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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.06.2001
Aktenzeichen: 4 St RR 76/01
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 326 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a | |
StGB § 326 Abs. 6 |
Tatbestand:
Der Angeklagte lagerte seit 1993 auf unbefestigtem Grund auf einer Länge von 180 m neben der Zufahrtstraße zu dem von ihm mit Pferdehaltung betriebenen Hof 250 Kubikmeter Pferdemist in der Absicht ab, sich dieses Mistes zu entledigen. Durch die ausgetretenen Mistsickersäfte bestand die Gefahr einer erheblichen Verunreinigung des Bodens, des Grundwassers und des in etwa 120 m Entfernung parallel verlaufenden S.baches.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten am 5.11.1997 wegen vorsätzlicher umweltgefährdender Abfallbeseitigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 60 DM. Das Landgericht verwarf die Berufung des Angeklagten am 21.2.2001 als unbegründet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg.
Gründe:
1. Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Das Landgericht hat nicht gegen seine Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) verstoßen, indem es nicht Beweis darüber erhoben hat, dass der Boden im Bereich der Ablagerungen aufgrund einer mehrere Meter dicken Lehmschicht nicht sickerfähig sei, die Filterwirkung des Bodens so gut sei, dass Schadstoffe das Grundwasser nicht erreichen könnten und das Sickerwasser den S.bach nicht habe erreichen können. Zu einer derartigen Beweiserhebung brauchte sich das Landgericht angesichts der als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestalteten Strafvorschrift des § 326 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StGB nicht gedrängt zu sehen. Der Bundesgerichtshof (ZfW 1997, 229/231 NJW 1997, 198; NStZ, 1994, 436) und auch der Senat (BayObLGSt 1989, 3/4 = NJW 1989, 1290) haben die Vorschrift des § 326 Abs. 1 Nr. 3 (jetzt § 326 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a) StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt aufgefasst. Der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass der Gesetzeswortlaut nur die Eignung voraussetze, dass ein, nicht dass ein bestimmtes Gewässer geschädigt werde. Für die Frage des Schuldspruchs brauchte daher das Landgericht grundsätzlich nicht zu erörtern, welches Gewässer konkret von den Schadstoffen erfasst werden konnte. Der Senat (aaO) hat zudem darauf abgestellt, dass die Vorschrift auch dann anwendbar bleibe, wenn im konkreten Fall eine Gefährdung der geschützten Rechtsgüter zunächst ausgeschlossen sei. Dies ergibt sich aus § 326 Abs. 6 StGB, wonach auch die Regelung des Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a selbst dann anwendbar sein kann, wenn im konkreten Fall eine schädliche Einwirkung auf die Umwelt ausgeschlossen ist. Nach Abs. 6 tritt nämlich Straflosigkeit nur dann ein, wenn schädliche Einwirkungen wegen der geringen Menge der Abfälle offensichtlich ausgeschlossen sind. Nur auf die geringe Menge der Abfälle bezogen lässt die Vorschrift daher eine Abweichung von der abstrakten Natur des Delikts zu. Ist aber die Gefährdungseignung wie im vorliegenden Fall gerade durch die Menge der abgelagerten Abfälle gegeben, scheidet diese Möglichkeit schon begrifflich aus. Aber selbst wenn man den Grundgedanken des § 326 Abs. 6 StGB auch auf die Frage ausgeschlossener Gefährlichkeit wegen besonderer örtlicher Umstände ausdehnen wollte, was sich aber wegen des Ausnahmecharakters der Bestimmung verbietet, so könnte im vorliegenden Fall nicht davon die Rede sein, dass die Möglichkeit eines Gefahreneintritts offensichtlich ausgeschlossen ist. Die Beeinflussung eines 120 m entfernten Baches, der zumindest durch eine Senke mit dem Bereich der Ablagerungen verbunden ist, erscheint nicht als eine völlig theoretische, außerhalb jeglicher vernünftiger Erwägung liegende Möglichkeit.
Die Entscheidungen des Senats vom 27.10.1994 (BayObLGSt 1994, 225) und vom 9.3.1995 (BayObLGSt 1995, 50), die sich mit der Frage der typischen Gefahr auseinandersetzen, sind zum objektiven Abfallbegriff und nicht zur Gefährdungsschwelle des § 326 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StGB ergangen.
2. Auch die Sachrüge führt nicht zum Erfolg. Hinsichtlich der Einordnung der angewandten Strafvorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt wird auf die Ausführungen unter Ziff. 1 Bezug genommen. Bei der Feststellung der Eignung der Schadstoffe zur Gewässer- bzw. Bodenverunreinigung hat sich das Landgericht sachverständiger Hilfe bedient. Die Nachhaltigkeit ergibt sich temporär aus der von der Strafkammer festgestellten Dauer der Ablagerungen über mehrere Jahre und quantitativ aus der Menge des abgelagerten Mistes im Umfang von 250 Kubikmetern.
Wenn sich das Landgericht hinsichtlich der Entwässerung über den Straßengraben zur Senke und von dieser zum S.bach auf die Ausführungen des Sachverständigen gestützt hat, so führt dies nicht zu einem Widerspruch innerhalb der tatrichterlichen Feststellungen, wenn ein Zeuge von abflusslosen Mulden gesprochen hat.
Ende der Entscheidung
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