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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 26.07.2001
Aktenzeichen: 4Z BR 3/01
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 313
InsO § 6 Abs. 1
InsO § 7 Abs. 1
ZPO § 850c Abs. 1
ZPO § 850c Abs. 4
Nimmt im vereinfachten Verbraucherinsolvenzverfahren ein Treuhänder die Aufgaben eines Insolvenzverwalters wahr, so stehen ihm bei der Festsetzung des pfändungsfreien Einkommens nach § 850c Abs. 4 ZPO keine Antrags- und Beschwerdebefugnisse zu.
Der 4. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Jaggy sowie der Richter Kehrstephan und Heiss

am 26. Juli 2001

in dem Verbraucherinsolvenzverfahren

über das Vermögen des ....

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Treuhänders gegen den Beschluss des Landgerichts Weiden/Opf. vom 11. April 2001 wird nicht zugelassen und als unzulässig verworfen.

II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde.

III. Der Beschwerdewert wird auf 1000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf Antrag des Schuldners eröffnete das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 6.7.2000 das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren (§§ 304, 311 ff. InsO) und bestimmte den Beschwerdeführer als Treuhänder.

In der Frage, ob bei der Berechnung des pfändungsfreien Einkommens nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO eine Unterhaltsverpflichtung des Schuldners gegenüber seiner Ehefrau zu berücksichtigen sei, vertraten Treuhänder und Schuldner vor dem Insolvenzgericht entgegengesetzte Standpunkte. Der Rechtspfleger des Insolvenzgerichts schloss sich der Ansicht des Treuhänders an und traf mit Beschluss vom 23.2.2001 gemäß § 4 InsO i. V. m. § 850c Abs. 4 ZPO die Anordnung, dass eine Unterhaltsberechtigung der Ehefrau unberücksichtigt bleibe.

Gegen diese Entscheidung ließ der Schuldner am 6.3.2001 Beschwerde einlegen, die laut Begründung vom 16.3.2001 hilfsweise als Erinnerung gewertet werden sollte.

Die Beschwerdekammer des Landgerichts Weiden sah den Rechtsbehelf als zulässige und begründete sofortige Beschwerde nach § 6 Abs. 1 InsO an. Mit Beschluss vom 11.4.2001 hob das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss vom 23.2.2001 auf und wies den Antrag des Treuhänders (auf Nichtberücksichtigung einer Unterhaltsberechtigung der Ehefrau) zurück; dem Treuhänder stehe ein Antragsrecht nach § 850c Abs. 4 ZPO nicht zu; zur Entscheidung über einen solchen Antrag sei nicht das Insolvenzgericht, sondern das allgemeine Vollstreckungsgericht zuständig.

Gegen den Beschluss vom 11.4.2001, der Schuldner, Treuhänder und Drittschuldner formlos mitgeteilt wurde, legte der Beschwerdeführer als Treuhänder am 8.5.2001 sofortige weitere Beschwerde - verbunden mit einem Zulassungsantrag nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO - ein; die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer Verletzung des Gesetzes, eine Nachprüfung sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

II.

Das vom Treuhänder eingelegte Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da bereits der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels unzulässig ist (§ 7 Abs. 1 InsO).

Ein Zulassungsantrag ist unzulässig, wenn dem Rechtsmittelführer die Beschwerdebefugnis fehlt (OLG Köln NJW-RR 2001, 837/838; BayObLGZ 1999, 200/202 je m. w. N.). Das ist hier der Fall. Rechtsmittel nach §§ 6, 7 InsO sind nur gegen die im Gesetz ausdrücklich bezeichneten Entscheidungen und nur für die Verfahrensbeteiligten statthaft, denen das Gesetz eine Rechtsmittelbefugnis einräumt (vgl. § 204 Abs. 1 und 2 und § 313 Abs. 2 Satz 1 InsO). Die Insolvenzordnung, die in Fragen der Vergütung des Treuhänders mit der Verweisung in § 313 Abs. 1 Satz 3 auf § 64 Abs. 3 InsO für ihn durchaus eine eigene Beschwerdebefugnis vorgesehen hat, sieht hinsichtlich der im vorliegenden verfahren ergangenen und angefochtenen amts- und landgerichtlichen Entscheidungen eine Antragsund Beschwerdebefugnis für ihn nicht vor. Hierin unterscheidet sich der Sachverhalt des vorliegenden Verfahrens in einem wesentlichen Aspekt von den Fallgestaltungen, die die Entscheidungen des OLG Köln vom 18.8. und vom 16.10.2000 (NZI 2000, 529 und 590) ausgelöst haben: Rechtsmittelführer war dort jeweils der Schuldner.

Zur Vermeidung von Missverständnissen für künftige Verfahren weist der Senat darauf hin, dass er die von dem Landgericht Weiden vertretene Auffassung, für eine Entscheidung nach § 850 c Abs. 4 ZPO sei auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht das Insolvenz- sondern das allgemeine Vollstreckungsgericht zuständig, in Übereinstimmung mit dem OLG Köln (aaO) ablehnt. Ebenso folgt der Senat dem OLG Köln in der Ansicht, dass gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers des Insolvenzgerichts über einen Antrag nach §§ 850 ff ZPO nicht die sofortige Beschwerde gemäß § 6 InsO oder gemäß § 793 ZPO, sondern die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG stattfindet. Anders als in dem von dem OLG Köln am 18.2.2000 (NZI 2000, 529) entschiedenen Fall hat im vorliegenden Verfahren das Landgericht den Rechtsbehelf jedoch sachlich geprüft und als ein in Insolvenzsachen grundsätzlich zuständiges Fachgericht in der Sache selbst entschieden, so dass auch mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sich vorliegend nicht die Frage stellt, ob eine verfassungskonforme Auslegung des § 7 Abs. 1 InsO eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gebietet, wenn der rechtsfehlerhafte Standpunkt der Vorinstanz jede richterliche Sachprüfung von vornherein verhindert hat.

Einer Prüfung der weiteren Zulassungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO und der materiell-rechtlichen Begründung des Rechtsmittels bedarf es bei dieser Sachlage nicht.

Kosten: § 4 InsO, § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: § 35 GKG, § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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