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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 02.08.2001
Aktenzeichen: 4Z BR 11/01
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 309 Abs. 1 Satz 1
InsO § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
Wird ein Schuldenbereinigungsplan durch einen neuen ersetzt, so sind benannte Gläubiger im Sinne des § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO nur mehr die im neuen Schuldenbereinigungsplan genannten Gläubiger.
Der 4.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Jaggy sowie der Richter Dr.Pongratz und Schwarz

am 2. August 2001

in dem Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens des ...

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Kempten vom 6.6.2001 wird zugelassen.

II. Auf dieses Rechtsmittel wird der Beschluss des Landgerichts Kempten aufgehoben.

III. Das Verfahren wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Kempten zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Schuldner beantragte am 14.5.1999 unter Vorlage eines Schuldenbereinigungsplans beim Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Er bot seinen Gläubigern jeweils etwa 9 % ihrer Forderungen, bei monatlicher Zahlung über sieben Jahre, an. Diesem Plan widersprachen die Gläubiger Nr.1, 2, 3, 4, 9 und 12.

Am 15.10.1999 verzichtete die Gläubigerin Nr.8 ersatzlos auf ihre Forderung. Die Gläubigerin Nr.13 erklärte am 20.10.1999, keine Forderung gegen den Schuldner zu haben. Die Gläubigerin Nr.1 verzichtete auf ihre Restforderung im Hinblick auf die durch einen Bekannten des Schuldners erfolgte Teilzahlung von 15000 DM. Die Gläubigerin Nr.7 schließlich erließ dem Schuldner die restliche Forderung aufgrund einer am 29.3.2000 erfolgten Einmalzahlung in Höhe von 610 DM.

Am 30.3.2000 legte der Schuldner einen weiteren Schuldenbereinigungsplan vor, in dem die im 1.Schuldenbereinigungsplan benannten Gläubiger Nr.1, 7, 8 und Nr.13 nicht mehr als Gläubiger aufgeführt waren.

Den im 2.Schuldenbereinigungsplan benannten Gläubigern bot er 20 % der jeweiligen Forderung an, zahlbar in monatlichen Raten über einen Zeitraum von sieben Jahren.

Die Beteiligten zu 2 (Gläubigerin Nr.5) und 3 (Gläubigerin Nr. 9) widersprachen dem Schuldenbereinigungsplan.

Mit Beschluss vom 2.10.2000 wies das Amtsgericht den Antrag des Schuldners, die Zustimmung dieser Gläubigerinnen zu ersetzen, zurück, weil die Befriedigung der Gläubiger Nr.1 und 7 außerhalb des Verfahrens als Ungleichbehandlung im Sinn von § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 InsO zu werten sei, da diese nach dem Schuldenbereinigungsplan vom 12.5.1999 wie alle anderen Gläubiger lediglich in Höhe von monatlichen Teilzahlungen ab dem 1.1.2000 befriedigt werden sollten.

Gegen diesen Beschluss legte der Schuldner am 9.11.2000 sofortige Beschwerde ein, die das Landgericht am 6.6.2001 zurückwies.

Mit dem Amtsgericht vertritt die Kammer die Ansicht, dass die Zustimmung der Beteiligten zu 2 und 3 nicht habe ersetzt werden können, da eine unangemessene Beteiligung dieser Gläubigerinnen gem. § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 InsO vorliege. Der Schuldner habe die Gläubiger Nr. 1 und Nr. 7 außerhalb des Insolvenzverfahrens im Vergleichswege befriedigt. Dies stelle gegenüber den anderen Gläubigern zweifellos eine Ungleichbehandlung schon deshalb dar, weil die Befriedigung dieser Gläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens stattgefunden habe. Eine solche Forderungserfüllung außerhalb des Insolvenzverfahrens sei grundsätzlich problematisch, da das Insolvenzverfahren ja gerade der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger dienen solle.

Eine weitere unangemessene Beteiligung sei nach Ansicht der Kammer auch darin zu sehen, dass die Gläubiger Nr.1 und 7 zwar nur etwa 7 % ihrer Forderungen erhalten hätten, diese bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise aber dennoch besser stünden als die anderen Gläubiger, da diese zwar 20 % ihrer Forderungen bekommen sollen, dies aber in 84 Monatsraten (7 Jahre x 12 Monate).

Gegen den am 15.6.2001 zugestellten Beschluss legte der Schuldner am 27.6.2001 sofortige weitere Beschwerde ein und beantragte die sofortige weitere Beschwerde zuzulassen, den Beschluss des Landgerichts vom 6.6.2001 aufzuheben und die Zustimmung der Gläubigerinnen Nr. 5 (Bank 24 AG) und Nr. 9 (Bundesverwaltungsamt) zu ersetzen.

Sie rügt, die Kammer habe die Frage der angemessenen Beteiligung im Sinne von § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 InsO fehlerhaft beurteilt. Zu Unrecht habe die Kammer geprüft, ob die widersprechenden Gläubiger im Verhältnis zu den im 1.Schuldenbereinigungsplan benannten und inzwischen ausgeschiedenen Gläubigerinnen Nr.1 und 7 angemessen beteiligt würden. Nachdem der 1.Schuldenbereinigungsplan zurückgenommen und ein neuer eingereicht worden sei, dürfe nur noch geprüft werden, ob die widersprechenden Gläubiger im Verhältnis zu den im 2.Schuldenbereinigungsplan benannten Gläubigern angemessen beteiligt würden. Dies sei der Fall. Dass eine Befriedigung der ausgeschiedenen Gläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens stattgefunden habe, sei nicht zu beanstanden. Der Hinweis auf § 294 Abs. 2 InsO gehe bereits deswegen fehl, weil eine Vorwirkung dieser Bestimmung auf das Schuldenbereinigungsplanverfahren ausscheide.

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei die Nachprüfung der Entscheidung des Landgerichts auch geboten, da höchstrichterlich über diese Rechtsfrage noch nicht entschieden worden sei und auch keine einmalige oder ganz ausgefallene Fallgestaltung vorliege.

II.

1. a) Für die Entscheidung über die sofortige weitere Beschwerde vom 26.6.2001 ist das Bayerische Oberste Landesgericht gemäß § 7 Abs. 3 InsO i.V.m. § 29 Abs. 2 GZVJu i.d.F. vom 6.Juli 1995 (GVB1. S.343) zuständig.

b) Der Senat lässt das Rechtsmittel gem. § 7 Abs. 1 InsO zu. Das form- und fristgerecht angebrachte Rechtsmittel ist statthaft. Es liegt eine der sofortigen weiteren Beschwerde grundsätzlich zugängliche Ausgangsentscheidung des Landgerichts im Sinne des § 7 InsO vor, da das Landgericht über eine gem. § 6, § 309 Abs. 2 Satz 3 InsO zulässige Erstbeschwerde des Schuldners entschieden hat.

c) Die weiteren Voraussetzungen für eine Zulassung des Rechtsmittels nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO sind ebenfalls gegeben. Der Beschwerdeführer stützt sein Rechtsmittel auf eine Verletzung des Gesetzes. Ferner ist die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die von dem Beschwerdeführer zur Entscheidung gestellte Frage, ob im Rahmen eines geänderten Schuldenbereinigungsplanes die Angemessenheit der Anteile der Gläubiger nur am Maßstab der an diesem Schuldenbereinigungsplan beteiligten Gläubiger zu erfolgen habe, ist bisher, soweit ersichtlich, noch nicht obergerichtlich entschieden. Sie ist nicht von untergeordneter Bedeutung. Angesichts der Vielzahl der Fälle, in denen ein Schuldenbereinigungsplan erstellt und abgeändert wird, besteht ohne obergerichtliche Klärung die ernsthafte Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen im Anwendungsbereich der Insolvenzordnung (vgl. allg. hierzu OLG Köln, ZIP 2001, 466, 467; OLG Oldenburg Beschluss vom 21.6.2001, 2 W 66/01; Kirchhof, in: Heidelberger Komm. 2.Aufl. InsO, § 7 Rn.23).

2. Das Rechtsmittel ist auch begründet.

Das Landgericht hat bei der Prüfung der angemessenen Beteiligung im Sinne des § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 InsO zu Unrecht darauf abgestellt, ob die widersprechenden Gläubiger im Verhältnis zu den im 1.Schuldenbereinigungsplan benannten und inzwischen ausgeschiedenen Gläubigerinnen Nr. 1 und 7 angemessen beteiligt werden.

Dies findet jedoch im Gesetz keine Stütze.

Eine Ersetzung der Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan ist nach § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO dann möglich, wenn mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger zugestimmt hat und die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe der Ansprüche der benannten Gläubiger beträgt. Dies gilt nach § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 InsO dann nicht, "wenn der Gläubiger, der Einwendungen er hoben hat, im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird".

Die Ausnahmeregel des § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 InsO bezieht sich auf die in § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO erfassten Gläubiger. § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO stellt auf die "benannten Gläubiger", also auf die vom Schuldner im Schuldenbereinigungsplan aufgeführten Gläubiger ab. Da der Schuldner den 1.Schuldenbereinigungsplan zurückgenommen und ihn durch einen neuen ersetzt hat, sind benannte Gläubiger im Sinne des § 309 Abs. 1 Satz 1 InsO nur mehr die Personen, die der Schuldner in seinem allein noch zur Prüfung gestellten neuen Schuldenbereinigungsplan als Gläubiger bezeichnet. Dementsprechend ist bei der Prüfung des § 309 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 InsO nur noch von Bedeutung, ob der (benannte) Gläubiger, der Einwendungen erhoben hat, im Verhältnis zu den übrigen im aktuellen Schuldenbereinigungsplan benannten Gläubigern nicht angemessen beteiligt wird.

Ob der widersprechende Gläubiger im Verhältnis zu anderen im Schuldenbereinigungsplan nicht benannten Gläubigern benachteiligt wird, ist damit bei der Frage der Zustimmungsersetzung im Rahmen des § 309 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 InsO nicht zu prüfen.

Dahinstehen kann, ob im Hinblick auf besondere Umstände eine Zustimmungsersetzung aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen versagt werden kann, da dies nicht Entscheidungsgegenstand des Senats ist.

3. Da das Landgericht mit rechtsfehlerhafter Begründung die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen hat, war die noch nicht entscheidungsreife Sache an das Landgericht zur weiteren Behandlung zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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