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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 13.10.1998
Aktenzeichen: 4 St RR 173/98
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 242
Es gibt keinen Rechtssatz, dass derjenige einen vollendeten Diebstahl begehe, der die jeweilige Abteilung eines Kaufhauses mit einer dort entnommenen Sache unbezahlt verlasse.
BayObLG Beschluß

LG Augsburg

4 St RR 173/98

13.10.98

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Augsburg verurteilte den Angeklagten am 16.3.1998 wegen Diebstahls zur Freiheitsstrafe von drei Monaten. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Augsburg am 16.7.1998 verworfen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

II.

Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341, 344, 345 StPO) und hat Erfolg.

Die Strafkammer hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

"Der Angeklagte entwendete am 10.01.1998 gegen 13.15 Uhr von einem Warentisch, der vor den Geschäftsräumen des Drogeriemarktes Müller, Bahnhofstraße 29, 86150 Augsburg aufgestellt war, Kosmetika und Bürozubehör im Gesamtwert von 58,87 DM, um diese Gegenstände für sich zu behalten und zu verwenden. Dabei nahm er die Artikel in die Hände und entfernte sich mindestens 25 m von der vor dem Drogeriemarkt befindlichen Verkaufsfläche, um die Viktoriastraße in Richtung Hauptbahnhof zu überqueren. Bereits auf der Straße befindlich wurde er von einem Ladendetektiv angehalten und in die Geschäftsräume des Drogeriemarktes verbracht" (BU S. 6)

Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Diebstahls (§ 242 StGB) nicht.

Tathandlung des Diebstahls ist das Wegnehmen einer Sache. Darunter wird der Bruch fremden und die gleichzeitige oder spätere Begründung neuen Gewahrsams für den Dieb oder einen Dritten verstanden (Tröndle StGB 48. Aufl. § 242 Rdn. 13). Nach Auffassung der Strafkammer hatte der Angeklagte bereits neuen Gewahrsam begründet, weil er die Herrschaft über die Waren derart erlangt hatte, dass er sie unbehindert durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben konnte, insbesondere das Diebesgut bereits aus dem fremden Machtbereich herausgeschafft hatte (BU S. 9)

Diese Wertung lassen die bisher getroffenen Feststellungen indessen nicht zu. Die Frage, ob der Täter fremden Gewahrsam gebrochen und eigenen begründet hat, ob mit anderen Worten die tatsächliche Sachherrschaft auf ihn übergegangen und deshalb der Diebstahl vollendet ist, beurteilt sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (BGHSt 41, 198/205; BayObLGSt 1995, 88/89 ff.; Tröndle § 242 Rdn. 15). Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie Geldscheinen, Geldstücken und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen (BGHSt 23, 254/255; NStZ 1987, 71; Tröndle a.a.O.) . Ob es sich bei der Beute des Angeklagten, welche die Strafkammer lediglich als Kosmetika und Bürozubehör im Gesamtwert von 58,87 DM beschreibt, um unauffällige Sachen gehandelt hat, kann mangels näherer Beschreibung nicht beurteilt werden. Dabei kommt es auf die Gesamtheit der Beute an.

Ob die Beobachtung des Diebstahls durch einen Kaufhausdetektiv die Begründung neuen Gewahrsams zulässt, hängt von den Einzelheiten ab. Wesentlich sind zum Beispiel die mehr oder weniger große räumliche Nähe des Detektivs und die Schnelligkeit seines Eingreifens (BGHSt 41, 198/205; StV 1985, 323; Tröndle a.a.O.). Auch dazu fehlen nähere Feststellungen.

III.

Auf die Revision des Angeklagten wird daher das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufgehoben (§ 353 StPO). Die Sache, die weiterer Feststellungen bedarf, wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Augsburg zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO).

Die Entscheidung ergeht gemäß § 349 Abs. 4 StPO durch einstimmig gefassten Beschluss.

Ende der Entscheidung

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