beratungshilfe nur dann gewährt wird, wenn für den Betroffenen keine anderen Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Eine andere Hilfsmöglichkeit ist auch das Institut der Betreuung, wenn es, wie hier, außer der rechtlichen Vertretung (§ 1902 BGB) auch eine rechtliche Beratung des Betreuten (hier für Vollstreckungsverfahren) beinhaltet (vgl. zu den anderen Hilfsmöglichkeiten Schoreit/Dehn BerH/PKH 7. Aufl. § 1 BerHG Rn. 37 ff.). Zudem ist es nicht das Ziel des Beratungshilfegesetzes, Betreuungsverfahren kostengünstiger zu gestalten.

(5) Der Betreuer kann nach der Auffassung des Senats in den Fällen, in welchen er für seine anwaltsspezifische Tätigkeit keine Prozesskostenhilfe erlangen kann, grundsätzlich nach vollen BRAGO-Sätzen abrechnen. Er ist nicht auf die Sätze zu verweisen, die sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 123 BRAGO ergeben würden. Eine gesetzliche Grundlage hierfür fehlt; der Gesetzgeber hat bei der Änderung und Anpassung der BRAGO an die Neuregelungen des Betreuungsrechts keine entsprechende Vorschrift in die BRAGO aufgenommen. Es fehlt auch an den Voraussetzungen für eine Analogie, die dazu führen würde, dass der Anwalt auf einen Teil der ihm nach der Gebührenordnung zustehenden vollen Gebühr verzichten müsste. So sind andere an Gebührenordnungen gebundene Berufsgruppen in ihrem Aufwendungsersatzanspruch bei mittellosen Betreuten nicht beschränkt. Eine Analogie verbietet sich aber vor allem im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen zur Vergütung von Berufsbetreuern. Die Vergütungsvorschriften sind vom Bundesverfassungsgericht auch deshalb für angemessen angesehen worden, weil sie für Ergänzungen offen sind und § 1835 Abs. 3 BGB es erlaubt, Dienste des Betreuers, die zu seinem sonstigen Gewerbe oder Beruf gehören, als Aufwendungen nach der für diese Leistungen geltenden Gebührenordnung oder Taxe abzurechnen. Dies soll insbesondere Rechtsanwälten oder Steuerberatern zu Gute kommen (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 345/347; FamRZ 2000, 1280/1282; FamRZ 2000, 1284/1285). Eine Verweisung des Anwalts auf die Sätze des § 123 BRAGO oder gar des § 132 BRAGO widerspräche zumindest für solche Tätigkeiten, für die er keine Prozesskostenhilfe erlangen kann, diesen grundsätzlichen Erwägungen.

2. Der Zurückweisung der sofortigen weiteren Beschwerde steht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 26.6.2002, NJW-RR 2003, 712, entgegen. Das Oberlandesgericht Köln hat in dieser Entscheidung ausgeführt, ein Rechtsanwalt als Berufsbetreuer habe grundsätzlich die Wahl, ob er seine Tätigkeit nach § 1836 BGB vergüten lassen wolle, oder ob er bei berufsspezifischen Tätigkeiten auf den Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 Abs..3 BGB zurückgreifen wolle. Wähle er den Aufwendungsersatzanspruch, gelte der Grundsatz, dass der Betreuer die gleiche Vergütung erhalten solle, die ein als Dritter herangezogener Rechtsanwalt für seine Dienste erhalten würde. Der Betreute bzw. bei dessen Mittellosigkeit die Staatskasse solle weder einen Vorteil noch einen Nachteil daraus ziehen, dass die kostenrelevante Heranziehung eines Rechtsanwalts wegen der besonderen Qualifikation des Betreuers unterbleiben konnte. Das Betreuungsverhältnis rechtfertige es nicht, dem Rechtsanwalt in Sachen des mittellosen Betreuten eine höhere Entschädigung aus der Staatskasse zu zahlen als gegenüber jedem mittellosen Mandanten. Werde der Rechtsanwalt außergerichtlich für den Betreuten tätig, so dass er keine Prozesskostenhilfe beanspruchen könne, könne er daher lediglich die Gebühren für die Beratungshilfe gemäß §§ 131 BRAGO ff. abrechnen.

Würde der Senat diese Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Köln dem vorliegenden Verfahren zu Grunde legen, wäre der sofortigen weiteren Beschwerde des Beteiligten stattzugeben. Der Betreuer könnte dann seinen Aufwendungsersatz nicht nach den üblichen BRAGO-Sätzen abrechnen. Da es somit auf die Entscheidung der Frage ankommt, ob ein Anwalt als Berufsbetreuer für einen mittellosen Betreuten für außergerichtliche anwaltsspezifische Tätigkeiten nach den vollen BRAGO-Sätzen abrechnen darf oder nicht, war die Sache gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.



Ende der Entscheidung

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