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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 13.11.2003
Aktenzeichen: 4Z SchH 8/03
Rechtsgebiete: HGB, ZPO
Vorschriften:
HGB § 161 Abs. 2 | |
HGB § 128 Satz 1 | |
ZPO § 1040 Abs. 3 Satz 2 | |
ZPO § 1031 Abs. 5 S. 1 | |
ZPO § 1031 Abs. 5 S. 3 | |
ZPO § 1029 Abs. 2 |
2. Zur Bindung des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft an eine von der Gesellschaft eingegangene Schiedsvereinbarung, die der Form des § 1029 Abs. 2, nicht aber der des § 1031 Abs. 5 Sätze 1 und 3 ZPO entspricht.
Gründe:
I.
Dem Schiedsverfahren liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 5.6.2001 unterzeichneten die Antragstellerin zu 2, die Antragsgegnerin und weitere, nicht am Streit beteiligte natürlichen und juristische Personen in München eine "Aktionärsvereinbarung X-AG" (Anlage K 3). Für die Antragstellerin zu 2 unterzeichnete deren Komplementär, der Antragsteller zu 1. In dem 26-seitigen Vertragswerk wird in § 25 auf eine Schiedsvereinbarung "gemäß Anlage 25.1" Bezug genommen, die nicht gesondert unterschrieben worden ist. In einem am 26.4.2002 in München datierten "Beteiligungsvertrag X-AG" sind in § 4 Abs. 1 lit. b Bestimmungen über von dem Antragsteller zu 1 als "Neuinvestor" in die "Kapitalrücklage der Gesellschaft" zu leistende Zahlungen, über Zahlungstermine, über einen Schuldbeitritt der Antragstellerin zu 2 (für den Fall, dass der Antragsteller zu 1 bei Fälligkeit seinen zuvor genannten Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt) und über eine in diesem Fall eintretende gesamtschuldnerische Haftung beider Antragsteller gegenüber den übrigen Aktionären enthalten. Laut Unterschriftenblatt (Seite 19 der Vertragsurkunde) sind Parteien dieses Vertrages u.a. die Antragsgegnerin, der Antragsteller zu 1 als natürliche Person und die Antragstellerin zu 2 als Kommanditgesellschaft. Die "Schlussbestimmungen" des Vertrages werden in § 16 Abs. 1 mit dem Satz "Es gilt die Schiedsabrede gemäß Anlage zur Aktionärsvereinbarung" eingeleitet.
Eine in § 4 Abs. 1 lit. b des letztgenannten Vertrags bis spätestens 30.9.2002 vorgesehene Einzahlung des Antragstellers zu 1 von 350.000 Euro hat unstreitig nicht stattgefunden. Ein Anfang Oktober 2002 gestellter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-AG wurde mangels Masse abgewiesen.
Aus der in der vorgenannten Vertragsbestimmung vorgesehenen Zahlungsverpflichtung in Höhe von 350.000 Euro will die Antragsgegnerin (als Schiedsklägerin) vor einem nach der DIS-Schiedsordnung bereits konstituierten Schiedsgericht einen Teilbetrag von 50.000 Euro gegen die Antragsteller, Kommanditgesellschaft und deren persönlich haftenden Gesellschafter als Schiedsbeklagte, einklagen. Im Rahmen der Klageerwiderung rügte der Antragsteller zu 1 vor dem Schiedsgericht, das Schiedsverfahren sei ihm gegenüber nicht zulässig, weil er die in einer Vertragsanlage enthaltene Schiedsabrede nicht (gesondert) unterzeichnet habe; seine Unterschrift unter dem Vertragstext allein genüge nicht, denn er sei mit dem Vertrag eine Unternehmensbeteiligung als Privatperson eingegangen, es habe sich um ein Geschäft der privaten Vermögensverwaltung gehandelt.
In dem in München geführten schiedsrichterlichen Verfahren erkannte das Schiedsgericht mit Zwischenentscheid vom 11.8.2003 wie folgt: Das Schiedsgericht ist für die Schiedsklage gegen den Schiedsbeklagten zu 1 zuständig.
Gegen den ihnen am 20.8.2003 zugestellten Zwischenentscheid wenden sich die Antragsteller mit dem am 19.9.2003 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Bei dem Streit um den mit der Schiedsklage geltend gemachten Zahlungsanspruch handle es sich nicht um eine Streitigkeit, die von der in Betracht kommenden Schiedsabrede umfasst werde. Gegenüber dem Antragsteller zu 1 sei die Schiedsabrede nicht wirksam geworden, da eine nach § 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO erforderliche Unterzeichnung der separaten Schiedsabrede nicht stattgefunden habe.
Sie beantragen:
In Abänderung des Zwischenentscheids des Schiedsgerichts vom 11.8.2003 die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts für die jeweils gegen die Antragsteller erhobenen Schiedskla gen festzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt:
Zurückweisung dieses Antrags,
dem sie mit Sach- und Rechtsausführungen entgegentritt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags und der Vertragsgestaltung wird auf den Wortlaut der vorgenannten Verträge, auf die Schriftsätze der Antragsteller vom 19.9. und 23.10.2003, auf die Antragserwiderung vom 1.10.2003, auf den Zwischenentscheid vom 11.8.2003 (Anlage K 1) sowie auf den Inhalt der von den Parteien im Übrigen vorgelegten Anlagen ergänzend verwiesen.
II.
1. Der nach § 1025 Abs. 1, § 1040 Abs. 3 Satz 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 5 Satz 1 ZPO zulässige Antrag des Antragstellers zu 1 ist unbegründet. Für einen selbständigen Antrag der Antragstellerin zu 2 auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist dagegen kein Raum, da das Schiedsgericht bereits gebildet ist. Die Antragsteller sind andererseits von Rechts wegen nicht daran gehindert, im Rahmen des nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbehelfs auch zu rügen, dass der mit der Schiedsklage verfolgte Anspruch nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel falle; denn andernfalls wäre der Einwand der Unwirksamkeit (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO) präkludiert (Zöller/Geimer ZPO 23. Aufl. § 1059 Rn. 39, § 1040 Rn. 12 m.w.N.).
2. Die im Vertrag vom 26.4.2002 enthaltene Schiedsabrede umfasst den mit der Schiedsklage geltend gemachten Zahlungsanspruch; an diese Schiedsabrede ist auch der Antragsteller zu 1 gebunden.
a) Der Gegenstand der Schiedsklage vom 18.10.2002 betrifft eine Streitigkeit, die unter die Bestimmungen der für die Parteien des Schiedsverfahrens geltenden Schiedsklausel fällt (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. c ZPO). Mit dem Satz "Es gilt die Schiedsabrede gemäß Anlage zur Aktionärsvereinbarung" (§ 16 Abs. 1 des Vertrags vom 26.4.2002) haben die Parteien dieses Vertrages in der Form einer Schiedsklausel (§ 1029 Abs. 2 ZPO) eine Schiedsvereinbarung getroffen mit dem Inhalt, dass sie sich den Wortlaut der "Schiedsabrede" vom 5.6.2001 zu Eigen machen und deren Bestimmungen angewendet wissen wollen. Hierdurch kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck (§ 157 BGB), dass die Parteien des Vertrags vom 26.4.2002 für alle Streitigkeiten, die in den durch diesen Vertrag begründeten Beziehungen auftreten können, den ordentlichen Rechtsweg ausgeschlossen und die endgültige Entscheidung einem nach der DIS-Schiedsordnung gebildeten Schiedsgericht zugewiesen haben. Eine Beschränkung nur auf solche Streitigkeiten, die zwischen Aktionären und der Gesellschaft entstehen können (mit anderen Worten: eine Ausklammerung von Streitigkeiten zwischen den Aktionären bzw. "Altinvestoren" und "Neuinvestoren" untereinander) kann weder aus § 16 Abs. 1 noch aus einer anderen Bestimmung des Vertrags vom 26.4.2002 abgeleitet werden.
b) An die in diesem Vertrag enthaltene Schiedsvereinbarung ist auch der Antragsteller zu 1 gebunden. Zur Bejahung dieser Rechtsfolge kommt es nicht auf die von den Antragstellern vor dem Schiedsgericht und vor dem Senat in den Vordergrund gestellte Frage an, ob - wegen Nichteinhaltung der Form des § 1031 Abs. 5 ZPO (Verbrauchereigenschaft des Antragstellers zu 1, Unterlassung einer gesonderten Unterzeichnung der Schiedsabrede) - der Antragsteller zu 1 bereits ab 26.4.2002 an die Schiedsvereinbarung gebunden war. Eine solche Bindung ist spätestens ab 1.10.2002 eingetreten, weil mit Ablauf der in § 4 Abs. 1 lit. b des Vertrags vom 26.4.2002 vereinbarten Frist zur Einzahlung von 350.000 Euro (als Teil einer "Neuinvestition" von insgesamt 737.262,46 Euro, zu der sich der Antragsteller zu 1 in dieser Vertragsbestimmung verpflichtet hatte) die tatsächlichen Voraussetzungen ("seinen ... Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit nicht nachkommt") eingetreten sind, unter denen der zunächst nur aufschiebend bedingte Schuldbeitritt der Antragstellerin zu 2 zum Tragen kommt. Von diesem Zeitpunkt an haftet die Kommanditgesellschaft als Gesamtschuldnerin neben dem "Neuinvestor" für dessen Zahlungsverpflichtungen aus § 4 Abs. 1 dieses Vertrags. Die Kommanditgesellschaft (für die als Formkaufmann [§§ 1, 6 Abs. 1 HGB] die Schutzvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO nicht gilt) ist ihrerseits als Partei des Vertrags vom 26.4.2002 an die in § 16 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags enthaltene Schiedsvereinbarung gebunden. Diese Bindung erstreckt sich nach § 161 Abs. 2, § 128 Satz 1 HGB auf den Antragsteller zu 1 in seiner Eigenschaft als Komplementär der vor dem Schiedsgericht auf Zahlung in Anspruch genommenen Kommanditgesellschaft; er kann damit - jedenfalls seit 1.10.2002 - auch vor dem Schiedsgericht wie ein Gesamtschuldner neben der Gesellschaft auf Zahlung aus den von ihm und der Gesellschaft in § 4 Abs. 1 des Vertrags vom 26.4.2002 eingegangenen Verpflichtungen in Anspruch genommen werden. Ob der Anspruch materiell-rechtlich begründet ist, wird das Schiedsgericht zu prüfen und zu entscheiden haben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO (1/3 aus 50.000 Euro).
Ende der Entscheidung
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