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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.10.2001
Aktenzeichen: 3Z BR 95/01
Rechtsgebiete: GG, KostO, EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
KostO § 30 Abs. 1
EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie vom 11.7.1969 (69/335/EWG) Art. 10
Selbst wenn der Erbschein nur für die Anmeldung zum Handelsregister benötigt wird, unterliegen die Gebühren in Nachlasssachen nicht dem Geltungsbereich der EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie
Gründe:

I.

Das Amtsgericht erteilte der Beteiligten am 5.8.1998 antragsgemäß einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ihres am 24.8.1996 verstorbenen Ehemannes ausweist. Zum Nachlass gehören Kommanditanteile an zwei lediglich aus natürlichen Personen bestehenden Kommanditgesellschaften. Eine dieser Gesellschaften ist als Vermögensverwaltungsgesellschaft Eigentümerin zahlreicher bebauter Grundstücke.

Der Kostenbeamte erteilte der Beteiligten am 1.2.2000 eine Kostenrechnung über 43649 DM für die Eröffnung des Testaments, die Erteilung des Erbscheins und die Beurkundung der eidesstattlichen Versicherung im Nachlassverfahren, wobei er von einem Geschäftswert von 13600000 DM für die Eröffnung und von 13550000 DM für die beiden anderen Vorgänge ausging. Dabei bestimmte er den Wert des Kommanditanteils der Vermögensverwaltungsgesellschaft im wesentlichen nach den Verkehrswetten der im Eigentum der Gesellschaft stehenden Grundstücke. Zur Ermittlung dieser Verkehrswerte ging er im wesentlichen, da die Beteiligte trotz Aufforderung keine anderen Angaben übermittelte, von den im Erbschaftssteuerverfahren zugrunde gelegten Grundstücksbedarfswerten aus und verdoppelte diese.

Die Beteiligte legte gegen die Kostenrechnung Erinnerung ein. Sie brachte im wesentlichen vor, die Wertgebühren verstießen gegen die EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie, weil der beantragte Erbschein ausschließlich zur Anmeldung der Rechtsnachfolge in die Kommanditanteile im Handelsregister benötigt worden sei. Im übrigen verstoße der Kostenansatz nach Wertgebühren im vorliegenden Fall gegen den Gleichheitssatz und sei daher verfassungswidrig. Der Kommanditanteil der Vermögensverwaltungsgesellschaft sei falsch bewertet. Da er nur durch Kündigung der Gesellschaft verwertbar sei, dürfe nur das nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages nach den Buchwerten zu errechnende wesentlich geringere Auseinandersetzungsguthaben angesetzt werden. Selbst wenn man im Rahmen der Bewertung des Anteils von den Grundstückswerten ausgehe, dürfe für diese nur der einfache steuerliche Bedarfswert, nicht der doppelte eingestellt werden.

Das Amtsgericht gab der Erinnerung keine Folge. Hiergegen legte die Beteiligte Beschwerde ein, die das Landgericht durch Beschluss vom 16.2.2001 mit der Maßgabe zurückgewiesen hat, dass die Kostenrechnung lediglich 40827,50 DM beträgt. Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit der weiteren Beschwerde.

II.

Das vom Landgericht zugelassene und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel (§ 14 Abs. 3 Satz 2 KostO) hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Ausgehend von den Vorschriften der Kostenordnung hat das Landgericht die angefallenen Gebühren zutreffend berechnet.

a) Der Geschäftswert der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen (§§ 102, 103 Abs. 1, 46 Abs. 4 KostO), der Erteilung eines Erbscheins (§ 107 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KostO) und der vorgängigen Beurkundung einer eidesstattlichen Versicherung (§ 49 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 107 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KostO) bestimmt sich jeweils nach dem Wert des reinen Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalles, also unter Abzug der Nachlassverbindlichkeiten. Für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen ist allerdings § 46 Abs. 4 Satz 2 KostO zu beachten. Danach werden Vermächtnisse, Pflichtteilsrechte und Auflagen beim Geschäftswert der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen nicht berücksichtigt (vgl. BayObLGZ 1969, 187/190). Von diesen Grundsätzen ist das Nachlassgericht und ihm folgend das Landgericht ausgegangen.

b) Fällt der Anteil an einer Kommanditgesellschaft in den Nachlass, ist er gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bewerten (BayObLG JurBüro 1990, 896/897; vgl. auch BayObLGZ 1954, 171). Auszugehen ist dabei vom Wert des Gesellschaftsvermögens (Substanzwert), da die Gesellschafter Gesamthandsinhaber dieses Vermögens sind (BayObLGZ aaO S. 174). Aus ihm ergibt sich auf der Grundlage der Höhe der Beteiligung der wert des Kommanditanteils (BayObLG JurBüro 1990, 896/897). Bei der Wertbestimmung ist das Aktivvermögen der Gesellschaft anzusetzen; die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bleiben gemäß § 18 Abs. 3 KostO außer Betracht (vgl. BayObLGZ 1969, 187/191; BayObLG JurBüro 1990, 896/897), soweit nicht das Gesetz wie in § 46 Abs. 4, § 107 Abs. 2 KostO anderes bestimmt (Korintenberg/Bengel KostO 14. Aufl. § 18 Rn. 27).

Entgegen der Auffassung der Beteiligten ist bei der Bewertung des Gesellschaftsanteils nicht die Höhe des Abfindungsanspruchs des Gesellschafters im Falle vorzeitigen Ausscheidens maßgebend. Dieser Anspruch hängt in weitem Umfang von den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag ab und gibt daher sehr häufig den wahren Wert der Beteiligung, der sich auch in ihrem Ertrag und der Höhe des Auseinandersetzungsguthabens bei Beendigung der Gesellschaft niederschlägt, nicht zutreffend wieder. Dies zeigt auch der vorliegende Fall, in dem (vgl. § 14 des Gesellschaftsvertrages), möglicherweise zur Verhinderung vorzeitigen Ausscheidens einzelner Gesellschafter, der (häufig sehr niedrige) Buchwert als Grundlage der Berechnung des Abfindungsanspruchs vereinbart wurde. Die Beteiligte übersieht, dass Anteilswerte nicht nur durch vorzeitiges Ausscheiden, sondern auch durch eine einvernehmliche Auflösung der Gesellschaft unter Verkauf des Unternehmens oder der einzelnen Gegenstände des Gesellschaftsvermögens realisiert werden können, ebenso durch Veräußerung des Gesellschaftsanteils mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter (vgl. hier § 10 des Gesellschaftsvertrags). In einem solchen Fall wird aber regelmäßig der wahre Wert des Gesellschaftsvermögens zum Tragen kommen. Es erscheint daher durchaus gerechtfertigt, diesen Wert, bezogen auf den Bewertungszeitpunkt, auch schon bei der Vererbung des Gesellschaftsanteils zu berücksichtigen.

c) Ist die Kommanditgesellschaft Eigentümerin von Grundstücken, sind diese nach § 19 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KostO zu bewerten (vgl. BayObLGZ 1969, 187/192; 2000, 189/191). Nach dieser Vorschrift sind alle ausreichenden Anhaltspunkte für einen den Einheitswert übersteigenden Wert heranzuziehen, um den Verkehrswert - als dem gemeinen Wert im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 KostO - möglichst nahe zu kommen (vgl. BayObLG JurBüro 1997, 437). Da die Beteiligte keine weiteren Unterlagen vorgelegt hat, durfte das Landgericht die Angaben der Beteiligten zur Bewertung der Grundstücke durch das Finanzamt im Erbschaftssteuerverfahren als Schätzgrundlage heranziehen und in Richtung auf den Verkehrswert korrigieren (vgl. BayObLG Rpfleger 1983, 128; JurBüro 1988, 1199/1200; BayObLGZ 1993, 173/176).

Vom Rechtsbeschwerdegericht kann diese Ermessensentscheidung nur auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden, d.h. dahin ob der Tatsachenrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend und ohne Gesetzesverletzung erforscht hat, ob die Ermessensausübung auf grundsätzlich fehlerhaften Erwägungen beruht, ob Rechtsvorschriften, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Tatumstände außer acht gelassen worden sind (Jansen FGG 2. Aufl. § 27 Rn. 24). Die Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Entscheidung unterliegt hingegen nicht der Nachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts (BayObLGZ 1976, 281/284; 1993, 173/176 f.).

Das Landgericht hat vorliegend das ihm eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Es hat bei der vorgenommenen freien Schätzung der Grundstückswerte die für die Erbschaftssteuer maßgeblichen Werte mit Ausnahme des durch Gutachten nachgewiesenen Wertes eines Grundstückes in B. nach Vornahme eines Sicherheitsabschlags von 5 % verdoppelt. Es durfte dabei davon ausgehen, dass die Grundstückswerte, welche die Beteiligte zur Ermittlung der Erbschaftssteuer auf der Grundlage der Mieterträge gemäß § 12 Abs. 3 ErbStG; § 138 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, 146 BewG im dort vorgegebenen Ertragswertverfahren errechnet und dem Finanzamt vorgelegt hatte, erheblich unter dem Verkehrswert der Grundstücke lagen. Das Ertragswertverfahren nach dem Bewertungsgesetz verwendet den Vervielfältiger 12,5, der sich an einer mit 5 % verzinslichen Kapitalanlage unter Berücksichtigung willkürlich gegriffener Abschläge orientiert, nicht aber empirische Untersuchungen des Grundstücksmarktes oder den Sachverstand von Grundstücksbewertern berücksichtigt (Seer GmbHR 1999, 64/67). Es soll daher im Durchschnitt nur Werte von rd. 50 % des Verkehrswertes erbringen (Wolf DStR 1997, 349/351; Thiel DB 1997p 64/66; Meincke ErbStG 12. Aufl. § 12 Rn. 119; Rössler/ Troll BewG 17. Aufl. § 76 a.F. Rn. 13). Von 80 % ist entgegen der vom Kostenbeamten des Amtsgerichts und im Anschluss daran von der Beteiligten geäußerten irrigen Meinung in diesem Zusammenhang nirgends die Rede. In Ballungsgebieten mit hochwertigen Grundstücken bei im Vergleich dazu niedrigen Mieterträgen sind 80 % des Bodenwerts (vgl. § 146 Abs. 6 BewG) im Regelfall mehr als der Ertragswert, so dass in solchen Fällen der Gebäudewert unberücksichtigt bleibt (vgl. Wolf aaO S. 350; Meincke aaO). Die hier zu bewertenden Grundstücke liegen fast ausschließlich in Ballungsgebieten. Die Verdoppelung der von der Beteiligten für die Bewertung durch das Finanzamt angegebenen Grundstückswerte lag daher im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Schätzungsermessens.

Der Senat hat zwar für bestimmte Fälle die Ertragswertmethode zur Ermittlung des Verkehrswertes eines Grundstückes zugelassen (vgl. BayObLGZ 2000, 189 m. w. N.). Die hierzu vom Senat aufgestellten Voraussetzungen waren hier jedoch nicht gegeben. Die Beteiligte hat Unterlagen, insbesondere für die Feststellung des Reinertrages, die ohne weiteres eine Berechnung nach den §§ 8 bis 12 WertV ermöglichen würden, nicht vorgelegt. Die bloßen Angaben der Nettomieten mögen für die Bestimmung des steuerlichen Bedarfswertes ausreichen, weil dort Vergleichsmieten aus Mietspiegeln u.ä. herangezogen werden können. Sie genügen hier nicht, da für die Feststellung des Ertragswerts auch die Aufwendungen der Gesellschaft für die Immobilien zu berücksichtigen sind. Aus der von der Beteiligten vorgelegten Aufstellung geht außerdem hervor, dass unter den zu bewertenden Immobilien auch einige Hotels sind, deren Ertrag ganz wesentlich vom jeweiligen Management abhängt (vgl. BayObLGZ 1979, 69/78). Daneben enthält die Aufstellung ein Bürocenter, eine Industriehalle und ein Einkaufszentrum, für die ähnliches gilt. Weiterhin müsste der erzielbare Ertrag im Vordergrund eines Erwerbsinteresses an den Grundstücken stehen. Hier sind jedoch Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass für einen Erwerbsinteressenten nicht nur der Ertrag, sondern auch andere Umstände ins Gewicht fallen. Insbesondere bei den Objekten mit sehr guter Stadtlage liegt eine gewinnbringende Veräußerung nach eingetretener Wertsteigerung, gegebenenfalls auch nach Aufteilung in Wohnungseigentum, nahe (vgl. BayObLGZ 2000, 189/193). Auch trägt die Beteiligte selbst vor, es handle sich bei den Kommanditgesellschaften um Abschreibungsmodelle, bei denen seit Gründung noch keine Gewinne ausgeschüttet wurden.

d) Die Verbindlichkeiten der Gesellschaften hat das Landgericht in vollem Umfang wertmindernd und dadurch zugunsten der Beteiligten berücksichtigt. Der Senat sieht insoweit im Hinblick auf das nunmehr geltende Verbot der Schlechterstellung (vgl. Korintenberg/Lappe § 14 Rn. 111 und 158, Rohs/Wedewer/ Waldner KostO § 14 Rn. 23 und 33) keinen Anlass zu einer näheren Überprüfung, auch soweit dadurch einer der Kommanditanteile wegen der das Aktivvermögen übersteigenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Ergebnis trotz fehlender Anhaltspunkte für eine persönliche Haftung der Beteiligten (vgl. § 171 HGB) nicht nur nicht werterhöhend, sondern sogar den Gesamtnachlasswert mindernd berücksichtigt worden ist.

2. Diese durch das einfache nationale Recht vorgegebene Art der Gebührenberechnung ist mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften vereinbar. Insbesondere fallen Gebühren für die Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen, die Erteilung eines Erbscheins sowie die eidesstattliche Versicherung nicht unter dag Verbot der Abgabenerhebung gemäß Art. 10 der EG-Gesellschaftssteuerrichtlinie, auch wenn im Einzelfall der Erbschein allein zum Nachweis der Rechtsnachfolge bezüglich eines Gesellschaftsanteils im Rahmen der Anmeldung zum Handelsregister benötigt wird.

a) Die Gesellschaftssteuerrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 (69/335/EWG i.d.F. der Richtlinie vom 10.6.1985, 85/303/EWG) soll die indirekten Steuern auf Ansammlung von Kapital harmonisieren. Sie ist nur auf Kapitalgesellschaften und vergleichbare Personenvereinigungen anzuwenden (Art. 3). Sie enthält Angaben zu den Vorgängen, die der Gesellschaftssteuer unterliegen, sowie zur Berechnung der Steuer. Art. 10 begründet für bestimmte Fallgestaltungen ein Verbot der Erhebung anderer Steuern oder Abgaben neben der Gesellschaftssteuer. Unter anderem bestimmt Art. 10 Buchst. c, dass, abgesehen von der Gesellschaftssteuer und den Abgaben mit Gebührencharakter für Eintragungen (Art. 12 Abs. 1 Buchst. e), die Mitgliedsstaaten von Kapitalgesellschaften keine anderen Steuern oder Abgaben auf die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität erheben, denen die Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann (vgl. BayObLGZ 1998, 303/306; 2000, 350/352).

b) Die hier fraglichen Gebühren betreffen offensichtlich nicht die in Art. 10 Buchst. a oder b der Richtlinie genannten Vorgänge. Sie fallen auch nicht unter das Verbot des Art. 10 Buchst. c. Sie werden nicht von der Gesellschaft auf der Grundlage einer der Ausübung ihrer Tätigkeit vorangehenden Eintragung oder sonstigen Formalität, der die Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann, erhoben.

aa) Von der Gesellschaft erhoben im Sinne der Richtlinie werden Gebühren für die Gesellschaft betreffende Eintragungen im Handelsregister (vgl. auch § 79 KostO; BayObLGZ 1998, 303 JurBüro 1999, 205). Der Senat geht im weiteren, unbeschadet der Frage, ob eine ausschließlich aus natürlichen Personen bestehende Vermögensverwaltungsgesellschaft überhaupt in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt (vgl. dazu Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie; Gustavus ZIP 1998, 502/503), davon aus, dass der Vorgang der Eintragung eines Gesellschafterwechsels, wie er hier von den Gesellschaftern zu veranlassen war, grundsätzlich von Art. 10 Buchst. c erfasst wird. Er stellt zwar formell kein der Tätigkeit der Gesellschaft vorangehendes Verfahren dar. Jedoch ist der Eintritt eines neuen Gesellschafters zwingend einzutragen (vgl. § 161 Abs. 2, § 107 HGB; zum Gesellschaftereintritt durch Erbgang Baumbach/Hopt HGB 30. Aufl. § 107 Rn. 1) und damit eine Bedingung für die Ausübung und Fortführung der Gesellschaftstätigkeit. Dies genügt (vgl. EuGH WM 1998, 2193/2195 f. "Fantask"; zuletzt ZIP 2001, 1145/1147 "Sonae"). Dieser Vorgang ist jedoch nicht die Grundlage der hier in Frage stehenden Gebühren.

bb) Der Eintragung gleich stellt Art. 10 Buchst. c sonstige Formalitäten, denen die Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann. Die Geschäftsvorgänge, die hier die Grundlage der Gebührenerhebung bilden (Testamentseröffnung und Durchführung eines Erbscheinsverfahrens) sind keine solchen Formalitäten, auch wenn sie der Gesellschafter mit dem Ziel durchführt, im Registerverfahren für die Eintragung des Gesellschafterwechsels zum Nachweis des Übergangs eines Kommanditanteils durch Erbgang einen Erbschein vorlegen zu können.

Die Kosten für einen solchen Erbschein hat nach dem Gesetz niemals die (nicht antragsberechtigte, vgl. § 2353 BGB, Palandt/Edenhofer BGB 60. Aufl. § 2353 Rn. 12 f.) Gesellschaft, sondern allein derjenige zu tragen, der den Erbschein beantragt hat (§ 2 Nr. 1 KostO). Dies kann, muss aber nicht der einzelne anmeldepflichtige Gesellschafter (vgl. BayObLG Rpfleger 1977, 321; DNotZ 1979, 109/111) sein. Die Gesellschaft kann von dem Gesellschafter lediglich bei Bedarf die Vorlage des (möglicherweise bereits aus anderen Gründen vorhandenen) Erbscheins verlangen, damit die Anmeldung durchgeführt werden kann.

§ 12 Abs. 2 Satz 2 HGB verlangt für die Eintragung auch nicht zwingend die Vorlage eines Erbscheins. Vielmehr genügt der Nachweis der Rechtsnachfolge "soweit tunlich durch öffentliche Urkunden". Dies kann auch eine öffentlich beurkundete Verfügung von Todes wegen sein (Baumbach/Hopt § 12 Rn. 5). Es sind daher aus der Privatsphäre des Gesellschafters stammende Umstände dafür maßgebend, ob für die Eintragung überhaupt ein Erbschein benötigt wird und damit beschafft werden muss.

Die Gesellschaft ist der Formalität der Vorlage eines Erbscheins nicht aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen. § 12 Abs. 2 Satz 2 HGB verlangt den Nachweis der Rechtsnachfolge "soweit tunlich durch öffentliche Urkunden" von jedem Rechtsnachfolger unabhängig von seiner Rechtsform. Auch wenn dies allein die Anwendung des Art. 10 Buchst. c der Richtlinie nicht ausschließen mag (vgl. OLG Köln BB 2000, 370/371), muss doch mindestens ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der Formalität und der Rechtsform der Gesellschaft vorhanden sein, die Formalität muss an einen für die Betätigung der Gesellschaft und ihre Struktur typischen Vorgang anknüpfen (OLG Köln aaO). Das Verfahren zur Beschaffung eines Erbscheins ist jedoch seiner Art nach der privaten Lebensführung des Gesellschafters, nicht der Sphäre der Gesellschaft zuzurechnen. Die durch einen Erbschein ausgewiesene Rechtsstellung bezieht sich regelmäßig auf den gesamten Nachlass, nicht auf einen einzelnen Gegenstand wie den Kommanditanteil, der unter Umständen nicht einmal in den Nachlass fällt (vgl. zum Streitstand Baumbach/Hopt § 139 Rn. 14). Das Landgericht zieht insoweit zu Recht eine Parallele zu der Senatsentscheidung vom 28.10.1999 (Rpfleger 2000, 128). Der Senat hat dort dargelegt, dass die Übergabe einer letztwilligen Verfügung in die besondere amtliche Verwahrung und die spätere Eröffnung des Testaments nicht dadurch zur Angelegenheit einer Gesellschaft werden, dass Anteile an letzterer zum Nachlass gehören.

Der Umstand, dass nach dem Vorbringen der Beteiligten der Erbschein allein zum Zwecke des Nachweises der Rechtsnachfolge bezüglich des Gesellschaftsanteils gegenüber dem Registergericht beantragt wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Das Landgericht hat diesen Umstand zwar als richtig unterstellt, obwohl ausweislich des Nachlassverzeichnisses außer dem Kommanditanteil Guthaben bei Sparkassen bzw. Banken, Wertpapiere und Lebensversicherungen von zum Teil erheblichem Wert zum Nachlass gehörten. Dies ändert aber nichts daran, dass der Erbschein eine Rechtsnachfolge in den gesamten Nachlass ausweist und auch von der Beteiligten in dieser Weise genutzt werden kann. Das Kostenrecht kennt zwar Privilegierungen für Erbscheine, die nur bestimmten Zwecken dienen (§ 107 Abs. 3 und 4, § 107a KostO). Eine solche besteht aber nicht für den Zweck des Nachweises einer Rechtsnachfolge gegenüber dem Registergericht. § 107 Abs. 3 und 4 KostO kann auf diesen Fall nicht entsprechend angewandt werden (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1991, 60/61; a.A. Korintenberg/Lappe § 107 Rn. 59, Lappe in der Anmerkung zu der genannten Entscheidung in Kostenrechtsprechung Nr. 36). Der Ausnahmecharakter der gesetzlich vorgesehenen Privilegierungsfälle verbietet eine Analogie. Es ist Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welchen Fällen eine Privilegierung vorgesehen oder davon abgesehen werden soll.

c) Der Europäische Gerichtshof hat in seinen Entscheidungen zur Anwendung der Gesellschaftssteuerrichtlinie (vgl. z.B. WM 1998, 2193 "Fantask"; zuletzt ZIP 2,001, 1145 "Sonae") auch keinen allgemeinen Grundsatz dahin aufgestellt, dass die Mitgliedsstaaten generell keine Gebühren für staatliche Leistungen erheben dürften, die über die Kosten für die jeweilige Leistung hinausgehen. Die Entscheidungen beschränken sich, ebenso wie diejenigen vom 29.9.1999 (ZIP 1999, 1681/1683) und vom 26.9.2000 (GmbHR 2000, 1154), auf die Auslegung der Gesellschaftssteuerrichtlinie und die von dieser Richtlinie erfassten Abgabentatbestände. Auf andere Sachverhalte können sie nicht übertragen werden. Die Urteilsgründe enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gerichtshof die Erhebung von Gebühren auch in Bereichen beschränken wollte, die in der Richtlinie nicht geregelt sind (vgl. BayObLG NJW-RR 2000, 736 = Rpfleger 2000, 128).

d) Eine Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (vgl. Art. 234 Abs. 3 EGV) besteht entgegen der Auffassung der Beteiligten nicht. Es bestehen keine Zweifel an der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, vielmehr geht es nur um die Subsumtion von Sachverhalten unter Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, deren Auslegung der Europäische Gerichtshof bereits vorgenommen hat. In den zahlreichen Entscheidungen des Gerichtshofs (vgl. neben den bereits genannten noch EuGH Urt. vom 11.12.1997 Slg. 1997, 1-7116; Urt. vom 5.3.1998 NZG 1998, 277; Urt. vom 21.9.2000 NZG 2000, 1115) finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Gebühren, die für ihrer Art nach der privaten Sphäre eines Gesellschafters, nicht der Sphäre der Gesellschaft zuzuordnende Vorgänge (hier: Testamentseröffnung, Erteilung eines Erbscheins und Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung in dem entsprechenden Verfahren) erhoben werden, allein deshalb in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, weil der Gesellschafter (nicht die Gesellschaft) gehalten ist, das Ergebnis dieses Vorgangs (hier: den Erbschein) auch im Zusammenhang mit einem die Gesellschaft betreffenden Vorgang (hier: die Eintragung der Rechtsnachfolge) zu verwenden.

3. Die Berechnung der Gebühren nach dem durch den Wert des Nachlasses bestimmten Geschäftswert ist mit dem nationalen Verfassungsrecht vereinbar. Die Verknüpfung der Höhe der Gebühr mit dem Wert des Geschäfts (§ 18 Abs. 1 KostO) verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom 6.12.2000 (BayObLGZ 2000, 350) bezogen auf die Gebühren für Grundbucheintragungen eingehend mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit von Wertgebühren auseinandergesetzt und diese bejaht. Zu Einzelheiten, insbesondere zur von der Beteiligten angesprochenen Frage der Gleichbehandlung der unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallenden Geschäfte mit anderen Geschäften, wird auf die Begründung dieser Entscheidung verwiesen. Die dort dargestellten Überlegungen gelten auch für die Wertgebühren in Nachlasssachen. In noch stärkerem Maße als in Grundbuchsachen korrespondiert hier die Leistungsfähigkeit der Beteiligten mit dem Geschäftswert. Während etwa der Erwerber eines Grundstücks auch den Kaufpreis aufzubringen hat und dadurch möglicherweise durch die daran orientierten hohen Gebühren für die Eintragung in besonderem Maß belastet ist, fällt dem Erben der Nachlass zu, ohne dass er mit einer aus dem eigenen Vermögen zu erbringenden Gegenleistung belastet würde.

4. Eine Entscheidung über die Kosten ist im Hinblick auf § 14 Abs. 5 KostO nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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