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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.02.2000
Aktenzeichen: 4 St RR 11/00
Rechtsgebiete: BtMG, StPO
Vorschriften:
BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
StPO § 267 |
BayObLG Beschluß
LG Augsburg
03.02.00
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Augsburg verurteilte den Angeklagten am 7.4.1998 wegen drei sachlich zusammentreffender Vergehen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung rechtlich zusammentreffend mit versuchter Nötigung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr. Die Berufung des Angeklagten gegen dieses Urteil verwarf das Landgericht Augsburg am 20.8.1999 mit der Maßgabe als unbegründet, dass der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit einem der drei Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln steht.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung des materiellen Rechts.
II.
Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) und teilweise begründet.
1. Das Rechtsmittel ist offensichtlich unbegründet im Sinn des § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen die Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (kommissionsweise Übergabe von 12 Gramm bzw. 13 Gramm Haschischgemisch im August 1997 an den Zeugen Körner) und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung richtet. Die Überprüfung des Schuldspruchs aufgrund der Sachrüge deckt insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Auch die hierfür festgesetzten Einzelstrafen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
2. Der Schuldspruch wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln (Erhalt von 50 Gramm Haschisch und 0,2 Gramm Heroin im Jahre 1997) kann jedoch nicht bestehen bleiben, weil der Schuldumfang nicht feststeht. Damit entfällt auch der Gesamtstrafenausspruch.
2.1 Das Landgericht hat hierzu folgende Feststellungen getroffen:
Zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 1997 erwarb der Angeklagte im Raum Augsburg von einer nicht sicher feststellbaren Person 50 g Haschisch zum Preis von 250 DM und erhielt außerdem 2 g Heroin (richtig: 0,2 Gramm) geschenkt. Der Angeklagte verfolgte dabei das Ziel, einen Teil des Haschisch möglicherweise selbst zu konsumieren. Er verfolgte aber hauptsächlich das Ziel, den größten Teil, bei sich bietender Gelegenheit auch die gesamte Ware des Haschisch gewinnbringend weiterzuveräußern (BU S. 14/15).
2.2 Wird Rauschgift teils zur Deckung des Eigenbedarfs, teils zur gewinnbringenden Veräußerung erworben, so müssen die Feststellungen ergeben, welche Mindestmenge zum Handeltreiben und welche Höchstmenge zum Eigengebrauch vorgesehen war. Hierüber hätte sich das Landgericht, erforderlichenfalls in Anwendung des Zweifelssatzes, Klarheit verschaffen müssen. Die Schuld des Angeklagten ist nämlich in dem Maße geringer, in dem andere Personen - wegen des Eigenkonsums des Angeklagten - durch das Betäubungsmittel nicht gefährdet sind (vgl. BGHR BtMG § 29 - Strafzumessung 11; BGH bei Schoreit NStZ 1993, 326/330; Körner BtMG 4. Aufl. § 29 Rn. 268, 359, 386 m. w. N.).
Die Feststellungen des Landgerichts hierzu sind widersprüchlich. Nach dem festgestellten Sachverhalt soll der Angeklagte nämlich einerseits das Ziel verfolgt haben, möglichst einen Teil des Haschisch selbst zu konsumieren. In diese Richtung zielt die Einlassung des Angeklagten, der angibt, er habe von den ursprünglich 50 Gramm Haschisch (40 Gramm wurden bei ihm noch aufgefunden) bereits 10 Gramm selbst verbraucht und habe auch den Rest selbst konsumieren wollen; ferner die Feststellung des Landgerichts, der Angeklagte sei Betäubungsmittelkonsument. Andererseits soll der Angeklagte nach Meinung des Landgerichts aber hauptsächlich bestrebt gewesen sein, den größeren Teil, wenn nicht die gesamte Menge, gewinnbringend zu verkaufen. Diesen Schluss stützt das Landgericht ersichtlich auf den Umstand, dass der größere Teil des aufgefundenen Rauschgifts bereits in Gramm-Stücke verpackt war, der Angeklagte über zwei Feinwaagen verfügte und darüber hinaus bei ihm Unterlagen gefunden wurden, die darauf hindeuten, er veräußere in größerem Stil Kleinmengen an Rauschgift. Diese Fakten hätte das Landgericht unter Würdigung der Einlassung des Angeklagten einer zusammenfassenden Bewertung zur Klärung der Frage unterziehen müssen, welche Rauschgiftmenge der Angeklagte maximal selbst konsumieren wollte und welche Menge er mindestens verkaufen wollte. Nur dann wäre der Schuldumfang hinsichtlich des Vorwurfs des unerlaubten Handeltreibens einerseits und des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln andererseits ausreichend bestimmt und als Grundlage der Rechtsfolgenentscheidung geeignet gewesen.
III.
Wegen des dargelegten Mangels (§ 337 StPO) wird daher auf die Revision des Angeklagten das angefochtene Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufgehoben (§ 353 StPO). Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO). Die weitergehende Revision des Angeklagten war als unbegründet zu verwerfen.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO durch einstimmig gefassten Beschluss und, soweit die Revision verworfen wurde, auf Antrag der Staatsanwaltschaft.
Ende der Entscheidung
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