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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.02.2000
Aktenzeichen: 4Z SchH 13/99
Rechtsgebiete: SchiedsVfG, ZPO


Vorschriften:

SchiedsVfG Art. 4 § 1 Abs. 3
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
4Z SchH 13/99

Bayerisches Oberstes Landesgericht

In dem gerichtlichen Verfahren

betreffend die Schiedssache

wegen Bestellung eines Schiedsrichters bzw. Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens

erläßt der 4. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Jaggy sowie der Richter Hilger und Dr. Pongratz ohne mündliche Verhandlung

am 28. Februar 2000 folgenden

BESCHLUSS:

Tenor:

I. Die Anträge auf Bestellung eines Schiedsgerichts bestehend aus drei Schiedsrichtern, hilfsweise auf Bestellung eines Schiedsrichters für die Antragsgegnerin und eines Obmanns, hilfsweise auf Bestellung eines Schiedsrichters für die Antragsgegnerin werden zurückgewiesen.

II. Es wird festgestellt, daß ein schiedsrichterliches Verfahren aufgrund der Vereinbarung vom 4./10. Dezember 1996 unzulässig ist.

III. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens wird auf 2 402 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 4./10.12.1996 einen Bauvertrag über den Neubau eines Doppelhauses mit Garagen in Schrobenhausen geschlossen.

Unter § 2 "Vertragsbestandteile und Vertragsgrundlagen" haben die Parteien u. a. folgende Vereinbarung getroffen: "Bei Streitigkeiten entscheidet ein Schiedsgericht durch die Handwerkskammer."

Die Antragstellerin beabsichtigt, aus der Schlußrechnung für dieses Bauvorhaben einen Restbetrag von 12 015,11 DM nebst Zinsen und vorgerichtliche Mahnkosten geltend zu machen. Eine hierüber beim Landgericht Augsburg eingereichte Klage nahm die Antragstellerin nach gerichtlichem Hinweis auf die vertragliche Schiedsklausel wieder zurück.

Die Handwerkskammern von München und Oberbayern sowie von Schwaben lehnten es ab, ein schiedsrichterliches Verfahren durchzuführen oder Schiedsrichter zu benennen.

Unter Hinweis darauf, daß die Antragsgegnerin einen Schiedsrichter nicht benannt habe und auch keine Bereitschaft hierzu erkennen lasse, andererseits jedoch mitgeteilt habe, daß sie auf den Einwand der Schiedsgerichtsklausel nicht verzichte, stellt die Antragstellerin folgende Anträge:

Es möge ein Schiedsgericht bestehend aus drei Schiedsrichtern durch das Gericht bestellt werden, hilfsweise für den Antragsgegner einen Schiedsrichter und einen Obmann; hilfsweise für den Antragsgegner einen Schiedsrichter zu ernennen, hilfsweise festzustellen, daß das schiedsrichterliche Verfahren unzulässig ist.

Die Antragsgegnerin ihrerseits wies darauf hin, daß sie sich einem schiedsgerichtlichen Verfahren nicht widersetze, jedoch der Benennung von drei Schiedsrichtern durch das Gericht. Die Klausel sei so auszulegen, daß die Ernennung eines Schiedsrichters vereinbart werden sollte. Die Antragsgegnerin sei mit der Benennung eines Schiedsrichters durch die bezeichneten Handwerkskammern oder das Gericht einverstanden. Einer Aufforderung des Senats, im Sinne einer neuen Schiedsvereinbarung einen Schiedsrichter zu benennen, ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet, soweit er die Bestellung eines oder mehrerer Schiedsrichter anstrebt. Er hat aber Erfolg mit dem Antrag, die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens festzustellen. Die Schiedsklausel vom 4./10.12.1996 ist nichtig.

1. Da das gerichtliche Verfahren nach dem 1.1.1998, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22.12.1997 (BGBl I S. 3224 - SchiedsVfG -) anhängig gemacht wurde, beurteilt sich das gerichtliche Verfahren und dessen Anwendungsvoraussetzungen nach dem neuen Recht.

Zwar bestimmt die Übergangsvorschrift des Art. 4 § 1 Abs. 3 des SchiedsVfG ausdrücklich nur für gerichtliche Verfahren, die am 1.1.1998 bereits anhängig waren, daß dann das bisher geltendes Recht weiter anzuwenden sei. Aus dieser Feststellung ist jedoch auch zu entnehmen, daß auf gerichtliche Verfahren, die erst nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung anhängig werden, die ZPO in der geänderten Fassung Anwendung finden soll. Um eine auf unabsehbare Zeit mögliche Spaltung gerichtlicher Zuständigkeiten zu vermeiden, hat sich der Gesetzgeber für die vorliegende Stichtagsregelung entschieden (so BT-Drs 13/5274 S. 72 zur zeitlichen Regelung für die Aufhebung oder die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen).

Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies, daß der Senat auch über den Hilfsantrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO n. F.) in einem vereinfachten Beschlußverfahren ohne mündliche Verhandlung (§ 1063 Abs. 1 ZPO n. F.) zu entscheiden hat. Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Änderung hätte diese Frage im Klageverfahren vor dem Amts- oder Landgericht mit der Möglichkeit weiterer Instanzen entschieden werden müssen (§ 1046 mit § 1045 Abs. 1, § 1037 ZPO a. F.).

2. Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung vom 4./10.12.1996 beurteilt sich jedoch nach dem alten Recht, da sie vor dem Stichtag 1.1.1998 getroffen wurde (Art. 4 § 1 Abs. 1 SchiedsVfG).

3. Die beantragte Bestellung eines oder mehrerer Schiedsrichter durch das Gericht (§ 1035 Abs. 2 ZPO n. F.) kann nicht erfolgen, da die von den Parteien getroffene Schiedsvereinbarung vom 4./10.12.1996 nichtig ist.

a) Die handschriftlich in ein Vertragsformular eingefügte Vereinbarung "Bei Streitigkeiten entscheidet ein Schiedsgericht durch die Handwerkskammer" ist als Schiedsvereinbarung von der Form her unbedenklich, weil beide Parteien Vollkaufleute sind und es sich um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt. (§ 1027 Abs. 2 ZPO a. F.).

b) Die Vereinbarung ist jedoch nichtig, weil darin das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht weder eindeutig bestimmt noch bestimmbar ist (BGH NJW 1983, 1267/1268).

Ein derartiger Fall ist gegeben, wenn nach der Vereinbarung zwei verschiedene ständige Schiedsgerichte in Betracht kommen (BGH aaO).

Diese Fallgestaltung trifft auch auf die Vereinbarung zwischen den Parteien zu. Unabhängig von der Frage, ob die angesprochene Handwerkskammer ein Schiedsgericht bereit hält, ist die Vereinbarung schon deshalb mehrdeutig, weil zumindest zwei Handwerkskammern, die von München und Oberbayern sowie die von Schwaben, in Betracht kommen, ohne daß eine von beiden eindeutig bestimmbar gewesen wäre. Hinzu kommt, daß keine der beiden Handwerkskammern ein Schiedsgericht bereithält oder auch nur bereit war, einen Schiedsrichter zu benennen. Deshalb war der vereinbarten Klausel der Boden für eine Auslegung entzogen.

c) Im Hinblick auf vorstehende Ausführungen war dem weiteren Hilfsantrag der Antragstellerin auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO n. F.) stattzugeben. Ein Schiedsgericht war noch nicht gebildet.

4. Kosten: § 92 Abs. 1 ZPO.

Streitwert: § 3 ZPO.

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