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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 11.10.2002
Aktenzeichen: 4Z BR 82/02
Rechtsgebiete: FGG, AuslG, FreihEntzG


Vorschriften:

FGG § 27 Abs. 1 Satz 1
FGG § 13 a
AuslG § 57 Abs. 2
FreihEntzG § 16 Satz 1
Für eine Nachprüfung der Rechtmäßigkeit einer Haftanordnung bleibt das Rechtsschutzbedürfnis auch nach Durchführung der Abschiebung oder Beendigung der Freiheitsentziehung bestehen.
Gründe:

I.

Auf Antrag der Ausländerbehörde und nach mündlicher Anhörung der Betroffenen ordnete das Amtsgericht am 24.1.2001 gegen sie mit sofortiger Wirksamkeit Abschiebungshaft für längstens drei Monate an. Am 13.2.2001 wurde die Betroffene aus der Haft entlassen. Die gegen die Haftanordnung eingelegte sofortige Beschwerde der Betroffenen wies das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurück.

Hiergegen - beschränkt auf den Kostenpunkt - wendet sich die Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Zur Entscheidung über die weitere Beschwerde ist das Bayerische Oberste Landesgericht nach Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG, § 199 Abs. 1, § 28 Abs. 1 FGG, § 103 Abs. 2 Satz 1 AuslG, § 3 Satz 2 FreihEntzG berufen.

2. Das Rechtsmittel ist fristgerecht eingelegt worden. Die Betroffene war im Verfahren vor dem Landgericht anwaltlich vertreten. Die Rechtsmittelfrist wurde erst durch die am 12.9.2002 erfolgte Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten in Gang gesetzt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 FGG, § 176 ZPO a. F., § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO n. F.; vgl. BayObLGZ 1998, 301).

3. Der Umstand, dass die Betroffene am 13.2.2001 aus der Abschiebungshaft entlassen wurde, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung nicht entfallen (BVerfG AuAS 2002, 200/201 und NJW 2002, 2456/2458). Durch Beschränkung der weiteren Beschwerde auf den Kostenpunkt hat die Prüfung im Rahmen dieser Anfechtung zu erfolgen.

4. Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegen die Voraussetzungen für die Überbürdung der der Betroffenen im Abschiebungshaftverfahren entstandenen notwendigen Auslagen auf den Landkreis nach § 16 Satz 1 FreihEntzG nicht vor.

a) Die Entscheidung über die Kostenerstattung ist nach dieser Vorschrift zu treffen, die im Rahmen ihres Wirkungsbereichs der allgemeinen Vorschrift des § 13 a FGG vorgeht (Senatsbeschluss vom 7.6.2002, 4Z BR 33/02, im Anschluss an BayObLGZ 1979, 211/213).

b) Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO) kann ein begründeter Anlass zur Stellung des Haftantrags nicht verneint werden. Die Betroffene räumte bei ihrer Anhörung vom 24.1.2001 ein, dass sie im Sommer 1999 mit dem Pass einer anderen Person (d. h. unter Vortäuschung einer falschen Identität) ausreiste. Die Ausländerbehörde, die 1999 die damals bestehende Ausreisepflicht notfalls durch Abschiebung durchsetzen wollte, erfuhr von der Ausreise nichts. Sie hatte damit begründeten Anlass, das Verhalten der Betroffenen als Untertauchen zur Verhinderung der Abschiebung zu werten, sie noch 1999 zur Festnahme auszuschreiben und im Januar 2001 eine Freiheitsentziehung zur Sicherung der Abschiebung zu beantragen. Der von der Betroffenen am 23.1.2001 gestellte Asylfolgeantrag stand der Haftanordnung nicht entgegen (§ 71 Abs. 8 AsylVfG), wie das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 24.1.2001, auf den das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung verweist, zutreffend ausführte. Erst die Entscheidung des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 13.2.2001, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, gab, wie am selben Tag geschehen, Anlass, die Sicherungshaft zu beenden (§ 71 Abs. 8, § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).

c) Auch der Umstand, dass die Betroffene am 23.1.2001 von sich aus im Landratsamt vorsprach, hatte als vertrauensbegründende Maßnahme kein so großes Gewicht, dass es den von der Behörde aus dem bisherigen Verhalten geschlossenen, begründeten Anlass, Sicherungshaft zu beantragen, aufhob. Das bisherige Verhalten rechtfertigte es, Haftgründe nach § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AuslG als erfüllt anzusehen. Die in beiden Beschwerdebegründungen geäußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des in § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AuslG normierten Haftgrundes teilt der Senat nicht.

5. Die Verpflichtung der Betroffenen, Gerichtskosten für die Anordnung der Freiheitsentziehung und für die Verfahren der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen, folgt aus § 14 Abs. 1 - 3 FreihEntzG.

6. Die Rüge des Beschwerdeführers, das Landgericht habe die Betroffene pflichtwidrig nicht persönlich angehört, greift nicht durch. Von der auch in der Beschwerdeinstanz grundsätzlich gebotenen mündlichen Anhörung (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 5 FreihEntzG; vgl. BayObLGZ 1999, 12/13 m. w. N.) durfte das Landgericht angesichts der nur etwa zwei Wochen zurückliegenden, mit Rechtsbeistand und Dolmetscher durchgeführten, eingehenden Anhörung vor dem Amtsgericht ausnahmsweise absehen, zumal die Betroffene auch im Beschwerdeverfahren anwaltlich beraten und vertreten war.

Ende der Entscheidung

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