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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.12.2004
Aktenzeichen: 4 St RR 204/04
Rechtsgebiete: StPO, WaffenG, StGB


Vorschriften:

StPO § 337
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 473 Abs. 1 Satz 1
WaffenG § 2 Abs. 3
WaffenG § 52 Abs. 3 Nr. 1
StGB § 23 Abs. 2
StGB § 47 Abs. 1
StGB § 49
Wird zur Darstellung früherer Verurteilungen des Angeklagten der Auszug aus dem Strafregister des Angeklagten in die schriftlichen Urteilsgründe einkopiert, so liegt darin grundsätzlich kein die Sachrüge begründender Rechtsverstoß.
Gründe:

I.

Das Amtsgericht Aschaffenburg verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 23.9.2004 wegen versuchten Betruges und vorsätzlichen unerlaubten Besitzes in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Führen eines verbotenen Gegenstandes nach dem Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten und zwei Wochen ohne Bewährung.

Mit der Revision, die zunächst als Berufung bezeichnet war, rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Die (Sprung-)Revision ist zulässig (§ 335 Abs. 1, §§ 312, 344, 345 StPO).

Nach rechtzeitiger Berufungseinlegung war innerhalb der bis 19.11.2004 laufenden Revisionsbegründungsfrist der Übergang zur Revision mit Verteidigerschriftsatz vom 11.11.2004 zulässig (Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 335 Rn. 10 m.w.N.).

Die Revision hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist offensichtlich unbegründet im Sinn von § 349 Abs. 2 StPO, soweit es sich gegen den Schuldspruch wendet.

1.1. Die vom Amtsgericht Aschaffenburg getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch des versuchten Betrugs sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht, ohne dass Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ersichtlich sind.

Nach den Urteilsgründen hatte der Angeklagte alles zur Verwirklichung des von ihm beabsichtigten betrügerischen Geschäftes getan, nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt (§ 22 StGB), denn er hatte sich nach Vorgesprächen vom 6.1.2004 und 8.1.2004 mit dem Zeugen M zu einem Treffen verabredet, bei dem ihm dieser den als Kaufpreis vereinbarten Geldbetrag übergeben sollte. Der Angeklagte begab sich auch zum vereinbarten Treffpunkt, in der Absicht, sich nach Erhalt des Kaufpreises ohne Übergabe der Handys, über die er auch nicht verfügte, sofort zu entfernen.

Entgegen der Meinung der Revision waren Ausführungen zu einem Rücktritt des Angeklagten vom Versuch (§ 24 StGB) nicht veranlasst, da der festgestellte Sachverhalt dazu nicht die geringsten Anhaltspunkte bietet. Der Angeklagte wurde an der weiteren Tatausführung durch seine polizeiliche Festnahme gehindert, so dass von einer freiwilligen Verhinderung der Tatvollendung nicht im Entferntesten die Rede sein kann. Allein der Umstand, dass die Vollendung der Tat wegen einer polizeilichen Überwachung von vorneherein ausgeschlossen war, lässt die Strafbarkeit des Versuchs nicht entfallen, da der Angeklagte keinerlei freiwillige Anstalten getroffen hat, den Erfolgseintritt zu verhindern. Es bedurfte daher keiner Ausführungen des Gerichts.

1.2. Der weitere Schuldspruch wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes in Tateinheit mit vorsätzlichen unerlaubten Führen eines verbotenen Gegenstandes nach dem Waffengesetz hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Ein Schlagring ist gemäß § 2 Abs. 3 WaffenG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 (dort Nr. 1.3.2.) ein verbotener Gegenstand, dessen Besitz und Führen gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffenG unter Strafe gestellt ist. Nicht zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht Tatmehrheit zwischen dem versuchten Betrug und dem Waffendelikt angenommen hat, da der mitgeführte Schlagring nicht zur Eintreibung des vereinbarten Kaufpreises eingesetzt werden sollte.

2. Der Rechtsfolgenausspruch begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.

2.1. Soweit die Revision ausdrücklich rügt, im Rahmen der Strafzumessung seien die Vorstrafen des Angeklagten nicht hinreichend festgestellt worden, ein "Einkopieren des Bundeszentralregisterauszuges" genüge nicht, bleibt ihr der Erfolg versagt. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen (BGHSt 34, 345/349 [Großer Senat für Strafsachen]). Wesentliche Anknüpfungstatsachen sind dabei neben der Tatschuld insbesondere das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) und die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Diese Umstände muss der Tatrichter aufklären und im Urteil darlegen (vgl. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO), um seine Entscheidung nachvollziehbar zu machen und dem Revisionsgericht die - wenn auch eingeschränkte - Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs zu ermöglichen.

In welchem Umfang hierbei die das Vorleben des Angeklagten betreffenden früheren Verurteilungen zu schildern sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Da sich die Urteilsgründe aber auf das Wesentliche beschränken sollen, sind sie dort lediglich insoweit mitzuteilen, als sie für die getroffene Entscheidung Bedeutung haben (BGH Beschluss v. 10.9.2003 - 1 StR 371/03; vgl. auch BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 13, 16).

Werden daher - wie hier - frühere Verurteilungen nur insofern berücksichtigt, dass der Angeklagte zwar nicht einschlägig, aber doch vielfach und über einen langen Zeitraum bestraft werden musste und damit gezeigt hat, dass er nicht bereit ist, sich an gesetzliche Vorschriften zu halten, so bedarf es regelmäßig nicht der Darlegung von Einzelheiten der Urteilssachverhalte. Vielmehr genügt dann die Mitteilung von Zeitpunkt, Schuldspruch und Rechtsfolgen sowie einer etwaigen Vollstreckung (vgl. BGH bei Becker NStZ-RR 2002, 100 [Nr. 36]; BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 13, 16; BayObLG Urteil vom 15.7.2004, 5St RR 182/04).

Das Urteil wird diesen Anforderungen dadurch gerecht, als sich diese Daten aus dem einkopierten Bundeszentralregisterauszug und den festgestellten persönlichen Verhältnissen (Urteil S. 2) entnehmen lassen.

Auch das Einkopieren der Eintragungen aus dem Strafregister in das angefochtene Urteil führt nicht zu einem Erfolg der Sachrüge: Es liegt darin keine unzulässige (vgl. KK-StPO/Engelhardt, RN. 3ff. zu § 267 StPO) Bezugnahme auf andere Urkunden, da der verkörperte Gedankeninhalt des Registerauszugs aus dem Urteil selbst hervorgeht. Die zusätzlichen und für ein Strafurteil überflüssigen Angaben im Registerauszug wie z.B. "Nichtaufnahme in ein Führungszeugnis angeordnet" oder "Nr. der Auskunft ..." mögen zwar den Lesefluss stören, doch stellen sie keinen für ein Strafurteil wirklich unzulässigen Inhalt dar. Die wesentlichen Daten der früheren Verurteilungen des Angeklagten sind dem angefochtenen Urteil mit ausreichender Sicherheit zu entnehmen.

Der Senat setzt sich damit nicht zu der in der Revisionsbegründung zitierten Entscheidung des BGH vom 19.5.1987 (BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 1) in Widerspruch. Diese bezieht sich nämlich ausschließlich auf die Darstellung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Straftaten und bemängelt an der tabellarischen Aufzählung des angefochtenen Urteils in jenem Fall, dass sich die Art und Weise der Tatbeteiligung des Angeklagten aus dieser Tabelle nicht ergäbe. Vorliegend geht es jedoch nicht um die dem Angeklagten angelasteten Straftaten, sondern ausschließlich um seine früheren Verurteilungen.

Ob die von der Revision bemängelte Darstellung im angefochtenen Urteil ästhetischen Bedenken begegnet, hat der Senat nicht zu entscheiden, da solche keinen Einfluss auf die Revisibilität des Urteils ausüben; es wäre jedenfalls ausgeschlossen, dass das Urteil im Sinne des § 337 StPO darauf beruht. Es mag sich durchaus bei einem ersten Lesen eines solchen Urteils der Eindruck einstellen, diese Form der Mitteilung von Vorverurteilungen störe die Geschlossenheit der Darstellung und sei daher unangemessen. Angesichts der allgemein bekannten Belastung der Justiz - und ganz besonders der Amtsgerichte - kann dem Tatrichter die beanstandete Möglichkeit zur Reduzierung der Schreibarbeit wohl kaum genommen werden. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass das Einkopieren des Registerauszugs zwar den Begründungsaufwand, nicht aber den bei der Urteilsfindung zu erbringenden Aufwand berührt.

2.2. Die Voraussetzungen der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe gemäß § 47 Abs. 1 StGB sind noch hinreichend dargelegt. Zu den ausreichenden Feststellungen der Vorbelastungen wird auf oben 2.1. Bezug genommen.

Nach den Ausführungen des Gerichts liegen besondere Umstände in der Persönlichkeit des Angeklagten vor, die die Verhängung von kurzen Freiheitsstrafen zur Einwirkung auf den Täter unerlässlich machen. Zu Recht hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass der Angeklagte mehrere Taten begangen hat und sein Bundeszentralregister (dazu oben 2.1.) erhebliche Voreintragungen aufweist. Es sind dies nach den Urteilsfeststellungen Verurteilungen wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit gemeinschaftlicher vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Nötigung (AG Hamburg vom 28.5.1997), fahrlässige Trunkenheit im Verkehr (AG Hamburg vom 29.7.1999), gemeinschaftlicher Diebstahl in zwei Fällen sowie Verstoß gegen das Waffengesetz und Sachbeschädigung (AG Hamburg vom 6.10.1999), gefährliche Körperverletzung (AG Hamburg-Wandsbeck; 6 Monate Freiheitsstrafe mit verlängerter Bewährungszeit bis 3.12.2004) und vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis (AG Ahrensburg vom 6.1.2003).

Bereits die Vielzahl der Verurteilungen und die hierin zum Ausdruck kommende Missachtung der Strafgesetze nebst festgestelltem Bewährungsversagen lassen die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich erscheinen, zumal auch die Verlängerung der oben genannten Bewährung offenbar keinen nachhaltigen Eindruck beim Angeklagten hinterließ.

2.3. Die Strafzumessung im Einzelnen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. (BGHSt 34, 345/349, 29, 319/320; BayObLGSt 1993, 195).

Fehlerhafte Zumessungserwägungen liegen nicht vor.

2.3.1. Das Amtsgericht hat die fakultative Milderungsmöglichkeit hinsichtlich des versuchten Betrugs gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 StGB erkannt und davon auch Gebrauch gemacht, da es bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten wertet, dass die Tat im Versuchsstadium stecken geblieben ist (Urteil S. 6). Die Einsatzstrafe von drei Monaten bewegt sich bei einer Strafrahmenverschiebung von einem Monat bis drei Jahren und neun Monaten angesichts der Vorstrafen und des Bewährungsversagens des Angeklagten durchaus im untersten Bereich. Hinsichtlich des Verstoßes gegen das Waffengesetz wurde ohnehin als Einzelstrafe nur die Mindestfreiheitsstrafe von einem Monat verhängt, sodass eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten und zwei Wochen nachvollziehbar begründet wurde.

2.3.2. Das Amtsgericht hat bei der Strafzumessung ausreichend zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass es sich um ein " überwachtes Geschäft" gehandelt hat (Urteil S. 6).

Die Rüge, diese Würdigung sei pauschal und nicht ausreichend, greift nicht durch.

Richtig ist zwar, dass es grundsätzlich einen besonders bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt darstellt, wenn ein "Geschäft" in engmaschiger Überwachung durch Polizeibeamte stattgefunden hat und dadurch tatsächliche Gefährdungen ausgeschlossen sind und dass dies grundsätzlich bei der Strafzumessung ausführlich zu erörtern ist (BGH StV 2000, 555; BGH StV 2004, 604). Die vom BGH entschiedenen Fälle sind jedoch vom Gewicht des Schuldvorwurfs und der Art der Überwachung des Täters nicht mit vorliegendem Fall vergleichbar. Im erstgenannten Fall gab von Anfang an ein Lockspitzel Anstoß zu einem Zigarettenschmuggel mit einer Steuerhinterziehung von 2 Millionen DM, während hier der Angeklagte von vorneherein zur Tat entschlossen war und die Polizei erst kurz vor dem Übergabetermin der (nicht vorhanden) Handys von einem Dritten verständigt wurde. Dem zweiten Fall lag ein durch die Polizei von Anfang an überwachter Scheinkauf von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zugrunde, wofür für den Täter eine Einzelstrafe von vier Jahren im Raum stand.

Auch fehlen hier Anhaltspunkte für eine "engmaschige Überwachung" durch die Polizei. Der misstrauisch gewordene Zeuge Maschkur hat nach dem festgestellten Sachverhalt erst nach dem ersten Zusammentreffen mit dem Angeklagten und vor dem "Übergabetermin" schlichtweg eine Anzeige erstattet und somit den sofortigen polizeilichen Zugriff ermöglicht. Anhaltspunkte für eine durchgängige Observation sind nicht erkennbar.

Das Gericht hat die (spätere) Überwachung des Geschäfts ausreichend zugunsten des Angeklagten gewürdigt. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Umstände hier noch zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen wären, zumal sich die Gesamtfreiheitsstrafe bereits im untersten Bereich des Strafrahmens bewegt.

2.2.2. Die Ausführungen des Amtsgerichts zur Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 Abs. 1 StGB) halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Das Gericht hat detailliert begründet, warum es dem Angeklagten keine günstige Sozialprognose stellt (Urteil S. 7). Allein der Tatrichter kann sich auf Grund des persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung und der Würdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten eine Überzeugung dahin verschaffen, ob zu erwarten ist, dass sich der Angeklagte in Zukunft auch ohne Strafverbüßung straffrei führen wird. Das Revisionsgericht darf die Prognose des Tatrichters nicht durch eine eigene ersetzen (BGH NJW 1978, 599).

III.

Die Revision wird daher gemäß § 349 Abs. 2 StPO auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht durch einstimmig gefassten Beschluss verworfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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