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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Urteil verkündet am 01.04.2003
Aktenzeichen: 4 St RR 15/03
Rechtsgebiete: AuslG, SGB III, VwGO


Vorschriften:

AuslG § 14
AuslG § 56 Abs. 3
AuslG § 69 Abs. 2 Satz 1
AuslG § 69 Abs. 3
AuslG § 92 Abs. 1 Nr. 1
AuslG § 92 Abs. 1 Nr. 3
SGB III § 284 Abs. 1 Nr. 1
SGB III § 404 Abs. 2 Nr 3
VwGO § 58 Abs. 2 Satz 1
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Verstoß gegen eine im Zusammenhang mit einer fingierten Aufenthaltserlaubnis nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 AuslG erteilte Auflage nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG strafbar ist.
Tatbestand:

Der Angeklagte hielt sich als slowenischer Staatsangehöriger vom 07.01.2002 bis 18.04.2002 im Bundesgebiet auf und arbeitete am Flughafen München, Terminal 2, für die slowenische Firma H. Dem gegenüber war er im Besitz einer Bescheinigung über die Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung durch das Ausländeramt Freising vom 10.01.2002, gültig bis 30.04.2002, mit der Auflage einer Beschäftigung,(nur) bei der Firma R/M/d, München, Vertragsfirma gemäß Arbeitserlaubnis nachzugehen, wie er wusste.

Gegen den Angeklagten wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts Erding vom 07.06.2002 wegen unerlaubten Aufenthalts eine Geldstrafe in Höhe von 65 Tagessätzen zu je 20 EUR festgesetzt. Auf den Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl sprach das Amtsgericht diesen in der Hauptverhandlung vom 29.10.2002 frei.

Das Amtsgericht begründete den Freispruch damit, dass die genannte Auflage mangels schriftlicher Rechtsmittelbelehrung sowie wegen fehlender Anordnung des Sofortvollzugs nicht als vollziehbare Auflage im Sinne des Tatbestands des § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG anzusehen sei.

Die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg.

Gründe:

Ihre Auffassung, der Angeklagte habe sich nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG strafbar gemacht, trifft nicht zu. Eine vollziehbare Auflage im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor.

Zwar fehlen in dem angefochtenen Urteil Feststelllungen, ob beim Angeklagten im Zusammenhang mit seinem Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung der Tatbestand des § 69 Abs. 2 Satz 1 AuslG (Duldungsfiktion) oder der des Absatzes 3 der genannten Vorschrift (Erlaubnisfiktion) zugrunde lag. Dies kann jedoch offen bleiben, da andere Varianten ausscheiden und bei den beiden genannten Absätzen die jeweilige Fiktion der Duldung bzw. der Erlaubnis kraft Gesetzes eintritt (vgl. VGH Baden-Württemberg InfAuslR 1996, 14/15).

Wie bei der Duldung nach § 56 Abs. 3 AuslG handelt es sich bei Auflagen im Zusammenhang mit der fiktiven gesetzlichen Duldung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 AuslG um echte und nicht nur um modifizierte Auflagen, denn der Bestand der fiktiven Duldung folgt schon aus dem Gesetz. Darin liegt der unterschied zu einer Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde, die im Einzelfall auch nur unter Auflagen denkbar sein mag und keinesfalls ohne, wo aber ein Ermessensspielraum besteht (vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000, 184/185). Die fiktive Duldung ist daher keinesfalls von der Erteilung einer Arbeits- oder Arbeitgeberauflage abhängig (vgl. Renner AuslR 7. Aufl. § 56 Rdnr. 12, § 14 Rdnr,. 14 aE.).

Nichts anderes gilt bei der wiederum gesetzlichen Erlaubnisfiktion nach § 69 Abs. 3 AuslG zu Einschränkungen im Sinne von § 14 AuslG, sodass diese Auflagen keinesfalls kraft Gesetzes vollziehbar sind, sondern anfechtbar sind (VGH aaO.; GK AuslR II § 69 Rdnr. 19).

Da die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben war, konnte die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Tatzeit noch nicht abgelaufen sein. Dem gemäß fehlte es an einer vollziehbaren Auflage, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG nicht erfüllt sind und das Amtsgericht im Ergebnis jedenfalls zutreffend den Angeklagten vom Tatvorwurf eines Vergehens nach § 92 Abs. 1 Nr. 3 AuslG freigesprochen hat (vgl. OLG Düsseldorf aaO.). Wegen der bereits erwähnten gesetzlichen Fiktion nach § 69 AuslG scheidet eine Strafbarkeit nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 AuslG aus.

Allerdings hat es das Amtsgericht unterlassen, zu prüfen, ob der Angeklagte eine Ordnungswidrigkeit nach § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat, wenn er ohne entsprechende Genehmigung des Arbeitsamtes (§ 284 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) zuletzt bei der Fa. H. beschäftigt gewesen wäre. Da Feststellungen hierzu im angefochtenen Urteil fehlen, wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Amtsgericht Erding zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO).

Ende der Entscheidung

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