Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 19.12.2003
Aktenzeichen: 4 St RR 149/03
Rechtsgebiete: WaffG


Vorschriften:

WaffG (1976) § 28 Abs. 2 (§ 17 WaffG 2002)
Wenn die Verwaltungsbehörde einem Waffensammler erlaubt, einen ganz bestimmten Typ einer Waffe zu sammeln, können hierunter bei einer technisch-wissenschaftlichen Ausrichtung der Sammlung oder bei einer Sammlung unter kulturhistorischen Aspekten auch solche Waffen als Sammlerstücke fallen, die nicht im Ursprungsland der Waffe gefertigt oder im von der Erlaubnis bestimmten Zeitraum tatsächlich verwendet wurden.
Tatbestand:

I.

Das Schöffengericht bei dem Amtsgericht sprach den Angeklagten des Vertriebs und des Besitzes einer vollautomatischen Selbstladewaffe in Tateinheit mit dem Besitz einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe und mit unerlaubtem Bearbeiten und Herstellen einer Schusswaffe schuldig. Es verurteilte ihn deswegen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen.

Auf die Berufung des Angeklagten änderte das Landgericht dieses Urteil dahingehend ab, dass der Angeklagte wegen rechtlich zusammentreffender Vergehen des verbotenen Besitzes von Waffen, der Bearbeitung einer Waffe und des Handelns mit einer Waffe schuldig gesprochen und deswegen zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt wurde. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde als unbegründet verworfen.

Mit ihren Revisionen rügen die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte die Verletzung des materiellen Rechts; der Angeklagte beanstandet darüber hinaus auch das Verfahren. Beide Revisionen hatten Erfolg.

II.

Gründe:

A. Revision der Staatsanwaltschaft

1. Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) und begründet.

Zwar beschränkt sich das Rechtsmittel auf die rechtliche Einordnung der tatsächlichen Gewaltausübung über einen funktionsfähigen Lauf eines Maschinengewehrs. Eine solche Beschränkung ist jedoch nicht zulässig. Nach allgemeiner Auffassung kommt innerhalb eines Schuldspruch bezüglich einer einheitlichen Tat eine Teilanfechtung nicht in Betracht. Insoweit fehlt es an einer Trennbarkeit der Beschwerdepunkte (vgl. BayObLG NStZ 1988, 570; Ruß in KK StPO 5. Aufl. § 318 Rn. 6 m.w.N.). Das hat zur Folge, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft - auch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - zur Überprüfung des gesamten Urteils führt. Diese Prüfung er- gibt, dass die Feststellungen den Schuldspruch nicht tragen.

2. Nach dem Sachverhalt, den die Strafkammer zugrunde gelegt hat und der die alleinige Prüfungsgrundlage des Revisionsgerichts bildet, befand sich der Angeklagte am 22.11.2000 im Besitz verschiedener Waffen.

2.1 So besaß er unter anderem einen Karabiner K 98 in Form eines zwischenzeitlich umgearbeiteten Salutgewehrs, das über einen fabrikmäßigen Lauf verfügte und als Schusswaffe voll funktionsfähig war. Die Waffe bestand aus Bauteilen tschechischer, spanischer und kolumbianischer Modellreihen des Typs K 98, u.a. aus tschechischer Fabrikation. Der Angeklagte hatte das Gewehr im August/September 2000 beim Abriss eines Gebäudes gefunden und anschließend mit einem Schaft und einem Verschluss versehen. Er wusste, dass die Waffe nicht mehr über die technischen Voraussetzungen einer Salutwaffe verfügte und damit auch nicht mehr waffenbesitzkartenfrei war. Ebenso hat er gewusst, dass er den Karabiner unerlaubt komplettierte (BU S. 5/6).

2.2 Daneben war der Angeklagte im Besitz eines Maschinengewehrs MG 34, für das vier Verschlussköpfe und drei Läufe vorhanden waren, von denen jedoch jeweils einer unbrauchbar gemacht worden war. Am Maschinengewehr fehlte der Haltebolzen für die Abzugseinrichtung. Sämtliche Teile befanden sich optisch und technisch in schlechtem Zustand. Dennoch war das MG nach Komplettierung mit einem funktionsfähigen Lauf aus dem Bestand des Angeklagten und nach Verwendung eines Verschlusses und eines Haltebolzens aus der Arbeitssammlung des Bayerischen Landeskriminalamts als halb- und vollautomatische Schusswaffe voll funktionsfähig.

Vom Angeklagten war das MG mit dem funktionsfähigen Lauf am 21.11.2000 einem verdeckten Ermittler zum Kaufpreis von 2.500 DM angeboten worden. Zu einem Vertragsschluss kam es nicht.

Die beim Angeklagten sichergestellten Verschlüsse waren nicht verwendbar. Der weitere bei ihm gefundene MG-Lauf konnte erst nach technischer Bearbeitung durch das BLKA in das MG eingebaut werden. Er war jedoch, unter anderem wegen starker Verrostung, nur zum Abfeuern einzelner Schüsse geeignet.

Der Angeklagte rechnete damit, dass er das MG 34 zumindest wegen des einen scharfen Laufes in verbotener Weise in Besitz hatte. Ihm war jedoch nicht bewusst, dass das - bis auf den scharfen Lauf - verrostete MG 34, das erst mit weiteren hinzugefügten Teilen schussfähig war, als halb- bzw. vollautomatische Schusswaffe angesehen werden konnte (BU S.5/6).

3. Die rechtliche Bewertung des festgestellten Sachverhalts durch die Strafkammer hält der umfassenden sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand. Diese bestimmt sich grundsätzlich nach dem zur Tatzeit geltenden Recht (§ 2 Abs. 1 StGB). Das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts (nachfolgend WaffG n.F.) ist, von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen, erst am 1.4.2003 in Kraft getreten (vgl. BGBl I 2002 S. 3970, 4013). Damit galt zur Tatzeit grundsätzlich das Waffengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976 (BGBl I S. 432), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 21. November 1996 (BGBl. I S. 1779), nachfolgend WaffG a.F. Das führt zu folgender Bewertung:

3.1 Lauf eines Maschinengewehrs MG 34

§ 6 Abs. 3 erster Halbsatz WaffG a.F. bestimmt, dass auf Kriegswaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (KWKG) das Waffengesetz nicht anzuwenden ist. Auf tragbare Schusswaffen nach dem KWKG werden jedoch die Regelungen nach § 4 Abs. 4, §§ 35, 36, 37 Abs. 1 und 2, §§ 39, 42, 45 bis 52 und die Abschnitte IX und X WaffG a.F. angewendet (§ 6 Abs. 3 zweiter Halbsatz WaffG a.F.). Die Kriegswaffeneigenschaft von Waffen erschließt sich wiederum aus § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. dessen Anlage 1 - Kriegswaffenliste. Diese bestimmt in ihrem Teil B V Nr. 29 a, dass Maschinengewehre, ausgenommen solche mit Wasserkühlung, Kriegswaffen sind. Beim MG 34, einer tragbaren Schusswaffe, mit der sowohl auf dem Boden liegend als auch aus der Bewegung heraus gefeuert werden konnte (vgl. Waffen-Revue 1982, 6982/6983), handelt es sich daher um eine Kriegswaffe. Die Strafkammer hat jedoch zu Recht die vom Angeklagten verwahrten Teile eines MG 34 in ihrer Gesamtheit nicht als Kriegswaffe im Sinne des KWKG angesehen, weil diese erst durch die Komplettierung mit einem wesentlichen Teil, einem Verschluss, funktionsfähig gemacht werden konnte (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1987, 565, 566). Allerdings war der Angeklagte auch im Besitz eines voll funktionsfähigen Laufes für ein MG 34. Ein solches Bauteil gilt gleichfalls als Kriegswaffe (vgl. Kriegswaffenliste Teil B V Nr. 34). Für den Kriegswaffenbegriff eines funktionsfähigen Bauteils reicht es aus, wenn es gattungsmäßig in der Kriegswaffenliste erfasst ist (ständige Rechtsprechung des BayObLG, vgl. die Nachweise bei Pottmeyer KWKG 2. Aufl. § 1 Rn. 17 ff.).

Nach der Regelung des WaffG a.F. hat der Angeklagte daher durch den Besitz eines funktionsfähigen MG-Laufes die tatsächliche Gewalt über einen verbotenen Gegenstand nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 d WaffG a.F. ausgeübt und dadurch den Straftatbestand des § 52 a Abs. 1 Nr. 1 WaffG a.F. in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

3.2 MG 34 - Verkaufsangebot

Durch das Angebot des Angeklagten, die gesamten vorhandenen MG-Teile, darunter auch den funktionsfähigen Lauf, für 2.500 DM an einen Kaufinteressenten zu veräußern, hat er gegen das Vertriebsverbot des § 37 Abs. 1 Nr. 1 d WaffG a.F. verstoßen. Auch das erfüllt den Straftatbestand des § 52 a Abs. 1 Nr. 1 WaffG a.F.

Die Rechtsauffassung der Strafkammer, durch den Besitz eines funktionsfähigen Laufes eines Maschinengewehres wie auch durch das Verkaufsangebot der Maschinengewehrteile habe sich der Angeklagte nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WaffG n.F. strafbar gemacht, trifft jedoch nicht zu. § 57 Abs. 1 WaffG n.F. bestimmt, dass das neue Waffenrecht nicht mehr für Kriegswaffen im Sinne des KWKG gilt. Das hat zur Folge, dass nach dem Inkrafttreten des neuen Waffenrechts die unerlaubte Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe nach § 22 a Abs. 1 Nr. 6 KWKG zu beurteilen ist. Allerdings enthalten die Strafvorschriften des KWKG keine Regelung zum unerlaubten Vertrieb einer Kriegswaffe. Die Bestimmung des § 22 a Abs. 1 Nr. 7 KWKG ist insoweit nicht einschlägig. Dieser Umstand ist jedoch bei der Prüfung der Frage von Bedeutung, ob beim Angeklagten wegen des Besitzes und des Vertriebs einer Kriegswaffe altes Recht (§ 52 a Abs. 1 Nr. 1 WaffG a.F.) oder neues Recht (§ 22 a Abs. 1 Nr. 6 KWKG) - beide Bestimmungen weisen den gleichen Strafrahmen auf - anzuwenden ist. Da die Neuregelung des Waffenrechts zu einer für den Angeklagten günstigeren Situation geführt hat, ist er insoweit ausschließlich wegen des unerlaubten Besitzes einer Kriegswaffe zu bestrafen (§ 2 Abs. 3 StGB).

Demgegenüber trifft die Auffassung der Revision des Angeklagten nicht zu, das KWKG sei wegen der Neufassung der Kriegswaffenliste zum 1.4.2003 nicht anwendbar. Zwar ist es richtig, dass vollautomatische Gewehre, die als Modell vor dem 2.9.1945 bei einer militärischen Streitmacht eingeführt worden sind, nicht mehr dem KWKG unterliegen. Die Kriegswaffenliste unterscheidet jedoch weiterhin zwischen Maschinengewehren (Kriegswaffenliste Teil B V Nr. 29 a i.V.m. Nr. 34) und vollautomatischen Gewehren (Kriegswaffenliste Teil B V Nr. 29 b i.V.m. Nr. 34). Auf Maschinengewehre wurde aber das für voll- und halbautomatische Gewehre geltende Zeitlimit nicht erstreckt.

3.3 Komplettieren eines Karabiners K 98

Die Bewertung der Strafkammer, der Angeklagte habe durch das Komplettieren des aufgefundenen K 98 eine Schusswaffe bearbeitet, trifft nicht zu.

Nach § 53 Abs. 3 Nr. 1 c WaffG a.F. macht sich derjenige strafbar, der entgegen § 41 Abs. 1 Satz 1 WaffG a.F. eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instandsetzt. Mit den Begriffen des Bearbeitens und Instandsetzens werden jedoch nur Arbeitsvorgänge an einer bereits vorhandenen Schusswaffe bezeichnet. Das ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Satz 1 WaffG (vgl. hierzu Steindorf in Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze WaffG - Stand: 15.2.2002 - § 7 Rn. 16).

Hersteller einer Waffe ist hingegen derjenige, der eine Schusswaffe aus beschafften wesentlichen Teilen im Sinne des § 3 Abs. 1 - 3 WaffG a.F. zusammensetzt (vgl. Steindorf § 7 Rn. 8). In diesem Sinn hat der Angeklagte dadurch, dass er das aufgefundene unvollständige Gewehr K 98 mit einem vorhandenen oder beschafften Verschluss und einem Schaft versah, eine Schusswaffe hergestellt. Von diesem Begriff des Herstellens lässt sich auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) leiten, wenn sie in Nr. 7.4 darauf verweist, dass unter dem Begriff des Herstellens auch das Zusammensetzen fertiger wesentlicher Teile zu einer Schusswaffe gehört. Das gleiche Ergebnis ergibt sich aus Nr. 41.1 WaffVwV (vgl. hierzu auch Apel Waffenrecht 2. Aufl. § 7 Rn. 6 a). Entgegen der Meinung der Revision ist Nr. 41.1 WaffVwV insoweit nicht missverständlich formuliert. Findet jemand, wie der Angeklagte, eine unvollständige und damit funktionsunfähige Schusswaffe und versieht er diese mit einem fehlenden wesentlichen Teil, hier einem Verschluss, den er sich anderweitig beschafft hat, so setzt er damit vorhandene Bauteile zu einer funktionsfähigen Waffe zusammen. Dieser Vorgang wird auch nach dem Sprachgebrauch als Herstellen einer Waffe bezeichnet.

Damit steht fest, dass sich der Angeklagte insoweit des unerlaubten Herstellens einer Waffe im Sinne des § 53 Abs. 3 Nr. 1 c WaffG a.F. schuldig gemacht hat. Eine vergleichbare Strafbestimmung findet sich auch im neuen Waffenrecht (vgl. dort § 52 Abs. 1 Nr. 1). Wegen des insoweit höheren Strafrahmens (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren), verbleibt es bei der Anwendung des alten Rechts.

3.4 Unerlaubter Waffenbesitz (Karabiner K 98)

3.4.1 Der Angeklagte hat durch das Auffinden und das Ansichnehmen eines unvollständigen, jedoch mit einem funktionsfähigen Lauf versehenen Karabiners K 98 eine Schusswaffe erworben (§ 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 1 WaffG a.F.) und er hat in der Folgezeit auch die tatsächliche Gewalt über diese Waffe ausgeübt. Ein solcher Vorgang ist waffenbesitzkartenpflichtig, denn nach der Bestimmung des § 28 WaffG a.F. bedarf derjenige, der eine Schusswaffe erwerben und die tatsächliche Gewalt über sie ausüben will, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Diese Erlaubnis wird durch eine Waffenbesitzkarte erteilt, die auf eine bestimmte Zahl und Art von Schusswaffen ausgestellt ist (§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 WaffG a.F.). Waffensammlern kann die Erlaubnis zum Erwerb von Schusswaffen unbefristet und für bestimmte Arten von Waffen erteilt werden (§ 28 Abs. 2 Satz 2 WaffG a.F.). Ein Waffensammler hat bei der Prüfung des Bedürfnisses für die Erteilung einer Sammlerwaffenbesitzkarte nur glaubhaft zu machen, dass er wissenschaftlich oder technisch tätig ist oder eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung anlegen will (§ 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG a.F.).

3.4.2 Durch die ihm erteilte Sammlerwaffenbesitzkarte war der Angeklagte zum Erwerb und zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über die von preußischen und deutschen Truppenverbänden geführten Kurz- und Langwaffen von 1941 (richtig: 1841) bis 1945 (inklusive Beutewaffen der Liste 50/D 1) befugt (BU S. 4 unten).

Der Senat hat insoweit ausschließlich zu prüfen, ob in Auslegung der durch die Sammlerwaffenbesitzkarte erteilten Berechtigung die verfahrensgegenständliche Waffe unter jene Waffen fällt, die der Angeklagte sammeln darf. Er hat nicht zu prüfen, ob die Sammlung des Angeklagten als wissenschaftlich-technische oder kulturhistorisch bedeutsame Sammlung im Sinne des Waffengesetzes und der hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften (vgl. WaffVwV Nr. 32.4.1 ff.) anzusehen ist. Diese am Wortlaut des Inhalts der Waffenbesitzkarte orientierte Auslegung ergibt, dass die zuständige Verwaltungsbehörde dem Angeklagten ein überaus breites Sammlungsgebiet erlaubt hat. Der Begriff "der von ... deutschen Truppenverbänden geführten ... Waffen" stellt nicht zwingend darauf ab, dass die in das Sammlergebiet fallenden Waffen in Deutschland hergestellt oder von deutschen Truppen tatsächlich benutzt wurden. "Geführte Waffen" in diesem Sinne sind alle bei der Truppe "eingeführten" Typen von Kurz- oder Langwaffen, die durch entsprechende Anweisungen der zuständigen Heeresbehörden für den Gebrauch in der Truppe zugelassen waren. Um eine solche eingeführte Waffe handelt es sich bei dem Karabiner K 98, einem kurzen Militärgewehr, dessen Entwicklung, wie die Bezeichnung "98" aussagt, bis in das Jahr 1898 zurückgeht. Dem Senat ist insoweit bekannt, dass der Karabiner K 98 vor Beginn des 2. Weltkriegs als Standardwaffe im deutschen Heer eingeführt und in mehreren Varianten, unter anderem als K 98 b und K 98 k, während des 2. Weltkrieges mehrfach abgeändert wurde. Diese Waffe wurde, wie auch die Feststellungen ausweisen, vielfach von Lizenznehmern in anderen Ländern gefertigt. Wenn es dem Sammler von der Verwaltungsbehörde aber erlaubt wird, einen ganz bestimmten Typ einer Waffe zu sammeln, können hierunter bei einer technisch-wissenschaftlichen Ausrichtung der Sammlung oder bei einer Sammlung unter kulturhistorischen Aspekten auch solche Stücke als Sammlerstücke fallen, die nicht im Ursprungsland der Waffe gefertigt oder im Sammlungszeitraum tatsächlich verwendet wurden. Letzteres ließe sich auch nur mit einem völlig unverhältnismäßigen Aufwand belegen. Für eine waffentechnische Sammlung kann es insoweit von Bedeutung sein, dass sowohl die technische Entwicklung wie auch die geografische Verbreitung einer Waffe belegt werden können. Insbesondere für die Darstellung der technischen Entwicklung ist es, sofern es sich um Bauteile handelt, die grundsätzlich dem Ausgangsmodell entsprechen, nicht von Bedeutung, ob die Bauteile eines bestimmten Waffentyps nur in dem in der Erlaubnis genannten Zeitraum oder später hergestellt oder verwendet wurden. Die Sammlergeeignetheit der verfahrensgegenständlichen Waffe kann deshalb nicht mit dem Argument verneint werden, sie bestünde aus unterschiedlichen nationalen Modellreihen oder Herstellungsprozessen und sei deshalb nicht sammlungswürdig. Diese Umstände mögen den Sammlerwert beeinflussen, sie tangieren jedoch nicht die Sammlungsgeeignetheit. Für diese weite Auslegung des Umfangs der Sammlerwaffenbesitzkarte spricht auch die einschlägige Regelung der WaffVwV, wenn sie nach der der Aufzählung der unterschiedlichen systematischen Gesichtspunkte, nach denen eine Sammlung geführt werden kann, zum Ausdruck bringt, dass "die vorstehende Aufzählung möglicher Sammlungen nicht erschöpfend ist" (WaffVwV Nr. 32.4.3). Eine einschränkende Auslegung zu Lasten des Angeklagten verbietet sich daher nicht nur, weil die erteilte Erlaubnis hinsichtlich des Umfangs der von ihr erfassten Waffen mehrere Interpretationen zulässt, sondern auch deshalb, weil die Waffenbesitzkarte ihrem Inhalt nach keinen erkennbaren restriktiven Charakter hat. Auch der mit dem Waffengesetz verfolgte Zweck, die mit dem Besitz von Waffen immer einhergehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit so gering wie möglich zu halten, steht der vom Senat zu Gunsten des Angeklagten vorgenommenen Interpretation des Inhalts der Sammlerwaffenbesitzkarte nicht entgegen. Durch die Einführung der Sammlerwaffenbesitzkarte hat der Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, dass sich Privatpersonen umfangreiche Waffensammlungen anlegen können, soweit die Bedürfnisprüfung zu ihren Gunsten ausfällt. Die zuständige Verwaltungsbehörde hat allerdings zur Reduzierung der von Waffensammlungen ausgehenden Gefahren jederzeit die Möglichkeit, eine einmal erteilte Waffenbesitzkarte durch entsprechende Auflagen einzuschränken (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 5 WaffG a.F.). Damit ist dem Schutzbedürfnis der Öffentlichkeit weitgehend Genüge getan. Die Bestimmungen des neuen Waffenrechts (vgl. § 17 WaffG n.F.) weichen insoweit im Grundsatz von der bisherigen Regelung nicht ab. Der Erwerb und die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über den verfahrensgegenständlichen Karabiner K 98 waren deshalb entgegen der Auffassung der Strafkammer durch die Sammlerwaffenbesitzkarte des Angeklagten gedeckt.

4. Der Senat kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin den Schuldspruch dahingehend abändern, dass der Angeklagte des unerlaubten Herstellens einer Schusswaffe, rechtlich zusammentreffend mit der unerlaubten Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe, schuldig ist. Insoweit war der Angeklagte geständig; eine wirksame andere Verteidigung als bisher vorgenommen wäre für ihn nicht möglich gewesen (vgl. zur Schuldspruchänderung Kuckein in KK StPO 5. Aufl. § 354 Rn. 15).

Soweit der Angeklagte durch die unterbliebene Anmeldung der aufgefundenen Waffe (vgl. § 28 Abs. 7 Satz 1 WaffG a.F.) auch den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 15 WaffG a.F. erfüllt hat, greift zu seinen Gunsten die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 1 OWiG ein.

Wegen der mit der Änderung des Schuldspruchs verbundenen Einschränkung des Schuldumfangs kann der Rechtsfolgenausspruch des angegriffenen Urteils allerdings nicht bestehen bleiben. Dieser muss neu bestimmt werden. Er darf allerdings entgegen der Auffassung der Strafkammer nicht dadurch zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst werden, dass diesem auch der unerlaubte Besitz eines weiteren MG-Laufes zur Last gelegt wird, aus dem nur noch Einzelschüsse abgegeben werden konnten (vgl. BU S. 9 Mitte). Der Besitz dieses Bauteils ist nicht strafbar. Der Lauf eines MG, das weder zum voll- noch zu halbautomatischen Betrieb geeignet ist, weist keine Kriegswaffeneigenschaft mehr auf. Es handelt sich bei einem solchen Bauteil auch nicht um den wesentlichen Teil einer Schusswaffe nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 WaffG a.F.

B. Revision des Angeklagten

1. Die Revision des Angeklagten ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO) und teilweise begründet. Das beschränkte Rechtsmittel führt gleichfalls zur unbeschränkten Überprüfung des angegriffenen Urteils (vgl. hierzu oben II. A 1).

2. Das Rechtsmittel ist auf die Sachrüge hin aus den gleichen Gründen erfolgreich, aus denen sich auch schon die Begründetheit des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft ergibt. Es ist allerdings unbegründet, soweit sich der Angeklagte gegen die Verurteilung wegen des Herstellens einer Schusswaffe richtet (vgl. hierzu II. A 3.3). Die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge bezieht sich hierauf nicht.



Ende der Entscheidung

Zurück