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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 02.03.2004
Aktenzeichen: 4Z BR 14/04
Rechtsgebiete: AuslG, AsylVfG


Vorschriften:

AuslG § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AsylVfG § 14 Abs. 4 Satz 1
AsylVfG § 14 Abs. 4 Satz 3
1. Zur Auswirkung eines Asylantrags auf die nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG angeordnete Abschiebungshaft.

2. Zu den Folgen des Ausbleibens einer Entscheidung über den Asylantrag innerhalb von vier Wochen.


Gründe:

I.

Der Betroffene wurde am 11.12.2003 bei einer Personenkontrolle in Nürnberg von der Polizei ohne Pass und ohne Aufenthaltsgenehmigung angetroffen; er konnte sich lediglich mit einer Bescheinigung aus Frankreich ausweisen mit dem Inhalt, dass er dort einen Asylantrag gestellt habe. Er berichtete, er sei mit Hilfe eines Schleusers auf dem Seeweg von Afrika nach Frankreich gereist; der Schleuser habe ihm nach der Einreise in Frankreich seinen kongolesischen Reisepass abgenommen; im April 2003 habe er in Frankreich einen Asylantrag gestellt; er sei von einem Bekannten im Pkw bis zur deutschen Grenze gefahren worden, dann sei er per Bahn bis Nürnberg gereist, um dort seinen Bruder zu besuchen.

Im Einvernehmen mit der beteiligten Ausländerbehörde beantragte die Kriminalpolizeidirektion Nürnberg am 11.12.2003, gegen den Betroffenen zwei Monate Haft zur Sicherung seiner Zurückschiebung nach Frankreich anzuordnen. Nach Anhörung des Betroffenen gab das Amtsgericht dem Antrag mit Beschluss vom selben Tag statt. Es ordnete, gestützt auf §§ 61, 57, 42, 58, 103 AuslG, §§ 3, 4, 6, 8 FreihEntzG, Art. 10 Dubliner Übereinkommen, Haft bis zur möglichen Zurückschiebung, längstens bis 10.2.2004, an. Auf Antrag der Ausländerbehörde vom 18.12.2003 erließ das Amtsgericht am 23.12.2003 mit sofortiger Wirksamkeit folgenden Beschluss:

"Der Sicherungshaftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vom 11.12.2003 wird dahingehend abgeändert, dass die Sicherungshaft dem Zwecke der Abschiebung des Betroffenen in sein Heimatland dient."

Zur Begründung ihres Änderungsantrags trug die Ausländerbehörde vor, ihre Ermittlungen hätten ergeben, dass der Betroffene innerhalb der letzten drei Jahre im Besitz eines deutschen Aufenthaltstitels gewesen sei, was einer Zurückschiebung nach Frankreich entgegenstehe. Sie beabsichtige stattdessen, den Betroffenen in die Demokratische Republik Kongo abzuschieben.

Der Betroffene ließ durch seinen Bevollmächtigten gegen den Beschluss vom 11.12.2003 mit Schreiben vom 19.12.2003 und gegen den Beschluss vom 23.12.2003 mit Schriftsatz vom 31.12.2003 jeweils sofortige Beschwerde einlegen.

Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 16.1.2004 als unbegründet zurück.

Am 23.12.2003 stellte der Betroffene bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge einen Asylantrag. Da das Bundesamt über diesen Antrag bis 21.1.2004 nicht entschieden hatte, veranlasste die Ausländerbehörde an diesem Tag die Freilassung des Betroffenen in Anwendung von § 14 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG.

Gegen den am 30.1.2004 zugestellten Beschluss des Landgerichts vom 16.1.2002 wendet sich der Betroffene mit der am 2.2.2004 eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde, die er zugleich im Hinblick auf die Haftentlassung in der Hauptsache für erledigt erklärt und mit dem Antrag, der Stadt Nürnberg die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen, im Kostenpunkt aufrecht erhält.

II.

Das zulässige (vgl. BayObLG InfAuslR 2003, 66 m.w.N.) Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung nach § 16 Satz 1 FreihEntzG liegen nicht vor. Das Verfahren hat nicht ergeben, dass nicht ein begründeter Anlass vorlag, die Haftanordnungen vom 11. und 23.12.2003 zu beantragen.

Zur Zeit der Antragstellung vom 11.12.2003 lag ein begründeter Anlass vor, Zurückschiebungshaft zu beantragen (§ 61 Abs. 3, § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG). Denn der Beschwerdeführer war ohne Reisepass und ohne Visum oder anderweitige Aufenthaltsberechtigung - somit unerlaubt - nach Deutschland eingereist; er war damit vollziehbar ausreisepflichtig (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 AuslG). Der Haftgrund des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG lag auch noch zur Zeit des Änderungsantrags vom 18.12.2003 vor, der auf die Haftgründe Nr. 1 und Nr. 5 in § 57 Abs. 2 Satz 1 AuslG gestützt wurde. Die Voraussetzungen für den Haftgrund Nr. 5 hat das Landgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt.

Der erst am 23.12.2003 gestellte Asylantrag (Erstantrag) stand dem weiteren Haftvollzug und dessen Aufrechterhaltung durch das Landgericht zunächst nicht entgegen (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 AsylVfG), da sich der Beschwerdeführer zur Zeit der Antragstellung in Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG befunden hatte.

Erst das Ausbleiben einer Entscheidung über den Asylantrag innerhalb der 4-Wochen-Frist des § 14 Abs. 4 Satz 3 AsylVfG führte nach dieser Bestimmung zu einer Beendigung der Abschiebungshaft im Januar 2004, weil dem Asylsuchenden zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet ist (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).



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