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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.10.1998
Aktenzeichen: 4 St RR 167/98
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 242 |
BayObLG Beschluß
LG Augsburg
07.10.98
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Augsburg verurteilte den Angeklagten am 21.1.1998 wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten. Mit Urteil vom 15.6.1998 verwarf das Landgericht Augsburg die Berufung des Angeklagten und änderte das amtsgerichtliche Urteil auf die Berufung der Staatsanwaltschaft dahin ab, dass der Angeklagte zur Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wurde. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.
II.
Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341, 344, 345 StPO) und hat Erfolg.
1. Das Landgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
"Der Angeklagte hielt sich am 24.12.1997 gegen 13.00 Uhr im Kaufhaus Karstadt in Augsburg auf. Dort nahm er im 1. Obergeschoss eine Damenjeans im Wert von 129,- DM an sich, die zusammengewickelt in einem Verkaufsregal lag. Der Angeklagte hatte die Absicht, diese Hose ohne Bezahlung mitzunehmen, um sie seiner Freundin zu Weihnachten zu schenken.
Anschließend fuhr der Angeklagte mit dem Lift vom 1. Obergeschoss in das Erdgeschoss. Als er im Erdgeschoss des Kaufhauses den Lift verließ, wurde er von einer Verkäuferin angesprochen. Daraufhin flüchtete der Angeklagte aus dem Kaufhaus, wobei er die Hose mit sich nahm und während seiner Flucht ca. 50 m vom Kaufhaus entfernt auf die Straße warf.
Der Angeklagte konnte anschließend im Bereich des Stadtmarktes vom Kaufhausdetektiv, dem Zeugen H., nach einem Fluchtweg von ca. 500 m festgenommen werden" (BU S. 11).
Nach der unwiderlegten Einlassung des Angeklagten trug er die Hose unter dem Arm und wurde von einer Verkäuferin und einem Detektiv angesprochen, als er aus dem Aufzug im Erdgeschoss trat (BU S. 13).
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Diebstahls (§ 242 StGB) nicht.
Tathandlung des Diebstahls ist das Wegnehmen einer Sache. Darunter wird der Bruch fremden und die gleichzeitige oder spätere Begründung neuen Gewahrsams für den Dieb oder einen Dritten verstanden (Tröndle/StGB 48. Aufl. § 242 Rn. 13). Die Strafkammer sieht die Wegnahme zunächst darin, dass der Angeklagte die Hose an sich genommen hat und mit dem Aufzug vom 1. Stock des Kaufhauses in das Erdgeschoss gefahren ist (BU S. 17). Diese Wertung lassen die bisher getroffenen Feststellungen indessen nicht zu. Die Frage, ob der Täter fremden Gewahrsam gebrochen und eigenen begründet hat, ob mit anderen Worten die tatsächliche Sachherrschaft auf ihn übergegangen und deshalb der Diebstahl vollendet ist, beurteilt sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BGHSt 41, 198/205; StV 1985, 323; Tröndle § 242 Rdn. 15).
Die Umstände, unter denen der Angeklagte die Hose an sich genommen und sich mit ihr entfernt hat, ergeben sich aber aus dem angefochtenen Urteil nicht. Insbesondere bleibt offen, ob der Angeklagte bei der Tat beobachtet und sogleich verfolgt wurde, wofür spricht, dass er nach seiner unwiderlegten Einlassung von einer Verkäuferin und einem Detektiv angesprochen wurde, als er den Aufzug verließ. Einen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass ein vollendeter Diebstahl stets vorliegt, sobald der Täter die jeweilige Abteilung eines Kaufhauses mit einer dort entnommenen Sache verlassen hat, ohne sie bezahlt zu haben, gibt es nicht (BGHSt 41, 198/205, 206) Soweit die Strafkammer einen Bruch fremden Gewahrsams und Begründung eigenen Gewahrsams schließlich darin sieht, dass der Angeklagte die Hose auf seiner Flucht außerhalb des Kaufhauses auf der Straße weggeworfen hat (BU S. 17), verkennt sie, dass im Wegwerfen weder die Begründung eigenen Gewahrsams gesehen werden noch dies in Zueignungsabsicht geschehen sein kann. Der Angeklagte wollte sich mit dem Wegwerfen vielmehr der Hose entledigen, also in diesem Zeitpunkt weder die Sachherrschaft über sie ausüben noch sie sich zueignen. Diebstahl setzt voraus, dass der Täter bei der Wegnahme in Zueignungsabsicht handelt.
2. Auch die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Strafkammer hat ohne weiteres zu Lasten des Angeklagten gewertet, "dass die Handlung des Angeklagten nicht etwa der Deckung seines Drogenbedarfes oder aus Geldmangel erfolgte, sondern mit dem Ziel, seiner Freundin ein Geschenk zu machen" (BU S. 18). Damit hat sie aber das Nichtvorliegen eines Milderungsgrundes zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt. Das ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, bedarf aber näherer Darlegung, wobei auf die Lage des Einzelfalls einzugehen ist (vgl. BGHSt 34, 345; bei Detter NStZ 1996, 182/184; Tröndle § 46 Rdn.36 a).
III.
Auf die Revision des Angeklagten wird daher das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufgehoben (§ 353 StPO). Die Sache, die weiterer Feststellungen bedarf, wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen (§ 354 Abs.2 StPO).
Die Entscheidung ergeht gemäß § 349 Abs.4 StPO durch einstimmig gefassten Beschluss.
Ende der Entscheidung
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