Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2000
Aktenzeichen: 4 St RR 156/00
Rechtsgebiete: BtMG, StGB


Vorschriften:

BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1
StGB § 27
StGB § 52
Irrt der Fahrer eines Betäubungsmittelhändlers über die Menge des zum Zwecke des Handeltreibens erworbenen Heroins, so kann "nur" Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben vorliegen. Weiss der Fahrer um die Mengen zum unerlaubten Handeltreiben und zum Eigenverbrauch, kann tateinheitlich neben der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben auch Beihilfe zum unerlaubten Besitz in nicht geringer Menge vorliegen.
BayObLG Beschluss

LG Augsburg

4 St RR 156/00

05.12.00

Gründe:

I.

Die zulässige Revision (§§ 333, 341, 344, 345 StPO) führt zur teilweisen Änderung des Schuldspruchs, erweist sich jedoch im übrigen als offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Der festgestellte Sachverhalt trägt den Schuldspruch mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der durchgeführten 6 Beschaffungsfahrten von Augsburg nach Dachau und zurück (BU S. 6 8, Nr. III. 3.) anstelle einer tateinheitlich begangenen Beihilfe zum unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln jeweils tateinheitlich begangener (täterschaftlicher) unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln vorliegt.

Die vom Angeklagten für den Zeugen Y erbrachten Tathandlungen hat die Strafkammer zutreffend als Beihilfe gewertet. Allerdings bedarf das Urteil im Schuldspruch teilweise der Korrektur.

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Angeklagte den Zeugen Y in insgesamt 6 Fällen mit seinem Pkw von Augsburg nach Dachau gefahren, wo Y jeweils mindestens 50 Gramm Heroin erwarb, von denen mindestens 10 Gramm zur gewinnbringenden Weiterveräußerung und der Rest zum Eigenverbrauch durch Y bestimmt waren. Als Gegenleistung für die durchgeführten Fahrten erhielt der Angeklagte von Y aus der erworbenen Gesamtmenge jeweils 0,5 Gramm Heroin zum eigenen Verbrauch.

a) Bei den vor dem 15.11.1998 vorgenommenen 5 Fahrten irrte der Angeklagte insoweit über die Menge und den Verwendungszweck der von Y erworbenen Betäubungsmittel, als er lediglich vom Erwerb der zum Handeltreiben vorgesehenen Teilmenge ausging (vgl. BU S. 7/8). Damit erstreckte sich sein Vorsatz - unwiderlegt - auch nur auf die Förderung des Erwerbs von 10 Gramm Heroin zum Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung durch Y. Es liegt deshalb lediglich Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vor. Die im Schuldspruch tateinheitlich enthaltene Beihilfe zum unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln entfällt.

b) Bei der Fahrt am 15.11.1998 handelte der Angeklagte in Kenntnis aller Tatumstände. Sein Tatbeitrag stellt sich als Beihilfe zum unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln dar. Die im Schuldspruch enthaltene tateinheitliche Beihilfe zum unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln entfällt, da bezüglich der zum Eigenverbrauch vorgesehenen Teilmenge von 40 Gramm Heroin der Erwerb als regelmäßige Begleittat des gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG zum Verbrechen hochgestuften Besitzes hinter diesem zurücktritt (BGH NStZ 1994, 548; OLG Düsseldorf OLGSt Nr. 2 zu § 29a BtMG). Dies hat auch das Berufungsgericht zutreffend erkannt, jedoch infolge eines Versehens unkorrigiert gelassen (vgl. BU S. 13).

c) Des weiteren hat der Angeklagte sich auch wegen (täterschaftlichen) unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln strafbar gemacht, indem er als Gegenleistung für die erbrachte Hilfe jeweils 0,5 Gramm Heroin von Y zum Zweck des Verbrauchs entgegennahm. Der jeweils in unmittelbarem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Beschaffungsfahrten stehende (täterschaftliche) Erwerb von Betäubungsmitteln wird durch die insoweit vorliegende Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben nicht verdrängt, sondern steht in Tateinheit zu dieser (Körner § 29 Rdn. 416 zum vergleichbaren Fall des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln).

2. Trotz der vorgenommenen Änderungen des Schuldspruchs kann der Rechtsfolgenausspruch weiter Bestand haben.

Der Umstand, dass die vor dem 15.11.1998 geleisteten Beihilfehandlungen sich nur auf das unerlaubte Handeltreiben mit jeweils 10 Gramm Heroin bezogen und nicht auch auf die weitere zum Eigenverbrauch vorgesehene Menge, berührt zwar den Schuldgehalt der Tat. Der Senat schließt jedoch aus, dass dies zu einer weiteren Reduzierung der bereits äußerst niedrig bemessenen Einzelstrafen von 90 Tagessätzen zu je 100 DM führt.

Die Verhängung der Maßregel gemäß §§ 69, 69a StGB lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Strafkammer hat ihre Überzeugung von der fortbestehenden charakterlichen Nichteignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen umfassend begründet und die tragenden Gesichtspunkte im einzelnen gegeneinander abgewogen. Diese Gesichtspunkte werden durch die im Schuldspruch vorgenommenen Änderungen nicht berührt. Sie enthalten auch nicht den von der Revision behaupteten Wertungswiderspruch zwischen der Annahme einer charakterlichen Ungeeignetheit im Sinn von § 69 StGB und der Stellung einer günstigen Sozialprognose im Rahmen des § 56 Abs. 1 StGB, da die Ungeeignetheit sich auch in anderer Weise konkretisieren kann als durch die erneute Begehung von Straftaten.

II.

Aus den dargelegten Gründen wird die Revision nach Maßgabe der Änderungen im Schuldspruch durch einstimmig gefassten Beschluss verworfen. Der zum Nachteil des Angeklagten vorgenommenen Erweiterung wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln steht nicht das Verschlechterungsverbot gemäß § 358 Abs. 2 StPO entgegen (BGHSt 14, 5 [7]). Eines Hinweises gemäß § 265 StPO bedurfte es insoweit nicht, da der Angeklagte den Erwerb der 0,5 Gramm Heroin jeweils eingeräumt hat und sich deshalb auch nach entsprechendem Hinweis nicht anders hätte verteidigen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück